Seit der Eröffnung des Lötschberg Basistunnels liegt Domodossola und
die Lombardei nunmehr ein Katzensprung von Bern entfernt, und eine kurze Tagestour in milderen Gefilden drängt sich an kühlen Herbsttagen geradezu auf.
So hab' ich mich letzten Freitag spontan und
unvorbereitet auf's Rad geschwungen, mit logischen Folgen, auf die ich später zurückkomme.
Das Tourprojekt: Bahnfahrt durch Lötschberg- und Simplontunnel nach Domodossola, Radtour das Val Vigezzo hinauf und das Centovalli runter nach Locarno, Übernachtung in Locarno bei Freunden.
Die
Zugsreise dauert von Biel aus weniger als 2 1/2 Stunden. Die eher nüchterne Bahnhofsgegend von Domodossola lasse ich schnell hinter mir, überquere den Toce Fluss und nehme den Austieg Richtung Trontano unter die Räder, denn meine etwas in die Jahre gekommene Wanderkarte der Gegend zeigt mir hier eine passable Parallelstrasse zur Hauptstrasse auf der anderen Talseite an.
Mit dieser Routenwahl möchte ich den
Verkehr im Anstieg vermeiden. Dies gelingt auch vollkommen, nur hätte ich nicht damit gerechnet, dass die Parallelstrasse schon bald nach Trontano immer mehr zu einem
Saumpfad mutiert, auf dem ich schlussendlich meinen Randonneur eine halbe Stunde schieben muss.
Das kommt davon, wenn man sich nicht vorher informiert... Allerdings entschädigt mich die Landschaft: Wildbäche, Kastanienwälder, verlassene Weiler, und weit und breit kein Mensch. Für
Offroad Tourenbiker kann ich diese Variante bedingungslos empfehlen, ich werde beim nächsten Mal aber wahrscheinlich die andere Talseite bevorzugen...
Beim kleinen Weiler Marone führt mich eine kleine Brücke rüber zur Hauptstrasse, auf der an diesem Freitagnachmittag glücklicherweise wenig Verkehr rollt. So ist der Rest des Aufstiegs bis Druogno problemlos. Unterwegs treffe ich auf drei
ehemalige Dorfschönheiten (vor 60 Jahren...), welche Steinpilze am Strassenrand feilbieten.
Bei mir meldet sich mittlerweile der Hunger, und so lasse ich es mir in
Druogno im Ristorante "La Ruota" (Was sinnigerweise "das Rad" bedeutet) gut gehen.
Die Steinpilzpasta und der Kalbsbraten mit grünen Bohnen schmecken ausgezeichnet und die Portion ist reichlich. Ausserdem kostet der ganze Spass inkl. Mineralwasser, Wein und Kaffee ganze 10 Euronen... Complimenti!
Infos zum Ristorante auf dieser Liste Die Weiterfahrt durch Sta. Maria Maggiore über die Wasserscheide bis Malesco entlang der Hauptstrasse ist eher trist: Die Orte wirken leicht verstaubt und verschlafen -
Ferienorte in der Zwischensaison halt. So bin ich froh, in Malesco auf Radwegsignale zu treffen, welche weg von der Hauptstrasse zurück in die Wälder weisen. Der Radweg bis zur Ponte di Maglione entpuppt sich denn auch als echter Höhepunkt der Tour: Coupiert, nie lanweilig, gut ausgebaut und mit tollen Aussichtspunkten auf Berge, den Fluss und den Wallfahrtsort Re.
Nach der Einmündung des Radweges in die Hauptstrasse wird die Gegend immer wilder, die Talflanken lassen kaum genug Raum für Strasse und Centovallibahn. Es geht teilweise
rassig bergab, und auf der kurvenreichen Strecke werde ich selten von Autos überholt. Auch die Schweizer Grenze wird im Saus überfahren; gerade viel läuft da nicht mehr. Es sind primär die Tankstellen auf Schweizer Seite, an welchen sich die Italiener mit billigem Benzin eindecken, welche noch an die Grenze erinnern.
Die Strecke ist weiterhin spektakulär, die Strasse schmal und, anders als die Autos, kann ich gefahrlos beliebig anhalten und Fotos schiessen. In Intragna findet die Abfahrt ein Ende, das Tal öffnet sich und ich biege von der Hauptstrasse ab Richtung Cavigliano- Ponte Brolla, um dem Agglomerationsverkehr von Locarno noch eine Weile auszuweichen, aber auch um die Brücke über die einmalige
Schlucht am Eingang des Maggiatales zu befahren. Danach tauche ich endgültig ins Verkehrsgewühl von Locarno ein und komme erst am Endpunkt der Tour, an den Gestaden des Lago Maggiore, zur Ruh.
Die Bilder zur Tour Tipps zur Tour: - Hochsaison meiden (Ausflugsverkehr).
- Ideal für Rennräder/ Randonneure (allerdings ohne die beschriebene Ausweichvariante auf die südliche Talseite)
- Da die Route über weite Strecken dem Trassee der Centovallibahn folgt, wäre der Fahrradverlad auf Teilen der Strecke möglich (z.B. Domodossola - Druogno, um den Aufstieg zu umgehen). Die Centovallibahn gilt übrigens als eine der schönsten Bahnstrecken im Alpenraum.
- Erweiterungsvarianten für Mehrtagestour: z.B. Luzern - Gotthardpass - Leventina - Bellinzona - Locarno - Domodossola und Verlad durch Simplon und Lötschberg. Der Simplon Pass ist nicht empfehlenswert (viel Verkehr).
Gruss!