Hallo Julia und Holm,
Südindien kenne ich nur aus Bus und Auto, abgesehen von ein paar Rad-KM in Goa. Die Küste von Kerala und Karnataka ist ausgesproichen dicht besiedelt, aber dennoch schön. Nur die NH 17 ist zum Radeln nicht so geeignet, weil da alles rollt was sich der Küste entlang bewegt. Vom Meer sieht man auch nur in Ausnahmefällen was. Allerdings gibt es im Hinterland ein dichtes Netz an kleinen Sträßchen unterschiedlichster Qualität, häufig aber ganz ordentlich, das Kleinstädte und Dörfer verbindet und durch recht idyllische (Kultur-)Landschaft führt. Die Gegend ist generell recht flach und schwül-heiß.
Ganz anders hingegen der Höhenzug der Westghats. Kühl und häufig nachmittags wolkenverhangen, teils mit dichten tropischen Wäldern bedeckt und landwirtschaftlich auch sehr intensiv genutzt, mit schönen Plantagen und Dörfern. Eigentlich ist auch hier ein gutes Netz an Straßen vorhanden, die jedoch mitunter sehr kurvenreich und bergig sind, was dem raschen Vorankommen eher hinderlich ist, dafür hat man mehr Ruhe als in der Küstenebene. Gerade in den südlichen Bundesstaaten sind die Nebenstrecken oft geteert. Endlose Möglichkeiten bietet z.B. der Bereich zwischen Ooty (Nilgiris), Mysore, Kodagu/Coorg-Plateau mit Madikeri als Zentrum und den Mulayangiri-Hills als nördlichem Abschluss. Da gibt es auch kulturell einige Highlights.
Problematisch sind die meisten Ghat-Roads, dh. die Querverbindungen, die das Küstentiefland über die Gebirgsstufe mit dem Hochland verbinden. Lange Steigungen und starker Verkehr lassen es nicht ratsam erscheinen, all zu oft die ghats rauf und runter zu fahren (wenn, dann kleinere Strecken aussuchen). Panorama ist natürlich toll, wenn man unerwartet von oben aus dem Wald kommt und vor dem Abgrund steht, wo am Horizont das Meer blinkt...
In Goa selbst kann man oft auf Nebenstrecken nahe der Küste radeln, fast ohne Verkehr. Das soll sich dann bis Bombay fortsetzen lassen, immer wieder braucht es da allerdings eine Fähre. Ist aber sicherlich dem NH 17 vorzuziehen. Unterwegs gibt es vergessene Fischerdörfer und zerfallende Seefestungen. Bombay mit Rad würde ich mir nicht antun, sondern mit einem der täglichen Pendlerzüge oder Fähre in die Stadt fahren und die Räder in einem Guesthouse außerhalb abstellen. Auch auf der Ostseite der Bucht ist wahnsinnig viel los und alles dicht besiedelt oder industriell genutzt. Nicht von den Karten täuschen lassen, die Zwischenräume zwischen den Orten sind mittlerweile fast alle aufgebraucht so dass man sich durch eine scheinbar endlose Aneinanderreihung von Dörfern, Vorstädten, Slums und Industrieanlagen und Baustellen bewegt.
Mein Vorschlag wäre, nur bis Murud an der Küste zu bleiben und dann über die Berge nach Pune zu fahren. Das ist nicht so groß und hat auch ein angenehmeres Klima. Von dort Abstecher nach Bombay, problemlos möglich, und dann weiter am oberen Rand der Ghats entlang über Bhimashankar (Pilgerort), Junnar (Shibner Fort in der Nähe) und Sangammner nach Ellora (unbedingt anschauen) zu fahren. Auch die Festung Tughlaqabad in der Nähe ist einen Abstecher wert, sehr beeeindruckend. Dann weiter nach Ajanta, wohl eines der beeindruckendsten Zeugnisse buddh. Tempelmalerei weltweit! Und dazu noch sehr schön gelegen.
Weitere Anlaufpunkte Richtung Norden wären dann Maheshwar, Mandu, Dungarpur, Udaipur, Khumbalgarh/Ranakpur auf einer westlichen Route oder Chittorgarh, Kota, Bundi, Ranthambore NP auf einer zentralen Variante Richtung Jaipur bzw. Asirgarh, Omkareshwar, Bhimbetka, Bhopal, Sanchi, Orchha, Gwalior auf einer direkten Strecke nach Agra.
Auf der anderen Seite kann man natürlich auch einen Schlenker nach Wetsen durch Gujarat machen und sich dort Champaner, Ahmedabad anschauen und dann über Mt. Abu wieder in die erste Möglichkeit einmünden.
Wie Ihr Euch auch entscheidet, gerade Madhya Pradesh ist sehr faszinierend, weil noch viel ursprünglicher, allerdings gibt es auch nicht die Dichte an Sehenswürdigkeiten wie in Rajasthan. Davon würde ich aber ohnehin eher etwas abraten, da der Nerv-Druck für manchen dort doch etwas groß sein kann, vor allem in den überfrequentierten bekannten Orten. Kleine Dörfer unterwegs bieten oft genauso schöne Märkte und Bauten, ohne das Tourgruppen-Gedrängel wie in Udaipur (obwohl das trotzdem einer meiner Lieblingsort in RJ ist, der andere ist
Dungarpur). Gönnt Euch in Rajasthan mal ein oder zwei Nächte in einem Palasthotel, z.B.
Roopangarh oder
Kishangarh.
Agra ist da auch nicht besser was das Generve angeht, aber man muss es sich doch mal anschauen.
Dann kommt irgendwie die große Gangesebene wenn Ihr nach Nepal wollt. Am schmälsten ist sie zwischen Delhi und Ramnagar (Corbett NP). Da hätte man also die kürzeste Strecke bis in attraktivere Gegend zurückzulegen. Allerdings ist das ein ziemlicher Umweg, zumal es in den Hills von Kumaon nur sehr langsam, aber wunderschön weitergeht nach Westen.
Eine weitere Möglichkeit wäre von Agra über Gwalior, Jhansi (Orchha nicht auslassen!) und Khajurao nach Varanasi zu fahren, dann nach Norden zur Grenze.
Die Ebene ist sehr dicht besiedelt und zeichnet sich durch zunehmend schlechtere Straßen aus je weiter nach Osten man kommt.
Wie lange habt Ihr denn Zeit für Indien? Ihr solltet spätestens Anfang März aus dem Tiefland im Norden raus sein, sonst wird ungemütlich warm dort.
Grüße
zaher