Hallo,
hat jemand Empfehlungen oder kleine Tips für eine schöne Radtour durch Nordschweden bzw. Lappland? Start- und Endpunkt ist Lulea vom 1. bis 23. August. Ich bevorzuge wie wahrscheinlich viele hier abgelegene Nebenstraßen, auch Schotterwege sind genehm.

Höhenmeter schrecken mich nicht ab, aber dieses Jahr möchte ich eher weniger fahren und mir -- schönes Wetter vorausgesetzt -- mehr Zeit zum Fotographieren, Wandern und Baden nehmen ... d.h. also eher eine kleinere Runde vornehmen als immer zu denken, ich muß ja noch weiter fahren damit ich da und dort hinkomme. Sorry, schwierig das gerade in Kilometern und Fahrstunden anzugeben. Ich würde jedenfalls schon gerne in bergigere bzw. landschaftlich reizvolle Gegenden kommen. Ob mehr Richtung Norwegen oder Finnland ist noch ganz offen.

Bezüglich Unterkunft bin ich flexibel da ich ein Zelt etc. dabei habe.

Für die, die sich ohne diese Daten nichts vorstellen können: so weit ich mich entsinne, war ich in Norwegen mit ca. 100km und 1000 HM / Tag unterwegs, jetzt schwebt im Schnitt eher die Hälfte vor. Je nach Laune, Kondition und Wetter kann man ja immer noch weiter ausholen ...

Ach ja, und welches Kartenmaterial könnt ihr empfehlen? Falls ich es hier nicht bekomme besteht auch noch die Möglichkeit vorher etwas in Stockholm zu besorgen.

Schöne Fotos mit Routendetails konnte ich bislang wenig im Web finden. Überhaupt von der Planung her alles etwas kurzfristig, so bleibt mir nichts anderes übrig, als auf eure Anregungen zu zählen oder einfach loszufahren!

Beste Grüße,

Michael

Hallo Michael,

In Lappland gibt es nicht viele Straßen. Die üblichen Karten haben den Maßstab 1:400.000 (z.B. bei Kümmerly und Frey) oder kleiner: 1:800.000/1.1.000.000. Dort ist alles drauf. Es gibt, jedenfalls in Norrbotten und der Finnmark, auch nur wenige Möglichkeiten für Rundtouren. Im westlichen Teil zum Gebirge hin kannst Du eher Stichfahrten von der Reichsstraße 45 weg und wieder zurück machen. Im Jämtland ist es hügelig oder gar bergig, gen Norrbotten wird es zunehmend flacher. Dort gibt es sehr große Moorflächen, teilweise zahlreiche Quadratkilometer groß. Das letzte Stück der 45 über Vittangi nach Karesuando ist mehr eine große Einöde, fast schon eben. Tischeben und nur noch Moor ist das Stück von Karesuando nach Nordwesten hoch. Erst hinter Kilpisjärvi wird's wieder interessanter, wenn' dann nach Norwegen reingeht.

Ansehen könntest Du Dir z.B. die Bergbaustadt Kiruna, das Ajttemuseum in Jokkmokk, Malmberget mit seinen großen als hölzernen Villen, die zahlreichen Flüsse - manche davon sind dieses Jahr bei den Niederschlägen sicher sehr imposant. Ich denke da z.B. an den Piteälv, der im feuchten Sommer 1998 fast bis an die Brücke reichte, schon durch den Wald am Ufer strömte und großen Lärm machte. Baden sollte man dann nicht drin: Knochenbrüche beim Mittreiben in den Stromschnellen sind fast sicher. Kommt aber auf die Niederschläge an.
Wenn Dich dieses interessiert: es gibt da auch zahlreiche Wasserkraftwerke, z.B. gleich 3 nördlich von Jokkmokk: Ligga, das große Kraftwerk Harsprånget (Schweden größtes Wasserkraftwerk) und dann Porjus am Stora Sjöfallet. Dort kann man übrigens das alte Kraftwerk aus der Zeit um 1910 besichtigen. Natürlich gibt es da auch noch Stora Sjöfallets Nationalpark und den Sarek...

Seen zum Baden findest Du in Lappland reichlich, allerdings solltest Du für diese wohl eher einen Taucheranzug dabeihaben. Die Wassertemperaturen sind teilweise im einstelligen Bereich; manche der Seen tauen erst im Juni auf.

Insgesamt wirst Du in Lappland viel Gegend und wenig Leute treffen, und die Sehenswürdigkeiten liegen weit auseinander. Reichlich Platz zum Zelten, Wandern, .... und Radfahren.

Hallo Michael,

kartentechnisch würde ich Dir die Röda Kartan empfehlen. Ist eine sehr zuverlässige topographische Karte mit Höhenlinien im Maßstab 1:250.000. Heisst inzwischen Översiktskartan, ist aber immer noch rot.

Was landschaftlich reizvoll ist ist natürlich Geschmackssache, viel Abwechslung gibt es dort ja ohnehin nicht (und in Finnland angeblich noch weniger...)
Ich sitze gerade ca 250km südlich von Luleå, in Umeå (leider nicht auf dem Fahrrad...)

Nebenstraßen sind hier oben eine schwierige Sache, viele richtige Nebenstraßen haben ein Ziel und enden dort. Das ist in Südschweden deutlich einfacher. Andererseits ist hier sowieso nicht soviel Verkehr, und die Leute fahren sowas von unvorstellbar rücksichtsvoll, dass selbst die E4 hier oben kaum mit einer durchschnittlichen deutschen Landstraße zu vergleichen ist.

Es gab mal ein Buch, "Radtouren in Nord- und Mittelschweden", das ist aber inzwischen neu nicht mehr erhältlich. Die Tourenvorschläge verliefen auch größtenteils auf Hauptstraßen, weil es kaum was anderes gibt.
Einfach drauflos zu fahren ist wahrscheinlich das beste, nur vergiss nicht, immer genug Proviant dabei zu haben. Bei 50km Tagesleistung kann auch schnell mal ein Tag ohne Einkaufsmöglichkeit dabei sein.

Die Niederschläge waren bislang in Norrland nicht so reichlich, dass Du Überflutungen erwarten musst, abgesoffen ist Südschweden. Hier ist gerade immer genug Regen gefallen, um ein Feuerverbot zu verhindern...


Viel Spaß dabei, nächsten Sommer möchte ich hier oben dann auch eine größere Rundfahrt starten...

Viele Grüße aus dem sonnigen Norden
Benjamin

Oh super! Vielen Dank schonmal für diese grundlegenden Infos! Ich werde dann auf alle Fälle berichten!

Apropos Versorgung: kann man das Wasser aus den Seen trinken? Abgekocht? In Norwegen haben wir oft bei Leuten gefragt, weil es in Küstennähe entweder nur Salzwasser gab oder in der Nähe der Wege bzw. Straßen selten Seen.

Gibt es neben der Bahnlinie nach Kiruna irgendwo eine Buslinie, für den Fall, daß man eine größere Panne hat? Aber diese Frage ist vermutlich zu pauschal gestellt, so lang ich keine genauere Route weiß.

Und noch was: wann färben sich die Bäume da oben schön bunt? Erst im September, oder gar Oktober? Oder womöglichdoch schon Ende August?

Im Fjäll kann man aus den jåkkarna (den eisigen Gebirgsbächen) generell trinken. Und auch sonst kann man aus den Bächen ganz gut trinken, ist halt Pech, wenn 100m oberhalb ein totes Rentier drinliegt
Aus Seen ist es überall auf der Welt so eine Sache, es gibt die Faustregel, dass man aus stehenden Gewässern nicht direkt trinken soll. Zum Teekochen und als Nudelwasser kannst Du es auf jeden Fall nehmen (habe sogar schon Nudeln in Göta älv-Wasser gekocht...)


Das ist gar nicht pauschal, weil es doch eigentlich nur eine Straße nach Kiruna gibt
Nein, im Ernst, das Netz der Buslinien ist sehr dicht, natürlich fahren nicht überall im Stundentakt Busse, aber dafür nehmen die einen winkenden Wanderer auch mal außerhalb der Haltestellen mit.
Genaueres zu Linienbussen in Norrbotten findest Du hier: http://www.ltnbd.se/Tidtabeller.asp




Na, also ein klein wenig Sommer haben wir hier oben schon. Die Herbstfärbung im Fjäll gibt es so ab Mitte September, weiter südlich auch erst im Oktober. Im August sind mückenvernichtende Nachtfröste eher seltener...

Benjamin

Hallo Michael,

Wasser aus Seen und Flüssen habe ich dort schon häufig getrunken, normalerweise aber abgekocht. Probleme habe ich dabei nie gehabt. Das Wasser der Seen ist oft ganz klar. Allerdings ist das nicht nur ein gutes Zeichen: durch sauren Regen sind manche Seen so übersäuert, dass Algen und allgemein Wasserpflanzen und Getier es schwer in diesem Wasser hat. Manchenorts gibt es Kalkanlagen, die zufließendem Wasser in kleinen Mengen Kalk zusetzen, der dann die Säure bindet. Das betrifft besonders den Süden Schwedens. Der saure Regen stammt übrigens hauptsächlich aus Großbritannien und Deutschland.

Was die Herbstfarben angeht: ich war zweimal Anfang September in Lappland. Da ging das schon richtig los. Jedenfalls war es vor 10 Jahren so. Ab Mitte Oktober kann in Lappland bereits der Winter beginnen. Ein Schwede erklärte mir, dass der erste Schnee typischerweise Mitte Oktober fällt, und der erste Schnee, der liegenbleibt, Anfang November. (Bei unseren chaotischen Wetterabläufen und dem starken Anstieg der Mitteltemperatur gerade da oben wird das aber kaum noch stimmen).