Hallo ihr,

ich bin wieder da, obwohl ich nicht geschrieben hatte, dass ich starte. Ich bin der Meinung, dass man "Schwimmen am Besten durch Reinfallen in das Wasser" lernt, soll heissen, ich bin blauäugig von Nordfriesland nach Skagen in Dänemark gestartet.

Ausgestattet mit 21-Gang MTB-Tourenradmix mit dünnen Schwalbe Marathon Plus (pannensicher) und einem gelben Kinderanhänger, der als Gepäcktransporter. Mit hatte ich ein "Out Door Iglo" Zelt Colorado (10 Euro) vom dänischen Bettenlager, eine selbstaufblasende Thermomatte (14 Euro) vom selben Verkäufer, ein ACTION Schlafsack (9,99 Euro, war Angebot bei Plaza), ein Esbit-Kocher und eine Regenjacke (für alle Fälle von Lidl) ausserdem reichlich thailändische Nudelgerichte (Instant)).

Als ich losfuhr regnete es in Strömen, aber wo ein Wille ist, ist Melkfett. Ich rieb meine Beine damit ein und zog die Regenjacke an. Angekommen in Skerbäck (eigentlich andere Buchstaben) durch und durch nass baute ich mein Zelt auf und dachte es kann nur besser werden, doch da kam auch schon die Gewitternacht und das "tolle" Zelt mit 400 mm Wassersäule lies dem Wasser freien Lauf, also wusste ich wofür ich meine Handtücher brauchen kann.

Am nächsten Tag Sonnenschein weiter über Ribe nach Esbjerg und weiter nach Varde bei bei 12 Grad und Regen seit Esbjerg, toll - mir war sch**** kalt, frierend nahm ich das Danhostel in Varde und konnte endlich heiss duschen und meine Sachen trocknen. Wie mir wieder warm war, schien draussen die Sonne bestes Wetter, da am nächsten Tag aber Sturm und Regen war blieb ich noch eine Nacht und durfte in Varde kostenlos in der dort ansässigen Bibliothek im Internet surfen, leider hatte ich mein Passwort nicht dabei, sonst hätte ich schon früher mich gemeldet.

Nach der langen langweiligen Zeit in Varde, aber bei sehr netten und gastfreundlichen Dänen ging es weiter Richtung Norden über u.a. die NSCR (N1), die zu 80 % aus fiesen Kies(el)wegen besteht und man teilweise das Gefühl hatte, dass morgens extra Jemand mit einer Pinzette sämtliche spitzen Steine mit der Spitze nach oben sortiert, denn ich habe noch auf keinen Feldweg soviele davon gesehen wie hier, aber ich hatte keine Pannen, weder der Anhänger, noch das Fahrrad, übernachtet habe ich teilweise in kostenlosen Schuthütten, die zahlreich an der N1 vorhanden waren, hier konnte man auch Freuer machen oder grillen und teilweise kostenlos Holz benutzen.

In einer dieser Schuthütten hauchte dann die Thermomatte ihr Leben aus und die Nächte danach waren härter. Angekommen in Skagen nach keinen Tag ohne Regen und durchschnittlich 110 km/Tag mit dem Hänger hat es mir trotz alle dem gefallen, d.h. ich habe "Blut geleckt", also werde mir wohl doch einen Trangia, eine teurere Austattung und mit mehr Erfahrung zur nächsten Tour wieder starten.

Fazit: Es hat echt keinen Sinn mit billigen "Schund" zu starten, aber die Erfahrung ist Gold wert, die ich machen durfte. Wer morgens frierend erwacht, der weiss, warum ein teurer Schlafsack teuer ist - er wird wohl doch wärmer sein, denn meine Nachbarn am letzten Abend in Skagen waren ausgestattet, wie die meisten in diesem Forum "Ortlieb, Trangia, teure Räder 26", usw. ..." - nun weiss ich, was ich mir zulegen werde.. .

Gruss Olli
(der viel nass war, aber nicht erkältet ist)

Super Kurzbericht, Olli !

Hat was ''Anti-Helden-Mäßiges'' - ich mag Schnitzer auf Tour, auch wenn sie in DEM Moment überhaupt nicht spaßig sind . . .

Gruß, Paule (der sich ganz gut in dem Beitrag wiedererkennt)

Toller Bericht!
Sollte man unbedingt mit der Geschichte von Re: Fortsetzung - Das 69 EUR-Fahrrad (Dies & Das) zusammen als Buch rausbringen.

job

Hallo Olli,

das eine schließt das andere ja nicht aus. Aber ich finde Deinen Unternehmungsgeist echt klasse. Man kann also auch mit "Low Tech" ins Abenteuer starten (auch wenn es bei schlechtem Wetter nicht ganz so lustig ist). Die gemachten Erfahrungen kann Dir keiner mehr nehmen. Und sie haben Dir nicht den Spaß an kommenden Unternehmungen verdorben, das ist das wichtigste.

Gruß netbelbo

Hallo Olli,

wirklicher netter und interessanter Bericht.

Eine gute Ausrüstung ist schon sein Geld wert. Und hält laaaaaaaaaaange.
(z. B. Schlafsack Mountain Equipment, Zelt Hilleberg, Isomatte Thermarest, Kocher MSR/Trangia, Ortlieb Taschen,...)

Ich hoffe, ich habe dieses Jahr auch mal Zeit für eine mehrtägige Tour

Gruß
Matthias

Schön, dass es dir gefallen hat!

Ich habe deinen Bericht gerne gelesen, u.a. weil meine erste Radtour mich von ca. Ribe immer an der Nordsee entlang fast nach Skagen und dann nach Fredrikshavn führte.
Mein Zelt kostete immerhin 50 DM, vermutlich weil es damals noch kein Aldi, Lidl und Co. gab. Zum Glück hatten meine Zeltnachbarn auf dem ersten Platz ein Imprägnierungsspray. An die Unterlage kann ich mich nicht erinnern, aber an die Essensdosen im Fahrradkorb auf dem Gepäckträger, die ich selbstverständlich tagelang transportierte, da in DK alles so teuer war. Als Regenschutz diente ein Regencape, wie praktisch. Mein Rad war ein damals "normales" 28iger mit immerhin 3-Gängen.

Da es aber auch kein Forum gab, etc., kam ich gar nicht auf die Idee, dass es auch anders hätte gehen können. Die Reise hat mir wie dir Spaß gemacht.
Tally

Moin Olli,

schön, daß dir deine Dänemarktour trotz suboptimalen Wetters und Ausrüstung dennoch gut gefallen hat. Meine Thermomatte von Discounter hat auch in der dritten Nacht meine ersten (Elbe)Tour ihr Leben ausgehaucht. Zum Glück konnte ich im Karstadt in MD eine TaR als Ersatz beschaffen. Mein Trangia Nachbau von Lidl (ca.12 Euro) hat hingegen ausgezeichnete Dienste geleistet. Dort wo der Zeltnachbar sich schon ein sehr windstilles Eckchen für seinen Campinggaz-Kartuschenkocher suchen mußte, konnte ich einfach auf dem Pichnicktisch kochen. Da ich keine Überraschungen wollte, hab ich mir bei einer Globisonderaktion ein stark reduziertes Robenszelt für knapp hundert € gekauft. Es muß also für normale Touren in Europa nicht immer vom besten sein, aber eine gewisses Verarbeitungs- und Materialniveau sollte die Sachen schon haben. Dann mal viel Spaß bei deiner nächsten Tour.

Gruß Robert

Hi Olli,

meine Hochachtung; du bist ein bemerkenswerter Optimist!
(das ist ernst gemeint; nicht dass jetzt der Ironie-Detektor anspricht)

Was war denn dein Entscheidungskriterium bei der Wahl deiner Ausrüstung? Ich meine, eine mittlere Evazote-Isomatte ist billiger als deine Thermomatte und funktioniert. Aus einer leerern Konservendose als Ständer und einem Trangia-Brennereinsatz bastelt man sich einen Kocher, der besser funktioniert und genausoviel kostet wie der 'Esbit Taschenkocher groß' bei Globi. Was den Schlafsack betrifft, da hätte man mit einem billigen Baumwoll-Inlet und irgendeiner Decke aus dem Sonderangebot vermutlich auch noch mehr herausholen können. Nur fürs Zelt wüsste ich nicht, wie man da etwas benutzbares und billiges improvisieren sollte...

Erik

Wer sowas nicht mitmachte, kann ordentliche Ausrüstung mMn gar nicht entsprechend würdigen.
Allerdings kann solche Ausrüstung manchen auch dauerhaft den Spaß versauen.
Auf jedenfall gehörste zu den Harten und darfst in den Garten!


Ein Winter"camping"(boofen kennt eh kaum jemand) mit 2 Sommertüten konnte ich nur noch am Lagerfeuer sitzend schlafen, und hab jetzt meinen mittlerweile 9Jahre alten Winterschlafsack (-20°Komfort) immer noch sowas von lieb.
Bei Nordseestürmen das Billigzelt in den Niederlanden dermaßen zerfetzt, musste dann bei frisch gewonnen Bekannten Notasyl beziehen.
Bei etlichen Minusgraden stundenlang knapp vorm Verzweifeln versuchen eine Speise auf der kalten Gaskartusche zu kochen.
Unterm Zelt ne Kuhle graben, damit nicht alles im Zelt nass wird, munter werden mit See im Zelt direkt nebem Gesicht.

An solche Sachen erinnert man sich, wenn man sein schönes Zelt aufschlägt, den Benzinkocher anwirft, und dann in den warmen Schlafsack kriecht.
Hier auch die Sachen die man als Reiseradler mMn zuerst anschaffen sollte.

Gruß, Ingmar

He Olli, klasse Bricht!
Genau die gleiche Erfahrung hab ich auch gemacht, nur über mehrere Jahre verteilt.
Deine nächste Tour wird um Klassen komfortabler, wenn Du dir das "richtige" Material dafür besorgst.

Klasse, Du hast gleich die große Füllung abbekommen und bist trotzdem weitergefahren. So manch anderer hätte entnervt ausgesetzt. Außerdem, Erfahrung kommt von fahren.
Schreibt sich Dein erster Übernchtungsort Skærbæk? Das Forum schafft sogar russisch, am æ, å und ø scheitern wir nicht.

Falk, SchwLAbt

Hallo Olli,

schöner Bericht, der, wie bei den anderen auch, Erinnerungen an "längst vergangene Zeiten" weckt:

Die erste 4 wöchige Schwedentour in den 80ern mit einem Einwand-Firstzelt eines (zum Glück für ihn) unbekannten Herstellers. Der größte Nachteil des Zeltes war die viel zu hohe Wassersäule....des Bodens, denn so konnte das Wasser nicht mal wieder abfließen. Der Esbit-Kocher funktionierte auch bei mir schon damals nicht und warum in drei Teufels Namen ich einen BW-Klappspaten eingepackt hatte verschließt sich mir bis heute. Ich glaube, ich wollte Gräben ums Zelt ziehen können (wäre aber eh unsinnig gewesen, da das Wasser eh an der Innenseite der Zeltwand abfloß). Letztendlich riß mir auf der Tour dann auch noch irgendwann im Wiegetritt bergauf die Kette und ich sprach zwei Tage lang eine Oktave höher... Allerdings hatte ich auf der Tour wenigstens einen vernünftigen Schlafsack und eine taugliche "Schaumstoff"-Isomatte dabei. Und vergessen werde ich die Tour nie, schließlich hat sie mich "infiziert"...

Hoffentlich werden Dir alle Deine zukünftigen Touren genausoviel oder sogar mehr Spaß bringen, wie diese...und vielleicht begegnet Dir in 10 Jahren auf irgendeinem abgelegenen Campingplatz ein Radwanderer mit Dreigangnabe und einem Kinderanhänger.....während Du vor Deinem Hilleberg sitzt...

LG Jan

Super! Nicht nach teurer Ausrüstung suchen, sondern einfach machen. Dadurch lernt man aus eigenen Fehlern und sieht was wirklich Sinn macht und was nicht.
Aber eines musst Du mir beantworten? Melkfett auf die Beine schmieren? Was bringt das?

Und genau deshalb hat Deine Tour Sinn gemacht. Eigene Erfahrung macht 10x klüger, als von der Erfahrung anderer nur zu hören.

Baumarktplane(die dicke in grün) kaufen und zusätzlich übers Zelt spannen. Ist ein ziemliches gefummel und gewichtsmäßig suboptimal, aber tut...
@olli, es muss trotzdem nicht alles high-end sein, aber eine gewisse Solidität macht das Leben echt einfacher- Viel Spaß beim nächsten Versuch
LG Nat, die sich auch schon viel zu oft den A*** abgefroren hat

Hallo Olli,

Hut ab und Respekt vor Deiner Leistung und dem Kurzbericht . Ich glaube, Du kannst jetzt schwimmen.

Gruß
Roul

Hallo,

erstmal danke für eure zahlreichen Antworten.

Wie man vielleicht merkt, fehlen bei meinem Bericht einige Buchstaben - mit ist während der Tour der Ringfinger und der kleine Finger der linken Hand, wohl durch Überbelastung, eingeschlafen, aber es bessert sich von Tag zu Tag.

Zum Thema "Melkfett"; Ich hatte irgendwo gelesen, dass MF auf die Beine bei Regen den Regen abperlen lässt, hat aber den Nachteil, dass der Schmutz auf die Socken und anschliessend, da keine Überschuhe, sich mit Regenwasser im Radschuh vereinigen. Wie gesagt, MF isoliert toll die Beine, aber die Schuhe hatten dann diesem schwammigen Effekt bei teilweise 6 Stunden Regenfahrt.

@Falk du hast Recht, es ist die richtige Schreibweise.

Meine Tour, die ich mir in den Kopf setzte war von mir zu Hause nach Skagen teilweise der NSCR folgend. Ausser meiner Hand hatte ich keine Sorgen, aber das Fahrrad (Centurion) hat doch sehr gelitten, die Kette ist ein einziges Metallband aus Sand, Öl und sonstigen Schmutzpartikeln, was mich dazu gebracht hat das Rad komplett zu zerlegen und zu reinigen. Aber es hat mir auf den insgesamt 760 km ohne Panne die Treue gehalten im Gegensatz zu diversen Ausrüstungsgegenständen.

Bin froh, dass es nicht nur mir so erging - jeder fängt eben mal an.

Gruss Olli

P.S.: Füsse waren immer schön sauber, so spart sich das Füssewaschen während der Tour.

Einfach Geil

Das erinnert mich so ein wenig an meine Tour und Ausrüstung von vor kurzem. Ich hab mich garnicht getraut dazu was zu schreiben ,sonst hät mich vieleicht noch jemand von abgebracht vom fahren ...nee,nee.
Ich hatte nur etwas mehr Glück mit dem Wetter.

Und ohne Melkfett zieht das Wasser ein?

Nein, aber durch die Verdunstungskälte ... siehe Thema alte Socke über Trinkflasche .

Gruss Olli

Ich dachte Du hast eher gefroren? Oder verstehe ich da jetzt komplett was falsch?

Hallo,

ich werde mir auch normales Regenzeug zulegen, ich hatte es unterwegs in Dänemark schon probiert bei einem Laden auf der Route, aber der hatte leider nur KInder- bis Jugendgrössen vorrätig, also weiterfahren im Regen und die "Sonne im Herzen" bewahren.

Was dort zu bekommen war, waren Scotch 3M Regensachen mit Membrane (Jacke und Hose zusammen) zu 219 DKR / 7 = ca. 30 Euro.
Meiner Meinung nach nicht sehr teuer gewesen, aber eben maximal in M vorrätig gewesen.

Gruss Olli