Hallo,

im Reiseteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 14.September 2006 erschien folgender Artikel:

Ausländische Touristen können vom 1.Oktober an ohne die bisher nötige Sondergenehmigung nach Tibet reisen. Das hat der Vizeregierungschef derAutonomen Region Tibet in Lhasa angekündigt. Seine Regierung bemühe sich, auch weitere Reisebeschränkungen aufzuheben und mehr Gebiete als bisher für den Tourismus zu öffnen. Tibet sei noch immer die ärmste Region Chinas. Um dies zu ändern, solle der Tourismus weiterentwickelt werden.

Bernd

Hallo,



Habe ich da etwas verpasst?

Gruß, Andreas

Du hegst irgendwelche Zweifel?

Bernd

Störst Du Dich an der "Region Chinas" und hättest hier lieber, dass das "autonome Gebiet Tibet" eine Verwaltungseinheit der Volksrepublik China ist, oder um was geht es Dir?

Andi

Korinthenk..ei. Nicht daß es mir besonders gefallen würde, aber in spätestens 20, 30 Jahren ist durch den Besiedelungsdruck der "Rest-"Chinesen Tibet de facto eh nur noch eine "Region". Wobei sich sicherlich auch die chinesischen Regionen im Lauf der Zeit a la deutsche Länder ihrer kleinen Besonderheiten und Traditionen besinnen und die auch pflegen werden...
Soviel offtopic.

Die Internetseite der chinesischen Botschaft hat das allerdings entweder noch nicht mitbekommen, oder es ist doch noch nicht ganz in trockenen Tüchern.

ciao Christian

Hallo Christian,
so "korinthen"mäßig finde ich das nicht. In der Politik wird durch den Sprachgebrauch immer auch Macht ausgeübt. Wir wollen nicht vergessen, dass Tibet 1950 durch China militärisch besetzt wurde und die Besatzungsmacht 1959 einen Volksaufstand blutig niedergeschlagen hat. Kurzinfo gibts in Wikipedia Das Thema hatten wir in Europa auch mehrfach, bis es sich nach 1989 erledigt hatte. In der typisch chinesischen langfristigen Perspektive hast Du natürlich recht - der Bevölkerungsdruck wird das Problem erledigen.

So, und jetzt darf ich wahrscheinlich nicht mehr nach China einreisen. Aber so weit wollte ich mit dem Radl auch nicht fahren.

Grüße
nochn Christian

politisch korrektes handeln ist ja sicher nicht immer leicht, nicht bei regierungen, die sich ihrer aussenhandelsbilanzen all zu verpflichtet sehen, nicht bei leuten, die sich ihren spass nicht verderben lassen wollen, aber bedarf es wirklich, zur zwar verständlichen, aber offensichtlichen bemäntelung ihres zweifelhaften treibens, gleich der ungefilterten übernahme einer offiziellen staatsdoktrin eines diktatorischen, und wie mancher gar meint, faschistischen regimes?

der bundestag schafft uns zuweilen denkpausen und hat für uns stellung bezogen, welche hier gerne zitiert wird:

"Die Staatengemeinschaft geht zwar davon aus, dass Tibet Teil des chinesischen Staatsverbandes ist, doch wurde der Status Tibets nicht geklärt. Zum Zeitpunkt der gewaltsamen Einverleibung in den chinesischen Staatsverband war es ein eigenständiger Staat. China hat keinen wirksamen Gebietstitel erworben, weil es dem Grundprinzip des aus dem Gewaltverbot hervorgehenden Annexionsverbots entgegensteht. Die Effektivität tatsächlicher Herrschaftsgewalt über ein Gebiet vermag keinen Gebietserwerb zu bewirken."
(Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, Fachbereich II, Nr. WF II – 163/87 vom 12. August 1987 ) hier entnommen

nimmt man die eingangsinformation und deine these, die für jeden durchaus nachvollziehenbar ist, kann es um die von dir geschilderten tibetischen lebensumstände, -räume zukünftig nicht gut bestellt sein, will man diese doch grade uns, dem westen, oder wem auch immer, verstärkt öffnen, um eine nicht näher bezeichnete armut zu lindern.

was also tun, eine region und kultur hier auch noch kommentarlos mehr oder minder touristisch bewerben, die von dir als, ins verhältnis gesetzt, intakt umschrieben wurde, oder aber, dem aussenpolitischen mindeststandard des deutschen bundestages in dieser frage folgend, den oben angefragten zweifel nähren?

Hallo,

zurück zum eigentlichen Thema: Aufhebung der Reisebeschränkungen für Tibet.

Aus dem Artikel in der FAZ geht leider nicht hervor, welche Sondergenehmigungen nicht mehr benötigt werden. Momentan benötigen Reisende in Tibet ein Visum für China und außerdem ein Tibet Entry Permit (TEP) sowie eventuell ein Alien`s Travel Permit (ATP). Das TEP braucht man für Lhasa und das ATP für die sogenannten geschlossenen Gebiete Tibets. Beide Permits werden nur in China ausgestellt und nur für Reisende, die ein Pauschalarrangement über ein Reisebüro gebucht haben. Trotzdem ist ein hin und wieder möglich, daß man als Individualreisender ein ATP bekommt, das allerdings nur regional gültig ist.

Es wäre zu begrüßen, wenn mit der Anküdigung durch die chineischen Behörden alle Reiserestriktionen in Tibet aufgehoben werden. Ich vermute, daß das Reisen zwar erleichtert wird, aber weiterhin Beschränkungen in Kraft bleiben vor allem für Einzelreisende. Es sollte dabei nicht ganz vergessen werden, daß es nicht nur in Tibet sondern auch im übrigen China Reisebeschränkungen für Touristen gibt. Bis man in China völlig frei umherreisen kann, werden wohl noch einige Jahre vergehen.

Bernd

Hallo,

die englischsprachige Tageszeitung China Daily berichtet in ihrer heutigen Ausgabe, daß es ab Oktober direkte Zugverbindungen von Shanghai bzw. Guangzhou (Kanton/Südchina) nach Lhasa gibt Zeitungsartikel

Ob die Zugverbindungen auch in den Wintermonaten aufrecht erhalten werden kann, wird im Wesentlichen von den Wetterverhältnissen abhängen. In Tibet soll es mitunter sehr viel Schnee geben.

Hallo

Gut, dass jemand wieder zum eigentlichen Thema zurueckkehrt. Schliesslich gibt es genug (immer mehr?) Leute, die an diesem Thema interessiert sind.

Ich habe diesen Sommer Tibet von West nach Ost durchquert, also von Xinjiang ueber Lhasa nach Yunnan. Ich wurde einzig in Darchen (Mt. Kailash) von einem PSB-Officer nach einem ATP gefragt, also dem Alien Travel Permit. Da ich kein solches vorweisen konnte, musste ich eine verhaeltnissmaessig geringe Busse bezahlen (30 Euro) und erhielt gleichzeitig das noetige Permit ausgestellt.
Laut seinen Angaben soll der westlichste Teil von Tibet noch die einzige Region sein, fuer die das Permit noetig ist (wegen Grenznaehe zu Indien/Kashmir und entsprechend viel Militaer). Ab 2007 soll diese Restriktion aber auch aufgehoben werden. Die restlichen Gebiete sollen mittlerweile alle ohne Permit bereist werden koennen, abgesehen natuerlich von militaerischen Zonen und moeglicherweise einigen anderen Ausnahmen, zu denen ich leider nichts Genaueres weiss.

Jedenfalls hat sich mir bei der weiteren Fahrt gezeigt, dass offenbar wirklich niemand mehr am ATP interessiert ist und sogar in Osttibet habe ich die bisherigen 'Hotspots' Markham und Yenching am helllichten Tag passiert und wurde an keinem der (immer noch vorhandenen) Checkposts aufgehalten.

So viel zu meiner eigenen Erfahrung. Ich habe stark den Eindruck, dass das Permit-Thema um Tibet bald endgueltig der Vergangenheit angehoert.... einige werden das Abenteuerliche daran ein wenig vermissen (so von wegen Nachts unter Barrieren hindurch und an Checkposts vorbei schleichen ).

Gruesse aus dem sonnigen Yunnan,
Roman

Hallo,

stimmt, das gehört zu meinen spannensten Erinnerungen auf der Reise (Chengdu-Lhasa-Everest BC-Kathmandu 2003)

Ein weitere Vorteil war, das man z.B. auf der Strecke von Chendu nach Lhasa vom Tourismus noch völlig unberührte Gegenden bereisen konnte.
Aber Tibet ist groß, der Tourismus wird sich auf bestimmte Gebiete konzentrieren und wenn man von den Hauptanziehungspunkten weg geht, wird man immer noch den Urzustand finden.

Momentan gibt es widersprüchliche Informationen über die Permit-Situation in Tibet. In der India Times vom 10.August ist die Rede davon, daß die Permits bis zum Ende des Jahres wegfallen; China Daily vom 26.September schreibt, daß es vorerst keine Änderungen gibt. Ich selbst vermute auch, daß sich das Thema spätestens bis zu den Olympischen Spielen, mit wenigen Ausnahmen (Militärsperrbezirke), erledigt hat - jedenfalls für Gruppenreisen.

Bernd

Hallo Falk,
2004 bin ich mit Gruppenvisum eingereist. Es war eine Einpersonengruppe mit mir als einzigem Teilnehmer. Als Tour habe ich die Strecke vom Flughafen zur Stadt Lhasa gebucht. Da hat man mich dann abgesetz und ansonsten mußte ich als einzigen zusätzlichen Aufwand bei Kontrollen immer die Liste mit Teilnehmern (HvS) vorzeigen.
Dann bin ich drei Monate mit dem Rad umhergereist und konnte das Visum sogar mehrfach verlängern. (war ursprünglich nur 25 Tage)
Mir hat die Gruppe gut gefallen.

Sehr interessantes Gruppenverhalten. Da muss man erstmal drauf kommen. Diese Gruppengröße vermeidet auf jeden Fall Streitereien über das wann und wohin.
Unangenehme Erlebnisse mit Gruppen stecken bei mir ziemlich tief, so etwa aus der gesamten Schulzeit. "Falk muss lernen, sich besser ins Kollektiv einzufügen", das steht in mehreren Zeugnisbeurteilungen.

Falk, SchwLAbt

Was ich weiter oben zu diesem Thema geschrieben habe, bezieht sich eigentlich nicht auf Gruppenreisen...