Also: Wie sucht man am Besten? Und wie lange hast du jeweils gesucht?
Hallo Urs,
dann bringe ich ein paar Zeilen auf das virtuelle Papier über das Wie der Schiffssuche. Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten:
Direkt in den Hafen und auf das Schiff gehen und mit dem Kapitän sprechen ist die nahenliegendste Möglichkeit, aber in den seltensten Fällen erfolgreich. Es sprechen ganz praktische Gründe dagegen. In vielen Städten ist es sehr schwierig überhaupt auf das Hafengelände zu gelangen, zu einem aus Sicherheitserwägungen und zum anderen, weil viele Häfen oder Teile davon zollfreies Gebiet sind. Da kommt man nicht so ohne weiteres hin. Aber angenommen man schafft diese Hürde, woher weiß ich jetzt welches Schiff wohin fährt! Darüber kann der Hafenkapitän Auskunft geben. Aber erwarte nicht, dass der englisch oder eine andere Fremdsprache sprechen kann. Du musst ihn mit Händen und Füßen klarmachen, was du eigentlich willst. Vielleicht schafft man auch diese Hürde und das Verständigungsproblem ist kein Problem mehr und der Hafenkapitän lässt dich auf das Gelände. Und wenn du Glück hast, liegt auch ein Schiff am Kai, das dorthin fährt wo du hinwillst. Und wenn du jetzt sogar den Kapitän sprechen kannst, hast du schon mehr erreicht als du erhoffen konntest. Falls der Kapitän dir die Erlaubnis zur Mitfahrt gibt, muß trotzdem noch die Reederei ihre Zustimmung erteilen. Der Kapitän hat zwar auf dem Schiff eine besondere Stellung inne, letztendlich ist er aber auch nur Angestellter der Reederei. Und er wird nichts ohne Kenntnis seines Arbeitgebers unternehmen.
Aus diesem Grund ist es ratsam bei der Schiffssuche einen anderen Weg einzuschlagen. Nachdem ich im klaren war, was der Zielhafen sein sollte, machte ich ausfindig welche Reedereien welche Schiffahrtslinien bedienen. Dabei helfen zum einen die Gelben Seiten des Telefonbuches (Yellow Pages) unter der Rubrik „Shipping-Agencies“ sowie die Schiffahrtsanzeigen in den englischsprachigen Tageszeitungen. Zeitungen haben zu dem noch den Vorteil, dass mitunter detailliert aufgeführt ist, welches Schiff wann wohin fährt.
Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit. Mit diesen Informationen werden die Reedereien/Agenten aufgesucht und zwar persönlich. Telefonischen Kontakt vermeiden, da man zu schnell abgewimmelt wird. Es ist am besten jemand von der Geschäftsleitung zu sprechen, da diese Leute ihr Einverständnis geben müssen. Bei diesem Gespräch darauf hinweisen, dass man alle Arbeiten an Bord, auch wenn sie noch so schmutzig sein sollten, erledigen wird. Handwerkliche und technische Kenntnisse und Fertigkeiten auf jeden Fall erwähnen. Manchmal sind es nur Nebensächlichkeiten, die darüber entscheiden, ob man mitgenommen wird oder nicht. Die Erwähnung einer langen Radreise macht sich immer gut! Man sollte in der Lage sein, sich gut zu verkaufen!
Auch wenn sich das jetzt alles so liest, als wäre die Schiffssuche ein Kinderspiel, sie ist auf jeden Fall sehr zeitintensiv. Es müssen die Büros der Reed./Agenten gefunden werden, die natürlich nicht alle im gleichen Gebäude untergebracht sondern über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind. Und dann sind nicht immer die Personen zu sprechen, die man sprechen will, so daß ein zweiter oder sogar ein dritter Besuch mitunter erforderlich ist.
In den meisten Fällen wird man eine Absage aus den unterschiedlichsten Gründen bekommen ( z.B. es gibt nicht genügend Rettungsbootkapazitäten). Darüber mit den Leuten zu diskutieren bringt nichts – die Entscheidung akzeptieren und die nächste Reed./Agenten aufsuchen.
Wie zeitaufwendig ist nun eigentlich die Schiffssuche? Folgender Zeitrahmen mag zur Orientierung dienen:
bis zu einer Woche.- sehr gut
bis zu zwei Wochen – ist das mindeste, womit man rechnen muß
bis zu vier Wochen – jetzt wird es kritisch
länger als vier Wochen – es scheint aussichtslos, nur weitermachen, wenn man wirklich noch Zeit und nichts anderes zu tun hat.
Bei mir selbst ging es meist relativ schnell. Auf Taiwan, in Hongkong und in Melbourne habe ich zwischen zwei und vier Tage benötigt. Lediglich in Jakarta war meine Schiffssuche erfolglos; ich hatte dort fast einen Monat gesucht. In Buenos Aires allerdings hat die ganze Angelegenheit kaum mehr als fünf Minuten gedauert, wobei gesagt werden muß, daß ich kurz vorher einen sehr guten Tipp bekommen hatte.
Man sollte sich im übrigen im klaren sein, daß eine Ozeanüberquerung je nach Streckenverlauf länger als vier Wochen dauert und dass die Arbeit auf dem Schiff sehr anstrengend sein kann. Es wird einem die Arbeit zugeteilt, die kein anderer machen will aber getan werden muß. Und wenn man den Äquator überquert und im Maschinenraum bei 50 C zu tun hat, wird man den Tag verfluchen, an dem man auf die Idee gekommen ist, mit dem Schiff zu fahren. Da ist es manchmal einfacher einen 5.000er Paß zu erradeln. Und daß man hin und wieder einmal seekrank wird, soll an dieser Stelle auch nicht verschwiegen werden.
Ein anderes Problem ist die rechtliche Stellung, die man an Bord hat, vor allem die rechtliche Stellung gegenüber der Einreisebehörde. Ist man nun als Robber Seemann oder Passagier? Darüber werde ich jetzt aber kein Wort verlieren. Darüber sollen sich die Rechtsgelehrten den Kopf zerbrechen.
Mast- und Schotbruch und allzeit eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.
Bernd