Hallo,

nochmal ein spinoff des Frankreichthreads im Länderboard (schlechte Erfahrungen mit der Touristeninfo in Marseille): nutzt ihr bei der Organisation eurer Radtour 'professionelle' Unterstützung im weitesten Sinne? Darunter fallen z.B. Reisebüros, Fremdenverkehrsämter, lokale Touristeninfo. Wenn ja, was habt ihr für Erfahrungen gemacht?

Wir besorgen uns im Vorfeld eigentlich immer Prospektmaterial vom zentralen Fremdenverkehrsamt (Internet ist zwar gut und schön, aber so schlecht mitzunehmen ). Ausserdem sind wir Stammgäste auf der CMT (Touristik-Messe) und nehmen dort alles mit, was uns zu potentiellen Reisezielen interessant scheint (um es ab und zu nicht wiederzufidnen, wenn wir es brauchen ) . Besonders scharf sind wir auf kostenlose Karten und Unterkunftsverzeichnisse aller Art.

Wenn eine Anreise nicht mit der Bahn erfolgt, haben wir das bisher immer über ein Reisebüro gebucht. Meine Anfrage lautet meist 'Guten Tag, wir möchten eine Radtour in XX machen. Könnten Sie für uns die Anreise buchen und haben Sie sonstige Tipps für uns.' Die Reaktionen waren extrem unterschiedlich, von begeisterten Erzählungen, wo es besonders schön sein könnte und tagelangem Rumtelefonieren wegen Tandemtransport im Flugzeug bis zu 'dafür sind wir nicht zuständig' war alles dabei.

Die Touristeninfo vor Ort suchen wir häufiger auf, wenn es sich anbietet. Auch da sind unsere Erfahrungen höchst unterschiedlich von stundenlangem Rumtelefonieren über runterhandeln des Hotels auf einen günstigeren Preis bis zu völligem Desinteresse. Besonders toll sind mobile Touristeninfos, die zum Teil verirrt aussehende Radler gezielt ansprechen (gesehen in Helsinki und in Montreal).

Eine etwas unglückliche Geschichte hab ich auch mal erlebt. Auf meine Frage nach einer Unterkunft bekam ich die Auskunft, es sei im Ort alles belegt. Als mir daraufhin die Gesichtszüge entgleisten (wir hatten an diesem Tag schon ziemlichen Stress wegen einem liegengelassenen Geldbeutel gehabt und verspürten keine Lust weiterzufahren) und ich ganz erstaunt nachhakte, kam als Ergänzung ' es sei denn, Sie sind bereit mehr als 100 DM für ein Doppelzimmer auszugeben.' Ich persönlich finde 100 DM für ein Doppelzimmer nicht besonders viel. Und es ehrt die Dame zwar, Radlern ein billiges Zimmer vermitteln zu wollen, aber statt jemanden quasi wegzuschicken wäre eine präzise Auskunft hilfreicher gewesen.

So jetzt bin ich gespannt auf Eure Storys

Martina

Hallo Martina,

vorbereitend leihe ich mit immer Reiseführer und Bildbände in der Stadtbücherei aus, versuche XXX per Rad aus dem Kettler-Verlag zu bekommen und kaufe Karten von der Gegend (mache ich manchmal auch erst nach (!) der Reise ). Internetinfos von offiziellen Stellen bis zu Reiseberichten kommen nachher (ich halte bei sowas gerne Papier in der Hand und setze mich gemütlich in der Ecke, um zu lesen). Hinzu kommt das DB-Kursbuch mit Unterstützung der Internetseiten von der DB und ausländischen Bahn- bzw. Fährgesellschaften. (Die Buchung erfolgt zumeist direkt am DB-Schalter.)
Gedruckte Infos bestelle mir auch gelegentlich von den Touri-Infostellen.

Mitgenommen werden aus Gewichtsgründen zum Teil nur Kopien, die sich dann auch in der Kartenhülle an der Lenkertasche gut sichtbar verstauen lassen.

Bis denne
pson

Bezüglich Touristeninfo hatten wir in den USA mal ne nette Dame auf der Touristinfo getroffen. In einem Buch lasen wir, dass man in Montrose, einem kleinen Städtchen in den Rocky Mountains, im Lions Park gratis zelten kann. Am Ortseingang passierten wir Touristeninfo. Wir gingen trotzdem mal rein und fragten zielsicher, wo wir hier in der Stadt das Zelt gratis für eine Nacht aufstellen können. Sie überlegte und suchte uns eine Telefonnummer eines Einwohners raus. Wir sollten doch diesen Herrn anrufen, er gäbe Übersee-Radlern für eine Nacht eine Unterkunft. Leider war der betreffende auch nach dem Einkauf immer noch nicht erreichbar. Also gingen wir zurück zur Touristinfo und sagten ihr, dass wir nun halt das Zelt im Lions-Park aufstellen gehen. Sie sagte uns, dass es mittlerweile die Bewilligung der Polizei braucht und schwubs beorgte sie uns diese.
Der Park war eigentlich nur eine kleine Wiese und mitten in einem Wohnquartier. Aber es hatte Tische und eine WC-Anlage mit Wasser. Also alles was das Radlerherz begehrt. Abends kam dann noch eine freundliche Polizistin auf dem MTB schauen, ob wir wirklich hier sind.

Also hier in Europa könnte man auf der Touristinfo nie direkt fragen, wo man den wild zelten könnte.
Die übliche Information auf einer Touristinfo für mich ist eigentlich lediglich eine kleine Stadtkarte und wo der Camping ist.
Bezüglich professionellen Helfern nehme ich eigentlich nur Reisebüros für Flüge in Anspruch. Dabei konzentriere ich mich auf jene, die auf Individualtouristen eingestellt sind (bei uns in der Schweiz: Globetrotter und SSR). Diese sind meist flexibler und haben mehr Erfahrung mit Spezialwünschen.

Gruss

Die einzigen Profis, die ich in Anspruch nehme, sind Fremdenverkehrsbüros und Touristeninfos bei der Suche nach einer Unterkunft. Da könnte auch ich Stories in Hülle und Fülle und mit allen Extremen zum Besten geben, meistens aber wird bei der Zimmersuche gut und kompetent geholfen. Dass man uns Radler häufig nicht richtig einschätzt und mit "möglichst billig" gleichsetzt erlebe auch ich immer wieder - und kann es nicht verstehen. Auf die Palme bringen mich aber jedesmal die absolut Radfahrer-unfreundlichen Öffnungszeiten von über 90% aller Fremdenverkehrsbüros und Touristeninfos.
Gruss
Uli

Hallo Uli,

die Öffnungszeiten würden mich nicht so sehr stören, aber ich frage mich, warum viele Touristeninfos nicht in der Lage sind, ein Unterkunftsverzeichnis ins Schaufenster oder sonst an einen zentralen Platz zu hängen. Noch besser ist natürlich die skandinavische Sitte, am Ortseingang einen Ortsplan mit allen wichtigen oder touristisch interessanten Punkten zu hängen und denselben Plan mit Adressen zum Mitnehmen bereitzuhalten (meistens ist sogar nochwas da). In Schweden gibts die einschlägigen Prospekte meistens auch im Dorfladen oder an der Tankstelle oder sonstwo, wo lange geöffnet ist.
Es scheint Länder mit einer Tradition des Herumreisens bzw. Unterwegs seins (in der Regel per Auto) zu geben, aus eigener Erfahrung denke ich das z.B. an alle skandinavischen Länder oder Canada. Das sieht man auch. daran, dass alles auch nur halbwegs interessante ausgeschildert ist, Reiseführer kann man sich da fast sparen. Das kommt auch Reiseradlern zugute.

Und zum Thema möglichst billig: ich hab die exakten Zahlen nicht im Kopf, aber laut ADFC-Zeitung gibt der durchschnittliche Radurlauber einiges mehr an Geld aus als ein 'normaler' Tourist. Da stand allerdings auch, dass der durchschnittliche Fahrradtourist über 60 ist.

Martina

Das halte ich für völlig falsch, da wurde wohl die Grafik falschrum gehalten. Würde dann übrigens auch mit dem Alter wieder hinhauen

Hi Martina,
da bin ich wieder mal deiner Meinung, allerdings weiss ich nicht, warum auch Touristeninfos an Radfernwegen so früh schliessen. Gerade die sollten doch präsent sein, wenn die Kundschaft später am Tag kommt.

Hi Maze,
gilt der Zwinker für den ganzen Satz oder nur für die Schlussbemerkung?

Gruss
Uli

Hi Maze,

da war gar keine Grafik....
Ich glaub auch nicht, dass das sooo falsch ist. Es kommt nur darauf an, was du unter einem durchschnittlichen Radtourist verstehst. Auf den 'klassischen' Radrouten (Tauber, Weser) etc. sind in der Nebensaison wirklich jede Menge ältere Leute unterwegs, die häufig nicht gerade aussehen, als ob sie wenig Geld hätten. Das sind die, für die ein Radurlaub der Zweit- oder Dritturlaub ist (stammt nicht von mir stand auch im erwähnten Artikel) und wer sich einen Zweit- oder Dritturlaub leisten kann, ist sowieso nicht arm.

Dass mehr Geld ausgegeben wird, ist zu einem Teil systembedingt. Jemand der umherreist und jeden Tag woanders ist (und nicht zeltet), reist zwangsläufig teurer als jemand, der sich eine Woche (bei ähnlichem Standard) mit Vollpension irgendwo einmietet. Ausserdem haben Radler ständig Durst und trinken im Lokal ist bekanntlich teuer.

Ich persönlich sehe übrigens Radurlaub so wie wir ihn machen nicht als besonders billig. Im Vergleich zu zwei Wochen Türkei all inclusive liegen wir bestimmt teurer.
Der Unterschied liegt wahrscheinlich darin, dass der Preis eines Radurlaubes in sehr weiten Grenzen selbst beeinflusst werden kann.

Gruss Martina

Hi,

dazu habe ich zwar gerade nichts auf den ADFC-Seiten gefunden, dafür aber eine Umfrage zum Thema Fahrradurlaub.

Bis denne
pson

...und die Radurlauber in Skandinavien schleppen
nicht Ihre ganze Verpflegung aus D mit.
..was die Sache auch wieder teuer macht!

Olaf

Also wir sind bislang auf allen Radreisen sehr billig gereist. Es kommt natürlich darauf an, in welchem Land und wie man übernachtet. Mit Zelt oder anderen billigen Unterkünften fällt da lediglich noch die täglich Nahrung an. Ich halte das Radreisen daher für eine der günstigsten Arten zu Reisen. Auch in Schweden muß es nicht unbedingt teuer werden, als Selbstversorger unterwegs bieten sich da z.B. die Sonderangebote im Supermarkt an .

Beim Radreisen geht es ja soweit, daß man auf längeren Abschnitten gar kein Geld ausgeben kann, weil schlicht nichts außer der Natur da ist. Da kommt man garnicht erst in Versuchung...

Na ja, sooo schlimm ist die Sache mit den Lebensmittelpreisen abgesehen von Norwegen doch auch nicht mehr. Bei meinem ersten Schwedenurlaub 1980 kostete z.B. die schwedische Krone noch mehr als doppelt so viel wie heute.

Aber auch da greift ein Mechanismus, der den Urlaub teurer macht: daheim weisst du, wo du billig einkaufen kannst. Wenn du jeden Tag woanders bist, kannst du nicht lange nach dem günstigsten Laden und den aktuellen Sonderangeboten suchen.

Martina