Andere Radreisende berichteten mir von einer weit im Süden liegenden Küste mit einem so wunderschön leuchtenden Blau, wie sie es
nie zuvor geschaut hatten.
Dorthin sollte meine Reise gehen.
Insgesamt bin ich in 4 Wochen 2180km/14000hm geradelt, übernachtet wurde meist naturnah im Zelt.
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Samstag Nachmittag startete ich nach der Arbeit mit dem GO und Campinggepäck Richtung Zülpich und weiter bis kurz vor Kirchheim,
wo ich am Waldrand mein erstes Lager aufbaute.
Am nächsten Morgen ging es dann bei zunächst heiterem Wetter über Bad Münstereifel Richtung Ahr und weiter quer durch die Eifel bis
nach Daun. Von dort war es dann nicht mehr weit bis zum ehemaligen Bahnhofshäuschen „Udler-Saxler“, direkt am
Maare-Mosel-Radweg, mein schon mehrfach bewährtes
Übernachtungsziel.
Am darauf folgenden Tag beobachtete ich gegen 6.30 Uhr aus dem Zelt heraus 2 große schwarze Hunde, die ohne Begleitung einen Weg auf
einem gegenüber liegenden Hügel entlang liefen. Wenig später traten jetzt 6-8 Tiere aus einem Wäldchen und rannten leichtfüßig und mit
erheblichem Tempo weiter über eine große Weide. Jetzt erst erkannte ich, dass die Hunde eigentlich Wildschweine waren... .
Das Wetter war leider wie am Vortag sehr regnerisch und es kühlte bis auf 6 Grad ab, andere Radler waren nicht mehr unterwegs, dafür sah
ich einige Rehe im nahen Wald.
Wittlich erreichte ich dann bei Dauerregen, und das sollte für die nächsten 5 Stunden so bleiben, also immer weiter fahren.
Bei Lieser traf ich auf die Mosel und für einen kurzen Moment kam die Sonne raus: gut für Körper und Geist. Nach 90km baute ich dann
mein Zelt auf dem Campingplatz in Schweich auf.
Auch am nächsten Morgen regnet es weiter und ich radle immer entlang der Mosel bis nach Trier. Vor Schengen traf ich unterwegs mehrmals
eine fröhliche Holländerin, die auch alleine auf ihrem bepacktem Reiserad mit Kurs Basel unterwegs war, am Wegesrand schlich eine der
seltenen Wildkatzen Richtung Unterholz.
Abends fand ich dann bei inzwischen freundlichem Wetter in Malling einen schlichten Municipal-Camping (EUR 7,52) direkt an der Mosel.
Dichter Nebel bei 3 Grad, so beginnt der kommende Tag. Wie üblich bin ich um 8 Uhr startklar und schiebe mein Gespann Richtung
Ausgang. Plötzlich höre ich hinter mir ein lautes Rufen und ein kräftiger Franzose winkt mit meinem Personalausweis, den ich offensichtlich
am Abend vorher in der Rezeption liegen gelassen hatte: lesson learned.
Es wurde ein schöner Tag, ich folgte der Mosel bis Metz und später fand ich ein ruhiges Nachtlager zwischen Obstbäumen bei Belleville.
Bei sonnigem Wetter bis 26 Grad und kurzer Hose durchfahre ich eine grün-gelbe Landschaft, gefolgt von einem idyllischem Kanal. Vorbei
an Nancy übernachte ich kurz vor Epinal auf einem Wiesengelände.
Beim Frühstück am nächsten Morgen ist die Nutella wieder streichfähig: der Süden nähert sich.
Leider regnet es beständig mit unschönem Gegenwind und ständigen Anstiegen: alleine 800 Höhenmeter auf 40km sind zu meistern.
Als ich aus einem Supermarkt komme, nähert sich eine große schwarze Wolke, unter einem Pavillon warte ich den nun folgenden
Starkregen ab.
Am späten Nachmittag hat sich das Wetter wieder beruhigt und ich baue mein Zelt neben einem Wohnmobilparkplatz und dem daneben
liegenden Sportboothafen auf.
Nach einem ausgiebigen Frühstück entferne ich mal wieder zahlreiche Nacktschnecken von den Laufschienen des GO's, die sich in
der Nacht dorthin versammelt haben.
Dann geht es weiter bei klarer Luft und welligem Geläuf, es wird ein sonniger Tag und abends finde ich ca. 20km vor Gray ein schönes
Lager auf einem stillgelegtem Campingplatz direkt an der Saône. Lediglich zahlreiche Schüsse von Jägern und eine Party-Boot mit Discomusik
stören die Idylle.
Der Sonntag Morgen begrüßt mich mit Nebel und ich fahre nach Gray, um meine Vorräte aufzufüllen. Doch leider sind alle Supermärkte
geschlossen, meine Rettung ist dann eine offene Patisserie, wo ich 4 große Teilchen und ein Baguette erstehe, die freundliche Verkäuferin
füllt mir dann auch noch meine Wasserflaschen auf: mercy!
Am frühen Nachmittag komme ich an einem Camping vorbei und nutze die Gelegenheit für eine ausführliche Dusche. Da ich aber erst
60km geradelt bin, fahre ich weiter. Am Straßenrand sehe ich einen überfahrenen Dachs, dessen massiven Körper ich erst für ein Wildschwein
gehalten hatte.
Später finde ich etwas abseits der Straße auf einem kleinen Rasenstück ein ruhiges Nachtlager zwischen einem Wald und einer Trafostation
direkt an der Bahnlinie.
Der nächste Tag ist der 1. Mai: kaum Autos unterwegs und alle Geschäfte zu. Meine Essens-Vorräte sind auf ein halbes Pack Studentenfutter
und ein Glas Nutella geschrumpft.
Erstaunlicherweise klappt es trotz der angespannten Versorgungslage mit dem Radeln und nachmittags komme ich an einem
Luxus-Camping vorbei mit einem kleinen Shop. Nach gut einer Stunde Warten macht dieser auch tatsächlich auf und ich kaufe reichlich
ein: schön wenn es wieder was zum Futtern gibt!
So gestärkt macht mir auch das inzwischen regnerische Wetter nichts mehr aus, munter geht es weiter. Dann wird es richtig dunkel
und kühlt merklich ab, ich flüchte mich unter eine Brücke und warte die kräftigen Schauer erst einmal ab.
In Tournus finde ich einen preiswerten Municipal, beim Zeltaufbau knackst mal wieder eine der Alu-Stangen entzwei, aber ich hatte zu Hause
vorsorglich 4 Reparatur-Hülsen eingepackt, kein Problem: gute Nacht!
Auf zum Supermarkt Vorräte bunkern! Später spricht mich der Leiter des örtlichen Fahrrad-Museums auf mein ungewöhnliches Gefährt
an. Er zeigt mir Bilder von seinen uralten Ausstellungsstücken, nach kurzem Plausch fahre ich dann weiter die Saône runter.
Während meiner üblichen Apfel-Bananen-Pause spricht mich wiederum ein Reiseradler auf einem uralten Decathlon-Rennrad an:
er ist 60 Jahre alt und gerade Rentner geworden. Mit seinem schwer bepacktem Rad plant er in 3 Monaten zum Nordkap zu fahren,
am Anfang der Tour will er erst mal 30km am Tag radeln... .
Dann gesellen sich noch 2 weitere Radler dazu, wir fachsimpeln ein wenig über Reiseräder sowie kleine und größere Touren, dann wünsche
ich im viel Glück bei seinem Vorhaben und radle weiter Richtung Macon.
Vor St. Bernard finde ich dann am Abend ein ruhiges Nachtlager in Flussnähe.
Es folgt ein wolkenloser Tag, zwischen 13 und 17 Uhr ist es sehr warm. Nach ca. 35km erreiche ich Lyon und als ich von einem der üblichen
hohen Bordsteine auf die Straße wechsle, kippt mein Anhänger komplett um und bleibt mit den Rädern nach oben quer auf der Straße
liegen. Zum Glück kommt gerade kein Auto vorbei, also 1x Gabel ab kuppeln, Hänger rumdrehen und weiter geht’s mit einem Dank an die
robuste Radical-Kupplung.
Bisher wurde ich in Frankreich jeden Tag von fast allen Radlern, einschließlich Rennradlern, mit einem freundlichen „bonjour“ gegrüßt,
ab Lyon ist das leider fast vorbei.
Nach weiteren 50km zelte ich in der Nähe eines Kernkraftwerkes an der Rhône und schlafe 10 Stunden tief und fest.
Ob Kernkraftwerke den Schlaf fördern? Schließlich verbringen Franzosen im Schnitt 40 Minuten länger im Bett als Deutsche, wurde
das eigentlich schon einmal wissenschaftlich untersucht?
Kurz nach dem Frühstück komme ich am nächsten Morgen an einer kleinen Wohnwagen-Siedlung vorbei und will die Gelegenheit
zum Wasser bunkern nutzen, also frage ich mal freundlich und erhalte die Antwort: „Chef fragen“. Der Chef ist einverstanden und nachdem
ich meine Flaschen gefüllt habe, bedanke ich mich mit einem lässigen „thanks“. Das kommt beim „Chef“ aber überhaupt nicht gut an
und ich schiebe noch schnell ein freundliches „merci“ hinterher, wir sind ja schließlich in Frankreich.
Der Wind weht jetzt kräftig aus Süd, also gegen an kämpfen. Nach einer Weile komme ich an einer der zahlreichen Uralt-Brücken vorbei,
es ist eine Stahl-Hängebrücke aus dem Jahre 1827 und bei jedem LKW ächzen ihre Lager furchtbar. Als ich unterwegs ein Foto machen
will, fällt mein Radl mitsamt Hänger um, der Wind bläst einfach zu stark.
Dann folge ich weiter der Rhône, linker Hand sind in der Ferne hohe schneebedeckte Berge zu entdecken. Am frühen Abend suche ich meinen
Trek und laufe dabei auf einem schmalen Pfad einmal um einen kleinen Angelsee, später errichte ich mein Nachtlager hinter einer Obstplantage.
Außer ein paar vorbeifahrenden Zügen verläuft die Nacht ruhig.
Kurz nach Aufbruch stürzt ein riesiger Schäferhund auf mich zu, gefolgt von einem gewaltigen französischen Wortschwall des Besitzers,
ich grüße freundlich und fahre rasch weiter.
Mein „Intelligentes-Routing-Trek“ führt mich auf eine der N-Straßen, d.h. schmale Landstraße mit extremen Verkehr und massenhaft
LKW's. Nach einiger Zeit gebe ich entnervt auf und schlage mich erst mal mit meiner 1:800000 Frankreich-Karte durch. Leider gibt es in
dieser Gegend kaum Umgehungsstraßen, also muss der gesamte Verkehr regelmäßig durch enge Ortsstraßen fahren, da hilft oft nur noch die
Flucht auf den Gehweg.
Abends finde ich auch meinem Trek wieder und später ein ruhiges Fleckchen an einem Angelsee. In der Nacht wird mir ein längeres Froschkonzert
geboten, das dann nahtlos gegen 4 Uhr in ein Vogelkonzert übergeht: naturnahes Übernachten halt.
Dann geht es erst mal weiter auf dem Rhône-Radweg, später wechsle ich aber wieder auf meinen Trek und das „Intelligente Routing“
führt mich auf einen unbefestigten Weg.
Nach einer Weile wird der Weg durch einen breiten Bach unterbrochen: kurz entschlossen schiebe ich zuerst das GO durch das 10cm
hohe Wasser und ziehe danach den Anhänger ans andere Ufer, bei dem warmen Wetter trocknen die gefluteten Schuhe ja schnell wieder.
Nach ein paar Metern ist der Weg erneut asphaltiert.
Bei auffrischendem Gegenwind erreiche ich am frühen Nachmittag das sehr touristische Avignon. Später übernachte ich gegenüber
einer Obstplantage, selbst eine in der Nähe vernehmbare Techno-Party kann meinen erholsamen Schlaf nicht trüben.
Den Dorfladen von Vallabrègues besuche ich am nächsten Morgen um 8.30 Uhr: hier sind alle sehr freundlich und es ist ein heiteres Kommen
und Gehen.
Nach Arles durchquere ich am frühen Nachmittag eine sehr trockene Landschaft, die mich ein wenig an meine Camping-Bus Tour vor
vielen Jahren durch Nevada erinnert. Inzwischen ist es sehr warm geworden und ich lege jede halbe Stunde eine kleine Trinkpause ein.
In Fos-sur-Mer erreiche ich dann das Mittelmeer und muss das Bike gleich 4km über eine Steine-Piste mit diversen Schlaglöcher schieben,
viele Franzosen sind hierhin mit ihren Autos zum Angeln und Grillen raus gefahren.
Leider finde ich weder einen Camping noch einen geeigneten Übernachtungs-Spot, so geht es im Eiltempo durch das schöne Martigues,
etwas schade.
Gegen 19 Uhr und über 100km auf dem Tacho spreche ich Christine und Jan-Jaques, 2 Radler am Wegesrand, an und frage sie nach
einem Campingplatz. Beide erklären mir, das es hier nur Felsenküste gibt und daher auch keinen Campingplatz: „no plage, no camping“,
aber ich könne bei ihnen im Garten übernachten, 6-7km dahinten hin, da muss ich nicht lange überlegen.
Jetzt geht es immer aufwärts, Christine mit ihrem Pedelec übernimmt die Führung, dann ich und Jan-Jaques auf einem uralten
Rennrad hinterher. Es wird immer steiler und irgendwann muss ich schieben.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir ihr Haus in Saint Julien, mein Zelt ist rasch aufgebaut, dann gibt es noch ein leckeres
Abendmahl: als Vorspeise Salami, Tomaten und Chips, als Hauptgang Spagetti und Salat und zum Schluss noch frische Erdbeeren,
dazu belgisches Bier (ja, Franzosen trinken in der Regel nur am WE Wein). Wir unterhalten uns über Reisen, unsere Enkel und das Leben,
gegen 22.30 Uhr verabschiede ich mich in mein Zelt.
Nach einem gemeinsamen Frühstück schreibt mir Jan-Jaques noch die Orte Richtung Marseille auf ein Blatt Papier, dann bin ich auch schon
wieder auf der Straße unterwegs, danke nochmals für die tolle Gastfreundschaft!
Gegen Mittag durchquere ich die zweitgrößte Stadt Frankreichs Marseille, danach gilt es den Mont Carpiagne zu umfahren.
Dafür schlängelt sich die Straße rauf bis auf knapp 400 Meter, in einer Kurve zweigt dann mein Trek ab in ein Waldgebiet und dort finde ich
nach kurzer Zeit einen geeigneten Übernachtungs-Spot.
Morgens ist es bereits 17 Grad warm und absolut windstill, meine Milchtüte aus dem Öko-Laden hat keinen Verschluss, also wird alles auf
getrunken. Später rolle ich bei erfrischenden 22 Grad Celsius Richtung Küste.
In Toulon herrscht furchtbarer Verkehr: nichts wie durch! Später setzt mäßiger Dauerregen ein, dafür ist es nicht mehr so heiß, der Fahrradweg
führt mich unmerklich von der Straße weg und ich muss leider einige Kilometer zurück fahren. Bevor es dunkel wird finde ich dann zum
Glück einen Camping: eine kleine Oase mit warmer Dusche!
Am nächsten Morgen hat der Regen aufgehört, dafür ist es sehr windig und mein in die Jahre gekommenes Zelt möchte fliegen lernen... .
Der Vorderreifen des GO's verliert sehr langsam Luft, und da ich keine Lust habe den Schlauch zu wechseln, wird ab jetzt jeden Morgen
beim 1. Pausen-Stop neu aufgepumpt: prompt steht nach kurzer Zeit eine 3-köpfige Polizeistreife neben mir und fragt mich, ob es Probleme gibt... .
hallo Team,
bitte den alten Reisebericht gegen den neuen austauschen, danke.
Grüsse von Helmut
Die Straße geht rauf auf 200 Meter und danach folgt eine 10km lange Abfahrt: Fahren wie Gott in Frankreich!
Hinter Port Grimaud finde ich eine wunderschöne blaue Küste, wie im Bilderbuch, die anderen Radreisenden hatte mir nicht zu viel
versprochen... .
Fortsetzung folgt.