Und nun Teil 2:
Keine Etappe wg. Dauerregen, Samstag, 21. August. Sehnde – Ahrensburg. Erster Blick nach dem Aufwachen nach drauße: Regen. Leider stimmen Wettervorhersagen manchmal. Zum Bahnhof war es nicht weit, nach dem Hotelfrühstück legte ich die knapp 200 km heute vergleichsweise schnell zurück.
Umsteigen in Celle, umsteigen in Uelzen. Es waren sehr viele Räder in den Zügen, ging aber trotzdem. Offensichtlich wollte niemand radfahren. Nicht ganz unverständlich. In Uelzen gab es das touristische Highlight des Tages, den Hundertwasser-Bahnhof.
Natürlich absichtlich schief fotografiert:
Der Hamburger Hauptbahnhof war extrem voll, das bescherte mir einen verpassten Zug nach Ahrensburg und einen absichtlich ausgelassenen. Der fuhr nach Puttgarden, war voller Fahrräder und irgendwie wollte ich mich nicht am ersten Stopp an allen vorbeizwängen.
In Ahrensburg wieder im Hotel, von vier Nächten bisher drei in einem Hotel. War nicht so geplant. Hier der Hotelfensterblick.
4. Etappe, Sonntag, 22. August. Ahrensburg – Dömitz. Das Wetter kann auch schön. Sonne, Wind aus westlichen Richtungen. Das passt, heute sollte es weitgehend an der Elbe entlang in Richtung Osten gehen. Auf dem Weg an die Elbe gab es ein Schloss …
… und die nächste Köstlichkeit
An der Elbe war es dann weitgehend schön. Nicht ganz so flach wie ich vermutete, auch die Elbe hat Prall- und Gleithang. In Lauenburg holperte ich über übles Kopfsteinpflaster hinunter in die Altstadt und machte eine kurze Mittagspause mit Tankstellenfood.
Altstadtgiebel Lauenburg.
Der Lauenburger Rufer ruft.
Ich schnitt nun einen Elbbogen ab und fuhr weiter durch ehemaliges Zonenrandgebiet. Ziemlich dünn besiedelt, da gab man sich offensichtlich nicht mal viel Mühe bei der Namenssuche für die Dörfer.
Fähre Tanja brachte mich wieder auf die andere Elbseite – und überraschenderweise, gut, nur für mich überraschend – war ich immer noch in Niedersachsen. Ich wusste nicht, dass es nordelbisches Niedersachsen gibt. Zumal die Wachtürme deutlich machten, dass die Elbe hier Zonengrenze war. Wikipedia sagte mir dann, dass die Gemeinde Amt Neuhaus 1993 in den Kreis Lüneburg wechselten (etwas verkürzte Darstellung).
Kein Elbblick.
Der Wind hatte gedreht und kam nun von Osten. Unschön. „Mäßig“, sagte meine Wetterapp, aber irgendwie fand ich, das das schon recht deutlicher Wind war. Einen kurzen Stopp vor dem Tagesziel legte ich kurz ein.
Gegenwindstopp Tripkau.
Weiter Kampf gegen den Wind, und ich siegte und kam in Dömitz an, dort, wo ich schon auf meiner Weltreise nächtigte. Damals im Hotel mit Elbblick, heute auf dem Campingplatz mit Kanuanschluss. Endlich mal wieder das Zelt aufbauen, inmitten vieler Wasserwanderer, oder wie auch immer das heißt. Am Abend Picknick an der Elbe. Richtig schön.
Mein Zelt am Campingplatz Dömitz.
Die zweite Nacht im neuen Zelt – und es war die letzte. Die Luftmatratze verlor Luft, ich lag nach etwa 60 Minuten auf der Erde und wurde wach. Pustete die Matratze auf, lag nach 60 Minuten auf der Erde und wurde wach. Und so weiter. An der falschen Stelle gespart, offensichtlich. Das Decathlon-Zelt ist klasse, die Decathlon-Luftmatratze eher nicht so.
5. Etappe. Montag, 23. August, Dömitz – Stuer. Nicht so richtig erholt baute ich dann das Zelt ab, fuhr zum Aldi, besorgte Frühstück und verzehrte es an der Elbe. Das Wetter war wie gestern, sehr schön, bis auf den aus östlichen Richtungen kommenden Wind. Morgens noch eher schwach, ab mittags plante ich, in Richtung Norden zu fahren, dann traf er mich nicht mehr so direkt. Hoffentlich.
Guten Morgen!
Früher Ende der Welt, heute zeitgeschichtliche Sehenswürdigkeit.
Eine Fähre fährt nur für mich.
Kurz nochmal nach Niedersachsen, für mein nächstes kulinarisches Ziel. Das war der zweitöstlichste Ort Niedersachsens.
Der Grund, warum ich keine Königsberger Klopse mag.
In Schnackenburg fuhr ich wieder auf eine Fähre, wieder über die Elbe und wieder in die ehemalige DDR – dort blieb ich jetzt bis zum Schluss der Reise. In Wittenberge suchte und fand ich eine Apotheke wg. Salbe für Nagelbettentzündung und einen Supermarkt wg. Essen. Letzteres verzehrte ich, dann noch einen kleinen Schlenker zum Jugendstil.
Haus der vier Jahreszeiten.
Der Wind drehte etwas auf Nordost, was ein bisschen blöd war, weil ich nach Nordosten fuhr. Nun nicht mehr entlang der Elbe, sondern entlang der B189. Ich sag‘ mal so: Elbe ist schöner.
Kurzer Stopp in Perleberg.
Und weiter gegen den Wind entlang der B189, manchmal auch auf ihr. Hatte den Vorteil, dass überholende LKW zeitweise für Rückenwind sorgten. Aber nach wie vor: Schön ist anders. Immerhin erreichte ich bald mein nächstes Futterziel, diesmal eher wieder was zum Trinken. Obwohl …
… will man das wirklich trinken?
Immerhin ging es jetzt nach Norden, zudem auf kleineren Straßen. Und sofort machte es wieder mehr Spaß. Der hin und wieder getrübt wurde durch Reichskriegsflaggen in Vorgärten… Schnell weiter. Nun häufiger mal durch kurze Waldstücke, auch schön gegen den Wind. Und lange dauerte es nicht mehr, bis ich mein Ziel erreichte. Stuer am Plauer See. Campingplatz, aber auch mit festen Unterkünften. Ich hatte die Wahl zwischen altem Wohnwagen oder Fass.
Ich nahm das Fass.
Fast wichtiger als Duschen war die Mückenabwehr. Anti-Brumm. Schleichwerbung gerechtfertigt, obwohl ich nichtmal was dafür bekomme. Natürlich ging ich an den See, und schaute der Sonne beim Untergehen zu. Mecklenburger Seenplatte. Mückenparadies. Ich sah die Mücken auf mich zufliegen … und abdrehen! So lässt sich ein Abend am See genießen.
Unverstochen genoss ich dann noch Pommes im Campingplatzrestaurant und zog mich in mein Fass zurück. Das sogar nahe genug an der Rezeption war, sodass ich noch WLAN hatte.
6. Etappe. Dienstag, 24. August, Stuer – Rheinsberg. Das Fass verlassen, gepackt, Frühstück am Campingplatz – und los ging es. Mit Westwind. Angesichts der Reiseroute schon ganz nett, grundsätzlich aber eher nicht so toll. Er kündigte nämlich eine Kaltfront von Westen an. Aber das war Zukunft, erstmal Sonne.
Seltsame Ortsnamen auch ohne Futter.
Es ging ein wenig auf und ab, ehe ich in Klink den größten deutschen See erreichte, die Müritz.
Next Stop: Waren. Dort erleichterte ich mich. Steckte Zelt und Isomatte in einen Karton und schickte es nach Frankfurt. Spazierenfahren muss ich den Kram nicht, wenn ich es schon nicht mehr nutzen kann. Zum Gewichtsausgleich kaufte ich im Edeka neben der Post (okay, eigentlich war die Post neben dem Edeka) Futter. Damit rollte ich ans Ufer und machte eine kurze Mittagspause.
Boot auf der Müritz.
Ein Schwein verabschiedete mich.
Und nach der Mittagspause wurde es grün. Nach Deutschlands größtem See (okay, nach dem Bodensee, aber der gehört ja auch der Schweiz und Österreich) nun Deutschlands größter terrestrischer Nationalpark, der Müritz-Nationalpark. Terrestrisch heißt: Wattenmeer gilt nicht.
Und mitten im Grünen dann mein nächstes Futterziel. Erreicht nach einigen Kilometern Waldweg, auf dem man als Radfahrer fahren musste, weil die „Straße“ veboten ist. Eine einspurige Straße mit sehr wenig Verkehr. Nun ja. Aber gut, den Bussen kann man kaum ausweichen.
Jetzt klappts auch mit Datteln.
Zum Glück taugt das Rad nicht für off-road.
Nun ging es weiter zum Ziel für heute, Rheinsberg. Erst noch durch Wald, dann immer wieder an Seen vorbei. Radwege höchst unterschiedlicher Qualität auf kurzem Raum, herrlicher Asphalt wechselte sich mit üblen Wurzelstrecken ab. Und kleiner Tipp: Wenn ein Schild vor „Belagwechsel“ warnt, dann ist das ernstzunehmen. Von Top-Asphalt unvermittelt gröbstes Kopfsteinpflaster. Aber sonst sehr schöne Landschaft. Regen drohte, aber kam noch nicht.
In Rheinsberg bezog ich erstmal schnell das Hotel, fand im benachbarten Norma die ersten Lebkuchen dieses Jahres und machte mich schnell auf den Weg zum Schloss. Da wollte ich a) schon immer mal hin, wg. Tucholsky und b) jetzt ziemlich schnell hin, wg. drohenden Regens. Hat geklappt. Geregnet hat es erst, als ich im Restaurant saß und Roulade aß.
Schloss Rheinsberg
7. Etappe. Mittwoch, 25. August, Rheinsberg – Brandenburg an der Havel. Der Frühstücksraum des Hotels hatte etwas Postsozialistisches. Immerhin gab es Kohlenhydrate. Draußen schien die Sonne, also fuhr ich schnell los. Aber natürlich nicht ohne einen kurzen Fotostopp am Schloss. Jetzt mit Sonne.
Auf mecklenburg-vorpommersche Seen folgten brandenburgische. Und großartige Radwege durch Wald und Feld. Teilweise auf alter Bahntrasse, fast immer in allerbestem Zustand. Nur ganz selten die Wurzeldurchbrüche. Mit dem Halbrückenwind kam ich fast in einen Geschwindigkeitsrausch.
So sonnig wie am Morgen blieb es nicht.
Ich habe es mit dem Futtern offensichtlich übertrieben.
Irgendwie stelle ich es mir nicht so toll vor, auf die Frage zu antworten, wo man denn wohne… Aber die Landschaft ist schön, immerhin. Und weiterhin Top-Radwege, frisch asphaltiert, nur einmal ein Stück Betonplatten, das nicht so nett war. Viel Wald, eine Menge Regenschauer und richtig warm war es auch nicht.
Zur Abwechslung mal wieder was Genießbares-
Knappe 30 km noch bis Brandenburg an der Havel, dem Ziel für heute. Mein Hotel hieß „am Brandenburger Dom“ und dort befand es sich auch. Ich bezog ein riesiges Zimmer, so konnten die ganzen nass gewordenen Klamotten schön trocknen. Dann machte ich mich auf die Suche nach einem Restaurant. Innengastronomie musste es wetterbedingt sein, aber irgendwie schien Corona kein Thema zu sein. Den Impfausweis musste ich nie zeigen. Egal, das Essen schmeckte. Mexikanisch. Danach noch einen kurzen Stadtrundgang.
Hotelnachbar
8. Etappe. Donnerstag, 26. August, Brandenburg an der Havel – Berlin. Die Wettervorhersage für die kommenden Tage war extrem miserabel, da beschloss ich, die Reise etwas früher zu beenden. Havelradweg nach Berlin, dann mit dem ICE nach Hause. Aber erst nochmal ordentlich futtern, da ja nun kein Futterziel mehr auf der Strecke lag.
Der nun letzte Tag der Reise verwöhnte mich doch nochmal mit schönem Wetter und schönen Wegen, an der Havel. Unberührt scheinende Natur, kaum Höhenmeter, kein Verkehr; bis Werder war es eine sehr schöne Strecke. Krach kam nur aus der Luft.
Lärmbelästigung von oben.
Berlin kommt näher.
Dann wurde es urbaner, Werder, Potsdam. Und tatsächlich – ein Plattfuß. Der erste der Reise. Trotzdem ging es recht schnell weiter, nun Stadtverkehr. Zum ersten Mal sah ich Schloss Sanssouci, vorher fuhr ich dort, wo es erlaubt war, durch den Schlosspark. Ob das wirklich schneller war als über die Straßen, wer weiß. Zwar ampelfrei, aber sicher nicht fußgängerfrei.
Zum ersten Mal: Schloss Sanssouci.
Über die Glienicker Brücke erreichte ich wieder westdeutschen Boden. Dass hier tatsächlich einmal eine fast undurchdringbare Grenze war, sieht man heute nicht mehr. Die Bilder von geheimnisvollen Agentenaustauschen kamen mir in den Kopf – aber heute ist es einfach eine Havelbrücke am Anfang des höchsten Berges dieses Tages. Bis nach Wannsee ging es ordentlich rauf und wieder runter. Es folge ein letztes Stück autofreier Radweg, sehr breit, entlang der Avus durch den Grunewald. Sehr breit. Und sehr nass, es hatte ziemlich geschüttet, was mich zu einer Pause an der Aral-Tankstelle zwang.
Am S-Bahnhof Grunewald begann dann endgültig der Stadtverkehr. Eine verstörende Sammelleidenschaft meinerseits sind Attentatsorte, und auf dem Weg lag die Kreuzung, an der im Juni 1922 der damalige Außenminister Wather Rathenau ermordet wurde. Eine der vielen unglückseligen Tage der Weimarer Republik.
Vor fast 100 Jahren wurde hier Walther Rathenau ermordet
Zum Hotel am Hauptbahnhof waren es nun noch knapp 10 km durch die Stadt, Kurfürstendamm, Breitscheid-Platz, Siegessäule, Hauptbahnhof und Ende.
Und das war sie, die Futtertour. Etwas früher als geplant beendet, es gäbe noch ein paar mehr kulinarische Ziele. Und auch etwas herbstlich, obwohl doch im August. Aber trotzdem, wie schon in den letzten Jahren: Deutschland ist schön. Ich habe einige Lücken geschlossen, in Norddeutschland war ich bisher selten. Man muss nicht weit weg für Radreisen. Und trotzdem freue ich mich, wenn es mal wieder nach Frankreich geht. Dann wohl wieder mit wenig Gepäck, das hat sich bewährt. Mal schauen, was 2022 noch so bringt.