Übersicht:
Teil 1 Tübingen - Salzburg - Tauernschleuse - Triest Teil 2 Ancona - Peloponnes-Nord-Süd 1: Patras - Kalavryta - Dimitsana --->
Teil 3 Peloponnes-Nord-Süd 2: Dimitsana - Gythio - Kythira Teil 4 Kreta 1: Chania - Lassithi - Kaminaki-Katofigi-Paß - Myrtos - Males-Prina-Kritsa-Höhenstraße - Aghios Nikolaos Teil 5 Kreta 2: Aghios Nikolaos - Heraklio - Piräus - Peloponnes-Ost-West: Nafplio - Tripoli - Olympia - Zakynthos - Patras Teil 6 Ancona - Forli - Bologna - Po-Oglio - Verona - Innsbruck Ich war ein Ereignis - für das Hotel
. Denn ich war der seit Februar gebuchte und heute einzige Gast. Das Frühstück wurde meinen Wünschen entsprechend vorbereitet. Draußen galt es zuerst, die 20% Wand auf dem Weg hierher wieder zu überwinden, 50 m Schieben. Im Ort oben das pralle Leben, Markt, Trubel, Geschäftigkeit. Touristen gibt es keine.
Es geht heute eine lange Panoramahöhenstraße entlang, zwischen 700 und 1300 m Höhe schwankend, bis in die Bezirkshauptstadt Tripoli. Ich beschreibe auf der Insel des Pelops ein Kreuz: auf dem Hinweg die Durchquerung von N nach S, auf dem Rückweg von O nach W. In Tripoli werde ich drei Wochen später meine eigenen Spuren kreuzen.
Zunächst aber ergeben sich heute in einer langen Reihe von landschaftlichen highlights unwahrscheinlich schöne Ausblicke. Hier nochmal das Tal des Lousios:
Man erkennt rechts im Bild eines der beiden Klöster, die hier in der Abgeschiedenheit die 400 Jahre der türkischen Besatzung überdauert haben und somit eine Kern- und Keimzelle waren, die die griechisch-orthodoxen Sprache, Religion und Kultur hinüberretten konnten.
Morgenstund....
....hat zwar kein Gold im Mund, aber zum Glück auch kein Blei im Hintern:
Hier geht es quasi runter in den Hades. Das Kloster Pródromos ist das andere der zwei Klöster, das antike Gortys und der besagte Lousios liegen nicht nur die 10 km, sondern auch 960 m weiter unten
.
Asphaltiert ist die Strecke erst seit kurzer Zeit. Vor 10 Jahren bedurfte es noch einer gewissen Tollkühnheit, dort mit dem Auto runterzufahren. Belohnt wird das allerdings auch heute mit der Möglichkeit, in kühlem Grunde ein äußerst erfrischendes Bad im flachen Bachbett zu nehmen. Eine köstliche Erfahrung (hier ein Bild von damals):
Für mich geht es heuer weiter ins Dorf Stemnítsa. Vor 15 Jahren noch quasi dem Verfall preisgegeben, wurde es von ehemaligen Auswanderern wieder erinnert und restauriert, heute ein schmucker Ort und für mich Gelegenheit für eine erste Pause mit griechischem Kaffee und frischem Orangensaft:
Bald danach erfolgt die Abzweigung nach Osten, die mir gestattet, nicht viele hundert Meter an Höhe zu vernichten und außerdem weiteren landschaftlichen Hochgenuß verschafft:
Hier war es, wo mir innerhalb von zwei Stunden 8 Autos begegneten, an einem Montag, und diese fast ausschließlich in der letzten Viertelstunde:
Allerdings gab es auch sehr sonderbare Erlebnisse. Extrem unwirklich und wie aus einem miesen Horrorfilm das Erlebnis, in vollkommener Einsamkeit und Stille unvermittelt in die maskenartige Stirn einer Kuh zu blicken, von der man sonst nichts sieht:
Ich starre leicht vom Donner gerührt ob dieser Erscheinung auf das Rind und frage mich einen Augenblick, wer da solche Masken in den Wald gehängt hat. Allerdings bewegt sich das Tier dann doch leicht und bei näherem Hinsehen erkenne ich auch noch andere. Puhhh!
Die idyllische Straße auf 1100 m Höhe führt durch Schauplätze, wo man nicht weiß, ob man sich jetzt im Schwarzwald, im Harz oder doch in Griechenland befindet:
Dann folgen die sonnig-lichten Stellen mit den Schmetterlingswolken. Auf blausilbernen Disteln umschwirren einen Dutzende von Distelfaltern, Kaisermänteln und einer Menge an kleineren Faltern:
Ich bin beglückt und erfüllt.
Ein irgendwann einmal entgegenkommendes SUV hält an und der Fahrer erkundigt sich, ob alles in Ordnung ist, oder ob ich vielleicht Hilfe brauche (die absolute Einsamkeit und Wildromantik im vielen Grün und den gefährlichen Bergen hier ist für den Normalgriechen ja schon an sich wie für uns eine Alaskaexpedition, und dann noch ein Fahrrad!): ich finde das einfach klasse, verneine und bedanke mich. Es sollte mir später auf Kreta noch einmal so ergehen.
Indes erreiche ich irgendwann eben doch den Straßenscheitelpunkt und die Abfahrt beginnt. Der Himmel zieht sich etwas diesig zu, es wird, je tiefer ich komme, immer stickiger. In der Ferne eine Klosterkirche:
Und eine kleine Brücke:
Tripoli habe ich als ausgesprochen unattraktive Stadt in Erinnerung und heute keine Muße, zu etwaigen neuen Fußgängerzonen und hergerichteten Plätzen vorzudringen, daher nur die unendliche Schönheit dieses Pausenplatzes und danach nur eines: durch und weiter:
Es folgt eine unangenehme Strecke, heiß, staubig, viel Verkehr, landschaftlich vollkommen öde, zunächst wenigstens eben. Nur Kleinigkeiten erfrischen das Auge:
Ich bin müde, der folgende Anstieg von weiteren 500 Höhenmetern bleibt mir trotz der Abendstunden nicht erspart. Was hat mich wohl geritten, hier hinter dem Hintern der Welt in den Bergen ein Hotel zu buchen. Irgendwie hatte ich ungenau recherchiert und eine Art Resort erwartet mit viel Publikum und allem Drumunddran.
Ich erreiche das Örtchen Kerasiá, 1 km neben der Hauptstraße. Hier muß ich hindurch und dann das Nachbardorf Vlachokerasiá nach weiteren 3 km erreichen, schön den Berg hoch. Ich rufe noch von der Abzweigung aus das Hotel an und will wissen, ob nicht einer der sicherlich zahllosen Angestellten mit einem der Hotelautos mich hier unten abholen kann.
Eine junge Frauenstimme meldet sich, kann mich wegen des Straßenlärms hier kaum verstehen und offensichtlich kein Englisch und legt auf. Weitere Versuche enden im Nichts. Nun gut, ich werde auch das noch schaffen. Die Straße windet sich durch lockeres Wohngebiet, dörflich und einfach. Es ist wenigstens nicht steil. Dann kommt tatsächlich der Zielort.
Sogar das Hotel ist ab hier ausgeschildert. Allerdings führt die Straße auch hier durch den Weiler durch, ein wirklich extrem unangenehmer Köter erschreckt mich zutiefst, zum Glück ist er eingezäunt. Der Weg entledigt sich seiner Asphaltdecke und zeigt schmucken Schotter. Den Ort habe ich längst hinter mir. Bergland und sonst garnichts. Dann erreiche ich die Hotelanlage:
Hier ist allerdings vor allem eines: tote Hose. Ich finde auch nichts Rezeptionsähnliches. Dann eine junge Frau, die mich an ihre Mutter verweist, die jetzt auftaucht, eine Mittvierzigerin. Sie ist einigermaßen erstaunt, weil sie vor drei Tagen von booking.com eine Stornierung gekriegt hat - aber nicht von mir!
Nunja, Zimmer kann ich haben, soviele das Hotel hat, denn mal wieder bin ich der einzige Gast. Ich bekomme im obersten Gebäudeteil ein großes Zimmer mit reichlich Vorplatz und Aussicht auf die Wälder und Berge. Welch ein Glück, manchmal ist man ja im Unterbewußtsein schlauer, daß ich schon viel früher meinen Bedarf an Getränken, Obst und sonstigen Magenstreicheleinheiten besorgt und hier heraufbefördert hatte.
Wo keine Wäscheleinen sind, werden eben welche improvisiert:
Der kräftige und warme Wind trocknet das Zeuchs in nur 20% der Zeit, die ich zum Waschen und Spülen gebraucht habe.
Am anderen Morgen der wolkenlose Himmel über den Höhenzügen der mittleren Peloponnes: Taýgetos und dem Profitís Ilías, 2400 m.:
Ringsum Natur ohne Ende, die verheerenden Waldbrände von 2007 haben hier nicht gewütet:
Hotelinventar:
Nach wiederum reichhaltigem Frühstück im leeren Restaurant extra für mich geht es wieder los, weiter nach Süden. Um mich zu ärgern, haben sie noch einige Rampen eingebaut, bis die superneue und breite Straße endgültig nur noch bergab führt. Sogar für Griechenland sehr ungewöhnliche, leibhaftige Tunnels wurden gebaut, damit ich keine Umwege mehr zu fahren brauche: einfach nur klasse und ich lasse es rollen:
Vor mir steht Spárti, das antike Sparta. Es geht durchaus nicht spartanisch zu, auch laufen keine nackten Krieger mehr herum und in den Gymnasien (gymnos = nackt) ist jetzt eh nix los, auch nicht bekleidet. Indes haben sie hier die Öfen mächtig zum Laufen gebracht: mit jeder Kehre wird es heißer. Unten in der Stadt hat es im Schatten 38°, Tendenz steigend. Ich trinke im Schatten eine Menge Saft und Wasser und ziehe dann weiter, es bleibt ja zunächst alles topfeben. Auf den nächsten 50 km sind nur noch wenige Höhenmeter zu vernichten - glaube ich.
Als die Temperatur auf meinem Tacho 45° in der Sonne erreicht, beschließe ich, vernünftig zu sein und ziehe mich in den Schatten dieser Kirche zurück (Rückseite):
Mein Limit war das Erreichen von Körpertemperatur im Schatten, was nach zwei Stunden eintrat und mich wieder aufbrechen ließ. Meinem naiven Glauben an eine fallweise mögliche Abwesenheit von Steigungen in GR wurde bald Abhilfe verschafft, denn Zeus hatte zwischen den Marmorstufen meiner Ausruhkirche und dem Ziel Gythio noch schnell einige Hügel fallen gelassen, die mich mal wieder am Spätnachmitteg Kraft und Nerven kosteten. Seitlicher Blick auf den Taýgetos:
Blick zurück:
Irgendwann aber hat man auch das Weiteste erreicht und ein kühles Lüftchen weht mir vom Wasser entgegen:
Ich muß jetzt nur noch durch das Städtchen durch und die allerletzten 150 HM hochfahren. Endlich geduscht und georangenesaftet unter der erleichternden AC ergibt sich der schöne Blick Richtung Stadt zurück:
Neuer Tag, neues Glück: Mein Vorhaben, die ganze Bucht zwischen dem mittleren und rechten Finger der Peloponnes zu umfahren und bis in das Weltzuendestädtchen Neápoli (=Neustadt) zu kommen, weicht der Erkenntnis, daß mir das heute zuviel ist. Es gibt aber eine Busverbindung, die ich durch Anfahren des nächsten Ortes Skála, erreichen kann, schön am Nachmitteg. Mir bleibt daher ein halber Ruhetag zunächst auf Caféstühlen direktestens am Wasser:
Bevor ich auf das kleine Inselchen radle, wo der Leuchtturm steht, und einen schönen Blick auf die Stadt ergattere:
Hibiskus überall:
Dann breche ich zu meiner gigantischen 20 km Tour auf und gleich ist es soweit, das Geheimis um den Berichtstitel lüftet sich das erstemal:
Dieses Wrack habe ich schon 1982 bewundert, damals mit einem alten BMW 2002 unterwegs...
Während der Busfahrt (das Rad hätte ungefaltet nicht reingepaßt) denke ich mehrfach: welch ein Glück, daß ich das hier nicht fahren muß. Unwahrscheinlich dreist steile Rampen und Wände lassen den Bus ächzen und langsam werden, ich wäre tausend Tode gestorben an diesen 15-20% Marterstrecken.
Zudem zieht sich das viel länger hin, als ich veranschlagt hatte und ich steige erst kurz vor acht aus dem Bus. Ein Supermarkt hat noch geöffnet und auf dem Fußweg dorthin werde ich noch Zeuge des Südseeuntergangs:
Der nächste Tag bringt Sturm von Windstärke 7 - 10, noch am Ufer. Die Überfahrt zur Insel Kýthira dauert normal nur eine Stunde. Das kann ja heiter werden. Man kann kaum noch geordnet laufen und den Fahrgästen auf Deck fliegen die Sachen davon:
Auf der offenen Wasserstraße zwischen Festland und Insel befindet sich das Meer in heller Aufregung:
Wundersamerweise aber nimmt das Gestürme allmählich ab, je näher wir aufs Meer raus kommen. Im Hafen vor Kythira hat sich das Problem erledigt:
Die Anlegestelle befindet sich auf einer kleinen Insel, die durch eine Flachwasserbrücke mit dem Inselfestland verbunden ist:
Allerdings spielt sich das Leben auf Kýthira im wesentlichen nicht an der Küste ab sondern auf der Höhe, durchgehend etwa 200-300 m hoch. Im Bild, was mich schön zur Mittagszeit im Windschatten erwartet:
Manchmal kommt Hilfe, wenn man nicht im Traum daran denkt. Oder doch. Ich fahre und schiebe diesen Anstieg hoch und denke gelegentlich, es wäre doch recht bequem, wenn jetzt einer der ab und zu vorbeifahrenden Pickups anhalten würde. Man darf ja wohl noch ein bißchen rumspinnen, oder. Als ich aber 4/5 geschafft habe, hält tatsächlich ein alter roter Toyotapickup neben mir an. Das bedeutet aber: er hält mitten auf der Straße in einer Kurve, egal.
Mir bleibt keinerlei Widerspruch und das Rad wird verladen. Vorne auf dem Beifahrersitz muß erst das Chaos beseitigt werden und dann geht es los, ein Mittfünfziger mit grauem Pferdeschwanz kutschiert uns hoch, nicht ohne mich zu nötigen, eine Wasserflasche vom Wagenboden aufzuheben und zu verköstigen. Wir unterhalten uns sehr nett, dummerweise ist die Anhöhe nach wenigen 100 m erreicht und ich steige wieder aus, auch, weil er gleich eine Abzweigung wieder runter nehmen will.
Er möchte rein garnichts von Dank hören und freut sich auf seinen bevorstehenden Ausflug im Winter nach Basel. Ich darf mich nicht entfernen, bevor ich nicht seine schnell zusammengesuchte Weinflasche entgegengenommen habe, die er mit einem Etikett versieht: er ist Winzer und nach kurzer Kontrolle, ob ich auch alles richtig mache, verschwunden.
Im ersten Ort, den ich erreiche, mache ich Pause:
Die Straße dümpelt wellig vor sich hin, den
Meltemi habe ich angenehmerweise im Rücken. So ungestüm wie am Morgen vor Neápoli ist er aber nicht mehr.
Mein Lieblingsglück am Wegesrand:
Irgendwann habe ich das Eiland von Ost nach Mitte und Süd durchquert und nähere mich dem nominellen Hauptort "Kythira", auch Chora genannt. Kurz davor:
Meine Unterkunft befindet sich in einem alten Gebäude und ist liebevoll und stilbewußt hergerichtet, ich übernachte quasi in einer Art Heimatmuseum:
Eine große Terrasse ist dem zugeordnet: tagsüber aber wegen der Hitze nicht nutzbar. Onkel Ju hat damit keine Schwierigkeiten:
Abendlicher Blick aufs Meer und den charakteristischen Pyramidenfelsen:
Der nächste Tag ist radfahrfrei und beginnt mit der Besichtigung der Burgruine:
Von hier aus gibt es natürlich einen klasse Ausblick auf das Badeörtchen Kapsáli:
BMW - Blau mit Weiß:
Der Felsen, unverstellt:
Es folgt auf meinem Spaziergang runter ans Meer eine ebenso skurrile, wie rührende und originelle Einrichtung: ein Hausrand-Garten-Vorhof, liebenvoll und maximalrealistisch ungestaltet zu einem Schiff:
Durch diese hohle Gasse muß ich kommen:
Blick zur Burg hoch:
Nicht alles ist Idylle:
Fast unten. Bild aus dem Schmachtfon:
Weitere Detailaufnahmen:
Blick zurück:
Der Tag geht zuende in lauer Abendluft auf meiner Terrasse:
Ich versuche, draußen zu schlafen, finde da aber keine Ruhe und verziehe mich morgens um zwei dann doch ins Zimmer.
Der nächste Tag sieht mich wieder auf dem Rückweg zum Hafenort, dort erwartet mich morgen früh um 6 die Fähre nach Kreta. Einöde auf dem Inselrücken:
Urzeitliche Ziegenviecher:
Der Boss:
Und das nächste Wrack:
Allseits interessantes Ausflugsziel:
Ende Teil 3.