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#1263973 - 02/03/17 06:42 PM Armenien und Georgien
EbsEls
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:28
:17.6.2016 14.7.2016
:1300
:amArmenia
geGeorgia

„Es kommt nicht auf die Leistung, sondern auf das Erlebnis an.“ – Anderl Heckmair


Es war der dritte Anlauf zu einer Reise in den Kaukasus. Zweimal bin ich an meiner mangelnden Courage gescheitert. Es ging mit dem Flugzeug nach Tiblissi, wo direkt vor dem Flugplatz die Tour begann. Anne und Detlef aus Rudolstadt sowie ich haben in Armenien den Sevan-See umrundet und sind dann wieder zurück über den Kleinen Kaukasus nach Georgien. Höhepunkt war der Aufstieg nach Swanetien.

18.6.2016 Georgische Straßenhölle
Alle unsere Fahrräder wurden noch einmal von Bodo Wenzel aus Cumbach in Schuss gebracht, “sie schnurren wie die Kätzchen.” Aber die Räder mussten von uns für den Flugzeugtransport wieder "kaputt" gemacht werden, demontiert werden. Aber alles lief gut, wir brauchten bei der Aufgabe in München noch nicht einmal Luft aus den Reifen rauslassen. Anne und Detlef wurden für ihre Kartonverpackung gelobt, mein bisschen Knallfolie gewickelt um die kritischen Stellen am Rad wurde mit einer speziellen Sperrgepäckwanne gewürdigt. Alles ist gut in Tiblissi angekommen. Es war gegen 5 Uhr in der Früh, die LH 2556 hatte ein bisschen Verspätung, in Düsseldorf war Gewitter. Ein Cabincrew-Mitglied kam deshalb am Startort MUX verspätet an, so hängt eben Alles mit Allen zusammen. Eine sehr kurze Nacht, der Flug dauerte 3 1/2 Stunden.
Endlich rollten wir los. Ich hatte mir in Google-Earth einen schnellen Weg raus aus der Stadt Tiblissi in Richtung Grenzübergang nach Armenien in Sadakhlo erkundet. Der erste Spezialabschnitt eine Eisenbahnbrücke über den Mtkvari-Fluss in Tiblissi fanden wir leicht, der Feldweg parallel zu einer Eisenbahnlinie zu einem Stausee wurde verpasst.


Georgische Straßenhölle bei Kumisi

Wir landeten auf einer Hauptstraße nach Marneuli in der georgischen Straßenhölle. Die Höllenqualen bestanden aus großer Hitze und viel Verkehr mit Abgasen, die jedem VW zur Ehre gereicht hätten. Mir fällt der stetige Aufstieg extrem schwer, ich brauche bestimmt noch einige Tage, um mich einzurollern. Das Hupen war in der Regel ein freundlicher Gruß an den Radler.
Gegen Nachmittag sind wir immer noch in Georgien nur 10 km von der Grenze zu Armenien entfernt, aber in Dörfern mit aserbaidschanischer Bevölkerung. In der letzten Kneipe spielten Alle zum schwarzen Tee engagiert Domino. Unser Platz zum Zelten zeichnet sich durch perfekte Logistik aus. Die Aseris bedienen uns mit einem Bier zum köstlichen Schaschlik. Wir dürfen die Zelte direkt im Garten aufbauen und die Dusche benutzen. Der Höhepunkt des Abends ist der Auftritt eines Gopuz-Spielers in einer Männerrunde an unserem Nachbartisch.



Armenien
19.6.2016 Armenische Klosterstraße

Die erste Frage an der armenischen Grenzkontrolle durch einen jungen Grenzschützer mit russischer Generalsmütze war: “You come from Aschenbecher?” Er wurde schon leicht stinkig, als ich ihn für mein Verständnis zum zehnten Mal aufforderte, die Frage zu wiederholen. Ach so, ob wir aus Aserbaidschan kämen?
Wir radeln jetzt in der Schlucht des Debed, der sich mit reißender trüb brauner Strömung präsentiert.



Zwischendurch ein kleiner Regenschauer. Wir finden Unterstand bei einem Gewerbegelände, der Wächter Agronom Haik holt uns in seine kleine Pförtnerloge und kocht uns einen Espresso. Er war sehr politisch bewandert und interessiert. Deutschland hätte eine wichtige und gute Industrie, nur die Politik der Angela Merkel sei fragwürdig in der Flüchtlingsfrage.
Hier befinden sich einige berühmte armenische Klöster, leider immer 400 Höhenmeter über dem Fluss auf einer Felsterasse aus erkalteter Lava. In Akhtala wollte keiner von uns Männern hoch zur Burg und dem Kloster, das UNESCO-Weltkulturerbe Haghpat habe nur ich abgewählt. Ich komm’ nicht hoch! Noch nicht. Während Anne und Detlef sich im Kloster geistig erbauen, erforsche ich die Welt der armenischen Käsesorten.



Zum Bier bestelle ich eine Käseplatte mit Lavash, dem dünnen Fladenbrot. Es war aber noch ein Bisschen Stör, das Madlotschka sagte “Sterlett”, vom Vorabend übrig … ich darf kosten. Sehr gut!
Das Städtchen Alaverdi ist geprägt durch die Kupferhütte. Hier wird schon seit über hundert Jahren Kupfer verhüttet. Interessant ist die Verlegung des Fabrikschlots hoch auf den Berg.



In Alaverdi spricht uns ein pisatelj, ein Schriftsteller an. Der kriegt dann einen Anschiss von einem anderen Passanten, da er sich mit uns russisch unterhielt. Sonst haben wir aber überhaupt kein Problem, die russische Sprache zur Verständigung zu nutzen. An dem armenischen Wort für “Danke” zerbreche ich mir die Zunge - „schnorrhakalutsjun“.

20.6.2016 Die Gegend um Wanadsor

Die heutige Etappe war zünftig, sie führte nach Wanadsor und einige weitere Kilometer darüber hinaus zu einem Gartenrestaurant, wo wir zelten dürfen. Es sind nur 49 km zusammen gekommen.





Der Besuch einer armenischen Kirche in Wanadsor mit der Spende von ein paar Kerzen für unsere gute Reise ist ein weiterer kultureller Höhepunkt. Es ist die „Schwarze Kirche“, gewidmet der Mutter Gottes. Bis 1828 bestand in Wanadsor eine Schwarze Kirche, an deren Stelle 1831 dieser Neubau errichtet wurde.



Detlef legt großen Wert auf seinen morgendlichen Kaffee. Hier entdeckten wir einen Händler, der frische Bohnen uns auf die hiesige Art ganz fein als Pulver mahlte und verkaufte. Die Armenier sind als Kaffeehändler berühmt. Johannes Theodat (auch Johannes Diodato, eigentlich Owanes Astouatzatur) (* um 1640 in Istanbul; † 1725 in Wien) war ein armenischer Handelsmann und Kurier. Er war der Besitzer des ersten Wiener Kaffeehauses. Carl Tchilling-Hiryan (eigentlich Tchilinghiryan, * 1910; † 1987 in Hamburg) war ein Kaufmann und Unternehmer armenischer Abstammung. Gemeinsam mit Max Herz gründete er 1949 die Firma „Frisch-Röst-Kaffee Carl Tchilling GmbH“, den heutigen Tchibo-Konzern.
Am Ortsausgang hat uns ein ein mächtiges Gewitter mit Hagel erwischt, durch die pomana in der Schwarzen Kirche in Form von einigen Kerzen aber mit guter Logistik in Form eines Minimarkts. Dorthin flüchteten auch die Bauarbeiter, die die Reste von Schlamm und Geröll der letzten Überschwemmung von der Straße weg schaufelten. Alles für die Katz, nach nur einer Minute tat sich wieder eine Sintflut auf und spülte neuen Schlamm und Steine auf die A330, eine wichtige Fernverkehrsstraße für Armenien. Nach einer Stunde konnten wir weiter strampeln bis zu unserem jetzigen hervorragendem Platz zum Zelten, der uns mit diversen Köstlichtkeiten wie hausgemachte Sahne überrascht.


Die Anlage, wo unsere Zelte standen

Wir durften schon mehrfach die Schaschlikküche Armeniens gut ausprobieren. Kurz vor Vanadzor bei einer jungen Familie gab es einen Lammschaschlyk mit diversen Gemüsen. Hier bekamen wir was vom Schwein, für jeden ein kleines Kotelett und Rippchen. Dazu hat der russische Wodka mit dem Namen “Unser Wodka, eure Lieder” sehr gut geschmeckt.

... wird fortgesetzt ...

Edited by EbsEls (02/03/17 06:50 PM)
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#1263990 - 02/03/17 07:45 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
EbsEls
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21.6.2016 Die erste Herausforderung
Wir sind immer noch am Aufstieg zum armenischen Hochland rund um den Sevan-See. Der liegt auf knapp 2000 m Höhe. Die Straße führte uns schon einmal auf eine solche Hochebene mit grünen Matten. Es ist eine Viehzüchtergegend.


Die Gegend um Lermantovo

Einige der Dörfer tragen russische Namen wie Lermontovo oder Semjonovka, laut Reiseführer sollen es Molokaner sein. Die Molokanen, übersetzt Milchtrinker, weil sie an den Fastentagen Milch zu sich nehmen, sind eine Gemeinschaft des spirituellen Christentums, die sich von der Russisch-Orthodoxen Kirche getrennt hat.



Unsere größte Herausforderung ist die Passauffahrt von Dilidschan aus, ca. 7 % über mehr als 20 km. Wir haben uns verabredet, dass wir am Pass zelten werden. Ich war fix&fertig oben, noch nicht einmal der domaschno wino der Molokanen hat mir geschmeckt. Vom Pass aus kann man den Sevan-See sehen, besonders beeindruckend beim Pullern nachts im Mondenschein. Ich war aber zu schwach, die Photoausrüstung für Nachtaufnahmen aufzubauen.



Was bei uns das schlimmste Unkraut ist, diese hohen Dolden aus dem Kaukasus, die diverse allergische Reaktionen auf der Haut hervorrufen, die Strunke der Pflanzen nutzen die Armenier hier zum Einlegen in eine milde Essigessenz und wir kriegen das hier immer als Gemüsebeilage. Man kann es aber nur durchkauen, die Strunke sind wie sehr holziger Spargel.



Es ist der Wiesenbärenklau. Er ist jung ungiftig und wird als Wildgemüse gerntet. Genau so sah das aus, was wir aufgetischt bekommen haben am Sevan-See. Der Wiesenbärenklau wird dort kniehoch. Für das Foto oben bin ich alter Mann in die Knie gegangen.

22.6.2016 Am Sevan-See: Der Wind kommt von vorn

Es musste passieren, wir haben uns getrennt. Mit meinen 60 Jahren muss ich keinen asketischen Zelturlaub machen, wo das Land Armenien so viele schöne Spezereien bereithält. Ich hatte schon im Plan mir das gute Hotel “Tufenkian Avan Marak Tsapatagh Hotel” ausgesucht, um den Aufstieg zur blauen Perle von Armenien gebührend zu feiern. Ich habe mir hier für knapp 50€ ein Zimmer genommen und spektakulär gut gegessen. Ich werde sicher die Umrundung des Sevan-Sees fortsetzen und dann auch wieder zelten.



Es ist eine verkehrsarme ordentlich asphaltierte Straße durch eine blühende Steppe bisher, aber mit großem Gegenwind. Hier im Hotel ist ein älteres Paar aus den Niederlanden. Die Holländer besuchen, wie jedes Jahr, auf einer Rundreise durchs Land ihre 16 armenischen Patenkinder. Der Mann sagte aber, dass die gefällige Straße bald vorüber sei, sie würden mit einem Lada für die nächsten 30 km 50 min brauchen. Einige der 3000er Berge, die den Sevan-See umkränzen, tragen noch Schnee.

23.6.2016 Die Steppe blüht

Die Steppe blüht: Das Wardenisgebirge

Rund um den Sevan-See ist alles eine blühende Steppe. Der Sevan ist Nationalpark, wirklich nur der See. Direkt am Ufer, was dann auch die Nationalparkgrenze ist, gibt es ein paar Kieferngestrüppe. Ein wenig in der Struktur des Bewuchses sind noch die Felder des Kolchos zu erkennen, aber praktisch sind die Felder verwildert. Ganz hinten bei Geghamasar sind noch ein paar Mähhechsler aus der DDR im Einsatz, machen wohl aber nur ein Bisschen Heu. Doch die vielen Stauden von bunten Blüten beeindrucken den gegen den Wind kämpfenden Radler. Er kann so immer mal wieder zum Bilder machen verschnaufen.



Die Erzbahn

Immer wieder ist hier hinten Militär unterwegs. In Geghamasar komme ich beim Bier mit den Soldaten ins Gespäch. „Wir sind hier im Krieg!“ Die Grenze zu Berg-Karabach ist von hier nur 40 km weg. Der Erzzug fährt zu einem Goldbergwerk oben am Zod-Pass, das ist die Grenze zu Azerbaidshan – Bergkarabach. Nach einigen Schleifen durch das arme Dorf Norakert erreiche ich wieder eine halbwegs asphaltierte Straße an einer Tankstelle bei Tsovak.
Die Säulen haben bereits ausgedient. Doch es gibt einen Tankwart, der hört gerade in seiner Bude von Queen “We will rock you”, als ein 1500er Moskvich vorfährt. Hinten sitzen drei Generationen Frauen, vorn zwei kernige Kaukasier. Sie erhalten nach meiner Schätzung 10 Liter vom Kessel in eine Kanne gezapft. Die werden mit einem Trichter in den Benzineinlass hinter dem Nummernschild am Heck eingelassen. Der nächste Kunde dieser “Tankstelle” lädt mich in sein Restaurant um die Ecke ein. Es wird Fisch aus dem Sevan-See geben.

24.6.2016 Dreimal gehupt, ist auch gebetet
Hinter Martuni konnte ich einen schönen Kiefernhain zum Boofen finden. Die unzähligen Mücken schienen aber nicht stechen zu wollen. Es sind hier einige europäische Reiseradler unterwegs. Gestern habe ich drei Österreicher getroffen, die Martuni über den Selim-Pass erreicht haben. Sie hätten unten im Araks-Tal schon 46 Grad gehabt. Wir trafen schon drei Polen und zwei deutsche Hotel-Radler.



Am Morgen sind einige Fischer auf dem See unterwegs, um ihre Reusen einzuholen. Die endemische Sewan-Forelle dürfen sie nicht fangen, sie steht im Nationalpark unter Schutz.



Ich wunderte mich bisher, dass es praktisch keine Dorfkirchen gibt. Jetzt konnte ich ein klitze kleine Kirche am Wegesrand besuchen, überaus ausgeschmückt mit vielen Votivgaben in Form von Bildern.



Die nötige Demut wird vom Besucher durch den niedrigen Zugang abgefordert. Der moderne Armenier hupt im Vorbeifahren dreimal. Die berühmten Sevan-Klöster z.B. Hayravank sind schon seit dem 19. Jhdt. aufgelöst, dort scheint es keine Gottesdienste oder ähnliches zu geben.


Chatschkare am Kloster Hayrvan

Rundherum viele Chatschkare - ein Chatschkar ist eine Stele, ein Monolith mit eingravierten Kreuzen, Weintrauben, Ranken und Schriftzeichen. Chatschkare sind Gedächtnis-Monumente und künstlerische Objekte ganz besonderer Art. Besonders reich mit solchen Gedächtnissteinen ist der große antike Friedhof von Noratus ausgestattet.
Jetzt kurz vor Sevan treffe ich meine Freunde zum Mittagsmahl wieder. Wir werden das Gebiet des Sevan verlassen und auf unterschiedlichen Wegen den weiten Weg zur georgischen Grenze suchen. Das sind aber bestimmt noch vier Tagesetappen. In Tsaghkunk hat die Pannenhexe mich erwischt. Die drei Groschen für die Kerzen in Hayravank waren wohl zu knapp im Auge des Herrn. Doch hier gibt es feines kleines Hotel.
Es war ein ganz kleines zartes Lämmchen, immer nur ein Bisschen an den Rippen und am Kotelett, aber wunderbar. Es war zubereitet nach Art des Ortes Tsaghkunk mit diversen gegrillten Gemüsen und Gewürzen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in diesem edlen Restaurant diese Köstlichkeit korrekt mit den Fingern zu mir nehmen durfte. Aber es gilt wie immer, hier kennt mich ja keiner. Dazu trinke ich einen trockenen weißen Wein (domaschno vino), großartig. Der Abschluss ist gerade ein Cognac, auch hier meinte der junge Kellner, dieses göttliche Getränk sei domaschno, hausgemacht.

25.6.2016 Auf kleinen Straßen
Ich konnte gestern noch mit zwei avantgardistischen Polen, Darek & Robert, Segler und Reisende überall auf der Welt, die allgemeinen Weltengänge diskutieren. Der Ausgangspunkt war ihre Frage nach meiner Meinung zum Brexit. Ich wusste da noch nix vom Ergebnis des Referendums. Statt “Es fügt sich!” fiel mir in Englisch nur ein “I have no idea.” Darek schenkte immer wieder vom guten Roten ein, der ließ uns den Diskussionsfaden immer weiter spinnen. Zum Abschluss konnte ich sie noch zu dem göttlichen hausgemachten Cognac überreden. Es war ein schöner Abend.



Ich habe mich entschieden, nun auf kleinen Straßen im Tal des Hrazdan meinen Weg zu finden. Das funktionierte auch recht gut, bis ich die Talstraße in der Stadt Hrazdan verpasse. Im Dörfchen Solak zeigt mir dann endlich Einer den schmalen Hirtenpfad tief hinunter in die Schlucht zu einer kleinen Brücke über den Hrazdan-Fluss. Er meint: “Eto Problem!” Ich bin dann noch eine gute halbe Stunde durch die Gässchen im Dorf geschoben, um wieder zurück zur Dorfstraße zu gelangen. Diese Landstraße führt nun durch einen armenischen Garten mit Erdbeer- und Gemüsefeldern permanent bergab, es ist eine Lust zu pedalieren. An einer Kreuzung frage ich den Chef einer Bäckerei, ob die gigantische Fabrik oben am Berg noch produziere. “Da, armatury.” Diese Fabrik muss wohl zu Sowjetzeiten die Armaturen für das ganze Reich produziert haben.



Ashtarak liegt zu beiden Seiten einer recht tiefen Schlucht, die der Fluss Kasakh in das Lava-Gestein gefräst hat. Der Fluss kommt von größten Berg Armeniens, vom Aragaz, knapp über 4000 m hoch, herunter. Es gibt eine alte Steinbrücke über den Fluss. Diese älteste und im Mittelalter einzige Brücke der Stadt aus dem Jahr 1664 besteht aus drei unterschiedlich hohen Spitzbögen und liegt an einer scharfen Flussbiegung, wo sie vor hohen Fluten geschützt war. Dort an der schönsten Stelle der Stadt befindet sich eine “Zone zur Erholung”, ohne Kommerz - unglaublich. Die Leute bringen ihr Fleisch, überall brennen die Schaschlyk-Roste, es wird Domino und Schach gespielt. Einer versucht aus dem recht reißendem Fluss mit einem kleinen Netz an einer Angel Fische zu fangen, ich konnte keinen Erfolg beobachten.

26.6.2016 Die Steppe ist verblüht


Das Wahrzeichen - der Berg Ararat

In Ashtarak fand ich ein wunderbares Privatquartier. Die Gastfamilie verabschiedete mich herzlich mit einem großen Beutel voll Aprikosen. Diese Aprikosen sind hier eine große Köstlichkeit. Die Aprikose war in Armenien schon in der Antike bekannt und wird dort schon so lange angebaut, dass häufig angenommen wird, dass dies ihre ursprüngliche Heimat sei. Nicht umsonst steht das Orange in der Nationalflagge Armeniens für diese typische Frucht des Landes, „das kreative Talent und die hart arbeitende Natur der armenischen Bevölkerung“ (Zitat aus der Verfassung Armeniens).
Gestern Abend im Fernsehen wurde eine armenisch-römische Kirchenfeier ausgestrahlt, wenn ich es richtig verstand, ist gerade der Papst Franziskus in Armenien zu Besuch. Der Konvoi aus lauter schneeweißen G-Klasse-Modellen mit Polizeischutz war wohl der Konvoi des Papstes auf dem Weg nach Giumri. Beim Wiedertreffen auf ihrem Rückweg ziehe ich meine Mütze, die Fahrer respektieren den Pilger zumindest mit einem freundlichen Hupen.


Denkmal für den Aufstand von Van 1915: Dieses Denkmal wurde in den 80igern von der reichen armenischen Diaspora gestiftet. Die andere Hälfte soll in den USA stehen. im Hintergrund in 75 km Luftlinie der Ararat.
Seit heute morgen ist kein Wölkchen am Himmel. Vom westlichen Himmel grüßt der Ararat-Gipfel. Die Straße nach Giumri (Գյումրի) führt permanent und schnurgerade bergauf. Rechts und links gibt es eine Reihe von antiken und modernen Denkmalen.


Eine alte Karawanserei an der Seidenstraße

Zum Glück weht ein leichtes Lüftchen, doch schon bald merke ich - das wird so nichts. Ich muss mir morgen einen Transport mit einem Autobus oder ähnlichem besorgen. Ich bin jetzt wieder ca. 1600 m hoch, weiter unten ist die Steppe schon trocken, gelb und verblüht.

27.6.2016 Die Steppe blüht wieder


Hier erbarmte sich der Op' meiner

Die Herausforderungen setzen sich fort, hinüber nach Maralik, über einen Bergzug knapp an die 2000m-Marke. Aber ein Op’ mit seinem Shiguli erkennt meine Sachlage und schnallt mein Rad auf sein Dach und schafft mich auf den Berg. Mir wird aber klar, dass ich es weiter nicht schaffen werde, in unserem Zeitplan zu bleiben. So war ich froh, als ich an einer Raststätte in Maralik eine georgische Marschrutka nach Akhakalaki finde. Ruck zuck schnallt der Chauffeur mein Rad wieder auf das Dach seines FORD Transit und ich bin Teil des Teams für einen Wahnsinnsritt über die Piste nach Georgien. Einer der Passagiere macht an der Grenze Probleme wegen 50$, ich habe keine Idee, was die Lösung war und was er büßen musste … nach knapp einer Stunde ging es weiter. Mich kostet diese Fahrt 20 Georgische Lari (entspricht ca. 5€).

Das war der Abschnitt in Armenien. Demnächst weiter in Georgien ... bleibt neugierig!

Edited by EbsEls (02/03/17 07:46 PM)
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#1264103 - 02/04/17 12:22 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
kaspress
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Bin schon auf deine nächsten Berichte gespannt
Mtb- und Wanderblog mit kulinarische Tipps:

www.kaspressknoedel.com
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#1264126 - 02/04/17 03:41 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
grenzenlos
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Da kommen Erinnerungen hoch. Schöner Bericht. Wir waren da zu Fuß unterwegs. Danke fürs Teilen schmunzel
Ach ja, und liebe Grüße nach Saalfeld. Ist ja von Sonneberg fast um die Ecke zwinker

Edited by grenzenlos (02/04/17 03:42 PM)
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#1265013 - 02/08/17 08:02 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
natash
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In Antwort auf: EbsEls


Das war der Abschnitt in Armenien. Demnächst weiter in Georgien ... bleibt neugierig!


Bin ich, zumal die Gegend zu meinen noch zu bereisenden Wunschdestinationen gehört

Gruß

Nat
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#1266008 - 02/14/17 07:24 AM Re: Armenien und Georgien [Re: natash]
EbsEls
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In Antwort auf: natash
... die Gegend zu meinen noch zu bereisenden Wunschdestinationen gehört

Gruß Nat


Mal zwischendurch ein paar taktisch-technische Daten zu Georgien für künftige Besucher:
1. Visafrei für EU-Bürger - man braucht einen Pass.
2. mit WIZZ-Air ab BLN-Schönefeld 2x die Woche nach Kutaissi
nur Handgepäck ab 39,99€
mit Gepäck ab 83,49
3. Für den Transport im Land heißt das Zauberwort "Marschrutka". Das ist wie der "Dolmuş" in der Türkei. Ich habe Leute aus Linz getroffen, die nahmen oft auch ein Taxi, auch bezahlbar. Der Preishit: Die Bahn. Meine Freunde sind von Kutaissi nach Gori (ca. 100km) für ca. 2€ gefahren. Ist aber ein eingeschränkter Fahrplan und Blümchen pflücken während der Fahrt ist strengstens verboten, weil leicht möglich bei den Geschwindigkeiten.
4. Der Gast hat weitgehende Narrenfreiheit (eine Ausnahme, dazu weiter unten). Das gilt z.B. für das freie Zelten, kein Problem. Wenn man fragt, schienen mir die Leute eher verwundert. Natürlich nicht die Gastfreundschaft über strapazieren. Es ist unbedingt lohnenswert nach einem Quartier zu fragen. Das geht ab 5€ aufwärts die Nacht pro Nase. In Touristenhotspots (z.B. Mestia) sieht es schon ein Bisserl anders aus. Dort sind die Einheitspreise so ca. 25€ das Zimmer i.d.R. mit Chatschapuri als nahrhaftes Frühstück inklusive.
5. Geld gibt es an ATM's in jeder Kleinstadt, mehr VISA als Maestro. In Städten gibt es einige Kontore zum Tauschen von Bargeld.
6. Am Flugplatz in Tiblissi werben die Telcos mit einer kostenlosen SIM-Karte mit einem kleinen Guthaben. Die Karten kann man überall an Automaten aufladen (auch Geldkarten, der moderne Georgier an sich bezahlt bargeldlos!). Überall heißt praktisch an jedem zweiten Lädchen, Bäcker, Kreuzung ...
Link zum Bild Fremdes Bild in Link umgewandelt. Zur Erläuterung siehe hier.
7. Zitat Reise Kauderwelsch Georgisch:Bitte keine fremden Texte posten. Zur Erläuterung siehe hier. Link zum Text
Was der Kaukasier an sich garnicht mag, ist das kleine oder das große Geschäft in der Natur. Wird der Gast dabei beobachtet wird mindestens vom Auto aus gehupt. Das macht man/frau bitte garnicht. Bleibt das Problem ... ein Argument mehr zu Privatquartieren, Gaststättenbesuchen und Einladungen.

Edited by Juergen (02/27/17 05:18 PM)
Edit Reason: Fremden Text und Bild entfernt
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#1266113 - 02/14/17 04:58 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
Helmut R.
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Zitat:

1. Visafrei für EU-Bürger - man braucht einen Pass.

Der Perso reicht schon.

Gruß aus Ampelborn

Helmut

Edited by Keine Ahnung (02/14/17 05:01 PM)
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#1266656 - 02/17/17 06:23 PM Re: Armenien und Georgien [Re: Helmut R.]
EbsEls
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Nun weiter mit Georgien ... Gerade dieses Forum hat großen Anteil an der Planung für unsere Tour. Eine Inspiration war z.B. diese Kurzbeschreibung für den Abschnitt in Swanetien . Nun meine Courage hat dann nicht für Alles gereicht, aber lest selbst.

Die Steppe hier blüht wieder. Ich habe hier auf dem Dschawacheti-Plateau fast die Höhe des Sevan-Sees (1900m) erreicht. Bis 1991 war das sogenanntes Grenzgebiet. Besucher von außerhalb benötigten eine Sondergenehmigung. Auch nach der Grenze siedeln hier noch immer Armenier (90 Prozent der Einwohner der Gegend gehören zur armenischen Volksgruppe). In Akhakalaki wird in den Geschäften neben georgischer Währung auch armenisches und russisches Geld angenommen. Ich konnte hier meine überzähligen Dram (Kurs 2016: 1 EUR = 528,33 AMD) in Georgische Lari (ISO-Code: GEL; Kurs 2016 1 EUR = 2,58512 GEL) umtauschen.


Dschawacheti-Plateau (1900m)

Alle loben uns Deutsche, dass wir von aller höchster Stelle den Genozid an den Armeniern endlich respektiert haben. Es ist eine bitterarme Ecke, ich sah noch Leute in Erdhütten leben. Trotzdem hat der Op’ oben an der Kante zur Vardzia-Schlucht, der seine Kühe betreute, nix mit den Kommunisten von früher am Hut. Er rechnete mir vor, dass er für das Fleisch seiner Kühe heute viel mehr erhält als früher. In unserem weiteren Schwätz erzählte er mir, dass „der Mann, der die Einheit von Deutschland gemacht hat“, Schewerdnadse, seit drei Jahren tot sei.



Die Abfahrt in die Schlucht war anspruchsvoll für Mensch&Maschine. Ich traue meinem Vorderreifen nicht mehr viel zu. Unten treffe ich meine Freunde wieder, man sieht, es fügt sich.



Im Wardsia-Tal befinden sich eine ganze Reihe von Klöstern und Einsiedeleien, meistens in den Fels als Höhlen geschlagen. Die Höhlenstadt wurde im 12. Jhd. als Grenzfestung gegen die Perser und Türken angelegt, sie ist die größte derartige Anlage.

28.6.2016 Die wichtigste Sehenswürdigkeit in Georgien kann man nicht sehen

Es war gestern noch ein toller Abend, die Vardsia-Schlucht ist ein Hotspot für die westlichen Tramper. Damit der Tourist den gastlichen Ort auf dem Grund des Klosters als Campingplatz identifiziert, steht ein leeres Kuppelzelt auf der Wiese. Daneben erkannte ich sofort das Zelt meiner Freunde. Es gibt einen Ausschank von köstlichen roten Hauswein und man kann diverse Köstlichkeiten der georgischen Standardküche ordern, z.B. Khinkali, die großen Teigtaschen, gefüllt mit Fleisch, Käse oder (wem’s gefällt) auch süß. Khinkali werden von Hand gegessen. Dabei greift man zur Spitze der Teigtasche (georgisch kudi "Hut"), die kühler ist als der Inhalt. Man beißt etwas Teig ab und trinkt den Saft aus der Tasche, dann isst man den Rest. Weil die Spitze hart ist, wird sie nicht mitgegessen, sondern zur Seite gelegt. Am Ende der Mahlzeit kann gezählt werden, wie viele Teigtaschen jeder Esser geschafft hat (Wikipedia).
An der Tafel fanden sich zusammen: Zwei Rucksackreisende aus Estland, ein Mähre aus Brno, Balint aus Budapest mit seinem Mädel aus Amsterdam. Lingua franca war Englisch, ich verstand es, aber wenn man eine Englischlehrerin dabei hat, braucht man nicht soviel zu schwätzen.



Der Aufstieg früh zum Höhlenkloster war zu trocken, zu hoch und zu heilig, abgebrochen. Wardsia wurde im 12. Jahrhundert in eine vom Tal rund 500 Meter aufragende Felswand geschlagen. Die Baumeister nutzten Vor- und Rücksprünge für die Anlage tiefer Höhlen, die durch Tunnel, Treppen, Terrassen und Galerien miteinander verbunden sind. Für die Einwohner waren ursprünglich 3.000 Wohnungen auf bis zu sieben Stockwerken errichtet worden, die Platz für 50.000 Menschen boten. Jede Wohnung bestand aus drei Räumen. Es gab eine Schatzkammer, eine Kirche, eine Bibliothek, Bäckereien, Ställe und Badebassins. Wasser floss aus Keramikleitungen. Die Höhlenwohnungen wurden durch belüftete Stollengänge verbunden.
Nach einem Erdbeben im Jahre 1283 sind heute noch 750 Räume auf einer Fläche von etwa 900 Quadratmetern erhalten. Durch das Beben ist die vordere Wand abgerutscht ist. Damals muss es viel weniger Löcher in der Wand gegeben haben. In meinem Alter sehen viele Dinge von unten am Besten aus und solche Weisheiten kann man von diversen Info-Tafeln und Wikipedia erfahren.
Den Fluss Mtkvari (bei uns Kura) kennen wir bereits aus Tiblissi. Die 1364 km lange Kura ist der größte Fluss im Kaukasus. Es war ein lockeres, aber heißes Pedalieren hinunter nach Akhalziche durch eine wilde Schlucht, garniert mit diversen Burgen, mehr oder weniger erhalten.


Burg Khertvisi: Die Khertvisi Festung ist eine der ältesten Festungen in Georgien und war während des georgischen feudalen Zeit funktionsfähig. Die Festung wurde erstmals im 2. Jahrhundert v. Chr. errichtet. Die Kirche wurde in 985 gebaut und die gegenwärtigen Mauern im Jahre 1354. Wie die Legende sagt, wurde Khertvisi von Alexander dem Großen zerstört. In der 10. und 11. Jahrhunderte war es das Zentrum der Mskheti-Region.

Nun zu den unsichtbaren Sehenswürdigkeiten: Ich habe heute begonnen, die berühmte georgische Küche zu ergründen. Dazu nutze ich zwei Zugänge. Einmal die vielen kleinen Straßenkneipen, wo die Muttl kocht. Zum zweiten die etwas gehobeneren Restaurants, weil man da die Speisekarte übersetzt kriegt. Gerade hat sich die Muttl gefreut, dass ich eine Kharcho, eine georgische Rindfleischsuppe, bestellt habe. Als Beweis liegt ein Knochen zum Abknabbern in der würzigen Suppe. Danach habe ich mir Khachapuri Imereli bestellt, das ist ein leckeres heißes Käsegebäck zum weißen Hauswein. Vorhin in Azpindza konnte ich eine Speisekarte studieren (georg. - russ. - engl.), um folgende umwerfenden Köstlichkeiten probieren zu dürfen. Als kalte Vorspeise Auberginen gefüllt mit Walnuss-Creme, danach Champignons in heißer Butter in der Pfanne gegart (hat noch gesprudelt). Ich schmeckte nichts anderes, als den puren Pilz.

29.6.2016 Über den Goderdzi-Pass, in Adscharien

Wir mussten einsehen, das ist eben doch schon Asien und jede Route etwas rauer und schwerer als zum Beispiel auf dem Balkan. So haben meine Freunde einen Fahrer eines alten 3-sitzigen FORD Transit Lieferwagen in Akhalziche ausfindig gemacht, der uns für kleines Geld auf den Pass Goderdzi auf 2025 m Höhe hochrumpelte. Detlef hat die Ladung, unsere Räder vorbildlich gesichert. Ich saß hinten bei den Rädern sehr bequem auf einem Reifen. Mein Nachteil: Ich habe die großartige Burganlage in Akhalziche nicht gebührend genug fotografiert.


Unterwegs besuchten wir das Kloster Zarzma. Schon als bei Zufahrt das Kreuz der Kirche auftauchte, bekreuzigte sich unser Fahrer dreimal. Einen sehr heiligen Ort hat er uns da gezeigt.


Sommerdorf der adscharischen Hirten

Endlich erreichten wir den Pass, der sich als großes Sommerdorf der adjarischen Hirten herausstellte. Balint aus Budapest hatte uns auf dem Camping in der Wardsia-Schlucht auf das Restaurant Edelweiß oben auf dem Pass hingewiesen.


Restaurant "Edelweiß"

Die Mama Edelweiß hat uns dann in ihrer Küche in den Töpfen gezeigt, was sie uns kredenzen wird. Schaschlyk-Fleisch aus dem Tiegel, einen fleischreichen Eintopf und ihre adjarische Spezialität, eine Art “Ei rühert euch” aus Ei, reichlich Sahne und Käse. Alles ziemlich püriert und im heißen Tiegel serviert. Ich machte mir aus dieser Spezialität und dem würzigen Rindfleischeintopf einen Bigos, es war die Wucht.


Pass Goderdzi


Abfahrt vom Pass nach Khulo

Die Abfahrt stellte wieder eine große Herausforderung an Mensch und Material dar, ich musste zweimal vorn den Reifen flicken. Es ist wirklich beeindruckend, wieviel europäische Radler hier unterwegs sind.
Jetzt in Schuachevi habe ich eine Hühnersuppe Chikhirtma und ein scharfes Ojakhuri, Bratkartoffeln mit gebratenen Rindfleisch verdrückt. Diese Zeilen sind inspiriert vom zweiten Glas Tschatscha, dem Rakija der Georgier, hausgemacht.


Die Tschatscha-Maschine

Ursprünglich war Tschatscha ein Schwarzbrand für den Privatgebrauch. Noch heute ist er in dieser Form auf dem Lande weit verbreitet. Georgische Bauern verwenden neben Wein auch Feigen, Mandarinen, Apfelsinen oder Maulbeeren, wobei dieser Obstbrand in Georgien korrekt Araki genannt wird. Nach der Destillation hat Tschatscha einen Alkoholgehalt von 70 % vol. Er wird deshalb mit Quellwasser verdünnt. Schwarzgebrannter Tschatscha hat einen Alkoholgehalt von 45 bis 50 % vol., manchmal auch 60 % vol.

30.6.2016 Batumi

Das Tal des Flusses Acharistskali hat ein gewaltiges touristisches Potenzial. Hier gibt es jede Menge Abstecher in Seitentäler als adjarische Weinstraße. Immer wieder Wasserfälle und Schluchten.



Die Seitentäler führen hoch in die mittelgebirgigen Berge zu diversen Naturheiligtümern. Ich sah Fußballfeld große Wiesen mit diversen Knabenkräutern. Trotz des reichhaltigen Angebots an Tschatscha und Wein kann es dem durstigen Radler passieren, dass er keinen Alkohol erhält. Zu Sowjetzeiten waren 150000 (etwa 38 %) der damals 393000 Einwohner der autonomen Republik Adscharien Muslime, inzwischen ist der Anteil auf 30 % gefallen. Ich konnte in den Dörfern oberhalb von Khulo einige Moscheen entdecken. Unterbrochen wird das allerdings durch diverse türkische Großbaustellen für Staudämme und Tunnel.

Wer hatte schon einmal eine Thronbesteigung in der Halle des Bergkönigs? Ich, gerade eben. Ich zeige euch den Weg. Nachdem Du die schlimmste Boofe nach Maglavit mit Mu 1993 in Rumänien überstanden hast, nimmst Du einen starken adjarischen Kaffee im Tal des Flusses Acharistskali, damit Du sofort danach wach genug bist, um Deinen Vorderreifen wiederholt zu flicken können. Dann musst Du bei der Tschatscha-Maschine das Produkt kosten. Beachte - nur ein Glas! Die Einheimischen mögen Dich gerne mit mehreren Gaben unter der mächtigen Sonne kirre machen.



Rechter Hand findest Du einen tönenden Wasserfall, nehme dort von dem anderen Trunk der Einheimischen, dem erfrischenden weißen Wein. Das Wasser fällt über zwei Stufen von erkalteter Lava, schöne Sechskantsäulen und unten über Blasenlava. Dann pedalierst Du locker bis an das Schwarze Meer, ohne es in Angesicht nehmen zu können. Links ist dann ein hölzernes Portal mit verwirrenden WildWest-Figuren, trau Dich trotzdem! Drin gibt es wieder den erfrischenden Trunk. Dann folgst Du demn Zeichen “WC”. Wenn Du den Thron in der mächtigen Halle bestiegen hast, dann nutze Deine tiefste Stimme für das Lied der Wolgatreidler oder einen Song von Johnny Cash.


Ortseingang Boomtown Batumi

Jetzt bin ich in der Boomtown Batumi mit der großen Hoffnung auf eine kompetenten Fahrradladen, um mich mit neuem Reifen auszurüsten. Die blutrot ausgezeichneten Radwege in der Stadt machen mich optimistisch.
Die haben hier im Hafenviertel von Batumi einige beeindruckende neumodische Einrichtungen, einen vielspritzigen musikalischen Spritzbrunnen, der kann alle möglichen Pophits, wie die Carmina Burana.


Man beachte das güldene Riesenrad im Turm

Dann haben sie hier auch eine 10% Ausgabe des Burj Khalifa, in der Mitte soll es wohl mal ein Riesenrad mit ein paar Logen geben, beeindruckend. Ich gebe mich in den zahlreichen Strandrestaurants dem Tsinandali hin, das ist ein erfrischend würziger Weißer.

1.7.2016 … und sie haben es wieder versucht

Die Altstadt von Batumi sieht ganz wie Alt-Havanna aus. Zweistöckige Häuser in allen möglichen Erhaltungsgraden, mit Balkons entlang der ganzen Front, wo wohl besser aber immer nur eine Person stehen sollte. Ich bin auf der Suche nach einem Fahrradladen, um mir einen neuen Pneu für Vorne zu kaufen. Ich finde die Nadel nicht, die immer wieder einen Platten sticht. Dann kann ich den Küstenradweg mal probieren, und da stehen sie, die Appartmenthochhäuser.


Leerstand nach den Gründerjahren

Wie letztes Jahr in Melnik / Bulg. und in Plowdiw wollen sie mir wieder einen Alterssitz andrehen. “New horizons”, ein 30-Stöcker im Rohbau, wo nur das Erdgeschoss als Verkaufsbüro genutzt wird. Am Turmdrehkran schaukelt wohl schon seit Jahren die Gondel, die die Bauleute hochbringen soll. Knapp 19000$ kostet so ein Domizil am Rande der künftigen EU (wenn die Türken als Ersatz für den britischen Albion dazu geholt wurden). Übrigens behauptet Erdogan selbst, aus einer aus Batumi migrierten georgischen Familie aus Rize zu stammen.


Strandrestaurants an der "Pier of Batumi"

Man muss über Batumi staunen, es waren wohl richtige Gründerjahre, aber es hielt nicht lang … keines dieser beeindruckenden Gebäude erwirtschaftet irgendeine Form von Rendite … sie stehen leer. Selbst das goldene Riesenrad im Burj Batumi dreht sich nicht.


Frühstart am Busbahnhof

Am Nachmittag habe ich ein Ticket für 30 Lari nach Zugdidi gekauft, ich soll unbedingt morgen um 7 Uhr pünktlich am großen leeren Busbahnhof im Norden der Stadt sein.

Fortsetzung folgt in Swanetien ...

Edited by EbsEls (02/17/17 06:26 PM)
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#1266712 - 02/18/17 12:40 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
memy
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Schöner Bericht - Vielen Dank!

Schade das du dir die Höhlen von Wardsia nicht angesehen hast, zumal es unterhalb, direkt am Fluß, eine heiße Quelle gibt, in der man sich von der Turnerei wieder erholen kann.
Die georgische Küche hat mir auch sehr geschmeckt. Besonders ein Gericht mit Estragon, dessen Name ich leider vergessen habe...

Gruß
Horst
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#1268032 - 02/27/17 04:52 PM Re: Armenien und Georgien [Re: memy]
EbsEls
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So ... nun muss ich aber zum nicht gerade ruhmreichen Ende kommen.

2.7.2016 Svaneti
Es hat geklappt, ich bin in Mestia in Swanetien mit der marschrutka gefahren. Der ältere Herr als Fahrer der marschrutka von Batumi nach Zugdidi hat sofort Anschluss vermittelt für uns, einer Gruppe Russen aus St. Petersburg und mir. Der Fahrer eines großen in Deutschland unbekannten rechts gelenkten Toyota-Vans war Swane und erwärmte uns für seine Heimat. Er muss wohl schon ein wenig herumgekommen sein, Sachalin, Kussbas, Frau aus Kamtschatka. Die Russen hatten wirklich überraschend wenig Ahnung von ihrem Reiseland, waren aber sehr nett.


Enguri-Damm Sie soll die höchste Bogenstaumauer der Erde sein.

Wir konnten für diverse Foto- und Handy-Videos anhalten. Zum Beispiel an einer besonderen Engstelle des Enguri, dem Ort eines Fiaskos für ein russisches Expeditionkorps im 18. Jhd. Hier wurden die Russen von einer kleinen Svanen-Streitmacht aufgehalten, der russische General stürzte sich in den Fluss. Später eroberten die Russen Swaneti über die Pässe vom Elbrus her. Der swanetische Fahrer kannte noch ein paar weitere tolle Geschichten. Vor den Russen wurde die Gegend vom Osmanischen Reich beherrscht, die ja immer Kinder für ihr Janitscharen-Heer aushoben – die „Knabenlese“. Die Swanentürme wurden zuletzt genutzt, um die Kinder und Frauen vor den Türken zu schützen, wenn die Männer auf den Almen arbeiteten. Swanenkinder waren besonders teuer auf den Märkten im osmanischen Reich, sie galten als widerstandsfähig im Vergleich zu den Kachetiern oder Imgreliern. Solche Geschichten erzählte unser Fahrer … und das war nur das, was ich verstanden habe.


Die berühmten Swanentürme in Mestia: In der Regel Wehrtürme der Familien, ganz rechts ein Wachturm der Gemeinschaft

Neben mir in einer kleinen Kneipe in Mestia hat sich eine swanetische Männerrunde etabliert, alles Honoratioren der Stadt. Der Tamada läuft zur Hochform auf. Nach einem sehr langen Trinkspruch hat er des Glas Tschatscha auf unnachahmlicher Weise jongliert, ohne das ein Tropfen verloren ging, außer in seine Kehle. Es ist der Symposiarch, georgisch: "Tamada", ernannt und mit der bedeutsamen Aufgabe der Tischführung betraut. Einer aus der Runde hat schon ganz schön den Stecker drin. Der Tamada führt ihn behutsam und gut zuredend zur Treppe, komplimentiert ihn nach Hause und kehrt zur Tafel zurück. Das georgische Wort für "Tafel" bedeutet auch "Altar".



3.7.2016 Bei Mama Goshteliani
Ich bin erst heute ins Bett bei meiner Gastfamilie in Mestia gekommen. Ich habe nur die erste Halbzeit des EM-Spiels der Deutschen beim public viewing im Café Laila geschafft. Das war eine tolle Veranstaltung, jedes Lager erhielt seine Fan-Fahne für den Tisch, die Jungs, die hier kellnern trugen die Trikots von Schweinsteiger, Götze und Reuss nur an dem Tag.


Public viewing in Mestia

Ein Spaziergang-Tag: Die Standardwanderung ist hier die zu den Keruldi-Tümpeln auf ca. 2400m Höhe, habe ich nicht geschafft. An der 2000m-Grenze schienen mir endlich die Zeichen der Wolken und des Regens auf Rückmarsch zu stehen. Ich habe sie angenommen. Es ist das Schöne in den Bergen, man sieht das Wetter kommen.



Es ist das Schöne in den Bergen, man sieht das Wetter kommen.

Und es hat geklappt: Als ich das Restaurant von Mama Goshteliani erreichte, begann es richtig an zu draschen. Sie erwartet ihre Gäste auf einem Thron, ähnlich dem, der in Aachen steht. Ich habe sie darauf angesprochen. Als ich mit meinem Gestammel von Bolschoi Karl zu Ende kam, bestätigte sie mir ihre umfassenden Kenntnisse: „Ja snaju, Karel Weliki!“ Ich habe bei ihr zwei Rechnungen gemacht.


Mama Goshteliani

Der Regen kommt wohl zur Zeit jeden Tag im späten Nachmittag mit mächtigen Schauern. Zum Glück ist Mestia ein etablierter Touristenort, es gibt jede Menge Türen zum Einkehren. Die Hauptschänke ist das Café Laila, das sich durch die kosmopolitischen Scraffitti zu einem Gesamtkunstwerk entwickelt.

4.7.2016 Richtung Ushguli


Das Dorf Zhamushi auf dem Weg nach Usguli

Es sind ca. 45 km von Mestia bis Ushguli. Das ist für meine Freunde heute ihre Tagesetappe, sie setzen mutig den geplanten Weg fort. Früh gab es zwar noch ein paar Zweifel, es hat über Nacht bis Früh gegen 8 Uhr gedrascht. Bis kurz vor der Passauffahrt habe ich versucht, sie zu begleiten. Ich leiste mir aber gerade eine Schwäche in Form einer kleinen Magenverstimmung, habe dann abreißen lassen. Bin das Tal weiter bis Zhabeshi. Auf dem Weg muss man auf Betonplatten einen ordentlichen Fluss furten (wie damals 2014 an der Moldau).


Die Rindviecher denken, sie seien heilig

Ein Erfahrung möchte ich noch teilen. Die Kühe führen hier ein Eigenleben wie in Indien. Mit denen muss an jeder Kurve rechnen, wo sie stur, aber aufmerksam rumstehen, um nach Möglichkeit dem Verkehr nicht ausweichen zu müssen und in Ruhe die Straße voll zu scheißen. So weit, so erwartet, jetzt die Erfahrung: Als Radler kannst Du keine Trinkflasche draußen am Rad lassen. Es lässt sich kaum vermeiden, mal durch ein paar Fladen durch zu brettern. Da wird das Schutzblech (dummerweise habe ich vorn keins mehr) zum Kotflügel.
Jetzt muss ich mal rausgucken, ich glaube, es gibt gerade einen Außendreh für Bollywood. In der Tat, ein cooler Inder muss sich nach dem Kommando “Action!” im Wind einer Maschine, die wie ein Laubbläser klingt, sich 20 mal erschöpft hinsetzen. Dann wird die Bank aus dem Park in Mestia an einen anderen Platz gerückt … und es folgen weitere Versuche dieser emotionalen Szene. Es gibt hier in Georgien neben den Russen viele Touristen aus den arabischen Scheichtümern und aus Indien.


In Mestia

5.7.2016 Die Töchter der Königin Tamar
Ich bin heute noch einmal Mestiachala-aufwärts gefahren, rechts am Fluss hoch. Links geht ja der Jeep-Weg zu den Keruldi-Seen hoch. Bald kam ich an ein Häuschen, gebaut aus zwei Bastei-Campingwagen. Dort brach gerade eine Gruppe junger georgischer Trekker auf, die empfahlen mir noch ein paar Kilometer hoch zu fahren. An mehreren Furten wollte ich schon umkehren, fand aber immer einen Pfad weiter. Und dann blickte ich in den Gletscher-Bruch des Chalaadi.


Unterm Gletscher-Bruch

Noch ein paar Dutzend Metern weiter ein kleiner Kiosk mit den Töchtern der Königen Tamar. Die Königin Tamar (* 1160; † 18. Januar 1213) aus der Bagratiden-Dynastie war so berühmt ob ihrer Klugheit und Schönheit, dass man den Flugplatz in Mestia nach ihr benannte und selbst König Barbarossa davon erfuhr und seine Söhne losschickte, um sie zu gewinnen. Die schönen Töchter aus dem Kiosk erfrischten den alten Landsmann König Barbarossas mit exotischen Limonaden. In der Tat machen die hier aus Kräutern wie Estragon oder Gewürzen wie Vanille leckere Limonaden. Der Fremde aus dem Abendland mischte das mit seinem Lieblingsgetränk, dem Bier.


Georgischer Grenzposten. Die Grenze zu Russland ist nur 5 km weg.


Das Haus Khergiani

Es gibt in Mestia mehrere der alten Svanenhöfe mit Türmen, die man besuchen kann. Ein besonderer Platz ist der Khergiani-Turm. Hier lebte einer der berühmtesten Bergsteiger der Sowjetunion Mikheil (Misha) Khergiani (1932-1969). Einige Räume zeigen die Geschichte des Alpinismus, inklusive der Einholung der Hakenkreuzflagge vom Elbrus. Im Turm sind seine alten Klettergarnituren wie zu einer Kletterwand installiert.


Erdgeschoss eines "Machubi"

Der erste Raum war aber für mich am beeindruckendsten: Es war der alte swanische Familienraum. Ein swanisches Wohnhaus, „Machubi“ genannt, ist ein großes zweistöckiges Gebäude. Während im Erdgeschoss die Bewohner lebten und hier gleichzeitig der Viehbestand gehalten wurde, diente der erste Stock alleinig zur Lagerung von Heu. Ein Thron für das Oberhaupt, eine Bank jeweils für die Männer, die Frauen und die Kinder. Rundherum guckten die Kühe aus ihren Ställen, sie waren ein wichtiger Wärmespender. Das gesamte Haus wurde durch ein offenes Feuer in der Mitte des großen Zimmers beheizt. Die ganze hölzerne Einrichtung reich beschnitzt.

6.7.2016 Enguri abwärts
Meine Freunde sind tatsächlich den geplanten Weg über Ushguli und Lentheki gefahren. Ich habe es mir nicht zugetraut, der innere Schweinebraten. Ich bin das Enguri-Tal abwärts.


Das Dorf Lenjeri oberhalb der Enguri-Schlucht. Am Eingang des Ortes steht eine Gedenktafel für einen in Helmand, Afghanistan 2010 gefallenen Oberleutnant.

Das Motto heißt: Im Prinzip geht es bergab. Aber es ist kein leichtes Pedalieren. Die ersten Kilometer verlaufen auf halber Höhe weit über dem Fluss auf den Almen immer Huckel hoch und ein Bissel mehr runter.


Hier wird Regen gemacht

Ich habe auch noch einen Abstecher in das Tal des Flusses Dolra nach Becho gemacht. Ich hatte Glück, der Uschba zeigte sich in voller Pracht.


Uschba-Südgipfel - erstmals am 26. Juli 1903 von Adolf Schulze, Robert Helbling, Fritz Reichert, Albert Weber und dem Sachsen Oscar Schuster bestiegen.

Weiter unten in der Schlucht faucht ein kerniger Gegenwind den Radler an. Während meiner Siesta stößt plötzlich ein Auto wieder zurück. Mein Fahrer von der Fahrt hoch nach Mestia begrüßt mich ganz herzlich.


Wassermassen des Enguri

Es sind gewaltige graue Wassermassen, die durch die Schlucht ins Tal schießen, dem Stausee des großen Enguri-Wasserkraftwerks aus der Zeit der Sowjetmacht entgegen. Ich habe jetzt eine ganze Bande von Töchtern der Königin Tamar nach einem Zimmer gefragt, es wird bereitet.



7.7.2016 Police on my neck

Unten liegt das sagenhafte Land der Kolchis

Die großartige Enguri-Schlucht liegt hinter mir. Mein Plan war über kleinere Straßen Zugdidi rechts liegen zu lassen und durch die hüglige Landschaft vor dem Kaukasus zu fahren. Ich hoffte, nicht durch die subtropische Kolchis-Niederung mit der großen Hitze zu müssen. Das ist hier das Grenzgebiet zum abtrünnigen Abchasien, es gab einen Krieg in den Neunzigern und wohl auch 2008 einige Scharmützel. Als ich in Lia links abbiegen wollte, hupte und rief es aus dem Polizei-Posten. Ich bezog es nicht auf mich, sondern ich kehrte erst einmal in eine kleine Garküche ein.


Meine Kneipe in Lia - zum Bier nimmt man hier gern einen Bissen vom Dörrfisch

Dann bog ich wieder in den Weg nach Zalendschicha ein. Da hielt mich ein HiLux-Toyota der Gendarmerie an. Woher ich käme, wohin ich will? Nachdem ich meinen Plan offengelegt hatte, boten sie mir sofort an mein Rad auf die Ladefläche zu packen, dort, wo der IS immer die 23mm-Kanone hat. “Nein, ich habe keine Problem! Ich will radeln.” Die Steigung gleich hinter dem Dorf wurde durch ein Schild mit 12% angegeben. Ich schob mit vielen Pausen, der HiLux im Schritt hinter mir her. Ein Bäuerchen beriet mich fürsorglich, ich soll viel Wasser trinken, er wünschte mir guten Weg und bekreuzigte sich dreimal. Die Bullen warteten im Schatten. So ging das über fünf Kilometer, dann wurde ich einer anderen Crew übergeben, die schon gewartet zu haben schien. In Zalendschicha musste ich meine Pläne neu ordnen, es schien bei der Hitze doch keine so gute Idee zu sein, wieder hoch an den Rand des Kaukasus zu fahren. Dazu wurde ich natürlich von ihnen beraten. Sie redeten mir alle meine Alternativen bergab aus. Also weiter stetig die gute Straße nach Tschchorozku bergan.


Mein Weg unter Polizeiobhut

Die dritte Crew ließ mich dann an einer längeren Leine. Mir viel aber auf, dass die Burschen gute Plätze mit Schatten kannten. Da standen sie wieder an so einem schönen Platz, den ich auch für ein Päuschen ansteuerte. Sie überzeugten mich unter Mithilfe von einigen Einheimischen (Zeitgenossen des Sieges von Dynamo Tiblissi über den FC Carl Zeiss Jena 1981 in Düsseldorf), mein Rad auf den Pickup zu schmeißen. Sie brachten mich ca. 5 km wohl an den Rand des Grenzgebiets und meinten, nun gehe nur noch bergab. Mehrere Nachfragen auf Englisch bei den doch recht freundlichen Polizisten ergeben keine vernünftige Begründung für diese Aktion.


Hier haben sie mich entlassen

Nun bin ich in Tschchorozku und im Zweifel, ob eine Tour durch das georgische Hinterland klug ist. Das ist eine Kleinstadt mit diversen Zeugnissen einer sozialistischen Entwicklung. Das einzigste Restaurant, was seit der sozialistischen Entwicklung durchgehalten hat, bietet sieben kleine Buchten mit jeweils einem 4-Personentisch. Das Bier holt man sich in einem gefrosteten Glas an der Theke aus einer schlecht gewarteten Bierleitung. Eine Kneipe zum Draußen sitzen habe ich nicht gefunden. Das wird schwer werden für die nächsten Tage.

8.7.2016 Regentag zwischen Tschchorozku und Senaki
Erst gegen 10 Uhr war es möglich zu starten, es draschte schon seit der Nacht. Das Wetterbild ließ aber nicht auf Besserung hoffen, es wird weiter ordentliche Schauer geben.


Die Königinnen der Landstraßen in Georgien

Die frei im Wege herum stehenden Rindviecher haben eine ähnliche Wetteranschauung wie der Radler. Bei Sonne soll es Schatten sein, bei Regen ein Unterstand. Sehr nahe liegend für Rind und Radler sind die zahlreich errichteten Buswartehäuschen.


Bereits besetzt

Wenn die Häuschen nicht mit einem funktionierenden Pfortensystem versehen sind, sind sie für den Radler als Unterstand nicht zu gebrauchen - voll geschissen. Oben in den Bergen sahen manche Häuschen bereits aus wie der sagenhafte Augias-Stall. Für den mehrstündigen Regen um Mittag herum fand ich ein Häuschen mit perfekter Pforte, sauber und trocken.
Gerade geht wieder ein subtropischer Wolkenbruch mit Blitz, Donner und Stromausfall über Senaki nieder, jetzt muss ich meinen Unterstand nicht mit anderen Ochsen teilen, ich bin im Hotel “Versailles”.

9.7.2016 Freilaufend
Ich bin im Paradies für Nutztiere. Zu den Rindviechern habe ich ja bereits was geschrieben. Hier unten in der Kolchisebene bilden die Hauptmacht in den Dörfern die Schweine. Die Kühe und die Pferde treibt einer raus in die Flussebenen, sieht aus wie eine Savanne.


Auch hier lauert Gefahr vom Ganter für den aufdringlichen Radler

Dazu gibt es Rotten von Gänsen, deren Ganter auch schon mal den Radler mutig anfaucht. Die Trut- und die normalen Hühner verlaufen sich im Garten vor dem Haus.


Für die braucht es meistens Betreuung, die klettern über Zäune

Ziegen mit ordentlich Gehörn sind die an Betreuung aufwändigsten Tiere, die klettern gerne auch mal in des Nachbars Garten. Einige haben deswegen, wie auch bei den Schweinen zu sehen, im Dreieck gekreuzte Hölzer um den Hals. Erst glaubte ich, die Schweine seien flinker und schreckhafter als die Rindviecher.


Faule Sau mit Überläufer

Aber hier liegen auch viele faule Sauen mitten auf der Straße rum und zucken kein bisschen bei Verkehr durch Autos oder Radler.
Als ich rein kam in das tolle Gartenrestaurant, hielt ich die alte Leiter aus Eberesche als Drapierung für das Ambiente. Sie führte geradezu zum Spritzbrunnen und weiteren diversen Bungalows und Plätzen, wo eine Gruppe gediegen feiern kann. Doch dann kam Emsigkeit auf, ein Spezialist mit Lötkolben und Verlängerungsschnur sollte die LED-Streifen in 3 Meter Höhe reparieren. Ein mächtiger Hirte richtete das alte Ding auf, weil die vom Spezialisten mitgebrachte Stehleiter nicht ausreichte. Der zitterte doch tatsächlich einige kalte Lötstellen da oben zusammen, während der mächtige Hirte und ein Gehilfe abwechselnd den Sicherheitsposten an der Leiter darstellten. Der Anstellwinkel der alten Leiter war atemberaubend flach und sie wurde auch zusammen mit dem Spezialisten oben immer mal wieder verrückt. Die Reparatur scheint geklappt zu haben, Chef und Spezialist trinken einträchtig ein Bier.


Gasleitungen und die Stromzähler in Tskaltubo

Ich bin in Stalins Lieblingskurort Tskaltubo, wo das Wasser der Unsterblichkeit zu Tage tritt.


Quelle Nr. 6


Stalin war gern hier wegen dem "Wasser der Unsterblichkeit"

Über dem Eingang ist ein Mauerfries, der Stalin umringt von Kindern zeigt. Stalin selbst badete öfters hier.
Ein Pensionärspaar legte mir unbedingt den Besuch der fünf Kilometer entfernten Prometheus-Höhle ans Herz. Ich solle doch in ein Hotel hier einchecken und dann den Ausflug dorthin machen. Nun, es war so gegen 15 Uhr, ich bin dem Rat gefolgt. Ich bin jedoch knapp an einem Fiasko vorbei geschrammt. Auf dem Weg zur Höhle wurde ich weggefangen und eingeladen, es wurde ein Tschatscha-Länderkampf unter der netten Pergola eines georgischen Landhauses bei meinem Freund Koba. Ich habe mein Land Thüringen würdig vertreten, Koba klopfte mir zum Schluss auf die Schulter und mit dem Schwung habe ich es tatsächlich zurück in mein Hotelzimmer gefunden. Ufff!

10.7.2016 T-Rex im Kolchis-Wald


Zu den Sehenswürdigkeiten

In den Hügeln zwischen dem stalinistischen Badeort und Kutaisi liegt das Naturschutzreservat Sataplia, ein Karstzone mit Höhlen und noch ziemlich naturbelassenen Kolchis-Wald.


Im Kolchis-Regenwald

Das ist ein wirklich bemerkenswerter Wald aus diversen Eichen, Kiefern und Lorbeerbäumen, die zauberhaft mit Efeu und Moos bewachsen sind. Es ist ein Regenwald der gemäßigten Breiten. Die Besucherhöhepunkte sind eine Tropfsteinhöhle und Spuren von diversen Saurieren. Die Fußabdrücke gehören zu zwei verschiedenen Saurierarten: Einer, vor 65 Millionen Jahren lebenden, Pflanzen fressenden Art und einer, vor etwa 145 Mill. Jahren lebenden Fleisch fressenden.
Der Name Sataplia, zu deutsch sinngemäß Honigberg, leitet sich aus den in den Kalkfelsenlöchern noch lebenden Wildbienenvölkern, die man tatsächlich schwärmen sah.

11.7.2016 Vorwärts, es geht zurück nach Tiblissi
… durch die georgische Straßenhölle Teil II. Aber es war wohl garnicht so der Verkehr, mir ging es im Wanst rum. Daraus entwickelte sich eine ordentliche Lebensmittelvergiftung. Darauf hin nahm ich mir in Sestaponi eine Fastenauszeit von knapp 48 Stunden.

12.7.2016 Krank in Sestaponi

13.7.2016 Fahrt nach Tiblissi
Nun gibt es nicht mehr viel zu berichten. Schnell eine Marschrutka gefunden, Rad aufs Dach geschnallt und für 20 GEL ging die knapp 200km-Fahrt direkt nach Tiblissi. Städte mag ich eh nicht, Städte mit viel zu viel Autos schon gar nicht.


Die Friedensbrücke

Detlef war gestern bei Dinamo Tiblissi im Stadion zum Qualifikationsspiel zur UEFA-Champions-League gegen den ALASHKERT FOOTBALL CLUB aus Jerewan. Dinamo ist dann eine Runde später gegen Dynamo Zagreb rausgeflogen.

Dieses Selfie mache ich jetzt nicht, niemand liest dann weiter: Sitze in der Kneipe, neben mir ein schön gefrostetes Sto-Gramm-Glas mit einer leicht gelblichen Flüssigkeit und eine fast geleerte Halbliterflasche im exklusiven Design - ich trinke leckere georgische Limonade aus mir unbekannten Kräutern, großartig.

14.7.2016 Heimflug
Ich bin noch geschwächt. Ich habe mein Rad schon mal ohne großes Gepäck zum Flughafen gefahren und dort aufgegeben.
Auf dem Flughafen habe ich auch meine Freunde wieder getroffen. Räder sicher für die Gepäckverarbeitung auf einem Flugplatz verpackt. Alles gut in MUC angekommen. Ich konnte mein Rad und Gepäck mit den Freunden im Auto nach Rudolstadt mitgeben.

Fazit: Muss nochmal hin!

Edited by EbsEls (02/27/17 04:54 PM)
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#1268037 - 02/27/17 05:37 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
Mooney
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Danke für den kenntnisreichen Bericht!
Ich bin beeindruckt.

Wolfgang
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#1268127 - 02/28/17 11:15 AM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
natash
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Ich habe mir mit Deinem schönen Bericht die Mittagspause versüsst. Merci:)
Fazit:Ich muss da auch mal hin
Gruß
Nat

Edited by natash (02/28/17 11:16 AM)
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#1394246 - 07/29/19 02:23 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
Toxxi
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Da ich gerade auch drei Wochen in der Gegend war, bin ich über diesen Reisebericht gestolpert. Einiges habe ich wieder erkannt, vieles nicht, weil ich dort nicht lang kam. Das macht mir auf jeden Fall Lust auf mehr Kaukasus. schmunzel

Eine Frage hätte ich aber noch. Was "boofen" bedeutet, konnte mir Google verraten. Aber mit dem Wort " op' " komme ich nicht klar. verwirrt Was bedeutet das?

Gruß
Thoralf
Meine Räder und Touren im Radreise-Wiki
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#1395613 - 08/08/19 02:00 PM Re: Armenien und Georgien [Re: Toxxi]
EbsEls
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In Antwort auf: Toxxi


Eine Frage hätte ich aber noch. Was "boofen" bedeutet, konnte mir Google verraten. Aber mit dem Wort " op' " komme ich nicht klar. verwirrt Was bedeutet das?

Gruß
Thoralf


"Op'" ist meine Schreibweise für das, was im Erzgebirge umgangssprachlich für "Opa" verwendet wird. Weiblich: "Ömchen".
Tschuldigung!
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#1399144 - 09/08/19 12:27 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
BenniBike
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Wunderbarer Bericht! Ich war im Juni in Georgien, und habe einiges wiedererkannt. Das Land ist wunderschön, das Essen erstklassig, und die beschriebene Limonade so lecker! Vielen Dank für diese tolle Beschreibung!!!
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#1444844 - 09/24/20 08:17 AM Re: Armenien und Georgien [Re: BenniBike]
Moreau
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Schöner Bericht und tolle Fotos.
Finden sich Unterkünfte leicht, oder sollte man ein Zelt zur Sicherheit mitnehmen?
Irrwege erhöhen die Ortskenntnis.
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#1444862 - 09/24/20 10:43 AM Re: Armenien und Georgien [Re: Moreau]
Uwe Radholz
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In Antwort auf: Moreau
Schöner Bericht und tolle Fotos.
Finden sich Unterkünfte leicht, oder sollte man ein Zelt zur Sicherheit mitnehmen?



Du wirst keine Probleme haben, was zu finden. Eine georgische Bekannte meiner damaligen Freundin, mit der ich in Georgien tourte, meinte auch, dass es überhaupt kein Problem sein, Menschen unterwegs anzusprechen und um Unterkunft zu bitten. Wäre jetzt nicht so mein Fall und war auch nie notwendig.
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#1445146 - 09/26/20 07:52 PM Re: Armenien und Georgien [Re: Uwe Radholz]
Moreau
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Danke Uwe.
Irrwege erhöhen die Ortskenntnis.
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#1465303 - 04/07/21 12:58 PM Re: Armenien und Georgien [Re: EbsEls]
Rolly54
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Underway in Germany

Schöner Bericht. Haben wir mal wieder eine neue Idee.
Gibts irgendwo eine Karte mit deiner Strecke?
E-bike im Flugzeug, dachte das geht gar nicht.
Wie ist denn das Wetter dort im Sommer? Wir kennen Usbekistan etc. , das war Hölle.
Liebe Grüße
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www.bikefreaks.de