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#1407304 - 11/26/19 03:56 PM Rundreise Albanien, dann bis Österreich
brunocbx
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Posts: 47
:1 month(s), 15
:7.4.2019 21.5.2019
:2200
:

Lieber Moderator,
dieser Reisebericht ist mein Erstlingswerk.
Ich habe noch ein paar eigene Fotos dieser Tour in 800/450pixel, die ich durchaus noch gerne anhängen/einfügen würde, bin jedoch kein Technikfreak. Für Hinweise oder Anmerkungen stehe ich gerne zur Verfügung.
Bruno Jester



„Albanien? Mit dem Fahrrad? Ihr seid wohl verrückt“, das war die Meinung vieler Freunde, die uns mit allerlei Vorurteilen verunsichern wollten. „Am schlimmsten sind die Welt-Ansichten derer, die die Welt noch nicht angesehen haben“. Aber wir (beide Ü60)wollten einen weißen Fleck auf unserer Europakarte erkunden und uns selbst ein Bild von Land und Leuten machen; und stellten fest dass alles anders ist.

Wir starteten mit dem Flugzeug von Frankfurt bis Tirana. Die Heimreise sollte mit dem Rad erfolgen, ab Villach/A dann mit dem umsteigefreien Zug bis Ludwigshafen/Rh.

Schon im Flugzeug spricht uns ein junger Albaner an, der in Frankfurt arbeitet. Er macht jetzt Heimaturlaub in Kukes und lädt uns gleich ein, ihn dort zu besuchen. Zeitlich können wir das bis zu seinem Urlaubsende allerdings nicht erreichen. In Tirana gelandet rollen wir über einen Feldweg Richtung Hauptstadt, zum Schluß problemlos auf 6-spurigen Straßen zu unserem kleinen Hotel in der City. Dort pfeift uns ein Polizist nach, nicht weil wir gegen die Einbahnstraße radeln, nein, er will wissen was wir mit den vielen Packtaschen am Rad unternehmen, welche Tour, welche Ausrüstung uvm. Er möchte auch Reise-Radeln. Er spricht gutes Englisch, es wird eine längere Unterhaltung, und schließlich hilft er uns noch eine Treppe hoch zu steigen/tragen. Wir finden dann unser B+B nahe dem Zentrum. Das geht ja gut los.

Wir haben unser Zelt dabei, um unabhängig zu sein, nutzen es witterungsbedingt anfangs nur selten. Die Schlafsäcke brauchen wir aber immer wieder in den einfachen Unterkünften. Wo bekommen wir jetzt eine Gaskartusche her? Die Lösung ist überraschend simpel, die Rezeptionsangestellte schickt uns in den Hinterhof-Laden. Kartuschen gibt es hier in großen Mengen. Tirana-Sightseeing bei Regen und 10-13 Grad ist nicht gerade prickelnd. Montags auch noch Museen teilweise geschlossen.

Die Rundtour Albanien erfolgt über Elbasan, Berat, Tepelene, Permet, Korca, Ohridsee(Mazed.) Debar, Peshkopi, Kukes, Bayram Curr, Koman, Shkoder, gesamt rd. 900km und 11.500Hm. Wir sind bewusst nicht an der Küste unterwegs, da wir lieber im (hinterländlichen) Bergland radeln, auch wenn es sehr anstrengend wird. Auf dem Heimweg durch Montenegro, Kroatien usw. haben wir schließlich fast nur noch Küstenabschnitte.

Tag 3: Tirana bis Elbasan: Aus der Stadt heraus mit mäßigem Verkehr und überraschend rücksichtsvollen Autofahrern. Dann über Seitenstraße mit minimalem Verkehr und über einen hohen Bergrücken bei Regen und 7 Grad viele Höhenmeter. Oben Nebel mit Sicht 20m. Ungemütlich. Kurz vor Elbasan viel LKW-Verkehr aus dem Industriegebiet. Rd.60km, 850Hm

Tag 4 u 5: Elbasan bis Berat. Auf ruhigen Straßen bis Belsh und die letzten 40km im strömenden Regen bei ca 11Grad. B+B in der Altstadt von Berat. Ohne Vorbuchung des Zimmers hätte uns das Ehepaar wohl in unserem verdreckten Outfit nicht genommen. Es wird ein Teppich gerichtet, auf dem wir alles Gepäck abladen. Sehr freundliche Herbergseltern. Wir schalten den Heizlüfter an und schlafen auch im Schlafsack. Ca. 70km, 450Hm.
Das Frühstück wird auf der Dachterasse serviert, bei ca. 7 Grad und Sonne. Es gibt kein Frühstückszimmer. Also Daunenjacke raus. Schöner Ausblick auf die Stadt. Anschließend Besichtigung des Weltkulturerbes osmanische Altstadt. Radfreier Tag. Essen im Restaurant, sehr freundlicher Kellner mit deutschen Sprachbrocken; es wird amüsant und unterhaltsam mit gegenseitigem Sprachuntericht. Wir probieren uns durch die Speisekarte mit sehr fleischlastiger Küche, die uns durch ganz Albanien begleitet.


Blick auf Berat


osmanisches Viertel der tausend Fenster, Berat

Tag 6: Geplant war von Berat über die SH74 nach Kelcyre zu fahren. Jeder im Ort hat uns davon abgeraten, unmöglich, steil und tiefe Wege, auch und insbesondere wegen der Gewitter. Also Planänderung. Wir wollen jetzt bis Fier und weiter bis Tepelene. Anfangs ruhige Straße bis Fier. An der Abzweigung in Portez Richtung Süden ändern wir unseren Plan schon wieder. Die vielen LKWs auf dem Weg nach Griechenland auf dieser eher schmalen Landstraße wollen wir uns nicht antun. Wir rollen zunächst weiter und In Leyhan nehmen wir einen kleinen Bus bis Tepelene, weil hier eine Autobahn ist, und stellen unterwegs fest, dass radeln problemlos auf bestem Asphalt und wenig Verkehr möglich gewesen wäre. In Tepelene rollen wir an einem abgerutschen Hang vorbei über eine wackelige Hängebrücke Richtung Dragot. Die Kinder und Einwohner an der feldwegmäßigen Straße bleiben sprachlos stehen als sie uns sehen. Hier kommen sonst keine Radler vorbei. Auf schöner und wieder ruhiger Straße dann durch das Vjosa-Tal bis Permet. Schöne Aussicht auf die 2000m hohen Berge. Am Freitag sind fast alle Hotels ausgebucht. Mehrere Busreisende aus D + A belegen die örtlichen Hotels. Das hatten wir uns so früh im Jahr nicht vorstellen können. Wir kommen in einem sehr sehr einfachen „4“-Sterne Palast!-Hotel an der Fußgängerzone für 30€ o.F unter. Schlafen aus Hygiene-Gründen in unserem Schlafsack. Rd. 90km 550Hm.

Tag 7: Permet-Germenj. Früh raus, das wird eine harte Etappe. Sonne lacht, der Wind ist gegen uns. Zunächst auf guter Straße 30km bis Carshove. Vor dem Ort will uns das Navi auf einen Schotterweg schicken, aber hier ist doch eine gute, neue,Straße, wir bleiben darauf, und nehmen 3km Umweg und zusätzliche 200Hm in Kauf. Vor dem nächsten großen Anstieg machen wir Rast und treffen erstmals eine große Gruppe Männer und Frauen im Cafè, das ist ungewöhnlich, da normalerweise nur Männer in den Cafés sitzen. Dann fahren wir die steile und schlaglochübersäte SH75 nach Leskovik 14 km und 650Hm hoch. Auf 2,5 Std treffen wir kein Auto. Ab Leskovik immer wieder schöne Aussichten auf schneebedeckte Berge, Regenwolken hinter uns. Der Asphalt wird schlechter, die Schlaglöcher tief, eine einsame Straße weiter Richtung Germenj. Steil auf und ab. Wir finden unser gebuchtes sehr einfaches Guesthouse erst kurz nach dem „fast Aufgeben“. Unsere Leistungsgrenze ist mit 65km und sehr harten 1500Hm absolut erreicht. Wir sind fertig. Es ist das einzige B+B weit und breit und liegt auf ca. 1000m üNN). Wir packen ab. Es beginnt zu regnen bei 5Grad. Die Hand-Dusche ist auf den 30cm zwischen Toilette und Waschbecken installiert, natürlich ohne Vorhang. Vor der Dusch-Überschwemmung also noch schnell mal aufs WC.


Vjosa-Tal zwischen Permet und Carshove




"Hauptstraße" von Carshove nach Leskovik


Blick zurück ins Tal

Tag 8 u 9: Germenj-Korca: Regen und 6Grad. In Regenklamotten über absolut einsame Straßen bis Erseke. Bäckerei geplündert. Wir brauchen Kalorien um auf den Pass von 1200m hoch zu kommen. Schweißtreibend auf den Pass. Hagel erfrischt unfreiwillig unser Gesicht. Er soll gut gegen Altersfalten sein, na denn. Dann auf bestem Asphalt mit Tempo 55 Downhill Richtung Korca. Die Finger sind eisig. Ein Tankstellenbesitzer bietet uns bei den kalten Temperaturen Asyl an. Nur noch 7km weiter bis zu unserer gebuchten B+B. Wir werden in der Bujtina Leon mit warmem Gebirgskräutertee und Zimtkuchen empfangen, traumhaft. Es ist die persönlichste Unterkunft mit authentischem Frühstück in Albanien direkt hinter der Kathedrale. 70km, 1000Hm.
Es gefällt uns sehr gut. Wir bleiben gleich 2 Nächte, besichtigen die Stadt und den alten Basar und füllen unsere Kalorienspeicher in der Patisserie. Sehr schön restauriertes osmanisches Viertel und alter Basar, daneben wieder verfallen und lärmig, harte Kontraste.


Ort: Erseke, die dunklen Wolken verfolgen und holen uns ein .....mit Hagel.


Tag 10: Korca-Ohrid/Nord-Mazedonien. Wieder ein gigantisches Frühstück bei unserem Herbergsvater. Anfangs mit viel Verkehr aus der Stadt, steil auf und ab, dann verschlungene Feldwege bis zum Ohridsee und Grenze. Leere Straßen und gelangweilte Zöllner. Kloster Sveti Naum (Weltkulturerbe) besichtigt. An der Ostseite des Sees treffen wir ein schweizer Radler-Paar. Sie sind heute Abend zufällig auch in unserer B+B-Unterkunft und berichten uns von ihrer Tour Berat-Kelcyre, die wir am Tag 6 auf Anraten Einheimischer vermieden haben. Es war für die durchtrainierten 30-jährigen das härteste was sie zuvor erlebten. Sie benötigten 3 Tage. Wir fuhren heute 82km, 850Hm.

Tag 11: Ohrid-Peshkopi: Wir vermeiden die vielbefahrene Hauptstraße auf ruhigen Seitenstraßen und der Seepromenade bis Struga. 10km weiter wird es wieder ruhiger. Mit leichten Rückenwind durch das schöne Drin-Tal. Anfangs flach, dann knackig bergauf. Das Tal wird immer enger, bis es sich vor Dibar weitet. Wunderschönes blaues Wasser und 2500m hohe Berge, ein tolles Panorama. An der Grenze zwei Capucchino für zusammen 0,80€, fällt uns 200m weiter auf, wie freundlich die Albaner sind. Wir werden wieder regelmäßig herzlich gegrüßt, das gab‘s in Mazedonien nicht. Es ist eine einsame und abgelegene Ecke. Wir entscheiden, weiterzurollen bis Peshkopi. Jetzt werden wir von sehr steilen Rampen gefordert. Nach 95km und 800Hm ist das Ziel erreicht.
Wir finden ein Hotel im Ort. Echtes 4Sterne Zimmer, 25qm Terasse, mit Frühstück für 35€. 2-Gänge-Abendessen vom Feinsten incl Bier für 2Pers. 16€. Besser geht’s nicht. Es gibt keine Reste auf dem Teller.


Drin-Tal in Nord-Mazedonien, kurz vor der Wieder-Einreise nach Albanien

Tag 12: Peshkopi – Kukes: Die Sonne lacht, 10 bis 13Grad. Wir suchen erst einmal den Ausgang aus der Stadt. Auf ca 900 m Höhe viele aufs und abs. Danach 2 intensiv steile Rampen über je 100Hm bringen uns zum Schwitzen. Dann 500Hm steilste Rampe voraus, ooh, und nun? Ein barmherziges Straßenmeisterteam nimmt uns auf der Weiterfahrt diese Strecke auf ca. 5km und 500Hm mit. Ein Picknick mit schöner Aussicht hebt unsere Laune deutlich an. Starker und kalter Gegenwind macht uns bei einer rasanten langen Abfahrt nichts aus. Ca. 15% steil bergab und dann gleich mindestens 15% steil bergauf, das wird dann strapaziös. Dabei steht hier ein Verkehrsschild „7%“ Steigung, aber erst als es wieder flacher wird, d.h. so ca. 7%. Nach elend langer Steigung dann natürlich wieder steil bergab und jetzt auch noch massiver Gegenwind. Mit Tempo 5km im Flachen geht es die letzten 8km bis Kukes. 70km und 1320Hm, Albanien brutal.


Richtung Kukes, sehr steil bergab und extrem steil bergauf, dann halt mal schieben ..... um den Beinen einmal Schonung zu geben

Tag 13: Kukes Richtung Bajram Curr. Die Sonne lacht, ca. 10-15 Grad. Bei der Suche nach einem Bäcker hilft uns ein Einheimischer und führt mich bis zum Laden in der Seitenstraße. „Danke dass Du mein Land besuchst“ hören wir schon zum wiederholten Mal. Immer wieder werden wir in Albanien so angesprochen, und sie meinen es ernst. Hinter Kukes, wo im Kosovo-Krieg ein großes Flüchtlingsauffanglager war, geht es auf bester Straße gleichmäßig 7% aufwärts. Eine einsame Straße. Wir fahren durch weite Ebenen und Hügel, östlich von uns sind die bis 1900m hohen Berge die Grenze zum Kosovo. Ein einsamer Bauer pflügt mit dem Pferd den Acker um. In Krume kaufen wir nochmals Lebensmittel und Wasser für das Abendessen ein. Es gibt keine Unterkunft vor Bajram Curr, also ist wildes Zelten angesagt. Danach kommen einige Flußtäler, die steil ab und wieder auf gehen. Nach 60km und 1200Hm schlagen wir abseits der Landstraße das Nachtlager auf und kochen das Abendessen.




Unser Campingspot mit Panorama

Tour 14 u 15: bis Bajram Curr: Nach 5 Grad kalter Nacht wärmt uns beim Frühstück die Sonne. Traumhaftes Panorama. Immer noch einsame Straße. Es wird bis ca. 16Grad. Erstmals kurze Hosen. Eine lange Pause auf dem Pass vor Bajram C. Wir genießen das alpine Panorama mit 2.500m hohen schneebedeckten Bergen. Dann 12km lange genüssliche Abfahrt bei bestem Wetter und natürlich wieder anstrengend hoch in den Ort. 45km und 730Hm. Nächster Tag soll Ruhetag sein. Aber das Touristik-Büro gibt uns falsche Auskünfte. Es würden keine Busse ins wunderschöne Valbona-Tal fahren. Dieses Tal ist eine Sackgasse und bei Hochgebirgs-Wanderern (wie auch wir) sehr beliebt. Also fahren wir doch mit dem Rad, allerdings ohne Gepäck, um dort von Bussen überholt zu werden. Ein wunderschönes Gebirgstal, wie in den Alpen. Als es immer steiler wird, erinnern wir uns an den Ruhetag, picknicken mit grandioser Aussicht. Später relaxen wir im Café in der Fußgängerzone.




Rast auf dem Pass vor Bajram Curr mit Blick auf Valbona


Tag 16: Bajram C. – Karme: Beim Frühstück im Hotel legt uns der Kellner den Kassenzettel für zusätzlichen Café und Joghurt auf den Tisch, was wir später jedoch nicht zahlen müssen. Auch das ist Albanien. Wir rollen bei schönstem Wetter nach Bregelume/Fierze. Mit der Fähre sind wir dann 2,5Stunden über den Koman-Stausee unterwegs. Links und rechts hohe Berge, Schluchten und ein Fjord wie in Norwegen. Traumhaft, das ist die Krönung in Albanien. Das muss man erlebt haben. Nach der Fähre geht es auf übelster Piste SH 25 noch 2 Std. bis zum recht neuen Campingplatz mit warmer Dusche, in einer stillen Bucht. Der Platzwart applaudiert, als er uns kommen sieht. 40km, 500Hm.




Mit der Fähre über den Koman-Stausee.

Tag 17: Karme – Bar: Trotz nächtlichem Regen ist es 14 Grad warm. Nach ca. 15km wird irgendwo in der Wildnis am Straßenrand eine Beerdigung durchgeführt. Ca. 50 Personen, 1 LKW und 1 Kleinbus stehen umher. Keine Häuser weit und breit. Später auf der SH 5 bis Shkoder. Heute sind viele Frauen mit Trachtenkleidung auf der Straße unterwegs. Über verschlungene Straßen biken wir Richtung Montenegro. Und hier wird alles anders. Schnellere Autos, weniger Rücksicht. Kein freundliches Grüßen mehr. Wir vermissen das sofort. Später treffen wir eine belgische Radlerin auf dem Weg nach Griechenland und tauschen uns aus, auch die letzten Devisen. Über einfache Berge geht es nun bis Bar. Vermeintlich schöne Campingspots sind leider alle eingezäunt. rd. 90 km, 630Hm.
Ende der Albanien –Runde. rd. 900km und 11.500Hm.


Mirupafshim - auf Wiedersehen Albanien

Fazit: Überwiegend sehr ruhige Straßen, manchmal sehr einsam. Einkauf von Lebensmitteln war auch auf dem Land kein Problem. Für die Bergregion waren wir in diesem Jahr etwa 2 Wochen zu früh unterwegs. Mit wenigen Worten Albanisch zaubern wir ein Lächeln in alle Gesichter. Die herzliche Freundlichkeit der Albaner hat uns sehr angenehm überrascht. Schulkinder auf dem Land rennen zu uns auf die Straße um uns freundlich abzuklatschen. Tolle Erlebnisse. Preiswert. In den Übernachtungsstätten kommen wir mit Englisch gut durch. „Thank you for visiting my country“ hören wir des öfteren. Danke, dass wir Euer Land besuchen durften. Es wird uns in sehr schöner Erinnerung bleiben.

Tag 18 u 19: Montenegro; Bar bis Kotor: Sonnig und warm, ca. 20Grad. Auf der Küstenstraße ist wahnsinnig viel Verkehr. Viele LKW, die uns fast vom Rad holen. Sehr wenig Rücksicht auf Radler macht uns ganz schnell klar: das ist eine Strecke für Selbstmörder. Bergauf ist das der Horror. Bergab bei entsprechendem Tempo nur ein wenig erträglicher. Das geht so bis Tivat. Von hier radeln wir die für LKWs gesperrte kleine Uferstraße nach Kotor, was für ein Genuß in dieser gigantischen Bucht. Traumhaft. 85km, 820Hm. Danach ist Ruhetag. Wir steigen auf die Burg und genießen die Aussicht. Dann Café in der Altstadt. Die Stadt ist wunderschön und idyllisch, wenn gerade kein schwimmender Plattenbau/Kreuzfahrtschiff im Hafen ist, so wie diese beiden Tage. Abends sind wir fast allein unterwegs und genießen italienisches dolce vita.





Bucht von Kotor


Tag 20: Kotor bis Radovici /Kroatien: Sonnig und warm. Kurz/kurz radeln wir die ruhige Straße an der Bucht von Kotor; Fähre, und weiter über die Promenade bis Herceg Novi. Der südlichste Grenzübertritt nach Kroatien ist gesperrt. Diskussionen mit dem Zöllner. Wir müssen zurück und über die Hauptstraße nach Norden zum nächsten Grenzposten. Dort läuft es problemlos. Wilder Campingspot im Olivenhain. 60km 500Hm.

Tag 21: Radovici-Dubrovnik: Schwere Gewitter in der Nacht haben wir im Zelt trocken überstanden. Wir kommen im leichten Regen nur mühsam in die Gänge. Auf der Hauptstraße ist wieder viel Verkehr. An einem Aussichtspunkt oberhalb Dubrovnik laden uns ein paar Slowenen zum Cafè aus ihrem Wohnmobil ein. Wir nehmen dankend an. Dann rollen wir eine Einbahnstraße ca 3km steil bergab bis ins Zentrum. Kleine FeWo nahe der Altstadt. Stadtbesichtigung ist zwar sehr schön, aber viele Menschen aus dem Kreuzfahrtschiff oder aus Omnisbussen. Stadtmauerrundgang € 28 je Person! 30km, 375Hm.
Die weitere Tour schildern wir nur kurz, da es viele Reiseberichte zu Kroatien gibt und natürlich jede Menge Reiseführer.

Tag 22 bis 45 Dubrovnik - Villach
Die Tour führt über Insel Peljesac. Leider müssen wir als Pfälzer an den vielen Weinprobier/Verkaufsständen blindlings vorbeifahren. Sie stehen gefühlt an oder vor jeder Steigung. Das würden wir dann nicht mehr weiterschaffen. Danach übersetzen nach Ploce und weiter zur Insel Hvar, die uns mit am besten gefallen hat. Natürlich jede Menge Höhenmeter, aber wunderschöne Blumenpracht können wir beim Bergaufradeln genießen. 3 Tage auf Hvar zum Relaxen und dann mit der Fähre nach Split. Die großen Menschenmassen von wenigstens drei Kreuzfahrschiffen am Stadteingang lassen uns sofort den Rückzug antreten. Nein, das wollen wir nicht. Trogir und Sibenik gefallen uns dafür umso besser. Insbesondere die Kathedrale des hl. Jakob ist sehenswert und Weltkulturerbe. Auf dem Weg nach Zadar wird unterwegs die Straße gesperrt. Der Ultra-Marathon-Lauf“ Wings for Live“ kommt uns entgegen. Die erste Polizeieskorte weist uns ab. Aber wir haben keine Chance außen herum zu fahren. Also vorsichtig weiter. Die nachfolgenden Polizisten akzeptieren das. 9000 Läufer kommen uns entgegen und feuern uns genauso an, wie wir sie. Bei ganz großen Läuferpulks halten wir kurzzeitig an. Es ist so faszinierend, dass wir vergessen Fotos zu schießen. Spät am Nachmittag kommen wir erst kurz vor dem Gewitter in Zadar an und holen uns Tickets für die Fähre nach Cres für den nächsten Tag. Wegen des erwarteten Sturms, genannt Bora, stehen wir morgens untätig vor dem Schiff. Es fährt heute nicht; zu hohes Risiko. Nächste Fähre erst wieder in 4 Tagen. Wir müssen die Tour umplanen. Wir radeln Richtung Pag, kommen jedoch nicht weit. Der Wind wird immer stärker, es wird quälend anstrengend. Nach 40km ist das Risiko, dass uns die Böen von der Straße oder in den Gegenverkehr blasen, zu groß.
Wir suchen uns eine feste Unterkunft. Am nächsten Tag ist bei strahlend blauem Himmel alles gut. Tiefblaues Meer und weiß leuchtende Hügel, was ein unglaublicher Kontrast. Wir machen mehr Pausen, um dies alles mit unseren Sinnen aufzunehmen.


Insel Pag, nach dem Bora

Auf den Bergen liegt Schnee. Auf der Insel Pag finden wir eine alte Seitenstraße an der Ostseite nach Norden.


Ostseite von Pag


Irgendwann nur noch Schotterpiste, dann gesperrt. Aber 200m schiebend weiter und alles ist wieder wie vorher, einsam und gut.


Danach geht es rüber zum Festland, Prizna, steil hoch, um in Stinica wieder steil abwärts zur Fähre nach Rab zu kommen. Fähren nach Krk, weiter nach Cres und über Brestova quer durch Istriens Binnenland. Nahe Motovun treffen wir auf den Parenzana-Radweg und folgen ihm über Groznjan bis Piran. Es ist in Kroatien eher eine aussichtsreiche MTB-Strecke, die mit EU-Mitteln gut ausgeschildert wurde. Der Weg ist holperig aber fahrbar. Auf den ehemaligen Eisenbahnbrücken und durch die Tunnels ist der Belag katastrophal schlecht. Wir sind ja vieles gewöhnt, aber bei den großen Steinen haben wir Angst um die Reifen und Felgen.


Parenzana-Radweg in Kroatien, Brücken und Tunnels sind das Schlimmste

Auf slowenischer Seite ist der Weg dann ein top ausgebauter sehr gut fahrbarer Radweg. Von Slowenien geht es an und nahe der Küste bis Trient. Über Monfalcone und an Udine vorbei bis Cividale del Friuli. Von slowenischen MT-Bikern hatten wir unterwegs in Kroation eine Einladung nach Bovec erhalten. Aufgrund des aktuellen Schneefalls ab 1.000m Höhe mussten wir leider diesen Abstecher in den Triglav-NP absagen. Stattdessen fuhren wir dann durch das Kanal-Tal nach Tarvisio und weiter bis Villach. Im Eurocity mit Radabteil problemlos bis nach Mannheim/Ludwigshafen umsteigefrei zurück.
Die gesamte Tour geht über 2.200km und rd. 24.000 Höhenmeter.

Edited by Juergen (12/08/20 12:09 PM)
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#1407388 - 11/27/19 07:28 AM Re: Rundreise Albanien, dann bis Österreich [Re: brunocbx]
irg
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Da habt ihr eine tolle Tour gemacht! Danke für den Bericht!

lg!
georg
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#1407399 - 11/27/19 08:12 AM Re: Rundreise Albanien, dann bis Österreich [Re: brunocbx]
Keine Ahnung
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Ich antworte zum einen als Moderator und zum anderen als einer, der es nicht für verrückt hält, Albanien als Ziel einer Radreise auszuwählen. Der ganze Balkan ist ein sehr attraktives, landschaftlich schönes, aber auch wegen der vielen Berge anstrengendes Radreisegebiet. Einges von dem, was Du hier berichtest, kommt mir sehr bekannt vor, einige Dinge sind neu. Danke schon einmal für den Textbericht, der durch Bilder sicher noch spannender werden würde - daher ...

... zu den Bildern:

Eigentlich ist es nicht wirklich schwierig, hier Bilder unterzubringen. Ich persönlich verwende Google Fotos, wo es kürzlich zum Glück scheinbar nur vorübergehend ein paar Probleme gab. Die Bilder in meinen Berichten sind alle bei Google gespeichert und von dort hierher verlinkt worden. Anleitungen für Google Fotos (zwei von mir, wobei vielleicht die letztere zuverlässiger ist, die erste aber bei mir auch funktioniert hat) und für andere "Hoster" sind unter HowTo: Bilder in Beiträge einfügen (Forum) zu finden. Ich habe die eigentlichen Anleitungen im Erstbeitrag des Fadens verlinkt. Du kannst gerne unter Testbereich "üben".
Gruß, Arnulf

"Ein Leben ohne Radfahren ist möglich, aber sinnlos" (frei nach Loriot)
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#1407529 - 11/27/19 11:57 PM Re: Rundreise Albanien, dann bis Österreich [Re: brunocbx]
veloträumer
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Liest sich gut. Ich habe aber auch einen Einwand. Die Routenwahl bestimmt die Eindrücke, die du bekommst. In Albanien habt ihr ja euch viel Gedanken gemacht über die Route, abseits der Hauptadern des Verkehrs. Kein Wunder, dass euer Eindruck nördlicher in Montenegro und Kroatien anders ausfällt, wo ihr auf verkehrsreiche Hauptadern gesetzt habt. Wenn ihr nach der albanischen Grenze nach Virpazar und weiter über Cetinje nach Kotor gefahren wäret (statt via Bar), dann hättet ihr kaum ein Auto gesehen - nix LKW-Kolonnen, nix shcnelle Autos. Um Sveti Stefan und/oder Budva mitzuhmen, hätte es ab Virpazar auch noch Übergänge zur Adria gegeben, sodass ihr deutlich weniger Magistrale gefahren wäret.

Kroatien dito. Hinterlandrouten stehen frei zur Verfügung. Trogir kann übrigens genauso voll sein wie Split. Hängt immer auch was von der Tageszeit usw. ab. Split am frühen Morgen ist recht entpsannt und erfrischend, weiträumige Parkanlagen nach Westen. Problem ist weniger die Altstadt als der äußere Verkehrsring. Ich lese aber auch raus, dass ihr auch noch genügend Gefallmomente in MNE & HR hattet. Frühjahr und Bora - ja das kann übel werden. Kann aber auch mal an einem Sommertag auftreten.

Danke für den Bericht!
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen
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#1407635 - 11/28/19 07:04 PM Re: Rundreise Albanien, dann bis Österreich [Re: veloträumer]
Gerhardt
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Danke für den schönen Bericht.

Ich habe noch einige Detailfragen:
-Könnt Ihr etwas über die Netzabdeckung von Internet und Mobiltelefon sagen?
-Wie oder wo habt Ihr geld getauscht?
-Habt Ihr Eure Strecke vorher ausgearbeitet oder habt Ihr Euch unterwegs entschieden?
-Hattet Ihr Papierkarten dabei oder wurde rein elektronisch navigiert?
Gruß, Gerd
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#1407733 - 11/29/19 05:15 PM Re: Rundreise Albanien, dann bis Österreich [Re: veloträumer]
brunocbx
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Hallo Veloträumer,
wir hatten auch geliebäugelt, über Virpazar nach Norden zu fahren. Als wir dann von der Strecke mit vielen Tunnels im Anstieg gelesen haben, entschlossen wir uns, an der Küste zu fahren. Es hätte vermutlich noch diverse Möglichkeiten gegeben. Wir hatten allerdings der Strecke Bar-Tivat von der Karte her nicht einen so hohen LKW-Anteil zugeordnet. Es war zum Glück die einzige Strecke dieser Tour, die verkehrsmäßig so schlimm war. Auf der Magistrale in Kroatien war das alles problemlos. Bora war ein Härtefall (ähnliches hatten wir auch schon mal in Norwegen), aber wir hatten genügend Zeit, so etwas auszusitzen, hier ja nur einen Tag. Wir haben grundsätzlich nicht den Anspruch, die touristischen Highlights, abzuklappern/abzuhaken. Deshalb konnten wir auf Split u.ä. locker verzichten. LG Bruno
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#1407742 - 11/29/19 05:52 PM Re: Rundreise Albanien, dann bis Österreich [Re: Gerhardt]
brunocbx
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Hallo Gerd,
wir sind nur "ganz-wenig-Telefonierer", wenn notwendig, dann funktionierte es. In allen Unterkünften gab es vernünftiges WLAN. Deshalb können wir keine nähere Infos hierzu geben. Geld tauschten wir in einer der vielen Wechselstuben Tiranas ganz problemlos, durchaus unterschiedliche Kurse. Die Strecke planten wir grob vor über outdooractiv.com um ein Gefühl für Strecken und Höhen zu bekommen. Wir haben immer wieder umgeplant und andere Strecken gefahren, wenn uns das angenehmer/interessanter schien. Grundsätzlich haben wir immer Papierkarten dabei, manchmal auch nur Fokos davon, die wir unterwegs entsorgen können. Das Falk-Navi, auf das wir die vorgeplanten Routen gespielt hatten, war in manchen Ecken eine gute Hilfe. So wie wir über die Unterkünfte jeweils tagsüber entschieden, waren auch manche Touren. LG Bruno
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Off-topic #1407750 - 11/29/19 06:41 PM Re: Rundreise Albanien, dann bis Österreich [Re: brunocbx]
Avante
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Für Albanien gibts bei Vodafone für ca.14€ ein Touristenpaket , 15GB!!! Internet + 5GB Video und 10 Minuten Nachhausetelefonieren + ... , 3 Wochen lang gültig. Hab ich mir direkt nach dem Grenzübertritt in Shkodra geholt. Abdeckung zumeist sehr gut. Für den Preis überlege ich nicht lange, ob es abends WLAN wo hat...
Bis auf Montenegro (3Tage) war das EU-Roaming problemlos.

Edited by Avante (11/29/19 06:43 PM)
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