Hallo,
den diesjährigen Sommer haben wir – ganz untypisch – für eine Tour in den Norden genützt. Also Norden von uns aus gesehen.
Wir sind ja nicht die einzigen Mitteleuropäer, die es im Urlaub eher nach Süden zieht, so ist der Deutsche Norden auch für uns weitgehend Terra incognita. Während meines Studiums habe ich zwar mehrere Sommer in Ostseenähe verbracht, aber damals habe ich die zwei bis drei Monate praktisch durchgearbeitet und von der Gegend nicht viel gesehen – außer die unmittelbare Umgebung „meines“ Bauernhofes.
Ein Gedanke bei der Tourenplanung war ursprünglich auch ein Besuch in meinem damaligen Betrieb, aber nach einer Empfehlung eines Forumskollegen (Danke Dietmar) haben wir uns anstatt für Schleswig-Holstein für Mecklenburg-Vorpommern entschieden.
Anreise und Rückreise haben wir der Deutschen Bahn übertragen, die auf der Strecke München-Hamburg seit letzten Dezember ICE 4 mit Fahrradmitnahme einsetzt. Die Unterkünfte hatten wir angesichts der Hochsaison an der Ostseeküste allesamt vorgebucht, damit waren die Tagesetappen bestimmt.
Erster Tag (Sonntag): Anreise nach Lübeck
Zweiter Tag: von Lübeck nach Wismar
Dritter Tag: von Wismar nach Rostock
Vierter Tag: bei kräftigem Regen mit der Bahn von Rostock nach Barth, dann mit dem Rad nach Zingst.
Fünfter Tag: von Zingst über Stralsund nach Gustow auf Rügen
Sechster Tag: von Gustow mit der Glewitzer Fähre zurück aufs Festland nach Freest
Siebter Tag: von Freest mit der Fähre nach Peenemünde, dann mit dem Rad ans andere Ende von Usedom, nach Swinemünde
Achter Tag: von Swinemünde an den Ahlbecker Strand und mit der Usedomer Bäderbahn nach Stralsund
Neunter Tag: Rückreise nach Salzburg; eine Umsteigepause in Hamburg erlaubt uns noch eine kleine Stadtrunde zur Elbphilharmonie.
Am Sonntag ist frühes Aufstehen angesagt, um vier Uhr radeln wir los und sind eine Stunde und 20 Kilometer später am Hauptbahnhof in Salzburg.
Unser Zug nach München mit Abfahrt um 05:15 ist rammelvoll mit Stadt-Nachtschwärmern und Electric-Love-Festival-Besuchern. Klares Unterscheidungsmerkmal: saubere oder verschlammte Schuhe. Einige suchen noch Unterhaltung (auch mit uns), die meisten schlafen bald ein und es wird eine angenehme Fahrt.
In München haben wir plangemäß 40 Minuten Umsteigezeit und unsere naive Vorstellung war, dass da unser ICE schon bereitstehen und wir in aller Ruhe unsere Räder verladen könnten. Einfaltspinsel wir, der Zug wird zehn Minuten NACH Planabfahrt bereitgestellt, entsprechend hektisch und chaotisch geht es zu, als die Hundertschaften am Bahnsteig in den Zug drängen.
Wir haben Glück, verladen rasch die Räder und finden gute Sitzplätze gleich in der Nähe. In der Nähe sitzen auch andere Radler für interessanten Gedankenaustausch.
Pünktlichkeit scheint an diesem Tag nicht das erste Anliegen der Deutschen Bahn zu sein. Den geplanten Anschluss in Hamburg nach Lübeck versäumen wir, den folgenden erwischen wir durch Laufschritt.
In Lübeck radeln wir am Holstentor vorbei in die Innenstadt,
wo wir unser Quartier beziehen. Danach haben wir noch ausgiebig Zeit für einen Stadtbummel und ein abendliches Orgelkonzert im Dom. Das Abendessen ist heute italienisch – sogar im Schatten einer ausladenden Esskastanie. Ich wusste gar nicht, dass diese soweit im Norden noch wachsen.
Am nächsten Tag starten wir in unsere Tour in Richtung Travemünde. Zuerst durch Industriegebiete, aber bald wird es ländlich und beschaulich
In Travemünde setzen wir mit der Priwallfähre über und bestaunen im Hafen die Viermastbark Passat, gut hundert Jahre alt und als Weizensegler, später als Schulschiff im Einsatz.
Erster Blick aufs freie Meer
Just am Gedenkstein zur ehemaligen innerdeutschen Grenze treffen wir ein Radlerpärchen aus der gestrigen Bahnfahrt wieder, die dem grünen Band nach Süden folgen wollen. Ein sehr nettes Zusammentreffen!
Für uns geht es auf dem Ostseeküstenrad Richtung Osten
Meist entlang von Getreidefeldern und immer wieder einmal mit einem Blick auf das Meer.
Der Wind meint es heute gut mit uns, wir sind aber froh über ein windgeschütztes Plätzchen für unsere Mittagsjause.
Danach radeln wir auf verkehrsarmen Nebenstraßen weiter, häufig durch idyllische Alleen
Schöner Aussichtspunkt kurz vor Boltenhagen
Erinnerungen an meine Studentensommer – gut 100 km Luftlinie entfernt und meiner war nicht ganz so groß:
Strandbetrieb in Boltenhagen
Wir selber trauen uns noch nicht so recht
Weiter auf dem Radweg Richtung Wismar
Am späten Nachmittag erreichen wir Wismar
mit schöner Innenstadt und Ostseeküche, sprich Matjesfilet nach Hausfrauenart
Der Dienstagmorgen erwartet uns mit schönem Sonnenschein. Der Wind ist wieder lebhaft, weht aber heute von Nordosten, also Rückenwind von vorne.
Wunderschön zum Radeln
mit Blicken in die Wismarbucht
Interessanter Exot auf dem Wasser, das Betonschiff von Redentin, der Bootskörper tatsächlich aus Leichtbeton
Kurzweilige Landschaften
intensiv landwirtschaftlich genutzt
Ein Paradies für Radler
Am Ende des Salzhaffs, Ostseebad Rerik
Naturschutzgebiet Riedensee, kurz vor Kühlungsborn
Ostseebad Kühlungsborn
Trotz Starkwind Unverzagte am Strand
Seebrücke in Kühlungsborn
und wieder freuen wir uns über ein windgeschütztes Jausenplätzchen mit schönem Seeblick
Der Wind bläst weiter stramm von vorne,
da ist die windgeschützte Etappe durch den Gespensterwald von Nienhagen eine willkommene Abwechslung
Die letzten Kilometer bis Warnemünde gehen etwas von der Küste weg – und sind gleichermaßen schön.
Warnemünde, im Hintergrund das bereits zu DDR-Zeiten allseits bekannte Hotel Neptun
Von Warnemünde bis Rostock sind es nur mehr wenige Kilometer – jetzt mit Rückenwind von hinten. Inzwischen ein Exot im Straßenbild:
Rostock – freundlich und sehr belebt, ganz offensichtlich auch eine Studentenstadt
Der nächste Tag (Mittwoch) beginnt verregnet, der Regen geht in Schütten über, wir verbummeln den Tag in Rostock, nutzen eine Regenpause am Nachmittag für eine kurze Runde zum Stadthafen und steigen in den Zug.
Der bringt uns nach Barth, wo wir dann zu unserem Quartier in Zingst weiterradeln
Den Abend verbummeln wir mit einem gutem Abendessen, Wein und einer großen Spazierrunde.
Der Donnerstag zeigt sich wieder freundlich, wir radeln noch einmal durch den Ort zur Seebrücke, bevor wir uns wieder auf den Radweg werfen
Der Wind ist auch heute kräftig und wie es sich für einen Küstenradweg gehört, bläst er von vorne
Landschaftlich ein Genuss
und immer wieder mit Blicken auf die Ostsee
Bei Prohn wagen wir einen ersten direkten Kontakt mit dem Baltischen Meer: nass und kalt
Stralsund vor uns, mit der Brücke über den Strelasund
Der Alte Markt mit dem Wasserspiel ist ein spielerischer Dauerbrenner für die Kinder
Im Hafen von Stralsund die Gorch Fock I
Danach radeln wir über die Strelasundbrücke nach Rügen, wo wir noch gut zehn Kilometer zu unserem Quartier haben.
Wir übernachten auf einem idyllischen Gutshof bei Gustow. Der Besitzer ist leidenschaftlicher Jäger, also gibt es heute Abend Wild. Am nächsten Tag strahlt wieder die Sonne und wir haben wunderschöne Rügenkilometer vor uns.
Immer wieder interessant ist die vielfältige Art von Betonplatten als Straßenbelag
Bei Glewitz nehmen wir wieder die Fähre zurück aufs Festland
Bis Greifswald stehen uns nun etliche Kilometer traditionelles Kopfsteinpflaster bevor.
Schöne Ausblicke in Raps und Reet
In Greifswald pausieren wir kurz für einen guten Kaffee
und ausgezeichnete Fischbrötchen. Alleine schon das Zusehen beim Herrichten der Brötchen und der Kundenumgang sind ein kleines Erlebnis.
Danach geht es an der Ryck Richtung Dänische Wiek und Greifswalder Bodden. Wunderschöne Radkilometer sind das.
Weiter Richtung Lubmin
Auch heute bläst der Wind, reift der Weizen
und blüht der Mohn
Im Ostseebad Lubmin
machen wir es uns für ein paar schöne Nachmittagsstunden am Strand bequem
und tun das, was alle anderen tun
Danach radeln wir die restlichen Tageskilometer bis Freest. Einerseits beklemmend am ehemaligen Kernkraftwerk Greifwald/Lubmin vorbei, andererseits durch einfach nur schöne Landschaften
Abendessen und Übernachtung in Freest sind küstenlastig bei ausgezeichnetem Fisch. Am nächsten Tag (es ist bereits Samstag) starten wir den Tag mit der Überfahrt von Freest nach Peenemünde und sehen wieder ein altes Kraftwerk, dieses Mal für Braunkohle
und ein ausrangiertes russisches U-Boot in der Größe XL
Danach radeln wir auf Usedom durch weitläufige Weidelandschaften und ausgedehnte Wälder
An und zwischen den Badeorten immer wieder schöne Blicke auf Strand und Meer
(Fortsetzung folgt sogleich)