Hallo Zusammen
Ich bin jetzt schon längere Zeit hier im Forum passiv dabei und habe einige Tipps und Inspirationen erhalten. Jetzt will ich mich auch mal aktiv beteiligen und den Bericht meiner (Achtung, Wortspiel!) Abitour veröffentlichen, die ich vergangenem Sommer nach bestandenem Abitur gemacht habe. Ich wünsche euch viel Spaß, aber vor Allem viel Durchhaltevermögen, denn trotz fleißigem kürzen ist der Bericht doch recht lang geworden.
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Die VorbereitungDer Entschluss, oder besser der Wunsch danach, in diesem Sommer eine etwas längere Radreise zu machen, reifte schon über ein Jahr vorher. Doch wieso ausgerechnet der bergige Süden Norwegens? Da hätte es mit Sicherheit einfachere Alternativen gegeben, zumal es nicht nur die mit Abstand längste, sondern auch meine erste Tour alleine in einem mir bis dato fremden Land werden sollte. Norwegen kannte ich bisher nur von Bildern, außerdem hatte ich ungefähr alle im Internet verfügbaren Radreise-Berichte gelesen die stets tolle Erfahrungen schilderten. Da ich mir unter den ganzen Höhenmeter-Angaben weniger etwas vorstellen konnte (meine bisherigen Touren verliefen größtenteils entlang der tollen deutschen Flussradwege), wurden diese genauso ausgeblendet wie die Tatsache, dass ich dieses Mal komplett allein sein sollte. Beides wären wohl bei genauerer Betrachtung Hauptgründe dafür gewesen, das gesamte Unterfangen doch lieber bleiben zu lassen.
Nach den letzten Abiturprüfungen ging es dann an die genauere Planung, es gab etliche offene Fragen bezüglich Anreise und Routenverlauf. Trainiert habe ich für die Tour eigentlich gar nicht. An meinem Rad (was schon knapp 20.000km auf dem Buckel hatte) wurde noch wenige Tage vor Abfahrt rumgeschraubt, weshalb ich vor der Abfahrt gerade mal 10km damit zurückgelegen konnte. Auch sonst war ich diesem Sommer kaum mit dem Fahrrad unterwegs, an Kraft und Kondition sollte es mir als Leistungssportler aber nicht scheitern (habe ich mir zumindest eingeredet, wenn man das lang genug macht glaubt man es auch). Geschlafen habe ich ausnahmslos im Zelt, einmal wild, den Rest auf Campingplätzen.
Die Route plante ich doch recht detailliert, wobei ich immer wieder mögliche Abkürzungen und Alternativen einbaute, um unterwegs flexibel zu bleiben. Letztlich sah die Route dann ungefähr so aus:
Karte Tag 01: 26.07.2017, MittwochSchon der Anreisetag war echtes Abenteuer. Um 4:30Uhr klingelte der Wecker, 14 Stunden Zugfahrt mit fünf Umstiegen lagen vor mir, wie sich herausstellen sollte nicht die beste Wahl. Ich hatte eigentlich bei jedem Umstieg Stress und musste teilweise mein vollbepacktes Fahrrad die Bahnsteige hoch und runter tragen, um meinen Anschlusszug zu erreichen. Später erlebte ich völlig überforderte dänische Bahnbeamte und musste anerkennen, dass die deutsche Bahn zumindest im internationalen Vergleich gar nicht so schlecht sein kann wie immer behauptet.
Trotzdem habe ich es, fast schon wie durch ein Wunder, geschafft, um 20Uhr pünktlich Hjørring zu erreichen. Nun musste ich noch knapp 17km bis zum Campingplatz in Hirtshals zurücklegen, wo am nächsten Morgen die Fähre ablegen sollte. Ich war zwar ziemlich kaputt, trotzdem freute ich mich den anstrengenden Tag auf dem Fahrrad ausklingeln zu lassen. So erreichte ich den schönen Campingplatz in Hirtshals, genoss den Sonnenuntergang und starte recht bald in meine erste Nacht im Zelt.
17km / 0:55std / 19,2km/h / 70hmDie Bilder des Tages Tag 02: 27.07.2017, DonnerstagHeute klingelte der Wecker um 6:30 Uhr, da ich spätestens um 8 Uhr am Fähranleger sein musste. Das Zusammenpacken funktionierte gut und ich kam früher als gedacht los. Das war auch gut, denn auf dem Weg zum Terminal verfuhr ich mich etliche Male, was auch daran lag, das sehr viele Straßen auf dem Weg dorthin für Radfahrer gesperrt waren und ich nur über einen Querfeldein-Weg zum meinem Ziel gelangen konnte.
Die vier Stunden Überfahrt vergingen, sodass ich um die Mittagszeit endlich Langesund erreichte und erstmals norwegischen Boden berührte. Ich wurde mit viel Regen begrüßt, was mir allerdings nichts ausmachte, ich war einfach glücklich endlich angekommen zu sein und auf dem Fahrrad zu sitzen. Über Porsgrunn ging es nach Skien, wobei ich auf diesem Abschnitt angenehmerweise der Fahrradbeschilderung durch bewohntes Gebiet folgen konnte.
Laut meinem Wetterbericht sollte es bis 3 Uhr trocken sein, ehe es ab 3 Uhr zu regnen beginnen sollte. In der Realität sah es dann so aus, dass es bis 3 Uhr regnete und danach aufhörte. So rum war es mir dann natürlich lieber und mir wurde schon mal gezeigt, dass mein Wetterbericht eigentlich immer was anderes sagen würde als die Realität. Hinter Skien folgte ich der 32, auf der es direkt knackig nach oben ging und auch wieder zu regnen begann. Das machte mir aber kaum etwas aus, heute hätte ich wahrscheinlich jeder Widrigkeit weggesteckt.
Am Abend erreichte ich den sehr kleinen Campingplatz am Hotel Vindfjelltunet, auf dem ich neben ein paar Dauercampern der einzige Gast war. Der Mann an der Rezeption schenkte mir die 8€ für die Übernachtung, weil er meinte, es würde eh die ganze Zeit regnen und dann gäbe es nichts, wofür ich bezahlen könnte. Er sollte Recht behalten, abgesehen von etwa 10 Minuten, die ich zum Zeltaufbau nutzen konnte (danke dafür!). Glücklicherweise gab es einen kleinen überdachten Bereich mit Sitzgelegenheiten, an dem mit meinem Campingkocher noch eine Kleinigkeit zu Essen machen konnte, ehe ich mich recht schnell ins Zelt verkroch.
61km / 5:10std / 15,3km/h / 980hm Die Bilder des Tages Tag 03: 28.07.2017, FreitagHeute sollte es endlich richtig losgehen, der erste komplette Radtag stand an. Am Morgen wurde ich zu meiner Überraschung mit Sonnenschein empfangen, das erste Mal Sonne in Norwegen! Ich konnte sogar in kurzer Hose starten und hatte große Vorfreude auf den Tag, zumal er mit einer rasanten, 5km langen Abfahrt bis Steinsholt begann. Bis Svarstad ging es noch auf der Hauptstraße 40, ehe ich von da an dem beschilderten Radweg Nummer 5 folgte. Der verläuft meistens auf der Nebenstraße auf der anderen Seite des Flusses Lågen, was das Fahren deutlich angenehmer machte. Zwar geht es da deutlich mehr auf und ab und auch die Kilometerzahl ist sicher etwas höher, mit 5-10 Autos pro Stunde hatte ich allerdings auch den Luxus die Straße fast komplett für mich alleine zu haben.
Die Landschaft war deutlich schöner als erwartet und das Fahren machte richtig Spaß. Die Belohnung für den einen oder anderen Höhenmeter mehr waren schöne Ausblicke von oben und natürlich die anschließenden Abfahrten. Das Wetter war immer noch sonnig, nur die Temperatur war etwas suboptimal. Bergab war es wegen des Fahrtwindes einfach zu kalt ohne Jacke, bergauf war es mit Jacke allerdings auch zu warm.
Nachdem ich in Kongsberg meine Mittagspause eingelegt hatte, veränderte sich die Landschaft ein wenig, es ging überwiegend durch Nadelwälder. Das hatte auch zur Folge, dass es etwas weniger Steigungen gab und ich daher besser vorankam. Nur das Wetter spielte nicht mit, es war wieder bewölkt und immer wieder gab es kurze Schauer.
Nach 125km entschied ich mich, dass es für heute genug sein sollte, und steuerte den Holman Camping bei Rollag an. Der Platz war wirklich schön, direkt am Fluss aber leider auch direkt an der Straße. Wie es jeden Abend laufen sollte, baute ich zunächst das Zelt auf, ging dann duschen und widmete mich anschließend dem Abendessen. Beim Kochen überraschte mich ein kurzer, aber heftiger Regenschauer was ziemlich blöd war, da ich zu dem Zeitpunkt ungefähr all meine Kochutensilien auf dem Tisch ausgebreitet hatte und daher einiges nass wurde.
Da es immer wieder kurze Schauer gab entschied ich mich ins Zelt zu gehen und den Abend dort ausklingen zu lassen. Das Alleinsein, was die ersten beiden Abende nicht ganz so schön war, machte mir kaum noch was aus und sollte auf der gesamten restlichen Tour nie zu einem Problem werden. Da die Landschaft wirklich schon sehr ansprechend war, mir die Höhenmeter kaum etwas ausmachten und das Fahren dadurch eine Menge Spaß machte, war die Vorfreude auf das, was mich die nächsten Tage so alles erwarten würde, sehr groß. So konnte es wirklich weitergehen!
125km / 7:00std / 17,9km/h / 1.160hm Die Bilder des Tages Tag 04: 29.07.2017, SamstagWie es auf der gesamten Tour zur Routine werden sollte, kam ich heute gegen 9:00 Uhr los. Da das Tal des Lågen immer enger wurde war teilweise kein Platz mehr für eine Nebenstraße, weshalb ich des Öfteren mal auf der Hauptstraße fahren musste. Die war jedoch nicht allzu stark befahren, weshalb dies kein Problem darstellte.
Im Allgemeinen waren die Autofahrer hier in Norwegen äußerst rücksichtsvoll was die Überholmanöver anging. Fast ausnahmslos wurde hier kein Risiko eingegangen und die Fahrer waren sich nicht zu schade, bei Gegenverkehr oder in unübersichtlichen Abschnitten auch mal mit mir 5km/h den Berg hoch zu schleichen. So war ich zu keinem Zeitpunkt der Tour durch den Verkehr in Gefahr, kein Vergleich zu den waghalsigen Überholmanövern, denen man als Radfahrer in Deutschland teilweise ausgesetzt ist. Ein Traktorfahrer fuhr sogar mal rechts ran um mich überholen zu lassen, als ich bergab schneller war als er – eine tolle Aktion mit der ich wirklich nicht gerechnet habe.
Der Fluss war mittlerweile zu einem kleinen See aufgestaut. Gemeinsam mit den hohen Bergen links und rechts, dessen Gipfel oberhalb der Baumgrenze nur noch den schroffen Fels zeigten, wurden tolle Ausblicke geboten. Auch am Wegesrand gab es neben etlichen, teilweise noch aus dem Mittelalter stammenden Bauernhöfen auch ab und zu eine der für Norwegen und diese Region typischen Stabkirchen zu bestaunen. Gemeinsam mit dem flachen Terrain war dies ein sehr schöner Streckenabschnitt.
Das änderte sich jedoch kurz vor Rødberg, wo die erste etwas größere Herausforderung auf mich wartete. Einer Nebenstraße folgend ging es auf einer Distanz von knapp 10km 400hm nach oben. Dieser Anstieg war anstrengend, aber definitiv im Bereich des machbaren. Oben angekommen erwartete mich wieder ein Stausee, dem ich die nächsten Kilometer folgen sollte. Ich war mittlerweile auf 800m Höhe, wobei die Straße nun etwas anspruchsvoller in stetigem auf und ab durch waldiges Gebiet führte. So ging es weiter bis nach Tunhovd und der Einmündung zurück in die Hauptstraße 40, wobei es immer wieder tolle Blicke auf den See gab – Bergkulisse inklusive.
Nach einem letzten Berg erreichte ich mein heutiges Ziel Geilo und steuerte den dortigen Campingplatz an. Am Abend regnete es natürlich wieder, aber daran, so wurde mir langsam klar, musste ich mich hier in Norwegen wohl gewöhnen. Heute war schon hart, fast 115km und 1700hm sprechen für sich, aber definitiv machbar. Die Landschaft ist und bleibt grandios und morgen wartet mit dem Rallarvegen eines der, wenn nicht sogar das Highlight der gesamten Tour, weshalb die Vorfreude mal wieder riesig war.
114km / 7:20std / 15,6km/h / 1.750hm Die Bilder des Tages Tag 05: 30.07.2017, SonntagAm Morgen deckte ich mich mit Lebensmitteln für zwei Tage ein ehe ich das Abenteuer Rallarvegen anging. So ziemlich jeder Radfahrer, der diesen etwa 80km langen, unasphaltierten und nur für Fußgänger freigegebenen Weg gefahren ist, empfand dies als absolutes Highlight in Norwegen, weshalb ich ihn natürlich auch unbedingt bereisen wollte.
Zunächst musste ich jedoch noch den Weg bis Haugstøl, dem offiziellen Startpunkt des Rallarvegen, zurücklegen. Der Weg dahin war wieder wunderschön, ehe ich dort angekommen auf die Schotterstrecke abbog. Von dem einen auf den anderen Moment war ich weg von der Straße in völliger Ruhe und alleine mit der tollen Landschaft, die sich jetzt vor mir auftat. Der Weg war in einem guten Zustand und das Rad lief einfach super, außerdem kam ich bei Blicken nach links und rechts nicht mehr aus dem Staunen heraus. Die wunderschöne, unberührte Natur zog mich von Anfang an in ihren Bann und es war einfach ein Traum hier zu radeln. Ab und zu konnte man Züge auf der parallel verlaufenden Bahnstrecke fahren sehen, die aus der Ferne wie Modelleisenbahnen aussahen. Dazu noch das perfekte, sonnige Wetter - der Rallarvegen hatte mich einfach, vom ersten Meter an.
Man fährt einfach geradeaus, immer weiter und wünscht sich, der Weg würde niemals enden. Dabei war es gar nicht so einfach zu fahren, denn es ging kontinuierlich bergauf, was man allerdings kaum merkte. Nach jeder Kurve veränderte sich die Landschaft und ich blieb gefühlt alle 100m stehen, um ein Foto zu machen. Je mehr ich an Höhe gewann, desto weniger grün und desto mehr schroffen Fels gab es zu bestaunen. Im weiteren Verlauf war dieser dann immer mehr von Schnee bedeckt, kurz vor und in Finse gab es tolle Ausblicke auf den Gletscher, der sich über die angrenzenden Berge stülpt.
Hinter Finse begegnete ich nur noch einer Handvoll Leuten, da die meisten dort in die Bahn wechseln. Die Landschaft war immer noch grandios, wobei der Schnee langsam aber sicher Überhand gewann und schon bald die gesamte Landschaft überwiegend weis färbte. Der Himmel zog zu, es wurde kälter und ich hatte schon bald die ersten Schneefelder zu durchkreuzen. Mit vollbepacktem Tourenrad heißt dies natürlich absteigen und schieben, wobei die Querung dieser matschigen Felder teilweise echte Herausforderungen darstellten. Auch die Wegqualität wurde spürbar schlechter, Löcher oder riesige Steine mitten auf dem Weg zwangen mich dazu, langsamer und immer hochkonzentriert mit Blick auf die Strecke vor mir anstatt auf die Landschaft zu fahren.
Als ich den höchsten Punkt auf 1343m Höhe erreichte, dachte ich mir, dass es jetzt mit Sicherheit wieder besser werden würde. Aber das wurde es natürlich nicht, im Gegenteil. Die Schneefelder wurden immer häufiger und schon bald bekam ich Aggressionen, wenn mir wieder mal ein riesiges weißes Etwas den Weg versperrte. Die Wegqualität war streckenweise in meinen Augen sogar für unbepackte Mountainbikes eine Zumutung, weshalb ich immer öfter Schritttempo fuhr oder schob. Dass ich den Tag tatsächlich ohne Platten hinter mich bringen sollte, grenzt an ein Wunder.
Der Streckenführung war teilweise auch sehr gefährlich, 15% Gefälle, riesige Steine und direkt neben dem äußerst schmalen Weg geht es ohne Absicherung senkrecht nach unten. In Deutschland wäre so ein Weg mit Sicherheit gesperrt. Als es dann irgendwann auch noch zu regnen anfing war meine Laune am Ende und ich wollte einfach nur noch den Tag beenden und schlafen.
Da es bis zum nächsten Ort Flåm noch zu weit gewesen wäre entschied ich mich dazu, wild zu campen. Doch dafür einen Platz zu finden war schon eine riesige Herausforderung, gab es mal ein Stückchen flache Wiese, war die meistens durch den mittlerweile strömenden Regen derart aufgeweicht, dass das Zelten hier unmöglich gewesen wäre. So fuhr ich noch bis zur Bahnstation Myrdal, wo ich völlig entkräftet mein Zelt auf einer Wiese unterhalb aufbaute und mich so schnell wie möglich ins Zelt verkroch. Der Regen hatte natürlich nicht aufgehört und somit wurde eine Menge meines Gepäcks nass, während ich ebenfalls pitschnass war und fror.
So schön wie der erste Teil des Rallarvegen war, so kräftezehrend war der zweite Teil. Trotzdem bereute ich kein bisschen trotz der Warnungen bezüglich der Wegqualität hier entlang gefahren zu sein, denn landschaftlich war der heutige Tag einfach ein Traum. So bereitete ich mich auf eine nasse und kalte Nacht vor, während es draußen unermüdlich schüttete und der Wind pfiff.
90km / 6:55std / 13,0km/h / 1.320hm Die Bilder des Tages Tag 06: 31.07.2017, MontagDie Nacht war wirklich nicht ohne. Der Wind, der extrem heftig war und der Regen weckten mich trotz Ohrstöpseln ein paar Mal auf. Am nächsten Morgen saß ich noch lange im Zelt und hoffte, dass es endlich aufhören würde zu regnen um das Zelt im trocknen zusammenbauen zu können – vergebens. Dann musste es eben so gehen, dachte ich mir, und versuchte so schnell wie möglich alles zusammen zu packen. Die Hoffnung dass trotzdem alles einigermaßen trocken bleiben würde wurde leider nicht erfüllt: Zelt, Schlafsack, Luftmatratze, Schuhe, Kleidung -alles war nass. Als dann beim bepacken des Rades auch noch der Ständer abbrach, war meine Laune mal wieder am Ende.
Die Abfahrt runter auf Meereshöhe war eisig, was vor Allem daran lag, dass alles was ich am Körper trug komplett durchnässt war. Gegen 12 Uhr erreichte ich schließlich Flåm, wo es natürlich nicht mehr regnete und sogar manchmal die Sonne rauskam. Der Ort war absolut auf japanische Touristen ausgelegt, die hier etwa 80% der Besucher ausmachten. Das liegt an der Flåmbanen, einer sehr berühmte Zugstrecke. Es gab japanisches Essen und überall fand man japanische Schriftzeichen.
Da ich erst um 15:30 Uhr mit der Fähre weiterfahren sollte, hatte ich ein paar Stunden Zeit, die vor Allem dafür nutzte, im Touristencenter zu sitzen und mich auf zu wärmen. Vielleicht alle Stunde kam eine voll mit Japanern gefüllte Eisenbahn an der Talstation an, die den Ort in unübersichtliche Hektik verwandelte. Nach den entspannten Tagen mit recht wenig Menschen war dieser Trubel für mich zeitweise wirklich unangenehm.
Auch deshalb war ich froh, als ich endlich auf der Fähre war und diesen Ort verließ. Die Überfahrt nach Leikanger dauerte eine Stunde und machte mich 30€ ärmer, es gab allerdings auch keine attraktivere Alternative. Die Fahrt durch den Fjord war landschaftlich schon reizvoll, ich verbrachte allerdings die meiste Zeit im Schiff um mich aufzuwärmen.
Als ich in Leikanger angekommen war, hatte ich noch knapp 30km vor mir. Diese gingen eigentlich immer am Fjord entlang, was durch das bewölkte und nebelige Wetter jedoch nicht so viele schöne Ausblicke lieferte. Unterwegs versperrten mir zwei für Fahrräder gesperrte Tunnel den Weg, die ich jeweils deutlich beschaulicher auf der stillgelegten Straße umfahren musste (oder besser durfte).
Am Abend erreichte ich den Campingplatz in Sogndal, wo ich mein Zelt direkt am Fjord aufstellen konnte und eine tolle Aussicht hatte. Ich versuchte alles irgendwie zu trockenen, wobei ich bei Kleidung kurzen Prozess machte und alles in den Trockner schmiss. Meine Motivation hatte heute schon deutlich gelitten und morgen stand die wahrscheinlich härteste Etappe der Tour an, trotzdem versuchte ich, das Beste draus zu machen und hoffte auf ein Erfolgserlebnis am nächsten Tag.
48km / 2:40std / 18,3km/h / 250hm Die Bilder des Tages Tag 07: 01.08.2017, DienstagDer Sognefjellsvegen gilt als einer der anspruchsvollsten Pässe für Radfahrer in Norwegen. Von Meereshöhe geht es kontinuierlich auf den Fjell auf 1400m Höhe nach oben, flache Abschnitte oder sogar kleinere Abfahrten überwiegend Fehlanzeige. Bis zum Beginn dieses Anstieges hinter Skjolden musste ich jedoch noch knapp 50km zurücklegen, weshalb ich mich am Morgen etwas eilte um nicht zu spät los zu kommen.
Es ging zunächst wieder sehr schön am Fjord entlang, wobei ich relativ bald durch eine Fähre auf die Seite mit der Nebenstraße wechselte. Dieser Weg war ein Traum, wunderschön am Fjord entlang auf einer winzigen Straße, auf der ich kaum einem Auto begegnete. Solche Nebenstraßen sind zwar im Vergleich zur Hauptstraße stets ein Genuss, bedeuten aber meist ein Plus an Höhenmeter, weshalb ich schon vor dem eigentlichen Aufstieg 600hm hinter mir hatte.
In Skjolden legte ich eine kurze Pause ein, ehe ich um 13:15 Uhr begann, mich der großen Herausforderung zu stellen. Der letzte Ort vor der Auffahrt kurz dahinter heißt Fortun, vermutlich aus dem Grund, allen verrückten nochmal Glück für die folgenden knapp über 30km bis zur Passhöhe zu wünschen. Dann ging es aber auch schon nach oben.
Ich kurbelte, langsam aber sicher, mit 5-7km/h, Höhenmeter für Höhenmeter den Berg hinauf. Ich vermied längere Pausen, machte dafür aber mehrere kürzere, die meist mit Trinken und Schokolade gefüllt wurden. Fast jeder Autofahrer der mir begegnete, zeigte den Daumen, lächelte mich (mitleidsvoll oder motivierend?) an oder machte sogar das Fenster runter um mich anzufeuern. Das empfand ich als sehr nett und motivierte mich doch immer wieder aufs Neue. Ein Japaner der mir entgegen kam, zückte sogar hektisch sein Handy um mich zu fotografieren, fast so als wäre ich ein seltenes Tier, was gleich wieder verschwindet. Bei meiner Geschwindigkeit wäre das allerdings wohl eher nicht passiert.
Die Landschaft war wirklich toll und ich konnte bei bestem Wetter quasi in Slow-Motion die Veränderungen wahrnehmen. Erst waren die Berge von dichtem Wald bedeckt, je höher ich kam ließ die Vegetation nach, die Bäume und Sträucher wurden kleiner, der schroffe Fels setzte sich durch. Natürlich war da auch wieder viel Schnee am Wegesrand zu sehen, Felder musste ich diesmal aber nicht passieren.
Auf dem Weg nach oben versuchte ich in einen Trott rein zukommen, einfach die tolle Landschaft genießen und immer weiter treten, treten und treten. So vergingen die Minuten und wurden zu Stunden, ehe ab 1200m über 0 die Höhe stagnierte und ich mich auch mal wieder bei kleineren Abfahrten ausruhen durfte. Es hatte mittlerweile zugezogen, aber es regnete glücklicherweise nicht, was bei Temperaturen um den Gefrierpunkt womöglich als Schnee herunter gekommen wäre. So kam es, dass ich um 17:30 Uhr tatsächlich, erschöpft aber sehr stolz die Passhöhe erreichte – endlich!
Nun bereitete ich mich auf die Abfahrt vor, lange Hose, Jacke, Mütze, und Handschuhe wurden angezogen und wenig später raste ich auch schon die ganze, in den letzten Stunden mühsam gewonnene Höhe wieder bergab. Die Landschaft auf dieser Seite war in meinen Augen nochmal beeindruckender, auch wenn das Wetter immer schlechter wurde. 25km bis zum Campingplatz hatte ich noch vor mir.
Um 19:30 Uhr erreichte ich endlich den Campingplatz in Galesand. So schnell wie möglich brachte ich meine abendliche Routine hinter mich, um möglichst bald im Bett liegen zu können. Ich war sehr kaputt, aber auch wirklich stolz auf das, was ich heute geschafft hatte, über 2.300hm standen am Ende zu Buche. Für den morgigen Tag nahm ich mir vor, alles etwas entspannter anzugehen und die Distanz spontan zu entscheiden - das hatte ich mir wirklich verdient!
117km / 7:55std / 14,8km/h / 2.320hm Die Bilder des Tages Tag 08: 02.08.2017, MittwochDer Tag begann wie geplant entspannt, wobei es ohnehin erstmal weiter bergab bis nach Lom ging. Trotz der leichten Abfahrt tat ich mir schwer und merkte schnell, dass mir der gestrige Tag noch ziemlich in den Knochen steckte. So viel wird heute nicht gehen. In Lom gönnte ich mir dann erstmal ein ausgiebiges Frühstück, ehe ich mich auf der Hauptstraße auf den Weg Richtung Geiranger machte. Diese war leider vergleichsweise stark befahren, da es allerdings keine Alternative gab, musste ich heute wohl damit leben. Dazu gesellte sich, ausgerechnet heute, Gegenwind, der das Vorankommen weiter erschwerte. So schaffte ich auf gerader Strecke teilweise nur Geschwindigkeiten von 10-15km/h.
So zog sich der ganze Tag dahin, etwa alle 10km legte ich ausgedehnte Pausen ein, die ich heute auch bitter nötig hatte. Ab der Hälfte der Strecke ging es dann auch noch immer bergauf, was zwar nicht so steil war aber trotzdem den ersten Gang verlangte. Da ich aber wirklich nicht schon nach 30 oder 40km aufgeben wollte, quälte ich mich bis zum letzten Campingplatz vor der Abfahrt nach Geiranger in Skjåk Sæter. Dort kam ich dann auch entsprechend früh an, weshalb ich die Hoffnung hatte dort noch jemanden zu treffen, mit dem ich den Abend verbringen könnte. Ich war jedoch wirklich komplett alleine auf dem Platz, dazu war der auch noch teuer und direkt an der Straße – na toll!
Ich nutze die Zeit um mir etwas Anständiges zu kochen, was aber eher scheiterte. Ziemlich sinnbildlich für die heutige Etappe. So beendete ich einen wirklich sehr unspektakulären Tag und verkroch mich bereits um 19 Uhr ins Zelt. Obwohl ich sehr kaputt war freute ich mich auf den morgigen Tag, der mit einem weiteren Höhepunkt, dem Geirangerfjord, wartete.
72km / 4:40std / 15,6km/h / 550hm Die Bilder des Tages Tag 09: 03.08.2017, DonnerstagDa ich gestern bereits um 9 Uhr eingeschlafen bin, war ich heute Morgen wirklich fit. Mittlerweile hatte ich auch schon Routine im Zusammenpacken, weshalb ich ohne Probleme um 9 Uhr starten konnte. Die 20km vor der Abfahrt nach Geiranger liefen super, der Wind von gestern hatte gedreht, die Landschaft war noch einmal grandios und auch das Wetter spielte einmal mehr mit und bescherte mir überwiegend Sonnenschein.
Auf der Passhöhe auf etwa 1000m angekommen freute ich mich riesig auf die mir nun bevorstehende Abfahrt. Und die hatte es wirklich in sich. Bei tollstem Wetter ging es etliche Serpentinen nach unten und die Aussicht hinunter zum Fjord mit den riesigen Bergen im Hintergrund war einfach atemberaubend. Ich blieb oft stehen, schaute ins Tal und versuchte mir einfach nur klar zu machen, an was für einem einzigartigen Ort ich mich gerade befand. Der Fjord, in dem wie zu erwarten zwei riesige Kreuzfahrtschiffe angelegt hatten kam immer näher und bot immer wieder tolle Fotomotive. Die Straße war extrem voll, egal ob Reisebus, Wohnmobil oder im Tal gemietetes Elektroauto – jeder wollte zum Fjord bzw. von oben die tolle Aussicht genießen.
Der Ort Geiranger war wie zu erwarten äußerst touristisch ausgelegt und ich fühlte mich bei den ganzen Menschenmassen sehr unwohl. Schnell suchte ich die Fähre nach Hellesylt auf, um diesen Ort möglichst schnell wieder zu verlassen. Diese knapp eine Stunde Bootfahren machten mich fast 40€ ärmer, was ich schon verdammt teuer fand, auch wenn die Ausblicke auf den Fjord wunderschön waren. Unterwegs erzählten mir die Lautsprecher auf dem Boot tolle Geschichten über Sieben Schwestern, entlegene Bauernhöfe und Jungfrauen, denen ich allerdings kaum folgte. Respekt an den Verantwortlichen im norwegischen Touristenverband, der diese Storys erfunden hat, die Vermarktung funktioniert erste Sahne!
In Hellesylt angekommen lagen 30km bis zur nächsten Fähre in Urke vor mir, von denen ich mir Landschaftlich nicht viel erwartete. Zu meinem völligen Überraschen war das Tal wunderschön und die schroffen Felsen im Hintergrund boten ein tolles Panorama. Dazu war ich hier fast alleine unterwegs, diese Route hatte sich also wirklich gelohnt und ist absolut empfehlenswert. Der Abschnitt nach der Fähre war leider eher langweilig weshalb ich froh war, als ich endlich den Campingplatz in Østra erreichte und einen Tag mit vielen neuen Eindrücken beendete.
105km / 5:45std / 18,5km/h / 1070hm Die Bilder des Tages Tag 10: 04.08.2017, FreitagWenn alles glatt laufen sollte, sind es noch drei Tagesetappen nach Trondheim. Dieser Teil ist mehr ein Verbindungsstück, weshalb mir klar war, dass es heute und die nächsten Tage landschaftlich nicht ganz so ansprechend werden sollte. Außerdem sollte es sehr oft auf der Hauptverkehrsstraße E39 entlang gehen, was bei starkem Verkehr den Fahrspaß schon sehr beeinträchtigen kann. Wenigstens zeigte sich das Wetter heute von einer guten Seite, weshalb mir die Motivation trotzdem nicht fehlte.
Die ersten 40km auf der Hauptstraße waren in Ordnung, der Verkehr hielt sich in Grenzen und so kommt man natürlich auch viel besser voran. Nachdem ich die erste Fähre des Tages hinter mich gebracht hatte, war der Verkehr schon sehr extrem. Ich wählte für diese Passage deshalb die Nebenstraße über Magerholm, die trotzdem vergleichsweise stark befahren und gut ausgebaut war. In Valle gab es dann leider keine realistische Alternative zur E39, wo allerdings der Verkehr auch wieder spürbar abgenommen hatte. Nun standen noch 40km bis Molde auf dem Plan, auf denen ich entsprechend flott vorankam. Der Asphalt war teilweise noch recht neu, da merkt man sofort dass das Rad ganz anders läuft.
Um nach Molde zu gelangen musste ich schließlich noch eine Fähre benutzen. Eigentlich wollte ich die Nacht auf dem dortigen Campingplatz verbringen, auf der Fähre beschloss ich aber, noch 10km über einen kleinen Berg zum nächsten Platz in Malmefjord zu fahren. 10km, das ist nicht viel, das schaffe ich schon, dachte ich mir. Dumm nur, dass mir auf halbem Weg ein Tunnel den Weg versperrte, der, wider meiner Erwartungen für Radfahrer gesperrt war und ich nochmal 10km (und einige Höhenmeter) mehr fahren durfte. Ich spielte schon mit den Gedanken, mich zurück nach Molde rollen zu lassen oder einfach durch den Tunnel zu fahren, blieb dann aber vernünftig und nahm die Extrakilometer in Angriff.
In diesem Moment war ich ziemlich genervt, denn da es noch recht früh war hatte ich mich schon auf einen langen entspannten Abend gefreut. Der Umweg war letztlich dann wirklich nicht schlimm und trotz des Verlustes einer halben Stunde hatte ich noch genügend Zeit zu kochen. Auf dem Campingplatz kam ich dann auch erstmals mit einem anderen Tourenfahrer ins Gespräch. Die ebenfalls Alleinreisende junge Norwegerin war allerdings nur drei Tage unterwegs. Trotzdem war es zur Abwechslung auch mal schön, sich ein wenig mit einer Gleichgesinnten auszutauschen, was auf dieser Tour nicht allzu oft passieren sollte.
128km / 6:50std / 18,6km/h / 1310hm Die Bilder des Tages Tag 11: 05.08.2017, SamstagWenn ich ehrlich bin, bin ich am gestrigen Tag teilweise schon sehr durchgehetzt. Auch deshalb nahm ich für heute vor etwas ruhiger zu fahren, vor allem bergauf. Das Fahren läuft heute trotzdem super, es ist ein ständiges auf und ab, aber noch gut zu fahren. Landschaftlich ist es natürlich nicht annähernd so spektakulär wie die letzten Tage, aber zumindest schöner als gestern und daher doch ganz beschaulich.
Zu Beginn befand ich mich auf der Nebenstraße 64 und 279, der Verkehr später auf der Hauptstraße hielt sich allerdings auch angenehm in Grenzen. Auch heute kam ich nicht an einer Fähre vorbei und setzte im Kanestraum mit dem Schiff über. Obwohl sich der Verkehr in Grenzen hielt entscheid ich mich, auch wegen der Campingplatzdichte, die E39 zu verlassen und im weiteren Verlauf der Straße 65 zu folgen. Da war der Verkehr dann wieder sehr angenehm und da es hinter jedem Berg auch wieder bergab ging, nahm ich die Extrahöhenmeter gerne in Kauf.
Das Wetter war heute den gesamten Tag echt gut, jedoch fing es einmal wie aus dem nichts an wie aus Kübeln zu schütten. Zum Glück war eine überdachte Bushaltestelle gleich in der Nähe, in die ich flüchten konnte, sonst hätte ich wirklich ein feuchtes Problem bekommen können. Auf den letzten 10km ging es nochmal knapp 300hm nach oben, ehe ich mein heutiges Ziel Surnadal erreichte. Als ich mich gerade zum Essen auf die Bank gesetzt hatte begann es zu regnen, weshalb ich mich gezwungenermaßen mal wieder sehr früh ins Zelt verkriechen musste.
103km / 6:10std / 16,9km/h / 1340hm Die Bilder des Tages Tag 12: 06.08.2017, SonntagMein letzter „Trondheim-Transfer-Tag“ begann mit Regen. Toll. Irgendwie war ich fest davon ausgegangen, dass die Supermärkte in Norwegen grundsätzlich sonntags offen hatten. Bei genauerer Betrachtung am Morgen wurde mir allerdings klar, dass der nächste sich erst im 80km entfernten Orkanger befinden sollte. Meine Vorräte beschränkten sich noch genau auf etwas Müsli zum Frühstück, 100g Schokolade und ein paar Scheiben Wurst. Ob das für den Vormittag reichen würde?
Als ich zu fahren begann wurde ich von flachem (!) Terrain begrüßt, was ich persönlich nicht erwartet hätte überhaupt eines Tages in Norwegen zu erleben. So kam ich wunderbar voran, spürte aber schnell den Hunger. Es half alles nichts, ich musste die Notlösung wählen und eine Tankstelle aufsuchen. 6€ für ein bisschen Baguette war ordentlich, aber reichte in Verbindung mit der Schokolade dafür, bis Orkanger nicht an einem plötzlichen Hungertod zu sterben. Das Wetter blieb wechselhaft, der Regen hatte aber erstmal ausgesetzt. Die flache Straße und der geringer Verkehr sorgten derweil dafür, dass ich sehr gut voran kam und im Schnitt sogar mal schneller als 20km/h fahren konnte. Auch Pausen legte ich nicht so viele ein, ich hatte ja eh nichts zu snacken, also konnte ich auch weiterfahren.
So erreichte ich tatsächlich schon um die Mittagszeit Orkanger, wo ich mich wieder mit Lebensmitteln eindeckte. Somit war ich auch am Fjord vor Trondheim angekommen, hatte allerdings noch eine Schleife von 40km bis zum Campingplatz Flakk vor den Toren der Stadt vor mir. Auf diesem Stück hatte ich teilweise höllischen Gegenwind, was wirklich zeitweise sehr unangenehm. Ich war zum Glück noch fit, sonst hätte es auch schlechter enden können. Für einen kurzen Abschnitt von maximal 2km ließ ich mich auf eine von google maps vorgeschlagene „Abkürzung“ ein. Am Ende landete ich in einer Feldweg-Sackgasse und musste mich irgendwie über einen Privatweg zurück auf die Straße durchmogeln. Eine Abkürzung war das Ganze dann natürlich auch nicht mehr.
Nachdem ich noch einen kleinen Hügel erklimmen musste erreichte ich schließlich den Campingplatz. Ich entschied mich, zwei Nächte zu bleiben und am morgigen Tag entspannt ohne Gepäck Trondheim zu erkunden. Der Platz war teuer und wahrlich nichts Besonderes, man zahlt hier vor allem für die Stadtnähe. Den Abend nutzte ich dafür, mal einiges meiner Kleidungsstücke zu waschen, ehe ich auch deshalb eher spät ins Bett kam und mich auf einen entspannten Sightseeing Tag in Norwegens drittgrößter Stadt freute.
137km / 7:00std / 19,6km/h / 960hm Die Bilder des Tages Tag 13: 07.08.2017, MontagHeute stand also die Besichtigung Trondheims auf dem Programm. Ich interessierte mich grundsätzlich deutlich mehr für die Natur als die Städte in Norwegen, da ich aber von allen Seiten hörte es würde sich lohnen und ich einem ruhigeren Tag auch nicht abgeneigt war, entschied ich mich schließlich dafür. Von einem Ruhetag konnte man allerdings auch nicht wirklich sprechen, ich war ja trotzdem den ganzen Tag unterwegs und hatte am Ende immerhin 38km auf dem Tacho stehen.
Das lag vor allem daran, dass von meinem Nachtlager aus noch 12km bis in die Trondheimer Innenstadt zurückgelegt werden musste. Schon im Stadteingang begrüßten mich schöne kleine Gässchen mit süßen bunten Häusern, die ich immer mal wieder zu sehen bekam und für mich schon fast das Highlight der Stadt waren. Der Nidaros Dom stand an diesem Tag genauso auf der Agenda wie die sog. „Alte Brücke“. Allgemein gefiel mir die Stadt wirklich sehr gut. Es war auch nirgends von Touristen überlaufen, was wohl aber auch damit zusammenhing, dass das nasskalte Wetter nicht wirklich zu einem Städtetrip einlud. Außerdem war die Stadt extrem fahrradfreundlich, was sicher auch mit dem Image als Studentenstadt zusammenhängen, dass hier ausgelebt wird. Mehrere Cafés offerieren beispielsweise großzügige Rabatte beim Vorzeigen eines Studentenausweises.
Einer der Gründe nach Trondheim zu kommen war aber auch der weltweit einzigartige Lift für Radfahrer. Bei dem stellt man sich mit einem Bein auf eine Bodenplatte, die einen anschließend den sehr steilen Berg nach oben zieht. Das musste natürlich unbedingt ausprobiert werden und war tatsächlich gar nicht so einfach und bedarf wohl eine Menge Übung. Beim circa fünfzehnten Versuch, angefeuert von einer japanischen Reisegruppe, schaffte ich es tatsächlich an der „Bergstation“ anzukommen. Für mich war die Benutzung des Liftes allerdings fast anstrengender als einfach den Berg so nach oben zu fahren.
Nachdem ich mich im „Pizza-Tower“ (Fernsehturm mit Restaurant, getauft von Studenten) richtig sattgegessen habe, machte ich mich wieder auf den Weg zurück zum Campingplatz. Während ich in Trondheim fast keine Sonne gesehen hatte war dort tollstes Wetter. Am Abend regnete es aber natürlich trotzdem, ich war ja immerhin immer noch in Norwegen und da regnet es abends bekanntlich immer.
Ab dem morgigen Tag heißt das Ziel also Oslo, wobei ich mich hier für den sogenannten Vilmarksvegen entlang der schwedischen Grenze entschied. Diese Route sollte mir nach Fjord- und Fjellnorwegen nochmal eine ganz andere Facette dieses vielseitigen Landes offenbaren, worauf ich mich sehr freute.
38km / 2:55std / 13,2km/h / 410hm Die Bilder des Tages Tag 14: 08.08.2017, DienstagDer Tag begrüßte mich mit strahlendem Sonnenschein, so kann der Morgen doch beginnen. Zunächst musste ich wieder die 10km bis Trondheim schön entlang der Küste zurücklegen, die ich bereits vom Vortag doppelt hinter mich gebracht hatte. Nachdem ich mich 10km unentspannt durch Trondheim gekämpft habe, war es sofort ruhig. Ich war auf einer absoluten Nebenstraße gelandet wo wirklich kaum jemand unterwegs war und die teilweise nicht mal asphaltiert wurde. Schlaglöcher und sehr kurze aber sehr steile Anstiege prägten diesen Abschnitt. Landschaftlich gab es durchgehend Wald zusehen, außerdem ging es eine Zeit lang am See Jonsvatnet entlang
Irgendwann verließ ich dann wieder die Piste und war zurück auf einer Hauptstraße, auf der trotzdem kaum ein Auto unterwegs war. Das Terrain war aber immer noch sehr hügelig und immer wieder gab es Anstiege. Als ich unterwegs gerade dabei war einen Berg herunter zu sausen, standen da plötzlich eine Elchkuh mit ihrem Jungen auf der Fahrspur. Ich konnte ein Foto aus der Ferne machen, wobei sich die Tiere beim Näherkommen schnell aus dem Staub machen. Trotzdem war ich sehr glücklich die für Norwegen obligatorische Begegnung mit Elchen gehabt zu haben.
Das Wetter war heute wechselhaft wie nie zuvor. Erst sonnig bei kurzer Hose und T-Shirt, dann kommt der Regen und es ist auf einmal 10°C kälter und ich brauche lange Hose und eine Jacke. Keine 30 Minuten später ist dann aber wieder warm und ich darf mich wieder umziehen. Diese Abfolge absolvierte ich mehrere male, was auf Dauer schon echt nervig war.
Nachdem ich bei Selbu auf einen weiteren größeren See getroffen war erreichte ich schließlich den Gressli Foss Camping. Dieser Platz war wirklich winzig, es gab nicht mal eine Rezeption und ich war neben einem schwedischen Angler der einzige Gast. Der konnte mir glücklicherweise eine Duschmarke geben und versicherte mir, dass der Besitzer irgendwann zum Abkassieren vorbeikommen würde. Da alles sauber war und ich eine Dusche und sogar Internet hatte war so ein kleiner Platz auch mal in Ordnung. Ich kochte ich mir meine Nudeln, musste zum Essen allerdings ins Waschhaus fliehen, warum könnt ihr euch in Anbetracht der Tatsache, dass es mittlerweile Abend war, sicher denken. Anschließend verkroch ich mich in mein Zelt und durfte zu meinem Glück eine letztendlich kostenlose Nacht genießen, denn den Besitzer habe ich bis heute nicht getroffen.
114km / 6:35std / 17,3km/h / 1405hm Die Bilder des Tages Tag 15: 09.08.2017, MittwochDas Ziel der heutigen Etappe sollte der etwas größere Ort Røros sein. Bis dahin ging es immer weiter landschaftlich ansprechen durch Wälder und seereiches Gebiet. Ich war noch keinen Kilometer gefahren, da sah ich schon wieder Elche, diesmal sogar eine ganze Familie, die allerdings auf einer kleinen Wiese am Wegesrand waren und bei meiner Ankunft sofort Reißaus nahmen. Die ersten 50km heute waren nicht ohne, es ging überwiegend bergauf und es gab sehr starken Wind von vorne/links. Da es nochmal auf 900hm nach oben ging befand ich mich ein letztes Mal oberhalb der Baumgrenze, wo der Wind wirklich extrem heftig war. Ich kam nur ganz langsam voran und die starken Böen fegten mich manchmal fast von der Fahrbahn. Im weiteren Verlauf kam dann auch noch Regen dazu, wodurch es auch noch verdammt kalt wurde.
Als ich mich endlich nach oben gequält hatte freute ich mich darauf, bei der nun folgenden sehr langen Abfahrt mich von den Strapazen erholen zu können. Doch jetzt wurde es erst so richtig kalt, dazu pfiff der Wind unermüdlich und ich musste schon ordentlich treten, um immerhin mit 20-25km/h den Berg herunter zu fahren. Ohne Wind hätte ich hier problemlos Geschwindigkeiten jenseits der 40km/h erreicht.
Je mehr ich allerdings an Höhe verlor desto mehr ließen Regen und Wind nach. Letzterer war dennoch stark genug um mich ordentlich auszubremsen und mir ein stückweit den Fahrspaß zu nehmen. Das Terrain war immerhin immer noch flach bzw. eher bergab, wodurch ich trotz dessen noch einigermaßen gut vorankam. Am Straßenrand sah ich plötzlich Wild und ich wage zu behaupten, dass es Rentiere waren. Gegen 17 Uhr erreichte ich Røros und entschied nochmal kurz einen Abstecher in die Innenstadt zu machen, die komplett aus (bunten) Holzhäusern besteht.
Obwohl ich schon recht fertig war nahm ich noch 10km extra bis zum Røste Camping auf mich. Die sollten sich wirklich lohnen, denn dieser Platz war der schönsten der ganzen Tour. Die Frau an der Rezeption war super sympathisch und neben einer Küche mit allem was das Herz begehrt war sogar ein riesiger Aufenthaltsraum vorhanden. Der Preis war dafür echt top – absolut empfehlenswert!
116km / 6:55std / 16,7km/h / 1290hm Die Bilder des Tages Tag 16: 10.08.2017, DonnerstagIch kam heute bereits vor 9 Uhr los, da ich relativ früh aufgewacht war. Die Strecke ging tendenziell immer etwas bergab, zu dem waren auf der Straße kaum Autos unterwegs. Gemeinsam mit dem einigermaßen guten Wetter waren das natürlich die perfekten Bedingungen dafür, am Vormittag schon einige Kilometer zu machen.
Den eigentlichen Fernradweg Nummer 7 habe ich in Røros übrigens verlassen und werde erst wieder gegen Nachmittag auf ihn treffen. Die eigentliche Route sieht eine Fährfahrt über den legendären Femundsee mit dem noch legendäreren Schiff „Femund II“ vor. Da der Preis dafür mit 30€ leider alles andere als legendär ist und ich aufgrund der suboptimalen Fahrtzeiten einen halben Tag verloren und eine Nacht Wildcampen gewonnen hätte, entschied ich mich schnell dagegen. Stattdessen folgte ich den Straßen 28 und 26, auf denen ich recht bald 70km hinter mich gebracht hatte.
Die restlichen Kilometer bis in den Ort Akrestrømmen zogen sich schon ziemlich, da es immer wieder knackig bergauf ging und der Gegenwind ein treuer Begleiter war. Kurz vor Erreichen dieses Ziels wurde ich allerdings noch mit einer grandiosen Abfahrt belohnt, bei der ich knapp 400hm verlor. Eigentlich wollte ich den dortigen Campingplatz ansteuern, der ist allerdings gar nicht auf Zelte ausgelegt. Obwohl schon 135km zurückgelegt hatte, entschied ich mich kurzer Hand noch 25km nach Koppang zu kurbeln. Der Berg dazwischen, der mich mit 200hm forderte, fiel mir entsprechend schwer, trotzdem erreichte ich schließlich den Campingplatz und war verdammt stolz, erstmals auf einer Tour die 150km-Marke geknackt zu haben.
Der Platz war leider nicht so schön, verdammt teuer und ich war schon ziemlich fertig. Trotzdem ließ ich mir die gute Laune nicht verderben, war aber froh als ich mich endlich ins Zelt legen konnte. Als äußerst unangenehm gestaltete sich der ständige Gegenwind, der mir langsam aber sicher den Fahrspaß nahm. Sollte sich dieser nicht endlich wieder legen, werde ich wohl in Erwägung ziehen, ein Stück des Weges in die Hauptstadt abzukürzen.
163km / 8:10std / 19,9km/h / 1160hm Die Bilder des Tages Tag 17: 11.08.2017, FreitagObwohl ich heute verhältnismäßig früh aufgewacht bin, lies ich es etwas langsamer angehen, das hatte ich mir nach dem gestrigen Tag wirklich verdient. Zum Frühstück gab es mal wieder Hevebøller (wie normale Hefebrötchen, nur leckerer), die ich vor einigen Tagen durch Zufall entdeckt hatte und mir so gut schmeckten, dass sie mittlerweile zu meinem Grundnahrungsmittel aufgestiegen waren. Als heutiges Ziel setzte ich mir das 90km entfernte Elverum, es sah also alles nach einem entspannten Tag aus.
Von der körperlichen Verfassung her war das auch wirklich kein Problem, ich fühlte mich fitter als gedacht, aber dieser verdammte Wind. Er wurde immer stärker und raubte mir nicht nur immer weiter meine Kraft, sondern im Verlauf des Tages auch Motivation und Spaß. Ich quälte ich mich bis Rena, wo ich 2/3 meines Tagespensums hinter mich gebracht hatte.
Ich war mir sicher, dass ich zwei weitere Tage bis Oslo so nicht mehr weiter fahren wollte. Die restlichen 30km bis Elverum überlebte ich auch nur durch systematische Ablenkung, sonst hätte ich womöglich irgendwo im Wald angehalten und beschlossen, heute keinen einzigen Meter mehr zu fahren. Zu diesem Zeitpunkt stand meine Entscheidung, den restlichen Weg in die Hauptstadt mit Bus oder Bahn zurückzulegen und alternativ den Weg von Oslo nach Larvik mit dem Rad zu fahren, eigentlich schon fest. Da vor mir ohnehin eigentlich keine landschaftlichen Highlights mehr lagen, fiel mir die Entscheidung recht leicht.
Deshalb steuerte ich, direkt nachdem ich endlich Elverum erreichte hatte, den Bahnhof an, um mich nach Verbindungen für den nächsten Tag zu informieren. Wie es der Zufall so will kam genau gleichzeitig mit mir ein Reisebus dort an, natürlich mit dem Ziel Oslo. Eher aus Spaß als mit wirklichen Erfolgsaussichten fragte ich den Busfahrer, ob er denn noch Platz für mich inklusive Fahrrad hätte. Dieser fackelte zu meinem Verblüffen nicht lange und schob mein Rad, vollgepackt wie es war, in den Lagerraum. So kam es, dass ich 10 Minuten nach meiner Ankunft in der Stadt, schon wieder auf dem Weg nach draußen war und auch noch einen Tag gespart hatte.
Ich erreichte Oslo am Abend und war auf einmal, nach zwei Wochen überwiegend in der ruhigen Natur, mitten in einer modernen Großstadt. Meine ersten Eindrücke bestanden aus vielen Menschen, viel Lärm und viel Verkehr – absolutes Kontrastprogramm zu den letzten Tagen und absolut untypisch für das Norwegen, wie ich es bisher kennengelernt hatte. Relativ zentral in der Stadt gab es einen Campingplatz, von dem mich nun noch 5km trennten. Da er auf einem Berg liegt war der Aufstieg nochmal echt knackig, aber von oben gab es auch einen tollen Blick auf die Stadt.
Der Platz war wirklich riesig, alleine auf der großen Wiese tummelten sich über 100 Zelte, von der Anzahl der Wohnwägen, die hier in Reih und Glied standen, möchte ich erst gar nicht reden. Die zwei Nächte, die ich hier bleiben wollte, um Oslo ohne Gepäck erkunden zu können, kosteten mich 50€. Und ja, ich war immer noch alleine mit nur einem Zelt unterwegs, hier zahlt man eben für die Stadtnähe. Der Platz war was Sauberkeit angeht wahrscheinlich der schlechteste auf meiner Reise, bei diesem Andrang ist es aber auch fast ein Ding der Unmöglichkeit. Ich versuchte das alles einfach auszublenden und freute mich sehr auf den morgigen Trip in Norwegens Hauptstadt.
99km / 5:45std / 17,3km/h / 450hm Die Bilder des Tages Tag 18: 12.08.2017, SamstagAuch heute konnte ich es mal wieder ganz entspannt angehen lassen, da ja „nur“ ein ruhiger Sightseeing-Tag anstand. Ich brach gegen halb 10 auf und lies mich erstmal wieder den Berg in Richtung Innenstadt herunterrollen. Der gesamte Bereich um den Hauptbahnhof glich einer riesigen Baustelle, in deren Lücken gab es aber immer wieder sehr moderne Architektur zu bestaunen. Die Gebäude waren teilweise wirklich beeindruckend, wie das wohl aussieht, wenn das gesamte Viertel mal fertig ist?
Den Vormittag verbrachte ich damit, mich durch die Innenstadt zu schlängeln und die typischen touristischen Sehenswürdigkeiten wie die Oper, die Festung Akershus oder den Königspalast, zu besuchen. Die Stadt gefiel mir wirklich gut, allerdings ist Oslo eine echte Großstadt, kein Vergleich zum gemütlichen Trondheim ein paar Tage vorher.
Am Mittag stand dann, zumindest für mich als Wintersportfan, das eigentliche Highlight Oslos an – es ging hoch auf den Holmenkollen. Der Weg dorthin war aber wirklich nicht ohne, es ging lange sehr steil bergauf, wobei sich der Aufwand definitv gelohnt hat. Die Schanze war wirklich beeindruckend und der Blick hinunter nach Oslo waren die Strapazen wert. Ich verbrachte einige Zeit auf dem Berg und lies es mir auch nicht nehmen, mit dem Rad die ein oder andere Runde durch das nebenan liegende Biathlonstadion zu drehen.
Nachdem ich zurück in die Stadt gerollt war, machte ich einen Abstecher in den Vigelandspark und gönnte mir zum Abschluss des Tages noch ein Softeis. Anschließend begab ich mich wieder auf den Weg zurück auf den Campingplatz, wobei der Anstieg zum Platz wieder einige Körner kostete.
Jetzt trennten mich nur noch knapp 130km von Larvik, von wo aus ich mit der Fähre zurück nach Hirtshals übersetzen werde. Ich entschied mich dazu, dieses Stück auf zwei Tage aufzuteilen, um nochmal zwei Tage ganz entspannt das Radfahren genießen zu können, ehe der Urlaub beendet sein sollte.
43km / 3:45std / 11,6km/h / 670hm Die Bilder des Tages Tag 19: 13.08.2017, SonntagBis zu meinem heutigen Ziel, einem Campingplatz bei Horten, waren 75km zurückzulegen. Die relativ kurze Etappe gab mir die Möglichkeit entspannt zu fahren, trödeln wollte ich aber trotzdem nicht. Kurz vor der Abreise begegnete ich noch zwei anderen deutschen Radfahrern, mit denen ich noch ein längeres Gespräch führen durfte. Sie hatten schon viele Touren hinter sich und konnte mir einige Tipps bezüglich möglicher Reisen für mich in der Zukunft geben.
Als ich dann gegen 10 Uhr startete, führte mich ein endlich mal wieder Beschilderter Radweg gefühlt stundenlang durch die Osloer Vororte. Das war natürlich, (wie eigentlich der gesamte Rest der beiden Tage,) nicht wirklich spektakulär, bei wolkenlosem Himmel und Temperaturen über 20°C machte das Radfahren trotzdem eine Menge Spaß. Die Verantwortlichen für die Beschilderung des Radweges hatten sich als Maxime gesetzt, dass die Radler keinen einzigen Meter auf der Hauptstraße fahren müssen. Das bedeutete teilweise riesige unnötige Umwege, aber ich hatte ja Zeit und genoss es, mal wieder einfach nach Wegweisern zu fahren und nicht ständig auf die Karte schauen zu müssen.
Ich legte viele, auch mal längere Pausen ein, das Wetter war schließlich einfach perfekt dafür, sich mal für ein paar Minuten faul auf eine Bank zu setzen und sich sonnen zu lassen. Immer wieder begegnete ich Rennradfahrern, was für Norweger augenscheinlich eine beliebte Aktivität an sonnigen Sonntagen ist. Am späten Mittag erreichte ich die große Fähre, die zwischen Moss und Horten unterwegs ist. Die Überfahrt dauerte eine halbe Stunde und ist für Radfahrer sogar kostenlos, was ich in Norwegen schon fast nicht mehr für möglich gehalten hatte.
Auf der anderen Seite angekommen lagen noch 5km bis zum Campingplatz Børre vor mir. Der war wirklich toll: ruhig, sauber und zudem noch direkt am Meer gelegen. Da es noch nicht so spät war hatte ich genügend Zeit zu Kochen, was darin endete, dass ich meine gesamten restlichen Vorräte aufbrauchte und am Ende drei verschiedene Gerichte verspeisen durfte. Papp satt verschwand ich in meinem Zelt und bereitete mich auf meine letzte Nacht in Norwegen vor.
75km / 4:40std / 16,0km/h / 685hm Die Bilder des Tages Tag 20: 14.08.2017, MontagDa ich recht früh aufgewacht bin, konnte ich mir bei meinem letzten Zusammenpacken Zeit lassen und hatte keinen Stress. Da der ausgeschilderte Radweg konsequent der Küstenlinie folgt und ich dadurch einige unnötige Schleifen hätte fahren müssen, versuchte ich mein Glück auf den normalen Straßen und prägte mir den Routenverlauf grob ein. Das hatte zur Folge, dass ich einmal falsch abbog und plötzlich mitten im Ort Tønsberg stand, was leider eine Sackgasse war. Auf dem Weg hinaus verfuhr ich mich auch wieder, weil plötzlich ungefähr alle Straßen für Radfahrer gesperrt waren, außer der, aus der ich kam. Nach fast 10km Umweg war ich endlich wieder auf Kurs Richtung Larvik.
Die Strecke war natürlich landschaftlich nichts Besonderes, aber immerhin einigermaßen flach und gut zu fahren. Gegen Ende gesellte sich dann auch noch mein guter Freund Gegenwind dazu, was mir aber bei weitem nicht so viel aus machte wie noch einige Tage zuvor. Ich genoss diese letzten Kilometer meiner Tour und war schon ein bisschen traurig, als ich schließlich gegen halb 1 das Ortsschild von Larvik, dem Endpunkt meiner Reise, passierte.
Auch wenn die Fähre erst um 17:30 Uhr ablegen sollte, steuerte ich zunächst einmal den Hafen um mir mein Ticket zu besorgen. Anschließend machte ich mich auf den Weg in die Innenstadt, wo ich die restliche Zeit bis zur Abfahrt verbringen wollte. Da die Stadt leider nicht viel hergibt entspannte ich noch ein wenig auf einer Bank in der Sonne, ehe ich mich pünktlich zurück zum Terminal begab. Ich betrat das Schiff und suchte mir ein gemütliches Plätzchen, ehe es ablegte und ich nach 20 wundervollen Tagen Norwegen wieder verließ.
Die Fahrt verging langsam und ich machte mir viele Gedanken. Ich freute mich darauf, meine Familie wieder zu sehen, mal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen und trotz Regen im trockenen zu sein. Trotzdem überwiegte das ungläubige, traurige Gefühl, dass alles schon wieder vorbei sein sollte und von all den tollen Dingen, die ich erleben durfte, jetzt nur noch Erinnerungen bleiben würden. Um 21:15 erreichte ich schließlich Hirtshals, was das Ende meiner Radreise bedeutete.
66km / 3:50std / 17,3km/h / 490hm Die Bilder des Tages Das EndeEin paar Zahlen zum Ende. Ich war insgesamt genau
20 Tage unterwegs, inklusive An- und Abreise. In dieser Zeit habe ich
1.810 Kilometer nur mit dem Fahrrad zurückgelegt. Ich habe dafür
111 Stunden gebraucht, das entspricht über
4,5 Tage Fahrtzeit. Außerdem habe ich
19.470 Höhenmeter aufwärts erklommen.
Geschlafen habe ich immer im Zelt,
18 Mal auf Campingplätzen und
einmal wild. Ich hatte genau
0 Mal eine Panne, lediglich mein Ständer hat es nicht überlebt. Norwegische Autofahrer haben mich
0 Mal in gefährliche Situationen gebracht. Ich wurde
dreimal von Autofahrern an gehupt, jeweils um mich auf dem Sognefjellsvegen anzufeuern.
Ich habe circa
3 Kilo Schokolade gegessen. In meinem kleinen Reisetagebuch sind nur noch
zwei leere Seiten. Insgesamt habe ich netto
662 Fotos gemacht, brutto mit Sicherheit über 1000.
Das FazitDie Reise liegt jetzt mittlerweile einige Monate zurück. Ich denke oft an sie zurück und wünsche mir, wieder dort unterwegs zu sein und all die unbeschreiblichen Dinge wieder zu erleben. Ich bin unglaublich froh, dass ich diese Tour machen durfte und würde jede Entscheidung wieder so treffen. Aber mir ist auch klar, dass ich manchen Situationen eine Menge Glück hatte und es auch jeden Moment in eine andere Richtung hätte umschwenken können. So bleibt jetzt nur noch die Erinnerung an eine wunderschöne Reise, die ich so vermutlich nicht wieder erleben werde. Zwar war es mit Sicherheit nicht meine letzte Tour, aber so unbeschwert wie diese wird wohl keine der folgenden mehr sein, weshalb ich diese Zeit so schnell nicht mehr vergessen werde.
Einer meiner Bekanntschaften von unterwegs meinte zu mir: „Einmal Norwegen – Immer Norwegen“ und damit hatte er absolut Recht. Ich werde wieder kommen, denn dieses Land ist einfach einzigartig und hat noch so viel mehr zu bieten, als das, was ich bisher von ihm kennenlernen durfte. Und ich kann jedem, der es tatsächlich bis hierher geschafft hat zu lesen, wärmstens empfehlen, sich davon selbst ein Bild zu machen – ihr werdet es nicht bereuen.
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Soo das wars von meiner Seite. Ein großes Dankeschön und herzlichen Glückwunsch an alle die bis hierhin durchgehalten haben, ich hoffe ihr hattet Spaß beim "mitfahren". Über Fragen, Anregungen und Feedback aller Art würde ich mich natürlich sehr freuen