Teil 2
Die Tour startete in Bratislava und führte nach Krakau.
Insgesamt war ich drei Wochen unterwegs.
Teil 1 ist bereits online und beschreibt die Erlebnisse während der ersten Woche (von Bratislava zum Liptaustausee).
Falls Ihr reinklicken wollt: Der Titel des Berichtes lautet: Von Bratislava nach Krakau Teil 1
Teil 2 beschreibt die Erlebnisse während der zweiten Woche (vom Liptaustausee zur polnischen Grenze).
Freitag, 16.6.2017 FortsetzungAuf dem Weg zum Liptaustausee liegt der Ort Liskova mit einigen alten, aber noch bewohnten Häusern.
Leider hat es immer wieder geregnet – da es trotzdem relativ mild war, trat ich weiter in die Pedale. Bei der nördlichen Umfahrung des
Stausees fuhr ich auch an einem Campingplatz vorbei. Aber auf Grund des schlechten Wetters war mir nicht danach.
Zwischen Liptovsky Mikulas und Liptovsky Hradok fand ich dann ein Zimmer bei Michal und seiner Mutter in der recht neuen Pension Relax
im kleinen Ort Podturen. Erst mal Klamotten trocknen.
Samstag, 17.6.2017 Da es am Morgen immer noch regnete und sich die hohe Tatra hinter Wolken versteckte, legte ich einen Ruhetag ein.
Einkaufen, Kochen, Route für die nächsten Tage planen, Bilder beschriften, Reiseerlebnisse notieren, telefonieren…
Auf dem Weg zum Lidl überquerte ich den Fluss Bela, der durch Liptovsky Hradok fließt und bald darauf in die Waag mündet.
Es gibt dort viele Mountainbiketouren.
Die Gästeküche sah gut aus – genau richtig, um einen regnerischen Tag zu überbrücken.
Außerdem zeigte mir Michal seine Motorradsammlung. Er kauft alte Jawa Maschinen und richtet sie wieder her. Eines der
Modelle wurde früher sogar in die Vereinigten Staaten exportiert. Darauf war er besonders stolz.
Sonntag, 18.6.2017 Es sollte erst am Nachmittag aufklaren, aber ich musste einfach weiterziehen. Die hohe Tatra ruft. Über Dovalovo und
Liptovska Kokava ging es auf den 2431er Radweg. Bis hinauf nach Podbanske, sozusagen am Fuße der hohen Tatra.
Ihr könnt die Strecke auf der Karte weiter oben nachvollziehen.
Unterwegs begegneten mir ein paar recht interessante Schilder – das C
steht für Cyklotrasy (Radweg), allerdings die Einschüsse sehen nach
Schießübung aus – solange die keine Jagd auf Radfahrer machen, soll’s
mir recht sein…
Und gleich danach die Holzlasterwarnung mit Geschwindigkeitsbegrenzung -
da es Sonntag war, fuhren die glücklicherweise nicht – und außerdem:
Da es ständig leicht bergauf ging, waren die 20km/h eher eine theoretische
Grenze…
Immerhin auf 850 m Höhe schon mal angekommen. Da ich den Berg Kriwan
(deutsch: Krummhorn) im Hinterkopf hatte, fuhr ich direkt weiter Richtung
Tatranska Magistrala.
Glücklicherweise waren immer wieder kleine Schelter zu finden, um die gelegentlichen Regengüsse vorbeigehen zu lassen.
Schließlich dann das offizielle Begrüßungsschild:
Kurz darauf erreiche ich die „Drei Brünnlein“ – Tri Studnicky. Dort ist auch ein Wanderparkplatz und es ist der Ausgangspunkt
der Tatranska Magistrala, die östlich zunächst zum Jamské See führt. Von dort geht ein Wanderweg auf das Krummhorn (2495m).
Das erste Stück fahre ich noch auf der Magistrale.
Aber schon ziemlich bald ist der Weg so alpin, dass ich das Rad einfach ins Gebüsch stelle und zu Fuß weitergehe.
Es geht stetig bergauf, die Wolken verziehen sich immer mehr und auf mich wartet ein großartiges Naturerlebnis.
Und nach einer guten Stunde ist der Jamské See (auf einer Höhe von 1447m) erreicht. Es sind noch gut 1000 Hm auf den Gipfel
des Krummhorns.
Und jetzt ist auch das Krummhorn ganz aus den Wolken aufgetaucht:
Ich folge noch etwa 45 Minuten dem Wanderpfad Richtung Krummhorn, muss aber dann einsehen, dass ich mit meinen
Fahrradschuhen und den Metallplatten nicht richtig ausgerüstet bin. Mehrmals kommen mir Wanderer entgegen,
die mir vom Weitergehen abraten. Die Wege sind aufgeweicht und rutschig. Selbst mit Wanderschuhen nicht
einfach zu gehen. Am Tag zuvor hat es stark geregnet und oben Neuschnee gegeben. Ich schließe mich einer der
Wandergruppen an und wir laufen zusammen zurück zum See.
Weiter geht es wieder hinunter in die „Ebene“ – bis nach Poprad. In einem Cafe auf dem Marktplatz esse ich eine Pizza
und telefoniere mit Mrs Right. Sie ist erleichtert, dass ich die Wanderung auf das Krummhorn vorzeitig abgebrochen habe.
Da es Sonntag ist, und die Touri-Info nicht geöffnet hat, frage ich den Kellner nach einem „Izba“ (Zimmer).
Er weist nach Süden und meint dort wäre eine Pension. Die finde ich auch, allerdings ist das Zimmer nicht fertig,
und kostet ohne Frühstück 30€. In der Nähe ist eine weitere Pension – allerdings ist der Preis der gleiche. Die Dame
an der Rezeption erklärt mir recht selbstbewusst auf Englisch: Poprad is a big town. Many tourists come here to see
the High Tatra. Outside in the villages you may find a cheaper place to stay…
Genau – outside. Das mache ich jetzt. Der Vorort Matzdorf (slowakisch Matejovce) ist dann mein Ziel für die Nacht. Ich suche mir
einen uneinsehbaren Platz unter einigen Holunderbüschen aus. Zugegeben: Nicht sehr bequem. Aber für eine Nacht geht es.
Montag, 19. Juni 2017:Am Morgen ist Schneckenalarm – es ist recht feucht und die Schnecken kriechen überall auf meinem Zelt herum. Zum Glück nur außen.
Ich verlege dann meine Zusammenpackaktivitäten um einige Meter nach oben, um mich an den morgendlichen Sonnenstahlen zu wärmen.
Mir bietet sich ein grandioser Blick über die Holunderbüsche hinweg auf die Hohe Tatra.
Poprad heißt auf deutsch Deutschendorf. Es liegt in der Region Zips, die ich mir in den nächsten Tagen genauer anschauen
werde. Diese Region war schon früh von Deutschen besiedelt. Bereits im 12. Jhdt wurden von den ungarischen Königen
deutsche Spezialisten und Bergleute u.a. aus Thüringen und Schlesien ins Land geholt. Und diese bildeten bis ins 19. und
teilweise 20.Jhdt das wirtschaftliche und kulturelle Rückgrat der Zips.
Die dort in den Karpaten heimisch gewordenen Deutschen wurden „Karpatendeutsche“ genannt. Nach 800 Jahren mussten
sie Ihre Heimat für immer verlassen.
Die Tafel zeigt Gebiete, in denen sich Deutsche angesiedelt hatten.
An diesem Morgen fahre ich weiter in die Region Zips hinein. Zunächst durch Poprad hindurch, wo am Stadtrand eine recht neue
orthodoxe Kirche steht.
Danach geht es weiter auf der Landstraße #18 durch kleine Orte. Es sind nur
wenige Autos unterwegs.
Bald schon ist Spissky Strvtok (deutsch: Donnersmark) erreicht. Der mächtige Kirchturm wirkt von der Straße aus sehr auffällig.
Ich fahre näher und sehe, dass sich auf der anderen Seite eine gotische Kapelle von beachtlichen Ausmaßen befindet.
Donnersmark ist übrigens der Stammsitz der österreichisch-deutschen Adelsfamilie Henckel von Donnersmarck. Diese Familie hat über
die Jahrhunderte immer wieder herausragende Persönlichkeiten hervorgebracht. So auch den Regisseur Florian Henckel von
Donnersmarck, der für „Das Leben der Anderen“ einen Oscar erhielt.
Weiter geht es Richtung Südosten auf der Landstraße 536 nach Spisska
Nová Ves (deutsch: Zipser Neudorf). Gegen 12 Uhr Mittag bin ich da und
fühl mich in diesem Ort gleich wohl. Der zentrale Platz ist grün und einladend.
Außenherum sind Bürgerhäuser und jede Menge Gaststätten.
Ich besorge mir ein Zimmer und nehme an der Führung auf den höchsten
Kirchturm (87m) der Slowakei teil.
Der Turmführer spricht gut Englisch. Und fragt mich, warum ich ausgerechnet
die Slowakei als Urlaubsland ausgesucht habe. Ich erkläre ihm, dass ich nun
auch den Osten Europas kennenlernen will. Diese Antwort geht nun gar nicht.
Er fragt mich, ob ich gar nicht weiß, dass das geographische Zentrum von
Europa in der Slowakei liegt. Er sieht sich als Zentraleuropäer.
Vom Kirchturm der röm.-kath. Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt bieten sich tolle
Blicke hinunter auf diese schmucke Stadt, die rund 37.000 Einwohner hat.
Im Hintergrund ist die Redoute zu erkennen, die im Art Nouveau Stil von
1899 – 1902 von einem ungarischen Architekten erbaut wurde.
Heute sind darin ein Theater, eine Konzerthalle und ein Café untergebracht.
Einige Bürgerhäuser:
Und auf dem Hauptplatz die im klassizistischen Stil zwischen 1790 – 1796 erbaute evangelische Kirche und davor das ebenfalls
klassizistische Rathaus (erbaut 1777-1779).
Die Unterkunft bei Milan in der Pension Nemo war gemütlich. Und Milan ist ein echter „Typ“. Sozusagen mit einem Lachen geboren,
voller Ideen, Verschmitztheit und Bewegung. Er macht sich einen Spaß daraus, dass sein Vorname im Deutschen einem Vogel zugedacht ist.
Mit seinen Armen ahmt er die Flügelschläge des Milan nach, und hat die Lacher gleich auf seiner Seite.
Er gab mir sein „Apartment“, weil ich kurzfristig vorbeikam und alle anderen Zimmer belegt waren.
Diese Pension liegt in einem Vorort südlich von Spisska Nová Ves. Sie ist perfekt geeignet für Mountainbikeurlauber,
da das „Slowakische Paradies“ (wohl die meistbesuchte Region in der Slowakei) schnell erreicht werden kann.
Das „Paradies“ (Slovensky raj) ist ein Karstmittelgebirge mit vielen Felsschluchten, Klammen, Wasserfällen und Höhlen.
Es schließt sich östlich an die Niedere Tatra an, ist als Nationalpark ausgewiesen und besteht zu etwa 90% aus Fichtenwäldern.
https://www.slowakische.de/slowakisches-paradies/Der Garten bei Milan ist schön und am Abend treffen sich die Urlauber zum Tischtennis, zum gemeinsamen Abendessen
oder einfach um Urlaubserlebnisse auszutauschen.
Auch ein Ehepaar mittleren Alters aus Leipzig ist unter den Touristen. Die Frau erzählt, dass sie aus einer Pastorenfamilie
stammt und früher Mitglied der „Jungen Gemeinde“ war, der Jugendorganisation der evangelischen Kirche in der DDR.
Und als 16-Jährige hat sie 1980 mit der „Jungen Gemeinde“ Urlaub im slowakischen Paradies gemacht. Der Aufenthalt
damals hat sie so sehr beeindruckt, dass sie seit dem den Wunsch hatte, eines Tages wiederzukommen.
Allerdings war ihr Mann eher auf Griechenland „gepolt“. Aber schließlich hat sie ihn überzeugt, und wie er selbst sagt,
hat er es nicht bereut.
Dienstag, 20. Juni 2017:Der sonnige Milan hat ein reichliches Frühstücksbuffet vorbereitet und bringt dazu noch ein Omelett mit Käsefüllung. So lecker!
Die Fahrt geht heute zunächst weiter durch typische kleine Zipser Orte wie zum Beispiel Jamnik, wo die Alten an einer
Bushaltestelle warten…
…bis nach Spisske Vlachy (deutsch Wallendorf), wo mir zum ersten Mal die dunkelhäutigen
Roma auffallen, die von den Slowaken Zigeuner genannt werden. Sie leben in slumartigen
Ansiedlungen auf dem Land und laufen in großen Gruppen die Landstraßen entlang, um in
den Städten Besorgungen zu machen.
Mein heutiges Ziel sind die Weltkulturerbestätten in der Zips. Es geht von Spisske Vlachy nördlich auf der Spisska
Cyclomagistrala zunächst nach Zehra.
Bald schon kommt das kleine Kirchlein näher…
… in dessen Inneren sich Wandmalereien befinden, die ab dem Beginn des 13. Jahrhunderts entstanden sind.
Sie zeigen biblische Geschichten und Legenden. Allerdings finden momentan Renovierungsarbeiten statt.
Ich befinde mich jetzt im alten Machtzentrum der Zips, welches von einer weltlichen und einer kirchlichen Macht
geprägt wurde. Die weltlichen Herren (sog. Zipser Gespane) hatten ihren Sitz auf der Zipser Burg, und die kirchlichen
Herren hatten ihren Bischofssitz im Ort Podhradie auf einer kleinen Anhöhe – quasi in Sichtweite zur Burg.
Zunächst ging es hinauf auf die Zipser Burg, die auf einem Travertinplateau errichtet wurde und mit 4 Hektar zu den größten
Burgruinenkomplexen in Mitteleuropa gehört.
Die noch vollständig erhaltene Burgküche:
Blick hinunter auf den Parkplatz. Seht ihr mein Rad?
Übrigens: Beim Check der Autokennzeichen ist mir aufgefallen, dass außer Slowaken auch einige Tschechen, Ungarn
und Polen die Burg besichtigen. Ich finde nur ein einziges deutsches Kennzeichen, und das stammt aus NRW (EUskirchen).
Blick von der Burg hinunter auf den Ort Podhradie.
Nach der Zerstörung durch einen Brand im Jahr 1780, mussten die Landesherren eine neue Bleibe finden. Sie erbauten nur wenige km
entfernt in Hodkovce ein barock-klassizistisches Schloss.
Ich fuhr dann weiter zum alten Bischofssitz in Podhradie – ihr seht die Kathedrale St. Martin im Bildhintergrund.
Die Kathedrale stammt ursprünglich aus dem 13. Jhdt. Romanische
Stilelemente z.B. dicke Mauern, wenige und kleine Fenster etc. sind
leicht zu erkennen.
Und im Inneren das schöne Netzgewölbe. Die Glasfenster zeigen Szenen
aus dem Leben des Heiligen Martin.
Nach der Mittagspause im Ort Podhradie machte ich mich auf den Weg nach Levoca. Es war richtig heiß und es gab kaum Schatten.
So war ich ganz erleichtert als ich das Schild sah.
Levoca liegt am alten Handelsweg Via Magna und wurde zum Zentrum der deutschen Kolonisation und im Jahr 1271 sogar Hauptstadt
des Bundes der Zipser Sachsen. Es unterhielt Handelsbeziehungen mit Krakau, den Hansestädten und auch mit Venedig.
Exportgüter waren Kupfer, Eisen, Wachs, Leder, Fette, Getreide, Dörrpflaumen und Wein. Eingeführt wurden Salz, wertvolle Stoffe,
Fische und Gewürze.
http://slovakia.travel/de/levocaHerausragendes Gebäude ist das Rathaus
und auch die weitgehend erhaltene Stadtmauer.
In der Touristeninfo erhielt ich mehrere Adressen von Privatzimmern und fand schnell eine passende Unterkunft in dieser Straße
in einem schönen, ruhigen Haus, das sehr zentral liegt. Der Garten ist ein wahres Schmuckstück mit Teich und vielen Blumen.
Mein Fahrrad kann ich in der Werkstatt parken.
Der Tag klingt dann im Innenhof des 4 Sterne Hotels Stela bei einer vorzüglichen
Grillforelle aus.
Mittwoch, 21. Juni 2017:Am Morgen bewundere ich noch kurz die Heckenrosen, bevor ich mich wieder auf den Sattel schwinge. Meine Vermieterin
hat nicht nur Sinn für Schönheit, sondern auch für das Praktische, denn hinter den Rosen befindet sich das Freigehege für die Hühner…
In der Touri-Info hab ich eine Fahrradkarte bekommen, die den Weg nach
Kezmarok (deutsch: Käsmark) zeigt, meinem nächsten Zwischenziel.
Allerdings ist es eine Mountainbike-Strecke. Und da war doch was… Nein.
Lieber nicht. Dann doch lieber die Landstraße #18 entlang. Bis Janovce,
wo es dann nördlich auf die 536 geht.
Bei Vlková fallen mir diese zwei alten Herrenhäuser auf, die bessere Zeiten gesehen haben und jetzt zum Verkauf stehen.
In Vrbov kommt der Lebensmittelladen (Potraviny) gerade gelegen, um etwas Essbares zu besorgen.
Und kurz danach steht im Zentrum dieser Theaterwagen – ich nehme an, dort werden Puppenspiele aufgeführt.
In Lubica ist ein Storch bei der Federpflege:
In Kezmarok gibt es – ähnlich wie zuvor in Lestiny in der Liptaugegend – eine evangelische Artikularkirche. Allerdings
viel größer und weniger interessant ausgeschmückt. Und mit einer Holzkirche hat sie – zumindest von außen - wenig gemein.
Und die Innenansicht:
Auf der Suche nach einem Restaurant mit Mittagskarte (oft auch denne menu)
werde ich in der Altstadt schnell fündig. So sieht das Tagesangebot aus:
Und so das Restaurant:
Ich bestelle das Menü #2:
Zuerst kommt eine Gemüsesuppe:
Und danach Schwein/Kartoffel und Kraut
Ja, richtig gelesen – dieses Menü kostet 3,40 € und was noch schöner ist, es schmeckt!
Bevor es weitergeht Richtung Norden, noch eine kleine Rundfahrt durch Kezmarok.
Zunächst zur neuen evangelischen Kirche:
Und dann zur Burg – rechts daneben ist die Grundschule:
Und da wieder ordentliche Steigungen auf mich warten, bei Lidl ein paar Kalorien besorgen:
Und noch ein Blick auf mein 9-Jahre altes Stahlross, das mir auf meiner ersten Fernreise so gute Dienste leistet.
Weiter geht es das Popradtal entlang auf der gotischen Straße Richtung Norden
– bei allerschönstem Wetter.
In Strazky bin ich schon wieder zu einem Halt „gezwungen“. Dort befindet sich das Schloss Nehre mit einem schönen Park, der bis
hinunter zum Fluss Poprad führt.
Ein idealer Ort, um im Schatten eine Pause einzulegen. Die Plastiken im Park sind ebenfalls sehenswert:
Hinter Spisska Bela wird es immer ländlicher und einsamer…
Allerdings auch immer hügeliger, wie man an den Schiliften erkennen an
Bis nach oben auf den Magurské Sattel – da es eine lange 12%ige Steigung ist bis da oben hin, muss ich wieder einmal heftig kurbeln.
Im ersten Gang ratscht die Kette durch, und jetzt stelle ich erst fest, dass
der Mechaniker in Piestany bei der Reparatur die Gänge zwar neu eingestellt
hat, aber nicht den kleinsten. Schließlich muss ich absteigen und das letzte
Stück hochschieben.
Die 949m hören sich jetzt vielleicht nicht besonders viel an, weil ja Kezmarok
schon auf 630m liegt. Man sollte das aber nicht unterschätzen. Von Levoca –
meinem heutigen Startpunkt bis zum Ziel in Spisska Stara Ves sind es rund
850 Höhenmeter. Dagegen ist die Entfernung von 66km eher gering.
Nach dem der Sattel erreicht ist, geht es nur noch bergab. Ich befinde mich jetzt schon im Grenzgebiet zu Polen. Die Gegend ist
unbewohnt und die einzigen Lebewesen, die mir begegnen sind diese Schafe mit ihrem Hirten.
In Spisska Stara Ves sind an der Hauptstraße einige Pensionen. Allerdings sind die meisten geschlossen. Ferienzeit ist anscheinend
erst im Herbst, wenn die Wanderer kommen. Und auch im Winter während der Skisaison. Schließlich finde ich eine, die geöffnet hat.
Ich bin zwar der einzige Gast. Aber vor der Pension ist eine Gaststätte, wo sich die Dorfbewohner treffen. Sie winken mir zu, schnell ist
der Kontakt hergestellt und wir trinken Bier zusammen. Und zwar slowakisches. Das tschechische Bier ist natürlich bekannter, die
Slowaken sind aber besonders stolz auf ihr heimisches „goldener Fasan“ (Zlaty Bazant) Bier.
Jan und seine Frau sind vor kurzem wieder in den Ort zurückgezogen. Sie haben lange in Bratislava gelebt. Jan hat bei einer deutschen
Firma (Giesecke & Devrient) in Nitra gearbeitet. Jetzt ist er in Rente. Er spricht gut Deutsch und hat jede Menge Informationen und Tips
für mich auf Lager. Er empfiehlt mir für morgen eine Floßfahrt auf dem Dunajec. Der Einstiegspunkt ist nur 7 km entfernt und morgen
wird das Wetter schön bleiben. Nach drei „goldenen Fasanen“ habe ich die nötige Bettschwere und es sind nur wenige Meter bis zu
meinem Zimmer.
Donnerstag, 22. Juni 2017:Die Ablegestelle der Dunajec Flöße ist nur wenige km entfernt in Richtung Cerveny Klastor (Floßhafen Majere) und schnell erreicht. Ich
bin etwas zu früh da, und die Flößer sind mit dem Zusammenbauen der „Floßmodule“ beschäftigt.
Mit einfachsten Mitteln werden die „Floßmodule“ zusammengefügt – maximal 12 dürfen es sein.
Und als Spritzschutz werden Nadelbaumzweige verwendet.
Schließlich ist alles fertig und es kann losgehen
Der Fluss ist nicht sehr tief und deshalb steuern die Flößer mit Stöcken.
Im Dunajec Canyon (so wird die Schlucht in einem Flyer genannt):
Bisweilen ist auch etwas Verkehr auf dem Fluss:
Nach rund 11km und einer guten Stunde geht die Fahrt zu Ende. Die Flöße werden auf LKWs verladen und die Passagiere haben die
Wahl: entweder den Fluss hinaufzulaufen (es gibt einen schönen Uferweg), oder sich mit einem Bus zurückfahren zu lassen.
Ich entscheide mich für den Uferweg, der auch gleichzeitig als Radweg ausgewiesen ist. Die Landschaft ist ähnlich wie
bei uns im Voralpenland. Das Wasser des Flusses ist kristallklar und an den seichten Stellen tummeln sich die Fische.
Der gesamte Flussbereich, den wir durchfahren haben, gehört zum Pieniny Nationalpark. Und – falls man Zeit genug mitbringt,
kann man eine ganze Reihe von Wandermöglichkeiten in der näheren Umgebung finden.
Wie riecht eigentlich die Slowakei – zumindest in den heißen Juniwochen? Es ist der Duft des Holunders, den ich so oft
am Wegesrand riechen konnte. Und einmal hatte ich sogar unter einem Holunderbusch mein Zelt aufgeschlagen.
Fazit:Die Slowakei ist für viele ein weißer Fleck. Die meisten kennen gerade noch die Hauptstadt Bratislava vom Namen her.
Aber damit hört es dann auch schon auf. Die vergangenen knapp zwei Wochen haben mir die Augen geöffnet.
Die Slowaken sind gastfreundlich und ich war sehr dankbar dafür, als ich Unterstützung bei meinen „kleinen“
Katastrophen suchte und fand. Mir gefiel die Sprache besonders gut. Diese weichen Laute wie Dschakujem
(Danke) oder auch Dovidschenia (Auf Wiedersehen) und Ahoj (Hallo) fühlen sich herzlich an und bei Menschen mit
solch einer Sprache kann man sich schnell wohlfühlen.
Das Land verfügt über eine große Fülle von hervorragenden Baudenkmälern (alleine schon, wenn man alle
Weltkulturerbestätten abklappern würde, wäre man wahrscheinlich drei Wochen unterwegs). Und was die
Naturschönheiten angeht, sind die großflächigen Mittelgebirgs- und Hochgebirgslandschaften, Karstlandschaften,
vielen Seen und sehr interessanten Flusslandschaften zu nennen. All das garantiert maximalen Spaß und viel Abwechslung
bei einer Radreise durch die Slowakei.
Und an jene, die von den FTC nicht ablassen können: Go east! Probiert es einfach mal aus. Es lohnt sich. In den
unmittelbaren Nachbarländern (Polen, Ungarn, Tschechien) hat sich die Schönheit der Slowakei glücklicherweise
schon herumgesprochen. Die meisten Touristen kommen heute noch von dort. Aber man kann nicht von einer
Touristenschwemme sprechen. Es gibt nämlich nicht die eine oder die drei Topsehenswürdigkeiten. Es sind sehr viele.
Meine persönlichen Top 3 bei den Orten:
Trencin, Spisska Nova Ves und Levoca;
und bei den Landschaften:
Der Gebirgs- und Grenzfluss Dunajec, die hohe Tatra (mir war der Aufstieg auf den Krivan nicht vergönnt) und die
kleinkarpatische Weingegend.
Weitere Orte, die mich noch interessiert hätten (aber mangels Zeit nicht mehr drin waren):
Bardejov (ein wunderschöner Ort noch weiter östlich) und die Buchenwälder (Nationalpark im 3-Ländereck Polen-Slowakei-Ukraine)
Und dass die Slowakei ein preisgünstiges Land ist, darauf hab ich ja in den beiden Berichten mehrmals hingewiesen.
Für ein Euroland fast konkurrenzlos günstig. Campingplätze kosten 7-8 €, Privatzimmer 10-15 € und am oberen Ende waren
Pensionen mit 15-20 € (teilweise mit Frühstück). Ausreißer nach oben gab es bei den Pensionen in Poprad – die wollten
30 € o.F. Ich habe in der Slowakei nie mehr als 20 € für eine Ü bezahlt.
Zum Schluss noch ein Wort zu den Steigungen. Die dürften für die vielen Transalp-Radler unter Euch keinerlei Problem
darstellen. Allerdings sollte man sie auch nicht unterschätzen. Immer wieder tauchten unvermutet kleinere Berge auf
und selbst wenn es nur 70 m hochgeht, aber mehrmals – das läppert sich… Pro 100km musste ich auf meiner Tour knapp
1000 Höhenmeter „machen“. Die gesamte Tour umfasste 823 km und dabei waren von Bratislava nach Krakau
~7300 Höhenmeter zu erklimmen.
Mit dem Blick auf das alte Grenzgebäude zwischen der Slowakei und Polen endet dieser Bericht.
Im dritten und letzten Teil werde ich über meine Erlebnisse in Polen berichten.