Die Tour startete in Bratislava und führte nach Krakau. Der gelbe Bereich ist Malepolska
(Kleinpolen). Eine Provinz in Südpolen.
http://up.picr.de/30120431lg.jpgInsgesamt war ich drei Wochen unterwegs.
Teil 1 beschreibt die Erlebnisse während der ersten Woche (von Bratislava zum Liptaustausee).
http://up.picr.de/30178149lh.jpgLandkarten in Links umgewandelt. Zur Erläuterung siehe hier.Samstag, 10. Juni 2017 – Die Anreise
Los ging es vom Hbf in München mit dem Railjet zunächst nach Wien, dort Umstieg in eine Art
Regionalbahn nach Bratislava. Insgesamt dauerte die Fahrt rund 6 Stunden. Gegen halb zwei
Nachmittag war ich da. Mit dem Sparpreis Europa 39€. Dazu kam noch die Internationale
Fahrradkarte, die 10€ kostet.
Im Railjet war die Fahrradmitnahme recht bequem. Das Fahrrad musste aufgehängt werden und es war genug Platz für das Gepäck.
Sonntag, 11. Juni 2017
Bratislava ist eine „übersichtliche“ Stadt und im Gegensatz zu Krakau reichte mir ein Tag zur Besichtigung
vollkommen aus. Die UFO genannte Aussichtsplattform stammt noch aus der kommunistischen Ära. Sie hat ordentlich
Rost angesetzt, dennoch ist die Auffahrt (7,40€) bei schönem Wetter zu empfehlen, denn man wird mit grandiosen
Aussichten belohnt. Und für Fotofreaks wie mich ist das natürlich der richtige Spot.
Blick nach Süden – österreichische Windkraftanlagen
Blick zur Burg – dem Wahrzeichen Bratislavas
Der Barockgarten wurde erst vor kurzem hinter der Burg wiederangelegt.
Blick zur Altstadt – ganz links ist der Martinsdom zu sehen, in dem insgesamt 19 ungarische Könige und Königinnen gekrönt wurden.
Blick zur Bausünde – die Stadtautobahn zerschneidet die Altstadt. Dem Bau vielen weite Teile der
damals noch gut erhaltenen Altstadt zum Opfer…
Übrigens: Auf der Donau herrscht reger Schiffsverkehr. Von Flusskreuzfahrtschiffen bis zu
Tragflügelbooten, die Wien in 90 Minuten erreichen oder auch in die andere Richtung bis nach
Budapest fahren.
Montag, 12. Juni 2017
Etwas außerhalb von Bratislava an einem schönen Badesee ist dieser Campingplatz „Zlate Piesky“. Er
ist als Ausgangspunkt für die Tour geeignet, weil es ja nördlich weitergeht. Und der Platz liegt
nordöstlich, soweit ich mich erinnere.
Der See ist gut zum Baden geeignet – außerdem liegt der Campingplatz günstig. Ein
Einkaufszentrum ist der Nähe und ebenfalls eine Straßenbahn. Die Linie 4 fährt ohne Umsteigen
für 0,90 € direkt ins Zentrum Bratislavas. (Musste allerdings mehrmals fragen, bis ich das
rausgefunden hatte…)
Montag früh packte ich meine Sachen zusammen und es ging los Richtung Kleine Karpaten.
Gleich die erste „Überraschung“, und es sollten an diesem Tag noch mehr werden – von Radwegen
weit und breit nichts zu sehen, mein Navi lotste mich auf der Hauptstraße entlang, wo auch die LKWs
fahren…
Glücklicherweise war ich „antizyklisch“ unterwegs – wie in vielen Städten treibt es am Montag
morgen die arbeitende Bevölkerung in die Städte – meine „Fahrspur“ war dagegen relativ frei.
Bald wurde es ländlicher – es ging weiter entlang der kleinkarpatischen Weinstraße. Eine kurze Pause legte ich im hübschen Weinort Modra ein.
Wo im kleinen Zentrum des Ortes jedoch Bier beworben wurde. Mala (kleines Bier) und vel’ka (großes Bier) – außerdem gab es Coffee to go.
Die erste Herausforderung war dann der Anstieg zur Biberburg. Sozusagen der erste wirkliche Test,
wie ich mit 17 kg Gepäck und dem 18 kg Stahlross die zwei Steigungen von je 100 Höhenmeter
bewältigen würde… Hinauf zur Biberburg (Cerveny Kamen)….
Mehrmals wäre ich beinahe abgestiegen, viel hätte nicht gefehlt – aber der Ehrgeiz trieb mich weiter
- im ersten Gang kam ich hoch und war froh um meine Clickpedale, so dass ich ziehend noch etwas
drauflegen konnte… Im Innenhof der Burg (die früher übrigens den Fuggern gehörte) gönnte ich mir
eine ausgiebige Erholungspause.
Hinunter ging es dann über Casta, wieder durch hügelige Weinberglandschaften, die mich an
die Südpfalz erinnerten, wo ich einige schöne Jahre meines Lebens verbracht habe.
Bald war Trstin erreicht. Eigentlich das Etappenziel des ersten Tages. Aber dieser Ort war irgendwie seelenlos. Ich pumpe an einer
Wasserpumpe, aber außer heißer Luft und quietschenden Geräuschen kann ich dem Ding nichts entlocken. In einer Gaststätte
werde ich nicht bedient, weil gerade Anlieferzeit ist und Fässer hereingerollt werden. Ich fahre weiter in den Ort hinein – da ist aber
gefühlt ebenfalls „nichts“. Es ist erst ~14 Uhr, und ich entscheide mich zur Weiterfahrt. Nach einigen heftigen Kilometern
mit „LKW-Tuchfühlung“ geht es dann rechts ab in den Wald. Die Strecke ist hügelig und vor allem schattig. Allerdings ist der
Weg eher ein Pfad und es liegen viele Äste herum. Schließlich erreiche ich Dobra Voda, eine Ansiedlung in den Kleinkarpaten.
Dort soll ein Campingplatz sein. Ich frage mehrmals, aber niemand kennt ihn… Das Navi will mich
weiter lotsen Richtung Praznik –
ich mache einen Schlenker die Straße hinunter, wo unten die Kirche ist. Rechts steht ein Auto, ich fahre zwar links vorbei,
da ist aber plötzlich eine Vertiefung und schon schleudere ich und liege am Boden.
Ich habe Glück im Unglück – meine Knochen sind heil und die Schürfungen sind minimal – mein linkes
Becken hat zwar was abbekommen. Allerdings nichts Ernsthaftes – sogar die Hose ist
noch heil. Am schlimmsten hat es meine linke Handfläche erwischt – das sind die typischen
Bremsspuren…
Aber: Mein Smartphone, auf dem meine Komoot App läuft, ist beim Sturz aus der Halterung
gerutscht und voll auf den Boden geknallt. Das Display besteht aus „Spinnweben“ und strahlt mich
lila an…
Nachdem ich mich einigermaßen gefasst habe und mit dem Fahrrad weiterlaufe, kommt – wie aus
dem Nirwana – plötzlich die Stimme des Navis: „An der nächstmöglichen Abzweigung nach
links…“ Selten hat mich eine Navi-Ansage so motiviert. Das ist jetzt die Chance aus diesem
Berggebiet herauszukommen… Und wenn ich Praznik erreiche, dann ist sowieso Schluss mit Navi.
Die Etappe geht bis Praznik und ich kann ja keine weitere Etappe mehr aktivieren… Egal, wenn ich
Praznik erreiche, bin ich sozusagen wieder in der Zivilisation und komme auch ohne Navi klar…
Also immer auf den Waldpfaden entlang. Ich spüre jetzt die Kilometer und die Höhenmeter, die
heute schon hinter mir liegen. Ein paar Mal muss ich absteigen und schieben – zum Glück hab ich
noch genügend Wasser und Energieriegel… Dann geht es bergab, ich steige auf und lasse es rollen.
Plötzlich tut’s einen Schlag am Hinterrad.
Zuerst versteh ich nicht, was passiert ist, aber dann merke ich, dass mein Schaltwerk nicht mehr funzt.
Nur noch die drei Blätter vorne reagieren. Hinten tut sich nichts mehr. Ein Ast muss in mein
Schaltwerk geraten sein und es verbogen haben…
Meine „Rückbiegeversuche“ sind zum Scheitern verurteilt. Da bewegt sich schlichtweg gar nichts. Es
muss mit drei Gängen weitergehen. Größere Steigungen werden jetzt zum echten Problem. Also
immer wieder absteigen und schieben und dann verfahre ich mich trotz Navi sogar noch. Die Beine
werden immer schwerer. Schließlich komme ich in Praznik an und höre die famous last words: „Sie
haben Ihr Ziel erreicht.“ Das war’s dann mit dem Navi…
Praznik ist ein kleiner Ort und was ich jetzt brauche ist ein größerer Ort, der hoffentlich einen
Fahrradladen hat. Ich komme an einem See vorbei und treffe auf einen Vater, der seinem Sohn das
Angeln beibringt. Er spricht ganz gut Deutsch, erzählt mir, dass er vor zwei Wochen erst den
Donauradweg gemacht hat, aber nicht nur bis Wien, sondern natürlich bis Bratislava… Er empfiehlt
mir, in die Stadt Piestany zu fahren. Dort ist ein Campingplatz und wegen der Größe der Stadt
vermutet er, dass es dort auch einen Bikeshop geben müsste.
Der Verkehr Richtung Piestany ist stark und entlang der Hauptstraße muss mich jetzt – bei
schwindenden Kräften – konzentrieren, damit ich äußerst rechts bleibe. In Piestany angekommen,
trinke ich im Zentrum erst mal ein Bier und nutze das Waschbecken in der Toilette, um den Schmutz
von meinen Wunden zu waschen und mein erhitztes Gesicht zu kühlen. Ich frage mich durch zum
Campingplatz.
Da steht ein großes Schild: Camping open – nebenan ist gleich ein Restaurant und ich esse eine große
Portion „Spaghetti Bolognese“. Da wird mir klar: Ich kann meine Frau gar nicht anrufen… Ich zeige
der Kellnerin mein gecrashtes Smartphone und sie sagt ganz locker: Go inside. Das tue ich dann und
ein junger Mann hinter der Theke gibt mir „einfach so“ sein Handy. Zum Glück ist meine Frau nicht
selber dran und ich spreche eine etwas „weichgespülte“ Version meiner Erlebnisse auf die Mailbox.
Als ich danach auf das Gelände des Campingplatzes fahre, sehe ich, dass niemand dort ist. Die
Rezeption ist nicht besetzt. Nur die Hütten vorne – neben der Rezeption – scheinen teilweise belegt
zu sein. Ich frage einen der Hüttenbewohner, wie man sich hier anmeldet. Das sind Polen, die
verstehen mich nicht… Egal, es reicht für heute... Ich fahre auf den Platz und lasse mich hinter einer
Hecke nieder! Ich bin so müde.
Was für ein Tag! Nachher stelle ich fest, dass ich an diesem Tag ~100 km gefahren bin und dabei 950
Höhenmeter gemacht habe. Trotz der „Minikatastrophen“ - am Ende ist alles gutgegangen. Ich bin
gesund geblieben, das Wetter ist immer noch großartig und morgen kann ich neu starten.
Dienstag, 13. Juni 2016
Ich packe früh zusammen und trockne meine Sachen an der Sonne. Das Zelt ist vom Tau etwas feucht geworden.
An der Rezeption ist immer noch niemand. Also weiter. Der Waagdamm ist schnell erreicht. Ein Radler mit einem eBike
überholt mich und gibt irgendeinen Kommentar von sich, den ich aber nicht verstehe. Kurz darauf seh‘ ich den eBiker
wieder. Er hat an einer Bank angehalten. Ich frage ihn nach einer Fahrradwerkstatt. Er spricht gut Englisch, lächelt und
sagt ganz entspannt: The next two circles straight, and at the intersection you need to go right. Then it comes on the
left side! Gesagt, getan – es war ausgerechnet ein Ghostbetrieb...
Der Monteur sieht sich den Schaden kurz an, sagt gleich: Nove… Und hat auch schon ein Ersatzteil zur
Hand. Allerdings hat er kein Alivio Schaltwerk, er kann nur ein Acera einbauen. Das erklärt es mir so
mit Händen und Füßen… Meine Erleichterung ist so groß, dass ich mir denke: Bau ein was Du willst,
aber bau… Er zeigt auf der Uhr mit dem Zeigefinger eine Umdrehung an. Also, ich soll in einer Stunde wiederkommen…
Da das Frühstück heute Morgen ausfiel, nütze ich die Zeit und finde in einem Supermarkt eine große
Auswahl an Backwaren. Außer Puding und Pizzova verstehe ich zwar nichts, aber was soll’s: Süß oder salzig…
In der Nähe ist auch ein Buchladen und ich besorge mir eine Slowakeikarte. Ab jetzt gilt: Back to the roots – mit Straßenkarte navigieren...
Zurück in der Werkstatt steht mein Fahrrad fertig bereit.
Ich schalte kurz durch – es fühlt sich gut an… Die erste Hürde ist also genommen… Es kann weitergehen.
Eines meiner Etappenziele war ursprünglich Trencin. Da will ich heute Nachmittag nun auch
ankommen. Kurzer Blick auf die Karte… Es geht über die Waag (der größte Fluss der Slowakei, der in die Donau mündet)…
…und dann lange die Straße entlang bis nach Beckov. Selbst die kleinen Orte in der Slowakei zeigen
am Ortseingang Ihr Wappen.
Dieser kleine Ort verfügt über eine gigantische Burgruine. Mich interessiert mehr das schöne
Freiluftlokal auf Fuße der Ruine – ideal für eine Zwischenmahlzeit.
Später geht es auf dem Hochwasserschutzdamm der Waag weiter. Eigentlich sollte mich dieser Damm direkt nach Trencin bringen.
Dummerweise führt der Damm nicht direkt nach Trencin. Einige Kilometer vor Trencin zweigt ein weiterer Damm links ab, allerdings
getrennt durch einen kleinen Fluss. Wenn man dort gerade aus weiterfährt, wird man westlich an Trencin
vorbeigeleitet und muss dann wieder östlich. Also einen Umweg fahren. Erst später erfahre ich, dass ich den kleinen Fluss
hätte „furten“ also durchwaten müssen, um auf den richtigen Damm zu kommen. Das wäre die direkte Route gewesen.
Mein Weg ist wohl etwas länger, er führt dann direkt in die Altstadt. Und die ist richtig schön. Auf dem Marktplatz sind einige
Cafés und jetzt ist Zeit für eine Pause.
Anschließend geht es weiter auf den Campingplatz, der sich auf einer Flussinsel befindet und mit dem Rad nur wenige Minuten vom Marktplatz
entfernt ist…
Allerdings ist der Platz wohl eher für die Wohnmobilfraktion geeignet. Der Boden ist buchstäblich steinhart und ich muss Steine aus
der Waag holen, um meine Hundehütte aufzustellen.
Das Fahrrad kann ich in einer Hütte einsperren. Dann kommt der entspannte Teil. In gut 10 Minuten bin ich zu Fuß in der Altstadt von
Trencin und beginne einen kleinen Rundgang.
Die Synagoge in Trencin (von einem Berliner Architekten 1913 erbaut):
Abendstimmung mit Blick auf St. Franziskus:
Mittwoch, 14. Juni 2017
Morgens geht es gleich zur Burgbesichtigung. Am Eingang warten schon einige Leute.
Die Burg thront hoch über Trencin – so dass sogar die Ausläufer der Tatra zu sehen sind.
Und der Blick hinunter nach Trencin zeigt die schöne Altstadt
Einer der Burgtürme diente früher als „Wohnturm“
Nach der Burgbesichtigung muss ich mich um mein Kommunikationsproblem kümmern. Bei der Slovenska Posta kaufe ich
ein Einfachhandy. Ist wegen Sprachbarriere etwas schwierig, aber schließlich holt die sehr zuvorkommende
Angestellte einfach ein Foto mit verschiedenen Modellen heraus und ich suche mir durch Zeigen eins aus. Das mit der
SIM Karte macht noch etwas Schwierigkeiten, aber sie holt einen Techniker dazu und er findet schnell die ganz
spezielle Position heraus, um das Gerät zum Laufen zu bringen. Schließlich funktioniert alles und ich bekomme als
Werbegeschenk noch einen Kugelschreiber der Marke „Slovenska Posta“. Insgesamt 21 € für Handy, Ladegerät und 100 Freiminuten.
Der Rest des Tages ist dann lang und fast ein bisschen langweilig. Der Zielort heißt Zilina oder Sillein auf Deutsch. Es geht
zuerst am Kanal entlang und danach sehr lange wieder auf der 507er. Es ist schon nach 6 Uhr, als ich in Zilina ankomme.
Da ich diese Idee mit dem Wildcampen (irgendwo hab ich gelesen: In der Slowakei streng verboten) nicht
aus dem Kopf kriege, entwerfe ich so ein Bild von einer Übernachtung irgendwo draußen an der Waag. Also zuerst zum
Supermarkt, Bier und ein paar Lebensmittel kaufen und dann immer an der Waag lang… Schließlich finde ich ein passendes
Gelände. Es ist ein wunderbarer Abend und außer einem Anglerauto (Vater & Sohn), das bald wegfährt und einem jugendlichen Liebespaar
ist niemand in der Nähe. Ich mache direkt am Fluss Picknick und trinke slowakisches Bier. Der Platz ist wundervoll. Auf der
anderen Seite des Flusses ist – fast unvermeidlich – eine Burgruine auf einem Hügel.
Dank des neuen Handys kann ich jetzt ein ausführliches Gespräch mit „Mrs Right“ führen. Als die Sonne langsam
untergeht, baue ich mein Zelt neben dem Fluss auf.
Donnerstag, 15. Juni 2017
Mein Ziel ist heute gar nicht so genau definiert. Natürlich will ich weiter nach Osten vorankommen. In die Region Liptau – eine der
landschaftlich schönsten Gebiete der Slowakei.
http://slovakia.travel/de/region-liptau-liptov Allerdings: Vor mir liegt die Waagschleife – so eine Art Flussdurchbruch durch das Gebirge. Innen rum führt die verkehrsreiche Straße
(die ich heute vermeiden möchte) – und außen rum müsste es einen Radweg geben. Die Bahn kürzt ab und fährt direkt durch den Berg.
Zunächst passiere ich die Burg Strecno.
Bald schon steigt der Weg an und ich komme auf einen Bergpfad. Es wird immer steiler und auch steiniger. Der Weg ist
zwar mit einem C als Radweg ausgeschildert, aber irgendwann komme ich nicht mehr weiter. Ist wohl nur für Mountainbiker
ohne viel Gepäck geeignet. Ich will nicht so schnell aufgeben, lasse das Fahrrad einfach stehen und wandere ca. 20 Minuten
den Pfad hinaus, um den weiteren Weg zu erkunden. Die Steigung und die schwierigen Bodenverhältnisse nehmen
kein Ende. Da komm ich nicht hoch.
Also wieder zurück Richtung Strecno, wo ich eine kleine Bahnstation finde. Es gibt keinen Schalter im herkömmlichen Sinn.
Eher eine Mischung aus Kiosk und Tante Emma Laden, wo als Nebengeschäft auch Zugtickets verkauft werden. Ja, auch
Fahrräder werden transportiert. Ich habe noch 45 Minuten Zeit, bis der Zug abfährt. Genug Zeit für ein Mala Pivo (kleines Bier).
Ich steige in Tepla aus – eigentlich heißt der Ort Liptau-Tepla (slowakisch: Liptovska-Tepla). Häufig wird dem Ortsnamen die Region vorangestellt.
http://up.picr.de/30162099nl.jpgLandkarte in Link umgewandelt. Zur Erläuterung siehe hier.An der ersten Pension klingle ich gleich. Aber niemand antwortet. Ein Slowake spricht mich an, und fragt, ob ich ein
Zimmer suche. Schließlich folge ich ihm auf die andere Seite des Flusses. Er zeigt mir zuerst sein Haus und geht dann
mit mir zum Nachbarn. Die unterhalten sich kurz, und schon kann ich das Zimmer anschauen. Kostet 10 Euro für eine Nacht.
Die Küche kann ich nutzen zum Frühstück machen, und nebenan ist ein kleiner Lebensmittelladen.
Außerdem ist ein Wäscheständer da und einige Sachen müssen dringend mal gewaschen werden.
Ich lasse mein Gepäck im Zimmer und mein nächstes Ziel heißt Lestiny. Als „WKE-Sammler“ hab ich im Vorfeld eine Liste aller
Weltkulturerbestätten der Slowakei ausgedruckt. Und baue diese so geschickt wie möglich in meine Reiseroute ein.
Die Landschaft ist großartig und auf dem Weg nach Lestiny sind einige Ausflugslokale – auch Touristen aus den
Nachbarländern sind da. Man sieht ungarische und polnische Nummernschilder.
Es gibt großflächige Infotafeln für die Touristen:
Das Wetter ist bestens und fast ohne Gepäck ist das die reinste Genussfahrt. Von Tepla nach Lestiny und zurück sind es rund
30km und ca. 550 Höhenmeter. Schon nach weniger als einer halben Stunde ist Lucky erreicht.
Was ist nun so besonderes an Lestiny? Es gibt dort eine Artikularkirche (alte evangelische Holzkirche), deren Name sich
von den Artikeln (d.h. strengen Bauvorschriften des katholischen Habsburgerkaisers) ableitet. Beispielsweise durfte nur
Holz verwendet werden. Ziegel, Steine und Metallnägel waren explizit verboten. Außerdem gab es strenge Auflagen bezüglich des
Bauplatzes. Er musste außerhalb der Stadtmauern liegen und der Eingang durfte nicht zur Ortschaft zeigen. Es waren weder
Türme noch Glocken erlaubt. Dies führte zu einer sehr besonderen Bauweise, die heute als Erbe der Menschheit gilt.
Die Kirche stammt aus dem Ende des 17.Jhdts (1689). Damals gehörte dieses Gebiet – wie auch die ganze heutige Slowakei - zu Ungarn.
Von außen fand ich sie gar nicht so interessant – aber die Innenbesichtigung war sehr eindrucksvoll.
Hier seht ihr mein Privatzimmer. Nach fünf Nächten Im Zelt war es schön, wieder einmal in einem richtigen Bett zu schlafen.
Freitag, 16.6.2017
Nach einem reichlichen Frühstück habe ich bereits mein nächstes WKE Ziel im Kopf.
Das Ziel liegt in der großen Fatra (Vel’ka Fatra). Ja, richtig gelesen – nicht Tatra, sondern Fatra. Es ist ein Gebirgsstock von
ca. 25km Länge und 5 km Breite. Er verläuft westlich der Tatra, und zwar quer – also in Nord-Süd-Richtung. Leider
ist es mit dem Hochdruckwetter erst mal vorbei und ich starte mit meinen Regensachen. Das erste Zwischenziel ist
Rosenberg (slowakisch: Ruzomberok). Dort muss ich mich erst mal orientieren. Ich treffe auf einen Slowaken, und
frage ihn, wie ich am besten in das Wolfsdorf (slowakisch: Vlkolinec) komme.
Er kennt den Ort und erklärt sich bereit, mit mir ein Stück durch die Stadt zu laufen, um mir die richtige Richtung
zu zeigen. Unterwegs hält er an einer Bäckerei an, und meint, die wäre die beste im Ort. Sieht wirklich alles sehr gut aus.
Ich kaufe mir Johannesbeermuffins…
Als ich mich von meinem Stadtführer verabschiede, kenne ich zumindest die Richtung zur Großen Fatra, wo der eigentliche
Weg losgeht. Es geht einige Zeit steil bergauf und schließlich erreiche ich eine Infotafel. Die gibt Aufschluss über die
Lage des Wolfsdorfes (Vlkolinec). Es liegt etwas versteckt südlich von Ruzomberok unterhalb des Berges Sidorovo.
Ich folge dem grün gestrichelten Fahrradtrail.
Leider fängt es wieder an zu regnen – aber es ist trotzdem warm und im Westen
wird es schon wieder heller. Auf der Anhöhe kommt die Sonne raus, und ich
trockne meine Klamotten.
Der Trail wird immer mehr zum Gebirgspfad und auf dem letzten Stück lasse ich deshalb das Fahrrad einfach im Gebüsch zurück
und gehe den letzten Kilometer zu Fuß bis ins Dorf.
Der Name Wolfsdorf leitet sich von den vielen Wölfen ab, die in dieser Gegend lebten und die besonders im Winter ins Dorf kamen.
Deshalb hatten die Bewohner die Pflicht, Wolfsfallen aufzustellen.
Was ist nun so besonderes an Vlkolinec?
Hier ein paar Infos aus einem Reiseführer.
Die Ansiedlung, die zum ersten Mal im Jahr 1376 erwähnt wurde, ist als einzige Gemeinde in der Slowakei nicht durch Neubauten gestört
und stellt ein einzigartiges urbanistisches Ensemble originaler Volksbauten dar. Auf Grund der komparativen Studie
ICOMOS (Internationaler Rat für Denkmalpflege) wurde sie als am besten erhaltene Ansiedlung dieses Typs im Karpatenbogen
bewertet. Ursprünglich war sie eine Niederlassung von Holzfällern, Hirten und Landwirten.
http://xago.org/slowakei/welterbe/Vlkolinec.htmDieser Glockenturm von 1770 war Zentrum des sozialen Lebens. Er diente als „Informationscenter“, z.B. zur Ansage
der abendlichen Gebetsstunde, Brandmeldungen und anderen Gefahren im Dorf.
Die Hauptstrasse und im Hintergrund der Berg Sidorovo (1099m). Allerdings – die Leute auf dem Bild sind Touristen. Im Ort leben
wohl nur noch etwa 30 Leute. Und die sind 80 Jahre oder älter. Da es keinen Strom gibt und Wasser aus einem Brunnen geholt werden muss,
sind die jungen Leute weggezogen.
Der Friedhof von Vlkolinec
Eines der traditionellen Häuser, die heute auch an Touristen vermietet werden.
Auf dem Rückweg machte ich noch kurz halt in Ruzomberok, und dann ging es weiter Richtung Liptaustausee.
Damit endet der erste Teil meines Berichtes.