Tatsächlich kann man eine Kette die für Kettenschaltungen mit eigentlich einem Ritzel mehr ausgelegt ist, häufig verwenden. Allerdings gibt es da Unterschiede.
Zum Teil ändert sich die Innenbreite der Kette, was Einfluss auf die Bewegung und Führung auf den Ritzeln hat.
Darüber hinaus ändert sich die Außenbreite der Kette, was den verfügbaren Zwischenraum zwischen den benachbarten Ritzeln der Kassette beeinflusst, den Stellbereich des Umwerfers und das Schaltverhalten auf den Kettenblättern der Antriebskurbel.
Vor ein paar Tagen kam hier die Frage, ob man bei einem 10-fach Antrieb lieber eine übrig gebliebene 9-fach Kette fahren sollte, oder eine irrtümlich bestellte 11-fach Kette.
Ich riet von der 9-fach Kette ab und erklärte, das es mit der 11-fach Kette auf dem 10-fach Antrieb keine zu erwartenden Probleme gibt.
Das ich das auch aus praktischer Erfahrung weis, liegt übrigens darin begründet, das Shimano für den 10-fach Antrieb keine vollvernickelte Kette (Dura-Ace Gruppe) mehr führt, die CN-7901 ist aus dem Programm genommen worden. Statt dessen bietet sich die 11-fach Kette CN-HG901 an, die vollständig vernickelt ist und entsprechend gut rostgeschützt.
Das klappt auch, weil sich die Maße zwischen 10- und 11-fach innen gar nicht und außen um 0,4mm ändern.
Auf den Ritzeln sitzt die Kette also mit dem gleichen Maß, zu den Seiten hin wird die Kette je Seite um 0,2mm schmaler, 0,4mm im Gesamten oder statt 5,9mm sind es noch 5,5mm.
Der Sprung ist kleiner als zwischen 9- und 10-fach. Hier ist ebenfalls die Innenbreite gleich, die Kette misst aber 6,6mm außen und will man nun die breitere Kette im schmaleren Antrieb nutzen, sind 0,7mm zwar immer noch nicht viel, aber bei starkem Schräglauf der Kette kann das schon genügen um eine an den Ritzeln schleifende Kette in eine klemmende Kette zu verwandeln.
Man könnte also auch umgekehrt, die etwas zu breite Kette fahren, aber das könnte man gelegentlich auch hören und empfehlen lässt sich das aufgrund dieses Risikos nicht.
Umgekehrt, bei der schmaleren Kette leidet zumindest nicht die Sicherheit.
Weil die Kette eben schmaler ist, würde sich das Schleifen bei Schräglauf sogar verringern. Deswegen verträgt die Kette das nicht besser, aber es ginge ruhiger zu. Das sich die Schaltleistung verbessert, kommt allerdings nicht hin.
Bestenfalls bemerkt man keinen Unterschied. Im ungünstigeren Fall verfehlt die Kette beim Blattwechsel das zu erreichende Kettenblatt gelegentlich. Das wäre unterm Strich also keine Verbesserung.
Beim Wechsel auf das höhere Blatt muss die Kette die Steighilfen (kleine Haken) an der Innenseite des Kettenblattes erreichen. Dazu hat sie mindestens auf der außenliegenden Seite (deshalb gibt es laufrichtungsgebundene Ketten) nach innen abgeschrägte Kanten.
Diese haken in die Steighilfen ein und führen die Kette herauf zum höheren Blatt. Das klappt auch mit einer schmaleren Kette, wenn der Umwerfer den fehlenden halben Millimeter weiter rückt, notfalls per Trimmung (durchdrücken des Schalthebels).
Nach unten hakt die Kette nicht ein, sondern fällt. Hier ist nun die geringere Breite schlecht. Der Umwerfer hält die Kette zwar in der Spur, aber auch er ist eigentlich auf eine breitere Kette ausgelegt worden. Die Chancen stehen also höher als sonst, das die Kette das Ritzel nicht genau trifft und vorbei gleitet. Immerhin soll die 5,9mm Kette mit einer Innenbreite von 2,18mm das knapp 2mm starke Kettenblatt im Fall treffen und wenn man statt dessen eine nur 5,5mm breite Kette nutzt, gibt es hier mehr Spielraum zwischen treffen und nicht treffen.
Um das zu verhindern, gibt es
Kettenfänger. Schmale Gegenhalter, welche die Kette davon abhalten, zwischen Kurbel und Rahmen zu fallen. Bei 11-fach ist sowas empfehlenswert.
Auch das Werkzeug wird ein Upgrade brauchen. Kettennieter sollten für 11-fach Ketten geeignet sein, da deren Bolzen deutlich fester sitzen als in einer 10-fach Kette und der hohe Druck für das Werkzeug dessen Haltbarkeit verringert. Das Gewinde kann durch den sehr plötzlich aufbrechenden Bolzen und die zuvor aufgebauten Kräfte beschädigt werden.
Immerhin findet man kaum noch Kettennieter, die nicht für 11-fach geeignet sind, abgesehen von der untersten Preisklasse. Aber ein vielleicht bereits vorhandenes Werkzeug kann eben schneller kaputt gehen.
Nachtrag:
Ach so, fast vergessen. Schneller schalten wird vom Schalthebel maßgeblich beeinflusst. Bei Shimano ist ab dem XT-Schalthebel aufwärts der Schaltweg kürzer und es werden auch mehr Gänge gleichzeitig übersprungen (beim Runterschalten bis zu vier). Der Komfort kostet allerdings auch etwas mehr.