...Oder: …England kann auch schönes Wetter!
Nachdem wir im Januar diesen Jahres bei
unserer Tour von Birmingham nach John o'Groats ja ziemlich nasse Füße bekommen hatten, war ich mir eigentlich sicher, dass ich die selbigen in den nächsten Jahren sicherlich nicht wieder auf britischen Boden setzen würde.
Nun, nachdem wir im Frühjahr 10 wunderbar sonnig warme Wandertage in der Türkei verbraucht hatten, und die Sonne dieses Jahr den Nordosten der Republik auch reichlich bedacht hatte, war mein Sonnenakku offensichtlich bald wieder aufgeladen und schon im Frühsommer ließ ich mich schon wieder von Bernds Euphorie anstecken, die Strecke Land’s End – John o’Groats doch noch dieses Jahr zu Ende zu bringen. Ja, warum eigentlich nicht – England ist doch eigentlich immer ganz schön!
Da Bernd auch schon seit längerem plante, mit Bernd (BeBor) eine Tour von NRW nach England zu fahren, wurden diese beiden Ideen kurzerhand verknüpft. Der Plan: Ich bringe beim nächsten Heimatbesuch mein Reiserad nach NRW. BeBor nimmt dies dort in Empfang und fährt mit meinem Rad und mit Bernd über Holland nach England. Ich fliege wenige Tage später nach Birmingham, wo ich mein Rad übernehme und BeBor in das Flugzeug steigt und zurück nach NRW fliegt – eine logistische Meisterleistung!
Geplant getan – den beiden schließt sich dann kurzentschlossen auch noch Lothar (rayno) an, so dass die drei den Urlaub erst mal mit einer kleinen Herrentour beginnen.
Tag 1 Berlin – Birmingham – Stratford upon Avon 42 kmFür mich startet der Urlaub mit dem Flug nach Birmingham – ganz entspannt ohne Fahrrad. Los geht es in Berlin bei Sonnenschein, doch kaum nähert sich der Flieger England wird der Himmel trübe, und kaum dass das Flugzeug den Boden berührt, klatscht auch schon der Regen gegen die Scheibe. Deja vu – wer hatte nochmal die Idee, schon wieder nach England zu fahren? In der Ankunftshalle wartet Bernd schon und schwärmt mir vor, was vor herrliches Wetter sie die letzen Tage hatten. Jetzt aber erst mal die Regensachen übergezogen und los geht’s, auf nach Land’s End!
Der erste Tag ruft viele Erinnerungen wach an die letzte Tour im Januar. Es geht wieder entlang der Kanäle, es regnet immer wieder mal, die allzu schlammigen Uferwege umfahren wir diesmal allerdings.
Dennoch, trotz Regen bin ich guter Dinge. Die Landschaft ist hübsch und wir passieren viele nette Häuschen und einige schöne kleine Ortschaften.
Und irgendwann zeigt sich ein Regenbogen. Die Sonne kommt raus!
Zwar hängen die dicken Wolken noch am Himmel, aber immer wieder schiebt sich die Sonne durch und gleich sieht alles noch viel freundlicher aus.
Der Tag bleibt zwar trüb, aber im weiteren Verlauf weitgehend trocken. Wir trödeln ordentlich rum – ich bin irgendwie noch nicht richtig im Fahrrhythmus und schon nach 42km steuern wir heute einen Campingplatz an.
Tag 2 Stratford upon Avon – Cirencester 78 kmAm nächsten Morgen scheint die Sonne. Es dauert eine Weile, bis das Zelt einigermaßen trocken ist, so dass wir erst um halb 11 aufbrechen..
Die Sonne scheint, die Strecke ist wunderschön – langsam komm ich im Urlaub an.
Die Hecken an den Straßen sind voller Brombeeren und wir legen immer wieder einen Beerenstopp ein.
Es wird langsam hügelig, aber das schöne bei Hügeln ist, dass sich immer wieder eine schöne Aussicht bietet.
Und hier bietet sich ein ganzer Tisch voller Pflaumen als Pausensnack an. Wirklich flott kommen wir bei all der nahrhaften Ablenkung nicht voran, aber ist ja egal – ist ja schließlich Urlaub.
Unser Weg führt uns mitten durch die Cotswolds. Eine wunderschöne (und hügelige) Gegend, touristisch gut erschlossen mit netten Ortschaften und vielen Rad- und Wandermöglichkeiten.
Die Sonne scheint und wir sind in kurzen Hosen und T-Shirt unterwegs und selbst die Kaffeepause können wir auf der Sonnenterrasse in kurzen Sachen genießen. Oktober in England – was will man mehr!
Und immer wieder die verschiedensten Nahrungsangebote am Wegesrand – hier die Versorgung für das Abendessen:
Wer auch immer hier lebt – Betty nicht!
Was soll ich sagen – immer noch scheint die Sonne und die Landschaft erscheint mit ihren Hügeln, Hecken und kleinen Ortschaften einem Bilderbuch entsprungen. Was man im Winter vage vermuten konnte – England kann richtig schön sein!
Die Wegbeschilderung gleich in doppelter Ausführung – da kann auch nix schief gehen.
Kein Wunder, dass Fasanen hier gern gejagt werden, wenn sie in solchen Rudeln über die Straße spazieren…
An diesem Tag treffen wir wirklich Dutzende an: vor uns, hinter uns, auf den Felder links und rechts des Weges – ganz erstaunlich, so viele hab ich in meinem Leben noch nie gesehen.
Die Nacht verbringen wir auf dem Campingplatz von Cirencester. Eigentlich ein wirklich schöner Platz mit ausgezeichneter Ausstattung – nur die nahe Autobahn trübt das Vergnügen etwas. Stellen wir uns einfach vor, es wäre schon das Meeresrauschen…
Bernds Trinkflasche findet auf diesem Platz ihr zeitiges Ende. Ob es eine gute Idee ist, eine Trinkflasche aus kompostierbarem Material zu fertigen weiß ich nicht – bei dieser hatten die Pilze offenbar schon mit dem Abbau begonnen:
Tag 3: Cirencester – Bath 73 kmAm nächsten Morgen drehen wir erst noch eine kleine Runde durch das Städtchen.
Ja was denn nun – Radweg oder Fußweg?
Wieder scheint die Sonne – ist ja nicht zu glauben. Während zu Hause in Berlin die Daheimgebliebenen bereits die Heizung einschalten, radeln wir weiter in kurzen Hosen durch die englische Landschaft. Und Weihnachten ist nicht mehr weit – zumindest sollte wohl bald das Weihnachtsmenü bestellt werden.
Ja, diese Schilder hatten wir im Januar häufig gesehen. Aber diesmal sind sie völlig fehl am Platz. Vor uns liegt wieder ein perfekter Sonnentag.
Autos können auch ganz hübsch sein.
Gegen Mittag erreichen wir die Ortschaft Tedbury – mit nettem Café für eine ausgiebige Mittagspause (natürlich in der Sonne…) und einem Riesen-Shaun!
Hinter Tedbury wird die Landschaft wieder deutlich flacher als zuvor – fast erinnert es ein bisschen an Mecklenburg Vorpommern. Nur die Dörfer sehen anders aus.
Unterwegs passieren wir einen Biergarten – Bierchen in der Sonne? Klar! Und schon wieder gibt es so eine Pause – echt gemütlich so ein Sommerurlaub im Oktober in England!
Gegen Nachmittag erreichen wir Bath. Hier sind nach unserer Information mehrere Campingplätze. Der erste, nach dem wir uns erkundigen ist allerdings schon in der Winterpause. Also fahren wir erst mal weiter in die Stadt hinein. Der Radweg, der in die Stadt führt ist wunderschön entlang des Kanals geführt, weitab der Hauptstraßen wirklich schön gemacht.
Die Stadt empfängt uns mit warmer Abendsonne, ein herrlicher Anblick. Unser Track führt uns über eine alte Bahntrasse, wir wollen erst mal ein bisschen weiter fahren und schauen, wo wir auf den nächsten Campingplatz treffen. Bald sehen mir neben dem Radweg Wohnmobile stehen und biegen ab. Aber leider empfängt uns hier das Schild: No Tents!
Mist! Jetzt suchen wir erst mal weiter, welche Möglichkeiten es noch geben könnte. In etwa 15 km Entfernung sollte noch ein Campingplatz sein. Wir rufen an und ja, der hat geöffnet und Zelte sind auch erlaubt. Ok, dann werden wir wohl noch ein bisschen weiterfahren. Aber noch während wir an der Straße stehen und versuchen, die genaue Adresse und die beste Route herauszufinden, kommt ein Radler auf den Campingplatz zugefahren. Es ist ein Angestellter des Campingplatzes – Ob wir hier zelten wollten? – Ja, aber Zelte wären ja nicht erlaubt. – Naja, ob es nur für eine Nacht wäre? – Ja, nur eine Nacht, morgen soll’s weitergehen. – Na dann könnte er uns eine Stelle auf dem Platz zeigen, der nächste Camping wäre ja ewig weit weg. Wir sollten mal mitkommen. – Das ist natürlich sehr nett. Wir dürfen unser Zelt aufbauen und zahlen für diese Nacht ungeschlagene 10 Pfund für 2 Personen.
Tag 4 Bath – Bridgwater 80 kmDie ersten Kilometer diesen Tag geht es wieder ganz ordentlich auf und ab, aber wie immer wenn es auf und ab geht, gibt es wieder schöne Aussichten auf die Landschaft.
In einer kleinen Gaststätte unterwegs kehren wir zur Mittagspause ein. Für mich gibt es endlich die ersten Fish & Chips dieses England-Urlaubs. Die sind aber auch nötig, denn die nächsten 10 km geht es richtig bergauf. Jetzt ist erst mal ne Menge Schieben angesagt, und wir brauchen eine ganze Weile, bis wir den höchsten Punkt dieser Anhöhe erreicht haben. Bernds Track nimmt diesmal wieder einige kreative Abkürzungen mit, an einem ausgewiesenen Wanderweg – explizit für Radfahrer verboten müssen wir dann aber doch passen und über die Straße einen kleinen Umweg fahren.
Aber dann kommt ein echt genialer Abschnitt. Die nächsten Kilometer rollen wir nur noch abwärts durch das Cheddar Gorge. Superschöne Abfahrt, tolle Aussichten – wirklich lohnend!
Die Hügel und die Schlucht hinter uns, wird es jetzt wieder recht flach – fast ein bisschen langweilig, aber mit der ein oder anderen netten Unterbrechung –zum Beispiel dieser Marmeladen-Theke:
Für heute wollen wir das Örtchen Bridgwater ansteuern. Da wir in Ruhe die weitere Route planen wollen, wäre heute ein Hotel mit ordentlichem WLAN ganz gut. Nach unseren positiven Erfahrungen mit der Premier Inn Kette im Winter steuern wir ein solches Hotel in Bridgwater an. Die Einfahrt in das Städtchen ist ziemlich ätzend auf dicht befahrener Hauptverkehrsstraße. Am Hotel angekommen, teilt man uns mit, dass das letzte Zimmer grad eben online gebucht wurde. Mist – hätten wir doch auch mal reserviert. Wir schauen, welche günstigen Hotels in der Nähe sind, weil wir keine Lust mehr haben, noch länger hier durch die Stadt zu fahren. In knapp 3 km Entfernung gibt es ein kleines Hotel – wir buchen und fahren hin. Es ist eine ziemliche Kaschemme – zwar nicht teuer, aber das ist auch so ziemlich der einzige Vorteil. Das WLAN ist sinnigerweise auch kaputt, so dass wir auf den nächsten Pub ausweichen und dort beim Bier die weitere Route planen.
Während wir uns über den etwas verkorksten Abend ärgern, erreicht uns eine SMS von Lothar. Er war von Birmingham allein weitergefahren und ist inzwischen an der Küste nördlich des Exmoors. Wo wir denn wären und ob wir uns nicht wieder treffen wollten. Ja, können wir gern machen. Wir verabreden uns für den nächsten Tag auf einem Campingplatz im Exmoor und haben so für den nächsten Tag zumindest wieder ein schönes Ziel.
Tag 5 Bridgwater – Exmoor 69kmAm Morgen verlassen wir mehr oder weniger fluchtartig das Hotel und kehren erst nochmal ins nächste Cafe mit WLAN ein, um noch ein paar weitere Streckenkilometer zu planen.
Zunächst geht es über kleine Nebensträßchen auf und ab, bevor wir dann über eine größere Straße etwas Kilometer bis zur Küste gutmachen.
Wir folgen der Küstenstraße und haben einmal mehr „richtig Sommerurlaub“ mit Sonne, Strand und Meer.
Am Dunster Castle biegen wir ab Richtung Exmoor. Es geht durch das schöne Örtchen Dunster und dann langsam aber stetig bergan zum Exmoor.
Auf einem ausgesprochen netten kleinen Farm-Camping mitten im Exmoor treffen wir dann Lothar. Wir plauschen über die letzten Tage und genießen die wirklich schöne Anlage, die wir ganz für uns alleine haben.
Tag 6 Exmoor – Wooden Down 68kmDas Exmoor ist hügelig – seeehr hügelig. Bernds Track folgt wie bisher auch im Wesentlichen sehr kleinen Nebenstraßen und die gehen hier sehr häufig auf direktem Weg quer über jede Erhebung. So schieben wir die ersten Kilometer mehr als dass wir fahren. Die Steigungsangaben schwanken zwischen 12 und 20% oder auch der Angabe 1:3. Wir rätseln was das wohl bedeutet? Einer von dreien kommt nur nach oben? Eine Minute schieben, drei Minuten ausruhen? Aber schön ist es dennoch!
Die gewählte Route vermeidet weiträumig jeden Kontakt mit Siedlungen. Nur an dem Örtchen Backenford kommen wir vorbei. Leider ist der örtliche Pub nicht mehr existent und der einzige kleine Laden des Ortes geschlossen. So knabbern wir nur ein paar Kekse und fahren nach kurzer Pause weiter.
Shut happens….
Wenige Kilometer weiter finden wir dann aber doch noch Gelegenheit für eine Mittagsrast – in Nomansland kehren wir ein zum ausgiebigen Mittagessen.
Als wir das Exmoor verlassen geht es mit deutlich moderaterem Auf und Ab weiter. Ziel für heute ist der Rand des Dartmoors, das wir morgen queren wollen.
Am ersten Campingplatz, den wir ansteuern ist leider keiner erreichbar und auch dieser Platz scheint wieder ein reiner Caravan-Platz zu sein. Aber nur wenige Kilometer weiter finden wir einen Platz auf dem auch Zelter willkommen sind. Und hier gibt es sogar frische Brötchen am nächsten Morgen.
gleich geht's weiter...