Tour de Suisse – von Burgdorf nach Landquart… über Umwege.
8 Etappen
883 km
ca. 26.000 Hm Link zum Album Link zur Karte 1 Link zur Karte 2 Meine Reise bestreite ich mit meinem Rennrad mit Reiseausstattung, sportlicher Randonneur, Gravelbike… wie auch immer man es nennen mag. Inklusive Wasser und Grundverpflegung habe ich 15 kg Gepäck an Bord, geschlafen wird im Zelt mit Isomatte und Schlafsack. Navigiert wird mit der guten alten Papierkarte, Kochgelegenheiten sind nicht dabei.
Der CNL und der Anschlußzug bringen mich pünktlich nach Burgdorf. Nach einem kurzen Einkauf im coop und einer Tasse Kaffee beginnt meine Tour um kurz vor 9 Uhr morgens. Die ersten Kilometer fahre ich auf gutem Schotter entlang der Emme.
Schon bald sehe ich hohe schneebedeckte Berge. Der Weg führt mich auf schmalen Sträßchen durch Almwiesen und an prächtigen Emmentalern Höfen aus Holz entlang, bis ich in Schangnau vor dem mächtigen Hohgant die Straße nach Marbach erreiche. Hier wird in der Käserei für die nötige Grundlage des Tages gesorgt. Durch das Entlebuch steigt die Strecke permanent zum Glaubenbielenpass an. Am Passparkplatz ist ein Automat mit diversen gekühlten Milchprodukten. Es gibt alles Mögliche einzukaufen, Milch, Butter, Käse… ich entscheide mich für Joghurt mit Aprikosen. Die Aussicht von hier ist toll, im Tal funkelt der Sarner See, in der Ferne die schneebedeckten Berge.
Die Abfahrt nach Giswil ist schnell, ab hier steigt eine Schotterpiste neben der Bahnstrecke stetig an, bis ich am Brüningpaß wieder auf die Hauptstraße treffe. Die vor mir stehenden Berge ziehen mich an, besonders der Rosenlauigletscher. Ich entscheide mich, nach Hasliberg zu fahren. In Goldern finde ich einen traumhaften Camping. Vom Zelt aus schaue ich auf den Gletscher, sowie auf die Gipfel von Jungfrau, Mönch, Finsterahorn usw.
Die Sonne geht auf, nur die Berggipfel sind erleuchtet.
Die sehr nette Betreiberin vom CP empfiehlt mir, meine geplante Etappe über die Große Scheidegg nicht nach Grindelwald fortzuführen. Stattdessen fahre ich nach kurzer Besichtigung der Rosenlauigletscherschlucht bis zum Scheitelpunkt der Großen Scheidegg und kehre dann um und fahre zurück nach Meiringen.
Hier nehme ich die Seilbahn nach Rüthi in Anspruch, der einzige Abschnitt der Reise, der nicht mit meiner Muskelkraft betrieben wird. Der Transfer dauert 5 Minuten. Von Rüthi aus fahre ich über Winterlücke die Sackgasse hinauf zum Engstlensee. Die Kulisse ist wunderschön. Nach einem kurzen Picknick am Ufer fahre ich die Mautstraße zurück zur N11. In Gadmen finde ich einen schönen und günstigen Campingplatz.
Es ist Sonntag und vor mir liegt die Königsetappe mit über 4000 Höhenmetern. Schon früh am Morgen ist es stickig, um 7 Uhr fahre ich los und erreiche eine gute Stunde später das Passschild vom Sustenpaß. So früh sind auch schon die Rennfahrer unterwegs. Bereits aus der Ferne ist das Dröhnen starker Motoren zu hören und Motorräder sowie Autos feinster Schmieden prügeln durch die Kehren.
Oben ist es wunderschön, die Sonne scheint, der Himmel ist blau und wolkenfrei und am Pass liegt noch eine Menge Altschnee.
Es folgt - wie immer- das obligatorische Passfoto, danach geht´s wieder rasant hinab. An den Wochenenden im Juli und August darf die Schöllenenschlucht auch bergwärts mit dem Rad befahren werden. Eine Freude ist es nicht, da hier sehr viel Autoverkehr ist und es in den Tunneltrassen auch recht eng wird. Es lohnt sich trotzdem, die Teufelsbrücke ist ein tolles Bauwerk.
Nach einem Kuchenstopp beim Konditor in Andermatt geht es wieder permanent steigend hinauf zum Furkapass.
Im Tal raucht die alte Dampfbahn. Der Furkapass liegt direkt am Rhonegletscher, besser gesagt… lag. Dieses Mal haben die Behausungen die Natur überlebt, der Gletscher ist nicht mehr da.
Wieder geht es flott hinab ins Tal, um dann ab Gletsch wieder 6 km hinauf zum Grimselpass zu klettern. Im türkisfarbenen Grimselsee liegen noch etliche Eisbrocken.
Eigentlich wollte ich einen Abstecher zum Oberaarsee machen, die Einbahnstraße ist allerdings nur jede Stunde für 10 Minuten passierbar und auf 45 min. Wartezeit habe ich keine Lust und stürze mich stattdessen auf langer Abfahrt hinab nach Ulrichen ins Rhonetal. Das Tessin ist nah und an der Hauptkreuzung empfängt mich ein Verkaufsstand mit feinsten Tessiner Aprikosen. Ich kaufe ein Paar Früchte für den Weg und beginne bei einer Temperatur von 35° und drückender Schwüle mit der Kletterei hinauf zum Nufenenpaß.
Der Nufenenpaß ist schön zu fahren, relativ einsam und die Straßen haben deutlich weniger Verkehr als die vorherigen Pässe. Am Pass nehme ich ein Bad im Altschnee und fahre dann hinab ins Val Bedretto.
Bei einem Bauernhof decke ich mich erneut mit leckerem Käse ein. Hier darf ich einen Blick in den Käsekeller werfen. Wenig später sehe ich in einer Wiese Gruppenzelte. Da weit und breit kein Campingplatz ist, frage ich, ob ich mich dazwischen legen darf. Am Abend führe ich noch nette Gespräche mit dem Pfadis, die hier einige Tage campieren.
Während das Tessin noch schläft, kreuze ich durch die Gassen von Airolo. Die Cafés haben noch nicht geöffnet, also starte ich durch zur Tremolastraße. Der erste Kaffee des Tages ist einer mit Instantpulver und Wasser aus der Flasche. Naja, es gibt besseres, aber die Koffeinmenge stimmt. Danach geht es einsam und sehr ruhig Kehre um Kehre auf alten Kopfsteinen aus Granit die Tremolastraße hinauf zum Gotthardpaß. Die Strecke ist klasse und sehr grün.
Unterwegs begegnen mir drei Motorräder, die alle Zeit der Welt haben und ein Wanderer… und eine Herde Kühe mit Hirte. Der Blick fällt immer wieder zurück auf die Windungen der Straße aus Granitsteinen. Auf anderer Seite im Tal angekommen, gibt es ein zweites Frühstück beim famosen Konditor in Andermatt. An der Auffahrt zum Oberalppaß überhole ich eine radreisende Famile auf Einzelrädern. Der Papa hat einen Einspuranhänger mit dem Gepäck hinter dem Rad, die Mama hat die Tochter an einer Tandemstange hinter sich. Auf der Paßhöhe steht ein rot weißer Leuchtturm. Skurril.
Vom Oberalppaß geht es lange Zeit bergab durch das Rheintal. Dabei werden Ortschaften mit für mich nicht aussprechbaren rätoromanischen Namen durchquert. In Disentis / Mustér steht ein mächtiges Kloster mit einer sehr sehenswerten Klosterkirche.
Der Rhein ist hier ein kleiner Bach. Bei Truns wird mir die Flachetappe aber zu langweilig und ich fahre rechts den Berg hinauf nach Obersaxen. Hier treffe ich auf schöne und abgelegene Almwiesen. Bei Ilanz treffe ich wieder auf den Rhein, der sich wenig später durch die Rheinschlucht bei Versam quetscht. Die schmale Straße entlang der Schlucht ist phantastisch. In Thusis verbringe ich die Nacht auf dem sehr empfehlenswerten Camping. Jetzt fängt es an, wie aus Kübeln zu regnen.
Am nächsten Morgen hängen die Wolken tief, aber es ist trocken. In Thusis hindert mich eine Straßensperrung am flotten Weiterkommen. Hier brennt großflächig ein Holzwerk, dennoch darf ich die gesperrte Straße zur Via Mala Schlucht passieren. Die Straßensperrung ermöglicht mir eine verkehrsfreie Fahrt zur Schlucht. Sehr beeindruckend! Besichtigen kann ich sie jedoch nicht, da der Zutritt noch nicht geöffnet ist.
Kurz vor Tiefencastel passiere ich die berühmte Solisbrücke der Rhätischen Eisenbahn,
im weiteren Verlauf starte ich in Filisur mit dem Anstieg zum Albulapaß. Im wunderschönen Bergün mache ich noch einen kurzen Einkaufstop im Dorfmarkt und fahre dann, immer wieder die großartigen Brücken der Rhätischen Eisenbahn kreuzend, hinauf zum Albulapaß.
Am Paß angekommen beginnt es fürchterlich zu regnen, damit wird die Abfahrt nicht so entspannt.
Zur Belohnung gibt es ein Focaccia, das ich aus Tiefencastel mit gebracht habe.
Bedingt durch das Wetter plane ich die Etappe etwas um und radel bei miesem Wetter durch das Tal des Inns bis nach St. Moritz. Fürchterlicher Ort, aber der Camping, auf einer freien Ebene gelegen, ist wirklich sehr freundlich und angenehm.
Am Morgen ist der Himmel wieder blau, die weißen Wolken hängen tief. St. Moritz-Bad ist in der Sonne, das höhergelegene Dorf in den Wolken verschwunden. Durch ein Waldstück und Hochmoor mit Seen geht´s nach Pontresina, ab hier dann hinauf zum Berninapaß.
Die tief hängenden Wolken bieten phantastische Ausblicke. Auf der Strecke nach Livigno überholt mich eine Gruppe vom Team IAM mit Begleitfahrzeug, die nicht an der TdF teilnehmen. Den Passo Forcola schaffe ich gerade noch so bei trockenen Verhältnissen, oben am Paß herrscht dichter Nebel, die Abfahrt ist wieder regnerisch. In Livigno ist Zeit für eine Pause, für einen großen Kaffee mit geröstetem Panini mit Bergkäse und Bergschinken zahle ich 6 Euro. Willkommen im bezahlbaren Schlaraffenland.
Livigno ist noch auf der Sonnenseite, die Weiterfahrt zum Passo del Foscagno erfolgt im Gewitter und es wird sehr sehr naß. Am Camping in Isolaccia steige ich völlig durchnässt vom Rad. Instinktiv frage ich nach einem trocken Platz und bekomme ein großes Doppelzimmer für 20 Euro. Was für ein Segen. Die nächsten Stunden und die gesamte Nacht folgt ein Gewitter dem nächsten, es fällt stundenlang Starkregen. Das Wetter hält mich davon ab, ins 400 m entfernte Restaurant zu gehen. Ich verbringe die Zeit in der Taverna des Campings und werde mit großartigem, handgemachten Essen della Mama verwöhnt. Pizzoccheri, Sciatt mit Bresaola und Strudel. Was für ein Traum! Ich schlafe richtig gut…
Es hat mittlerweile aufgehört zu regnen.
Die erste Aktion des frühen Morgens: Fensterläden aufklappen. Die Kuppen der umliegenden Berge leuchten im reinsten Weiß.
Danach: Pässezustand im Internet abrufen. Passo Forcola: Schnee, Winterausrüstung erforderlich. Passo del Foscagno: Schnee, Winterausrüstung erforderlich. Gavia: Schnee, Winterausrüstung erforderlich. Stelvio: Schnee, Winterausrüstung erforderlich. Umbrail: Schnee, Winterausrüstung erforderlich. Ofen: Schnee, Winterausrüstung erforderlich. Flüela: gesperrt.
Oberhalb von 2000 m ist Neuschnee gefallen. Na super! Ich starte erstmal. Das Passschild für das Stilfser Joch zeigt an, daß die Straße geöffnet ist. Also beginne ich mit dem Aufstieg.
Ab der 2000 m Marke, dort, wo die 14% Rampe ist, ist alles weiß gepudert.
Später fahre ich durch eine Winterlandschaft mit 20 cm hoher frischer Schneedecke, der Winterdienst hat zuvor die Straße geräumt. Schon spannend. Um 10 Uhr erreiche ich das Stilfser Joch, die Wurstbuden haben die ersten groben Schweinswürste fertig gegrillt und eine davon landet mit Sauerkraut im Vinschgauer Brötchen in meiner Hand und später im Magen.
Es folgt ein Blick die Kehren hinab ins verschneite Vinschgau, dann fahre ich zurück und über den Umbrailpaß hinab nach Santa Maria. Der Umbrail ist klasse!
Schmale Straße in wunderschöner Landschaft, das letzte Stück führt durch Lärchenwald und St. Maria ist auch sehr schön, dabei sonnig und warm. Am Ofenpaß ist die Landschaft total anders und wird von Kiefern und Heide dominiert. Auf der Passhöhe steht ein Tandem, schwer beladen. Ein Kinderanhänger ist auch noch angekoppelt, eigentlich sitzen dort zwei Kleinkinder drin, aber die junge Familie ist im Restaurant zu Tisch. Die vier sind für 6 Wochen nach Kroatien unterwegs und haben meinen größten Respekt. Chapeau! Der Flüela ist zwar wieder freigegeben, dennoch werde ich gewarnt, diesen „wilden Paß“ heute zu fahren. Durch den Neuschnee besteht akute Lawinengefahr, daher fahre ich durch das Inntal wieder nach St. Moritz. Am Camping freut man sich, mich wieder zu sehen und gibt mir für die nächste Nacht eine dicke Wolldecke mit. Zusätzliche Unterlage unter der Isomatte. Für die Nacht werden 2° gemeldet.
So ist das dann auch. Das Thermometer zeigt 2,1° - im Zelt. Wettervorhersage von Gestern für Heute: Trocken, sonnig, bis 21°. Die Schlußetappe steht fest, schnell mal die Silser Seen angucken, einmal Maloja besuchen, zurückfahren bis Silvaplana, dann über den Julierpass und weiter über den Lenzerheidepaß nach Chur, locker durch das Rheintal und die letzte Nacht in Landquart verbringen. Bingo!
Es kommt anders. Die Strecke bleibt, aber in Maloja fängt es an zu regnen. An der Auffahrt zum Julierpaß verändert sich der Regen ab 1700 m Höhe in Eisgriesel. Es ist richtig mies. Da ändern auch die Oldtimer nichts an der Laune, die im Rahmen der Rallye Peking-Paris an mir vorbeischnauben. Am Paß zeigt das Thermometer 1,4 °. Dort steht ein schwerbeladenes Motorrad, angereist aus Südkorea. Schräger Typ.
Die Abfahrt vom Julier ist bitterkalt, ich ziehe fast alles an, was gerade griffbereit ist. Es reicht nicht.
Auch unterhalb der Schneegrenze ist mir fürchterlich kalt. Der einfache Lenzerheidepaß entpuppt sich als kleiner Teufel. Fast ohne Kurven bläst mir die ganze Zeit ein kräftiger Nordwind entgegen und erschwert die Auffahrt ungemein. In Chur mache ich schnelles Sightseeing, dann rolle ich weiter den Rhein entlang.
10 Km vor Landquart lege ich noch immer durchgefroren die letzte Pause ein, ziehe trockene Socken an und wärme mich bei 19° in der Sonne auf. Ich erreiche den – auch wieder- tollen Camping in Landquart, nehme eine heiße Dusche und alles ist wieder gut.
Am nächsten Morgen geht mein Zug zurück in die Heimat.
Schön war´s. Gerne bald wieder.