Es muss nicht immer das Nordkap sein / Teil 4 (Schluss): Tromsö bis Havöysund9.8. bis 11.8.2014: Tromsö mit Blümchen, Katze, Museen und SonnenbrandIn Tromsö musste Wolfgang, dessen Hinterrad eine höhere Belastung als meins zu tragen hatte, zum zweiten Male eine Speiche tauschen lassen. Ich suchte derweil meinen in einem früheren Urlaub kennen gelernten Lieblingsort auf, den Botanischen Garten. Dieser ist auf Pflanzen der alpinen und arktischen Regionen weltweit spezialisiert. Von der Anlage her der schönste botanische Garten, den ich kenne! Im August blühte sehr viel wie z. B. eine große Sammlung asiatischer Primeln.
Zahlreiche Varianten hat der Garten vom Blauen Mohn aus dem Himalaya.
Aus den Anden stammt diese Pantoffelblume:
Nach dem anstrengenden Rundgang konnte ich im angeschlossenen Cafe die obligatorische Waffel zur Abwechslung mit Multbeeren genießen. Eine Katze, die leider im Cafe keinen Einlass erhielt, leistete mir auf der Terrasse Gesellschaft.
Beim Altstadtbummel konnten wir Kinder beim Schach-Spielen beobachten.
Im Kunstmuseum wurden Bilder norwegischer Maler im Stil von Caspar David Friedrich, zu dem diese auch Kontakt hatten, gezeigt.
Das Polarmuseum veranschaulichte u. a. das Leben von Walfängern, Jägern und Fallenstellern in vergangenen Jahrhunderten auf Svalbord (Spitzbergen) sowie Polarxpeditionen.
Auf dem Rückweg zum CP machte ich noch kurz Station an der „Eismeerkathedrale“, deren Fenster – allerdings nur bei passendem Licht – die eindrucksvolle Architektur noch bereichern.
Ein Missgeschick am Samstag Nachmittag verlängerte unseren Aufenthalt: Beim Umfallen von Wolfgangs Fahrrad wurde das Schaltauge so verbogen, dass die beiden kleinsten Gänge nicht mehr zu schalten waren. Provisorisches Zurechtbiegen hatte nur begrenzten Erfolg. Zum Glück fanden wir am Montag einen begnadeten Mechaniker, der ein neues Schaltwerk und ein nach Zurechtfeilen passendes Schaltauge organisierte und zu einem günstigen Preis einbaute.
Am Sonntag chillten wir bei herrlichstem Wetter an der Bergstation der örtlichen Seilbahn und genossen mit vielen Einheimischen Touristen den Ausblick. Ein leichter Sonnenbrand blieb nicht aus.
Obwohl meine Hüften seit einiger Zeit nicht mehr so für’s Wandern sind, konnte ich mir einige hundert Höhenmeter weiteren Aufstieg zum Gipfelplateau nicht verkneifen.
Montag bummelten wir währen der Wartezeit auf die Fahrradreparatur noch einmal durch die Stadt, wo am modernen Rathaus Werbung für das „Arctic race“, ein Profi-Radrennen, gemacht wurde.
An Nachmittag radelten wir zum Universitätsmuseum, da u. a. über das frühere und heutige Leben der samischen Urbevölkerung sowie samische Politik informiert. Das Poster zeigt das heutige Siedlungsgebiet "Sapmi" der samischen Bevölkerung, das sich über 4 Länder erstreckt.
12.8.2014: Tromsö – Lyngseidet 85 km, ca. 640 HmVon Tromsö folgten wir zunächst – teils über ausgeschilderte Radwege/Nebenstraßen – der E 8 Richtung Süden, dann der weniger befahrenen Straße 91 zur Fähre Breivikeidet-Ullsnes.
http://goo.gl/maps/nz1Jd Dort konnten wir Kite-Surfen bei Starkwind beobachten.
Nach der Überfahrt erreichten wir die bis zu etwa 1.800 m hohen Lyngen-Alpen, ein hochalpines Gebiet mit einigen Gletschern.
http://goo.gl/maps/10kHY Ein günstiges Quartier (Mehrbettzimmer, in dem wir aber einzige Gäste waren) fanden wir in nahe dem Fähranleger Lyngseidet in der netten „Magic Mountain Lodge“. Diese wird von einer Sportler-Familie, u. a. als Ausgangspunkt für Ski- und Treckingtouren, betrieben und bietet neben einer Selbstversorgerküche wahlweise Frühstücksbuffet und Abendessen auf Vorbestellung.
13.8.2014: Lyngseidet – Fosselv 62 km, ca. 560 Hmhttp://goo.gl/maps/RqU6W Schon beim Start der kurzen Fährüberfahrt war das andere Ufer dank Niesel nicht zu erkennen. Das Wetter änderte sich dann für den Rest des Tages nicht; es regnete nur einmal. Nach einer längeren Abfahrt mussten wir vor Sörkjosen an einer Baustelle ca. 30 Min warten, bis gesprengtes Gestein abgefahren war. Dabei wurde mir recht kalt. Die nächste erschwingliche, trockene Übernachtungsmöglichkeit fanden wir leider „erst“ nach etwa 60 km Tagesstrecke auf dem CP Fosselv.
14.8.2014: Fosselv – Burfjord 67 km, ca. 950 Hmhttp://goo.gl/maps/2f1KC Am nächsten Tag starteten wir erst mittags, als der Regen nachließ. Nach ca. 20 "platten" Kilometern und ca. 400 m Anstieg durften wir wir gut gelaunt durch Wolken/Nebel abfahren, ohne nennenswert nass zu wurden.
An einer Brücke passierten wir wieder einen kräftigen Gezeitenstrom.
Am Abend fanden wir bei einem Privathaus an der E 6 etwa 5 km hinter Burfjord eine sehr günstige, nette Hütte. Die Katze des Hauses mochte allerdings leider keinen Kontakt mit mir aufnehmen.
15.8.2014: Burfjord – Alta 105 km, ca. 970 HmAm nächsten Morgen zunächst „Abschiedsfoto" mit norwegischer Flagge von der Hütte aus über E 6 und Fjord.
Dann ging’s weiter über die E 6, die zum Glück nicht allzu stark befahren war.
http://goo.gl/maps/gaEgh An einer Passhöhe verkauften Samen Souvenirs, Kaffee und .... Die Felle und Geweihe waren uns zu voluminös. Kaffee und Waffeln ließen wir uns schmecken. Kleine Mitbringsel erstanden wir auch.
Kurz vor Alta freuten wir uns, über eine neue Brücke fahren zu dürfen. Die Hoffnung, ohne weitere Höhenmeter Alta zu erreichen, trog allerdings, da wenige Meter vor dem neuen Tunnel ein Sperrschild für Radfahrer ohne Umleitungsempfehlung stand. Auf meiner nicht mehr ganz neuen Karte fanden wir dann aber schnell die alte E 6 als verkehrsarme Umfahrung.
An einer Brücke mit zahlreichen Anglern, bei denen ich allerdings keine „Beute“ sah, warf ich – mehr im Scherz – die Frage in die Runde „Has anyone fish to sell?“. Zu meinem Erstaunen schenkte uns ein Angler daraufhin einige am selben morgen geangelte Seelachsfilets aus seinem nahebei geparkten Wohnmobil. Die rochen beim Braten zwei Stunden später nicht einmal nach Fisch, da wirklich frisch.
In Alta fanden wir dann eine Hütte auf einem der 3 Campingplätze in Övre Alta.
16.8.2014: Alta In Alta legten wir einen Ruhetag ein, an dem wir uns u. a. um die Buchung unserer Rückflüge kümmerten. Ein Wegweiser auf dem CP zeigt Entfernungen zu diversen europäischen Städten.
Gebäude älter als 70 Jahre – außer einigen Kirchen – gibt es in Alta wie in der ganzen Finnmark (der nördlichsten Provinz Norwegens) praktisch nicht, da die deutsche Wehrmacht beim Rückzug gründlich „verbrannte Erde“ hinterlassen hat. Wolfgang machte Fotos vom Start einer Etappe des „Arctic-Race“, eines Profi-Radrennens.
Hauptattraktion von Alta sind als UNESCO-Weltkulturerbe geschützte etwa 2.000 bis 6.500 Jahre alte Felszeichnungen. Diese werden von einem Museum präsentiert.
17.8.2014: Alta – Skaidi 100 km, ca. 890 Hmhttp://goo.gl/maps/gQNuw Zunächst ging’s einige Kilometer an der Küste längs durch Alta und Vororte. Dann folgte der Anstieg auf eine Hochebene mit vorher angekündigten Rentieren.
Viele Einheimische nutzten den Sonntag, um Multbeeren (Moltebeeren) zu sammeln. Diese können meines Wissens bisher nicht kultiviert werden und sind deshalb entsprechend teuer. Der von mir fotografierte Mann hatte zum Sammeln der Tüte 2 bis 3 Stunden gebraucht. Die Ansichten über den Geschmack gehen auseinander: Ich selbst mag Multbeermarmelade sehr gern und habe deshalb (gekaufte) Multbeeren mit nach Hause genommen. Habe auch schon die Meinung gehört, ihr Geschmack erinnere an Seife.
Auf dem Weiterweg sahen wir dann abgestorbene Birken, vermutlich ein "Werk" des in Nordskandinavien heimischen Birkenspanners, eines Schmetterlings.
Bei leichtem Regen erreichten wir einen neuen CP etwas westlich von Skaidi, wo wir eine Hütte mieteten.
18.8.2014: Skaidi – Havöysund 120 km, ca. 1.110 Hmhttp://goo.gl/maps/rqdk1 Nach etwa 25 km Fahrt hatten wir in Olderfjord für 95 km die letzte Möglichkeit, etwas zu kaufen. Die Waffeln waren wirklich gut!
Da wir beide bereits in früheren Urlauben am Nordkap gewesen waren und auch keine Lust auf den Tunnel zur Nordkapinsel (200m unter Meeresspiegel; 10% Steigung) und Eintrittsgeld zum Kap hatten, verließen wir die Route zum Nordkap nach Nordwesten. Dies erwies sich als gute Entscheidung, da die Straße kaum befahren und landschaftlich reizvoll war. Der Wechsel von Sonne, Wolken und kurzen Schauern gab gute Fotomotive.
Ein Rastplatz bescherte uns besonders nette Aus- und Durchblicke.
Diese Tagesetappe wir mit 120 km nicht nur die längste, sondern dank abwechslungsreicher Landschaft und gutem Foto-Wetter sowie gut trainierten Radlern eine der schönsten. Am Abend erreichten wir schließlich Havoysund, wo wir ein erschwingliches Appartement mieten konnten.
19./20.8.2014: Windpark in Havöysund / per Bus zurück nach Alta / RuhetagAm Morgen machten wir ohne Gepäck einen Ausflug auf ein kleines Hochplateau.
Von den 2002 erstellten 16 Windkraftanlagen – damals wohl mit 2,5 MW zu den leistungsstärksten gehörend – liefen nur 12, was auf technische Probleme der sicherlich starken Winden ausgesetzten Anlagen eines deutschen Fabrikats hindeutet. An einer Anlage war eine sehr hohe Arbeitsbühne zu Wartungs- oder Reparaturarbeiten in Aktion.
Das Plateau bot einen excellenten Ausblick über das Nordmeer mit diversen Inseln..
Nach einer kurzen Runde durch den Ort, der touristisch kaum erschlossen ist (1 Hotel, kein CP, vielleicht 2 Ferienwohnungsvermieter) fuhren wir per Bus die gleiche Route, die wir gekommen waren, zurück nach Alta. Bis Olderfjord waren nur 4 Fahrgäste im Bus. Dort mussten wir in einen anderen Bus von Honningsvag umsteigen, in dem es im Kofferraum schon etwas eng für unsere Räder war.
Den 20.8. verbummelten wir in Alta mit Einkäufen, Organisieren von Verpackungsmaterial für die Räder etc. Alta fördert übrigens das Radfahren durch den Bau von Radwegen, Beschilderung und gute Abstellanlagen in der Innenstadt. Im Gegensatz zu deutschen Rad-/Fußwegen habe ich mich auf norwegischen Rad-/Fußwegen immer sicher gefühlt, da diese fast immer durch breite Grünstreifen von Straße und Anliegergrundstücken getrennt und somit sehr übersichtlich und zudem meist wenig von Fußgängern frequentiert sind.
21.8.2014: Tagesausflug ohne Gepäck zum Altaelv-Stausee 107 km, ca. 1.460 HmNachdem ich am Vortag schon angefangen hatte, für den Rückflug zu packen, brauchte ich wieder Bewegung. Als Ziel wählte ich den zur Wasserkraftnutzung gebauten Altaelva-Stausee, der um das Jahr 1980 Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen Sami, deren Rentierweiden überstaut werden sollten, und der norwegischen Regierung war. Diese Auseinandersetzung ging wohl einher mit einem erstarkenden Selbstbewusstsein und einer beginnenden staatenübergreifenden Organisation der samischen Bevölkerung in Skandinavien. Mit Fotos von dieser Tagestour möchte ich die Leser nicht belästigen.
http://goo.gl/maps/jnKoI 21.8.2014: Rückflug Alta – Oslo – Kopenhagen – DüsseldorfAm morgen war Aufstehen um 4:45 angesagt, da Wolfgang einen Flug gegen 7:30 nach Hamburg gebucht hatte. Über dem Altaelv direkt hinter unserer CP-Hütte hingen malerische Nebelschwaden.
Mein Abflug mit SAS war gegen 14:30. Bei meinem Rad schützte ich Kette und Schaltwerk mit Kartonstücken. Anschließend wurde das Rad mit Hilfestellung einer supernetten Schaltermitarbeiterin auf dem Airport in einen Plastiksack verpackt. Meine beiden Radtaschen + Packsack landeten gemeinsam ebenfalls in einem Plastiksack, so dass ich neben der Lenkertasche als Handgepäck (mit Multbeeren, norwegischem Käse etc.) nur 1 Stück Freigepäck und das Rad für etwa 57 € als Sondergepäck hatte (für beide Gewichtsgrenze 23 kg, die ich deutlich unterschritt.
Vom Flughafen Alta, auf dem wohl nur etwa 10 bis 15 Flüge pro Tag starten/landen, ging’s in etwa 2 Stunden mit einer Boeing 737ach Oslo, von dort mit einem Airbus 319 ca. 1 h nach Kopenhagen, dann noch ca. 1h mit einer kleinen Maschine aus kanadischer Produktion nach Düsseldorf. In Kopenhagen verzögerte sich der Abflug, da wohl 1 Person mehr oder weniger als auf der Passagierliste ausgedruckt, eingestiegen war. Gegen 23:00 konnte meine liebe Frau mich dann in Düsseldorf in Empfang nehmen und mir eine nächtliche Rad- oder S-Bahn-Fahrt nach Wuppertal ersparen.
Beim Zusammenbau des Rades stellte ich fest, dass das Schaltauge leicht verbogen war, was sich zu Hause mit Unterstützung eines Freundes mit Spezialwerkzeug leicht wieder richten ließ (Das gleiche Malheur auf dem Hinweg wäre kritischer gewesen)
EPILOGInsgesamt war’s eine sehr schöne Reise. Am Ende der Reise fühlte ich mich deutlich besser als vorher. Insbesondere waren erstaunlicherweise meine Hüftbeschwerden, die mich vor der Reise hatten zweifeln lassen, ob ich durchhalte, verschwunden.
Hoffe, vielleicht in 2 Jahren wieder eine größere Radreise machen zu können. Ein Traum wäre Osttibet (Yunnan/Sichuan). Dazu habe ich u. a. einen Bericht hier im Forum gelesen. Vor einigen Wochen wurde der Bericht einer ARD-Korrospondentin, die eine solche Tour gemacht hat, gezeigt. Als selbst organisierte Reise kann ich mir das aber kaum vorstellen, da ich wohl keinerlei Talent zum Chinesisch-Lernen habe. Wahrscheinlich bleibt’s ein Traum. Auch in Europa gibt’s noch Ziele.!
Habe Zeit und Lust, das Norwegen-Wiki zu ergänzen. Gibt’s dazu Ansprechpartner und evtl. Tipps?