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#801910 - 02/20/12 05:15 PM Von Vancouver nach Halifax 2011
rayno
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:2 , 21
:22.6.2011 10.9.2011
:8069
:caCanada
usUnited States of America

Nachdem ich verschiedentlich gebeten worden bin, einen Bericht von meiner Reise vom Pazifik zum Atlantik hier im Forum einzustellen, will ich mich diesem Wunsch nicht verschließen, obwohl ich den Bericht zunächst nur meiner Familie und einigen engen Freunden zukommen lassen wollte.
Ich hatte den Bericht in Teilen von unterwegs nach Hause gemailt und ihn dann später überarbeitet und ergänzt.
Anfangen will ich mal mit einer ganz kurzen Fassung, die ich für die hiesige Tageszeitung erstellt hatte. Wenn dann größeres Interesse am vollständigen Bericht deutlich wird, bin ich gerne bereit, die ausführliche Fassung in Teilen (es sind acht) hier nach und nach einzustellen.


Vancouver – Halifax

Dauer der Reise: 22. Juni bis 10. September, 81 Tage, einschl. Hin- und Rückflug
Radfahrtage (ganze und halbe) : 70
Tage, an denen nicht gefahren wurde: 8
An- und Rückreisetage: 3
Insgesamt gefahrene Rad-Kilometer: 8 069
davon in Kanada: 2 891
in den USA: 5 178
Kürzeste Tagesetappe: 37 km; längste Tagesetappe: 204 km
Durchschnittliche Tagesleistung: 115 km
Mein Gewicht bei Abreise: knapp 80 kg
nach Rückkehr zu Hause: exakt 69 kg
Warum diese Reise?
Schon seit vielen Jahren hatte ich mir vorgenommen, einmal in Nordamerika von Küste zu Küste zu fahren. Dabei hatte ich zuerst natürlich nicht daran gedacht, eine solche Reise mit dem Fahrrad zu unternehmen. Nachdem ich nach meiner Pensionierung seit 2006 im Sommer jeweils eine mehrwöchige Radreise gemacht hatte, z.B. auch zum Nordkapp, stand jedoch fest, für die Reise vom Pazifik zum Atlantik (C2C) das Rad als Transportmittel zu nehmen.
Die großen Städte und Ballungsgebiete wollte ich möglichst vermeiden bzw. großräumig umfahren. Um herauszufinden, welche Route für mich am ehesten in Frage kommen könnte, habe ich in den letzten 2 Jahren zahlreiche Berichte über C2C-Radreisen, vor allem in „crazyguyonabike.com“, studiert. Dabei kristallisierte sich schnell heraus, dass für mich eine eher nördlich verlaufende Route, etwa entlang der amerikanisch-kanadischen Grenzlinie, in Betracht kommt
Wie auf meinen Reisen nach und in Skandinavien hatte ich auch für diese Reise keine genaue Route festgelegt, an die ich mich dann halten wollte. Offen gelassen hatte ich vor allem, welche der möglichen Routen im Bereich der Großen Seen ich nehmen sollte. Erst in Minnesota entschied ich mich dann für die (längere) nördliche Variante, also durch Ontario. Festgelegt waren durch die schon frühzeitig gebuchten Flüge (Düsseldorf-Vancouver und Halifax-Frankfurt) der großzügig bemessene Zeitrahmen. Ich war von einer Gesamtlänge von gut 7000 km ausgegangen und abzüglich von etwa 10 Ruhe- und Besichtigungstagen etwa 70 Fahrtagen, also einer Tagesleistung von rund 100 km.
Da ich im letzten Winter gerade 70 Jahre alt geworden war, stand meine Reise also unter dem Motto: Mit 70 in 70 Tagen 7000 km von Küste zu Küste.
Tatsächlich wurden es dann rund 1000 km mehr, weil ich einige Abstecher in Süd-Nord-Richtung gemacht habe und mich in Minnesota für die erheblich längere nördliche Umfahrung der Großen Seen entschieden hatte.
Routenverlauf
Dann war zu entscheiden, ob die Route von Ost nach West oder von West nach Ost verlaufen sollte. Beim Studieren der vielen Reiseberichte fiel mir auf, dass die Einheimischen, also Amerikaner und Kanadier, weit überwiegend von Westen nach Osten fahren, die Europäer in der Mehrzahl von Osten nach Westen. Ich entschied mich sehr bald für die West-Ost-Richtung; einmal, weil ich immer lieber in Richtung Heimat unterwegs bin, aber auch, weil man im der Weite des mittleren Westens, den Great Plains, eher mit unterstützendem Rückenwind rechnen kann. (Was sich auf meiner Reise leider nicht bewahrheitete. Ich hatte an den 12 Tagen im östlichen Montana und in Nord Dakota nur an einem Tag Rückenwind; sonst kam der Wind immer aus östlicher Richtung.)
Start also in Vancouver, dann über Vancouver Island nach Anacortes, WA, zum Startpunkt der Northern Tier-Route; auf der durch den Norden von Washington mit den Pässen in der Northern Cascades; durch Idaho nach Montana; dort zunächst südöstlich über Missoula zu den Rocky Mountains, an denen entlang nach Norden zum Glacier Nationalpark; dort über die kontinentale Wasserscheide zu den Great Plains im östlichen Montana und in Nord Dakota; danach diagonal durch den Norden von Minnesota zum Lake Superior; dann nördlich der Großen Seen durch Ontario(Kanada) bis zum Ottawa-River (Grenze zu Quebec); dann südöstlich und über den St. Lorenz-Strom ins nördliche New York; dort durch die Adirondacks nach Süden und dann durch die nördlichen Neuenglandstaaten Vermont (mit Green Mountains), New Hampshire (White Mountains) und Maine. Dort in nordöstlicher Richtung wieder nach Kanada; durch die maritimen Provinzen New Brunswick, Prince Edward Island (PEI) nach Nova Scotia mit Halifax als Endpunkt der Radreise.

Die Highlights (aus meiner Sicht)

Die Fahrt über die Pässe der Northern Cascades

Sehr gute Straßen mit wenig Verkehr, langgezogene gemäßigte Anstiege, herrliche Abfahrten,

Etappen von Missoula zum Glacier Nationalpark

Entlang einer Kette von Seen eingerahmt von den schneebedeckten Gipfeln der Rocky Mountains Hauptkette im Osten und der Mission Range im Westen

Der Glacier Nationalpark an der Grenze zu Alberta/Kanada

Eindrucksvolle Hochgebirgslandschaft mit anspruchsvoller Bergstraße (Going-to-the-Sun-Road)

Die Fahrt über die Great Plains

11-12 Radfahrtage in der Prairie, eintönig eindrucksvolle Landschaft; zahlreiche Begegnungen mit netten Menschen (andere Radfahrer, motorisierte Biker, Trucker und natürlich Einheimische)

Lake Itasca-National Park im nördlichen Minnesota

Der interessante Ursprung des Mississippi

Fahrt durch die Gebirge in den östlichen USA

Adirondacks in New York; Green Mountains in Vermont und White Mountains in New Hampshire
wunderschöne Berglandschaften mit hübschen Dörfern und Städtchen, teilweise sehr anstrengende Steigungen und herrliche Abfahrten, die interessanten „covered bridges“,
nette Begegnungen mit und Einladungen von Einheimischen

Ausrüstung

Für die Reise hatte ich mir schon frühzeitig ein relativ leichtes, aber stabiles 28“-Langstreckenfahrrad zusammengebaut und auf einer Tour zum Nordkapp im Sommer 2009 erfolgreich getestet. Von den Halbtagesetappen abgesehen habe ich täglich 7 bis 10 Stunden beschwerdefrei im Sattel gesessen.
Da ich überwiegend auf Campgrounds übernachten wollte, hatte ich eine komplette Zeltausrüstung dabei, die ich zum Teil erst in Vancouver komplettiert habe. Insgesamt wog meine Ausrüstung rund 25 kg.

Von einigen Reifenpannen abgesehen hatte ich unterwegs keine Probleme! Es fielen keinerlei Reparaturen an, und es mussten auch - für mich unerwartet – keine Verschleißteile, z.B. Reifen, Kette, erneuert werden.


Übernachtungen

Wie schon er erwähnt, wollte ich überwiegend im Zelt übernachten. Zu etwa drei Vierteln kam es auch dazu; überwiegend auf Campgrounds, aber auch einige Male nach Einladungen auf privaten Grundstücken. Am Startort Vancouver und am Zielort Halifax hatte ich frühzeitig Übernachtungen in Hostels gebucht, ebenso in Charlottetown auf PEI in den Tagen, als der Tornado an der Ostküste entlang zog. Zwischendurch bin ich dann etwa wöchentlich einmal in Motels abgestiegen.


Link zu den Fotos: www.picasaweb.google.de/elrayno/nordamerika2011
Link zur exakten Route: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=tonftiavcsxyesab

Edited by rayno (02/20/12 05:22 PM)
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#801924 - 02/20/12 06:30 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
ro-77654
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Hallo Lothar!
Gerade musste ich schmunzeln: Mittags stell ich meine Fahrt ins Forum - "unten" von West nach Ost durch die USA - nun du deine "oben" entlang.
Wenn die langen Berichte schon fertig sind, veröffentliche sie doch hier. Es kann ja jeder entscheiden, ob er die Kurz- oder Langversion lesen möchte.

PS: starke Tagesleistung!
Gewerblich: Autor und Lastenrad-Spedition, -verkauf, -verleih
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#801932 - 02/20/12 07:11 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
Juergen
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In Antwort auf: rayno
Wenn dann größeres Interesse am vollständigen Bericht deutlich wird, bin ich gerne bereit, die ausführliche Fassung in Teilen (es sind acht) hier nach und nach einzustellen.

Hallo Lothar,
nachdem ich mir nun alle Photos mit Fern-Weh angeschaut habe, möchte ich auch die Geschichten dazu lesen. Bitte schreib weiter, ich finde deine Leistung einfach sensationell. Nein, die Storys durfen nicht im Outlook Ordner vergammeln. schmunzel

Lieben Gruss
Jürgen
der gerade von Vancouver - Toronto von vor 22 Jahren träumt verliebt
° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° °
Reisen +
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#802037 - 02/21/12 08:21 AM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: Juergen]
rayno
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Also dann:

Teil 1

Vancouver und durch Washington und Idaho nach Montana

Route: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=uwyphzjhmkgjbxfi

In Vancouver pünktlich mit AirBerlin angekommen, begab ich mich gleich zu dem schon Monate zuvor gebuchten Hostel. Das liest sich einfacher als getan. Mit dem Rad vom Airport ins Zentrum zu gelangen, ist nämlich gar nicht so einfach. Mit den Hinweisen anderer Radler habe ich das Hostel dann aber recht schnell gefunden. Auf dem Weg dahin war ich auch noch bei MEC, um meine Ausrüstung zu vervollständigen. Einen neuen Helm brauchte ich, außerdem auch noch das MSR Hubba Hubba, da ich für die amerikanischen Zeltplätze mit ihrem oft harten Untergrund ein Zelt mitnehmen wollte, das auch ohne Häringe aufgestellt werden kann. Einiges an Kleinkram kam dann noch hinzu.

Den nächsten Tag, Donnerstag, 23.06, verbrachte ich mit einer Rundfahrt um und durch den Stanley-Park, sowie mit weiteren Erkundungen im Zentrum von Vancouver.

Am Freitag ging es dann mit dem Rad los. Wieder vom Zentrum am Airport vorbei weiter zum Fährterminal Tsawwassen; und das mit Hindernissen. Einmal musste ich ein kräftiges Gewitter in einer Straßenunterführung abwarten; dann auf den Shuttle durch den Tunnel unter dem Frazer-River warten, schließlich habe ich mich auch noch verfahren, sodass ich eine spätere Fähre nach Vancouver Island (Swartz Bay) nehmen musste. Von Swartz Bay ging es dann mit einem kleinen Umweg weiter zum Fährterminal in Sidney, zur Fähre nach Anacortes. Bis zu deren Abfahrt hatte ich noch reichlich Zeit und verbrachte sie in dem hübschen Ferienort Sidney. Um auf die US- Fähre zu kommen, musste ich mich der üblichen Einreiseprozedur mit Fingerabdrücken etc. unterziehen. Die Fahrt durch die Inselwelt im Pugetsund dauerte mit drei Stunden recht lange, war aber dennoch wegen der schönen und immer wechselnden Aussichten recht kurzweilig.

In Anacortes angekommen, war es inzwischen recht spät am Abend. Auch hier wollte die US-Einwanderungsbehörde noch einmal wissen, was ich hier eigentlich wollte. Zudem monierte die strenge Beamtin meinen mit Ductape geflickten Deckel der Lenkertasche. Ich musste das Klebeband teilweise entfernen; weiß der Himmel, was sie dahinter vermutet haben mag. Sie ließ mich dann aber endlich doch auf' das US-Festland, wo ich die nächste Campmöglichkeit, den Washington-Park in Anacortes ansteuerte. Der war nicht weit vom Terminal entfernt. Schon im Dunkeln baute ich mein neues Zelt auf, was überraschend schnell und einfach vonstatten ging. Ich schlief auch recht gut; etwas störend war jedoch der von den anderen Zeltplätzen ausgehende Geruch nach brennendem Holz. Ami-Camper müssen offensichtlich immer Feuer machen, auch wenn sie in ihren RV´s alles an Bord haben. Zu jedem Zelt- bzw. Stellplatz gehört eine Feuerstelle, und das Feuerholz wird immer gleich mit angeboten.

In Anacortes sollte also meine Reise auf der Northern Tier – Route von ACA (Adventure Cycling Association) richtig losgehen. Vom Washingtonpark fuhr ich am nächsten Morgen gleich in die Stadt, um Einkäufe zu tätigen und mich mit US-$ einzudecken. Da der Einstieg in die Radroute am Ende des großen Parkplatzes vor dem Safeway lag, machte ist dort erst mal einen Stopp, um einige Dinge einzukaufen. Zuvor allerdings gönnte ich mir im benachbarten Starbucks einen großen Milchkaffee sowie einige Donuts. Ich nutze die Pause auch dazu, die schon in Deutschland gekaufte Cellion-SIM-Karte in mein Nokia einzusetzen und die erste ACA-Radkarte zu studieren.
Ich hielt auch Ausschau nach anderen Radlern, dachte ich doch, dass sich am Einstiegspunkt in die NT-Radroute auch noch Andere auf den langen Weg begeben würden. Leider vergeblich. Als ich vor dem Einkaufscenter die eingekauften Sachen in meiner Küchentasche verstaute, kam ein Auto mit Schwung auf mich zugefahren, ein junger Mann sprang heraus. Ich war erschrocken und dachte, etwas Unrechtes gemacht zu haben. Er wollte aber nur ein Foto von meinem Fahrrad machen. Für seinen Vater, wie er sagte; der habe auch einen LHT, aber nur einen von der Stange und nicht mit den edleren Komponenten, mit denen ich mein Bike ausgestattet hatte. Es sollte nicht das einzige Mal bleiben, dass ich auf mein Rad angesprochen wurde. Und man war immer sehr überrascht, wenn ich sagte, dass ein Surly-LHT in Deutschland ein durchaus gängiges Reiserad ist.

Nach einigen Suchen fand ich dann den Einstieg in die Radroute, die mich durch ein Gewerbegebiet aus dem weitläufigen Anacortes herausführen sollte. Sie verlief abseits der Hauptstraße in Ufernähe an der Fidalgo Bay in süd-östlicher Richtung. Als ich aus dem bebauten Gebiet in freiere Natur kam, merkte ich, dass die Radroute über eine aufgelassene Bahntrasse ging, die sich immer mehr dem Ufer näherte und schließlich auf einem Damm verlief, welcher in spitzem Winkel auf die Bay hinausging. Zu beiden Seiten hatte ich jetzt Wasser, und nach etwa einer knappen Meile wurde aus dem Damm ein auf Stelzen aufgebauter Bohlenweg. Der war noch recht neu und wurde auch von anderen Radfahrer und vor allem Joggern frequentiert. An der anderen Seite der Fidalgo Bay ging es erst auf einer Nebenstraße zum nahen Highway 20. Auf dem musste ich etliche Meilen nach Westen fahren, weil man nur auf dem die beiden Mündungsarme des Swinomish River überqueren konnte. Es war für mich sehr ungewohnt, auf einem autobahnartig ausgebauten vierspurigen Highway mit dem Rad zu fahren. Zum Glück hatte der Highway einen sehr breiten Seitenstreifen, auf dem man in sicherem Abstand von dem recht starken Verkehr radeln konnte. Kurz nach Überquerung des zweiten Flussarmes musste ich vom Highway auf eine Nebenstraße abbiegen.
Dazu musste ich die beiden Fahrbahnen überqueren und mich auf der linken Abbiegespur vor der Ampel einordnen. Bei dem starken Verkehr dauerte das eine ganze Zeit. Als ich mich endlich ganz links eingeordnet hatte, stand ich bald am Kopf einer immer länger werdenden Schlange von Trucks, Vans und Pickups, die alle auch abbiegen wollten.

Ich war froh, als ich das geschafft hatte und auf einer ruhigen Nebenstraße jetzt am Ostufer der Padilla Bay nach Norden fahren konnte. Die Straße führte durch eine Marschlandschaft. Nach wenigen Meilen sollte ich nach der Routenbeschreibung von dieser auf einen geschotterten Weg durch die dicht mit Schilf bewachsene Uferlandschaft abbiegen. Auf diesem Wanderweg waren in Abständen Rastplätze mit Info-Tafeln, auf denen die dort beheimateten Vogelarten beschrieben waren. Im Gelände sah man dann auch Leute mit Fotoausrüstung herumlaufen; offensichtlich handelte es sich um ein bei Birdspottern beliebtes Wandergebiet.

Nach einigen Meilen führte der Wanderweg wieder zur Straße zurück. In der ersten Ortschaft Bay View musste ich nach rechts, also nach Osten abbiegen. Ich fand auch gleich die Josh Wilson Rd., auf der ich die Küste also verlassen sollte. Inzwischen hatte ich mich auch schon ganz gut auf die Orientierung mit Hilfe der ACA-Radkarte eingestellt. In den USA fehlen an Kreuzungen und Abbiegungen zumeist Wegweiser, an denen man sich orientieren kann. Dafür stehen überall die Straßennamen. Man ist also auf eine detaillierte Karte ( oder ein GPS-System) angewiesen.

Ich war also jetzt endlich auf dem Weg vom Pazifik zum Atlantik im noch ganz fernen Osten.
Die ACA-Route führte mich dann in einem nach Norden verlaufenden Bogen um das Ballungsgebiet der beiden Städte Burlington und Sterling. Das Gelände war fast eben und zum großen Teil landwirtschaftlich genutzt. Etwas überrascht war ich davon, dass es sich um eher kleine Farmen handelte, überwiegend Milchwirtschaft. In einem Waldgelände machte ich eine kurze Rast und probierte zum ersten Mal in den USA mein Mobiltelefon, in dem ich ja jetzt die amerikanische SIM-Karte hatte. Es klappte auf Anhieb.

Als Ziel meiner ersten US-Etappe hatte ich Rockport ausgesucht. Nach der nördlichen Umgehung von Burlington und Sterling ging es in süd-östlicher Richtung nach Sedro Woolley. Jetzt nicht um den Ort herum, sondern mitten hindurch. Das war aber unproblematisch. Der Ort war (oder ist immer noch?) wohl ein Zentrum der Holzindustrie. An der zu überquerenden Bahnstrecke war ein kleines Museum, das an die wohl besseren Zeiten der Holzwirtschaft erinnerte. Das Ortszentrum bestand aus der typisch-amerikanischen breiten Straße mit den üblichen Geschäften und sonstigen Etablissements auf beiden Seiten; und natürlich den auf beiden Straßenseiten in Quer-Richtung geparkten Vans und Pickups. Von der Ortsmitte führte mich die Radkarte vom Highway 20 nach Süden über den Skagit River auf die am südlichen Flussufer verlaufende Nebenstraße. Durch dichten Mischwald ging es immer am Skagit entlang nach Osten. Ich war bis zur nächsten Ortschaft praktisch allein unterwegs. Und das war ein ganzes Stück, nämlich 26 Meilen. Dann ging es über den Skagit wieder zurück zur Hauptstraße, dem Highway 20. Als ich auf diesen einbog, sah ich etwas, was ich in etlichen Reisebeschreibungen auf Fotos gesehen hatte, die alten Zementsilos von Concrete. Der kleine Ort erhielt seinen heutigen Namen, als 1905 die Portland Cement Company in der damaligen Ortschaft Baker ein großes Zementwerk errichtet hatte. Heute erinnert nur die Ruine der großen Silos an diese Epoche.

Von Concrete, wo ich gegenüber den alten Silos an einer Gasstation Mittagspause gemacht hatte, ging es weiter den Skagit entlang, jetzt auf der Hauptstraße, nach Rockport, wo ich im Howard Miller Steelhead Park auf dem Campground einen wunderschönen Platz für mein Zelt in einem für Hiker/Biker reservierten Teil des großzügigen Parkgeländes fand. Dort waren schon drei kleine Zelte aufgebaut, auch sah ich drei abgestellte Reiseräder und bald auch drei junge Burschen, die sich dort niedergelassen hatten. Es waren Studenten, die in den Sommerferien auf einer Radtour vom heimischen Seattle nach New York unterwegs waren. Sie waren also für die nächsten Wochen auf derselben Route; dennoch habe ich sie nicht wieder gesehen.

Als ich nach dem Zeltaufbau duschen wollte, hatte ich ein kleines Problem. Der noch ganz neue Münzautomat wollte entweder mit einer 1 Dollar-Münze oder mit 4 Quarters (=25 Cent-Münzen) gefüttert werden. Ich hatte nur eine einzige 1 Dollar-Münze, und zwar eine, die offensichtlich frisch aus der Münzprägeanstalt in den Verkehr gekommen war. Der Automat warf sie aber immer wieder aus. Ich ging dann zum Haus des Parkwärters, um die Dollarmünze in Quarters einzuwechseln.
Der Mann schaute sich die Münze, offensichtlich überrascht, sehr aufmerksam an und rief dann seine Frau aus dem Haus zu sich und zeigte ihr die Münze. Er erklärte, dass er eine solche Münze zum ersten Mal in der Hand halte und dass es die erst seit Kurzem gäbe.
Ich hätte die Münze behalten sollen; sie scheinen eine Rarität zu sein, denn ich habe in der ganzen Zeit, die ich in den USA verweilte, keine zweite gesehen.

Die nächste Etappe ging von Rockport zum Tagesziel Diablo; zunächst weiter entlang dem Skagit River, der sich durch ein zunehmend enger werdendes Tal schlängelte. Die Straße ging mit leichter Steigung das Tal hinauf; die umliegenden Berge erreichten hier schon über 2 000m Höhe und hatten schneebedeckte Spitzen. Nach 12 Meilen erreichte ich Marblemount, wo auf einem Schild darauf hingewiesen wurde, dass hier die letzte Versorgungsmöglichkeit für die kommenden rund 70 Meilen sei. Ich machte bei einer Pause gerne davon Gebrauch.
Bis zum Diablo Lake, wo ich auf dem Colonial Campground übernachten wollte, war es dann noch ein langer Weg. Die Straße ging mit zunehmender Steigung das enge Tal hinauf; der Skagit, dessen Verlauf sie immer noch folgte, verschwand stellenweise aus dem Blickfeld, auch war ein erster Tunnel zu durchfahren. Vorbei ging es auch an einem Wasserkraftwerk in Newhalem, welches nach der Info-Tafel die Stadt Seattle mit Strom versorgt. Endlich erreichte ich den Diablo Damm und bog von der Straße zum Campground ab.

Nach einer ruhigen Nacht, in der ich nur von einigen Eichhörnchen gestört wurde, die sich an meinen in einer Netztasche im Vorzelt untergebrachten Essensvorräten zu schaffen machten, ging es dann am nächsten Morgen richtig zur Sache; der erste Pass der Northern Cascades, der Rainy Pass 1480 m, war anzugehen. Gut 30 Meilen ging es mit gleichmäßiger Steigung auf breiter Straße hinauf. Nach nur kurzer Abfahrt ging es gleich zum nächsten Pass, dem Washington Pass, der mit 1669 m so viel höher ist, dass dort noch Schnee lag. Nicht auf der Straße natürlich, sondern im Gelände; und teilweise meterhohe Schneewälle an den Rändern. Es war aber weiterhin sonnig und warm. Da nach dem Pass eine sehr lange und steile Abfahrt kam, zog ich mir beim kurzen Halt auf der Passhöhe eine Windstopper-Weste über das kurzärmelige Trikot. Dann kam eine wunderschöne, 12 Meilen lange Abfahrt , die ich bei der gut ausgebauten Straße in hohem Tempo angehen konnte. Ich kam nach Mazama, wo ich in einem urigen Country Store eine längere Pause machte. Es gab z.B. auch frisch gebackenes Brot und natürlich Bier. Einige Meilen weiter dann übernachtete ich auf kleinem C-Platz „nur für Biker“; ich war einziger Gast, und hatte eine interessante Unterhaltung mit dem Besitzer!

Am nächsten Morgen war es nur ein kurzer Weg zur nächsten Ortschaft Winthrop; einer kleinen Stadt, wie man sie aus Western-Filmen kennt. Mit einem großen Becher Kaffee saß ich einige Zeit auf der Veranda eines Western Saloons und beobachtete den durchfahrenden Verkehr, der neben den allerorts zu sehenden großen Pickups aus riesigen Lumber Trucks bestand, die sich durch die enge Ortsdurchfahrt schlängelten.

Auch an diesem Tag stand wieder eine Pass auf dem Programm, der Loup Loup Pass. Der Anstieg war recht kurz und nicht besonders beschwerlich; die Abfahrt dafür recht lang und steil.
Jetzt, hinter den Pässen der Northern Cascades hatte die Landschaft ein ganz anderes Gesicht. Der dichte Wald war einer offenen Landschaft gewichen. Auch war es nicht mehr so grün; offensichtlich herrscht hier ein trockeneres Klima.

Hier traf ich Tom aus Boston, 56 Jahre, gerade aus der US-Airforce verabschiedet. Er hatte einen Platten am Hinterrad behoben und dazu das Rad auf den Kopf gestellt. Verzweifelt versuchte er, die Kette wieder aufzulegen. Er hatte in seiner Not schon nach dem Sherriff um Hilfe gerufen, der ihm aber auch nicht helfen konnte. Ich stellte das Rad wieder auf die Räder, und mit leichter Nachhilfe ließ sich die verwickelte Kette wieder entwirren und auflegen, sodass man das Hinterrad einsetzen konnte. Zusammen fuhren wir dann nach Okanogan, wo wir in einem Bikeshop Stopp machten. Tom kaufte einen neuen Schlauch; ich sah mich im Shop um und nachdem ich dem Inhaber erzählt hatte, dass ich in einem Fahrradgeschäft aufgewachsen bin, hatte eine interessante Unterhaltung mit ihm. Anschließend fuhren wir die wenigen Meilen weiter nach Omak; dort bauten wir in einem riesigen Sportgelände unsere Zelte aus. Dort hatte sich schon ein anderer Radreisender, Henk aus Holland – 70 Jahre, aus Alkmaar – häuslich eingerichtet. Er war am Vortag ein Teilstück mit Tom zusammen unterwegs gewesen und Tom hatte sich mit ihm hier in Omak verabredet.

In der Nacht plötzlich heftiger „Regen“! Er kam aus der auf dem gesamten Gelände installierten Sprinkleranlage; am nächsten Morgen gab es eine Entschuldigung vom zuständigen Mann der örtlichen Verwaltung und die Rückzahlung der 15 $ Übernachtungsgebühr. Mein Hubba Hubba hat die „Regenprobe“ bestanden.

Am nächsten Tag, Mi. 29.06., ging es zu Dritt weiter nach Wauconda. Vor der Passhöhe wurde auf einem einfachen Campground gezeltet. In der nahe gelegenen Gasstation mit Shop/Restaurant haben wir bei reichlich Bier gut gespeist.

Nach der ACA-Karte sollte es dann auf der NT-Route weitergehen über den Sherman-Pass, den letzten Pass westlich der Rocky Mountains. Im Wauconda-Restaurant hatte ein einheimischer Radsportler einen Flyer hinterlegt, in dem eine alternative Route, empfohlen wurde, Die war zwar etwas länger, sollte aber geringere Steigungen aufweisen als die Route über den Sherman-Pass. Tom wollte unbedingt diese Alternative nehmen; er hatte eine für mich nicht nachvollziehbare Abneigung gegen einen weiteren hohen Pass; vier Pässe seien vorerst genug, meinte er. Nachdem sich auch Henk für die alternative Route ausgesprochen hatte, schloss ich mich dem an. Die neue Route führte von Wauconda erst ein Stück nach Norden in die Nähe der kanadischen Grenze. Es war eine landschaftlich sehr schöne Strecke, auf der wir in Curlew eine Mittagsrast einlegten. In dem Restaurant an einer Straßenkreuzung, von der es zur Grenze ging, kamen wir ins Gespräch mit einem Paar aus dem nahen BC, das uns einen weiteren Umweg über Kanada empfahl. Wir folgten auch dieser Empfehlung und fuhren in Danville über die Grenze nach Alberta und nach gut 20 km in BC in Laurien wieder zurück in die USA. Von der Grenze an fuhren wir entlang dem Kettle River nach Kettle Falls. Dort fanden wir einen einfachen und billigen (5 $) C-Platz.

Jetzt wieder auf der NT-Route ging es am Freitag, 01.07., weiter nach Colville. Dort ging uns Henk verloren; er musste zum Optiker, Tom zu einer Fahrradwerkstadt, ich zu einem Sportgeschäft, um eine Short zu kaufen. Am Ortsausgang Richtung Ione wollten wir uns wieder treffen. Tom habe ich getroffen; zusammen sind wir nach einer langen Tagesetappe in einem Motel in Ione abgestiegen, aber nach Henk hatten wir den ganzen Tag vergeblich Ausschau gehalten.

Sehr früher Start am Samstag; in Usk fand ich in einer Tankstelle eine Nachricht von Henk, ihn selbst haben wir aber nicht wieder getroffen. Mit Tom ging es über die Grenze nach Idaho mit dem Ziel Sandpoint. Auf dem Weg dahin stießen wir auf ein Paar auf seinem Ausflug mit Moutainbikes. Die beiden luden uns ein, bei ihnen im Garten zu zelten. Wir nahmen die Einladung gerne an. Auch die zum gemeinsamen Abendessen und zum Frühstück am nächsten Morgen.

An dem ging es zunächst nach Sandpoint, der einzigen größeren Stadt in diesem nördlichen Teil von Idaho. Nach einem kurzen Stopp in einem Fahrradgeschäft ging es weiter zur nahen Grenze zu Montana. Das nördliche Idaho war also schnell durchradelt; kein Wunder, es besteht hier auch nur aus einem schmalen Schlauch, dem sog. Panhandle.

Nach dem Grenzübergang fanden wir nach kurzer Fahrt auf der ruhigen Straße durch schöne Berglandschaft einen schönen Zeltplatz in Noxon, wo sich unsere Routen trennten; Tom fuhr weiter auf der Northern Tier-Route nach Norden (Libby), ich abweichend davon nach Südosten auf dem Hw 200 mit dem Ziel Missoula.


Montag, 04. Juli, Independence Day!, Ich war wieder allein unterwegs. Auf dem Highway 200 ging es durch das weite und offene Tal des Clark Fork nach Südosten. Über Trout Creek und Thompson Falls kam ich am späten Nachmittag nach Plains. Da es sehr heiß war, entschloss ich mich, nicht noch weiter zu fahren, sondern hier Station zu machen. Nach der Karte gab es in Plains keinen Campground; also suchte ich nach einem Motel. Am südlichen Ortsausgang fand ich auch eines, offensichtlich das einzige. Als ich nach einem Zimmer fragte, erhielt ich von dem perfekt bayerisch sprechenden Manager nur als Antwort „Independence Day! will heißen, alles voll oder „no vacancy“. Er sagte dann aber in seinem bayerisch, das er in über 20 Jahren bei der Army in Bayern gelernt hatte, warte mal!“ und griff zum Telefon. Nach kurzer Unterhaltung mit einen offensichtlich guten Bekannten, nahm er einen Zettel und malte eine Streckenbeschreibung zum Fairground auf der anderen Seite des Clark Fork River. Dort sollte ich zelten können.

Schnell hatte ich den Fairground gefunden; schon auf dem Weg zum Motel hatte ich das große Hinweisschild gesehen. Am Eingang zum Gelände wurde ich gleich von einem älteren Mann in Empfang genommen, der mich mit seinem Elektrokart durch das riesige Gelände zu einer großen frisch gemähten Grasfläche bugsierte. In der Mitte war ein großes Sanitärgebäude, das eigens für mich aufgeschlossen wurde. Ich baute mein Zelt auf und blieb die ganze Nacht über allein auf dem Gelände.

Am Dienstag ging es dann nach Missoula! Die Fahrt ging durch eine wunderschöne Berglandschaft mit verstreut liegenden Farmen. Die letzten Meilen von Ravalli waren recht nervig und anstrengend. In Missoula fand gleich ein einfaches und preiswertes Motel. Obwohl ich an diesem Tag bereits 126 km gefahren war, war erst früher Nachmittag. Ich machte mich daher nach der Einquartierung gleich auf und fuhr mit dem jetzt unbeladenen Rad weiter ins Stadtzentrum, wo ich schnell die Zentrale von ACA fand, welche in einem noch relativ neuen Gebäude untergebracht ist, das ursprünglich als Kirche gebaut und auch eine Zeit lang genutzt worden ist. Den Rest des Nachmittags hielt ich mich dort auf, nutzte die Bibliothek und hatte interessante Unterhaltungen mit den Mitarbeitern und den anderen Radreisenden, die dort ein- und ausgingen. Auch kaufte ich in dem kleinen, aber gut sortierten Shop eine neue Lenkertasche, deren Adapter ich gleich vor Ort am Lenker meines LHT montierte.

Am nächsten Morgen kam ich auf meinem weiteren Weg wieder bei ACA vorbei und kehrte erneut ein, um den freien Internetzugang zu nutzen. Nach einigen Besorgungen in einem Supermarkt machte ich mich dann gegen Mittag auf den Weg in Richtung Rocky Mountains. Dazu musste ich wieder auf Highway 200 ein Stück weiter nach Osten in Richtung Great Falls fahren. Die ersten Meilen aus Missoula heraus auf einer Nebenstrecke, auf der ich nach 10-12 ml glaubte, mich verfahren zu haben. Ich fuhr folglich wieder zurück und nahm einen neuen Anlauf. Dabei stellte ich fest, dass ich doch auf dem richtigen Weg gewesen war; somit war ich gut 20 Meilen umsonst geradelt. Schon bald begann die Straße zunächst leicht, dann immer stärker anzusteigen. In der Ferne tauchte auch bald die Silhouette der Rocky Mountains mit den schneebedeckten Spitzen auf.

Da mein nächsten Ziel der Glacier National Park im Norden von Montana war, bog ich nach etwa 20 Meilen vom Hw 200 nach Norden auf Hw 83 ab und erreichte nach weiteren 15 mein nächstes Etappenziel Seeley Lake. Wie die Ortsnamen entlang dieser Strecke schon verraten, führt die Straße an einer Kette von kleinen und mittelgroßen Seen entlang. In Seeley Lake konnte ich hinter einem Motel in einem lichten Waldstück mein Zelt aufbauen und Dusche und Toilette im Motelgebäude nutzen. Zudem gab es dort Wasser aus Plastikflaschen, dann man sich aus einer mit Trockeneis gefüllten Box holen konnte, ohne dafür etwas zahlen zu müssen. Bier gab es leider nicht umsonst, aber im benachbarten Tankstellenshop zum üblichen Preis.

Weiter ging es am nächsten Morgen auf dem wunderschönen Hw 83. Zur Rechten immer im Blick der Rocky Mountains, zur Linken die Mission Range, jeweils mit schneebedeckten Gipfeln. Unterwegs begegnete ich einem Radler, der mit MTB und Hänger eigentlich auf der Continental-Divide-Route nach Süden wollte, aber wegen zu viel Schnee auf den tiefer gelegenen Highway ausweichen musste. Ich radelte auf fast ebener Straße durch ein weites Tal entlang einer Kette von Seen; auf beíden Seiten die schneebedeckten Dreitausender.

In Condon, auf etwa halber Strecke zum Tagesziel, sah ich ein Post Office. Spontan entschloss ich mich, anzuhalten und einige Teile meiner Ausrüstung, auf die ich nach den bisher gemachten Erfahrungen glaubte verzichten zu können, nach Hause zu schicken. Mit Hilfe der netten Dame im Post Office packte ich einige Sachen in einen mittelgroßen Karton und war ich anschließend mit 7 kg weniger unterwegs. Sicher nicht schlecht für die bald kommende Überquerung der Rocky Mountains.

Swan Lake war mein Tagesziel. Nach einigen Reiseberichten, die ich in „crazyguyonabike.com“ gelesen hatte, wusste ich, dass man hinter dem dortigen Trading Post sein Zelt aufstellen und übernachten konnte. Das tat ich dann auch; zuvor allerdings gönnte ich mir aber ein kühles Bier., denn er war wieder ein sehr heißer Tag. Mein Zelt war das Einzige auf dem weiträumigen bewaldeten Gelände, auf dem etliche Hütten standen, in denen vor allem Angler einquartiert waren, die im nahen See ihr Glück versuchten.

Schon früh am Abend kam das angekündigte Gewitter, von dem ich – vergeblich, wie sich später herausstellte - etwas Abkühlung in den folgenden Tagen erwartete.

Im Trading Post konnte ich die Zeit vor und nach dem Abendessen mit meinem Netbook verbringen. Hier klappte es endlich mit dem Internetzugang. Die in großer Zahl eingegangenen E-Mails wurden bearbeitet bzw. gelöscht; der Reisebericht konnte endlich in Angriff genommen werden.

Gegen Abend stellten sich immer mehr Gäste ein, und ich lauschte interessiert den Gesprächen, die sich vor allem um das Angeln im nahen See, aber auch um die in der Gegend immer häufiger herumstreunenden Schwarzbären drehten.

Die junge Frau, die im Laden und kleinen Cafe`-Restaurant bediente, war übrigens eine Lehrerin, die, wie sie erzählte, in der Ferienzeit kein Gehalt bekam und sich daher mit anderer Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen musste.

Fotos: www.picasaweb.google.de/elrayno/nordamerika2011
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#802039 - 02/21/12 08:28 AM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
gustavson
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bravo bravo

.... ich freu mich schon auf den nächsten Teil, hab gerade geöffnet und du gerade den Bericht eingestellt!
Bin mal gespannt wie es weitergeht, gleichzeitig möchte ich dir danken, das du den Bericht veröffentlichst.

mfg Gustavson
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#802041 - 02/21/12 08:45 AM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
JohnyW
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Hi,

In Antwort auf: rayno
eher mit unterstützendem Rückenwind rechnen kann. (Was sich auf meiner Reise leider nicht bewahrheitete. Ich hatte an den 12 Tagen im östlichen Montana und in Nord Dakota nur an einem Tag Rückenwind; sonst kam der Wind immer aus östlicher Richtung.)

Ach das war schon immer so: Wind ist unplanbar, daher sollte man diesen bei der Planung nicht berücksichtigen, hattest ja noch bessere Gründe

In Antwort auf: rayno
Von den Halbtagesetappen abgesehen habe ich täglich 7 bis 10 Stunden beschwerdefrei im Sattel gesessen.
tja, dann würde ich auf Halbtagesetappen verzichten grins
Homepage: http://thomasontour.de
Neu 21.10.2009: 2. Bericht Projekt Hessen aus dem Jahr 2007

Edited by JohnyW (02/21/12 08:45 AM)
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#802054 - 02/21/12 09:30 AM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: JohnyW]
rayno
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Danke Thomas! Dieser Lapsus war bisher noch niemand aufgefallen.
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#802117 - 02/21/12 12:41 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
otti
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Aber Lothar, tu doch nicht so. Dir geht es doch nur wirklich gut, wenn Du dem Rad sitzt. eigentlich dürftest Du gar nicht absteigen.
Viele Grüße
Ulli
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#802134 - 02/21/12 01:32 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
MapaMundi
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Tolle Reise. Ich finds gut, auch so eine lange Reise allein zu machen, aber wo die "amerikanisch-kanadische Grenzlinie" ist, das musst du mir erklären!!
Liegt die in der Ecke der europäisch-französischen oder der asiatisch-chinesischen Grenze???
saludos
DonChori
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Off-topic #802136 - 02/21/12 01:42 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: MapaMundi]
ro-77654
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Ich antworte mal stellvertretend für den Threadstarter oberlehrerhaft dem Herrn Oberlehrer:

Eine Grenze kann doch nicht in der Ecke liegen! Das muss "in der Gegend" oder "Region" heißen. Eine Ecke wäre nur ein Punkt, Grenzen sind Linien.

Dreifache Fragezeichen entsprechen nicht den Rechtschreibregeln!

-----------
Im Ernst: Der Verzicht auf "us" bzw. USA oder "Vereinigte Staaten von Amerika" und die Verwendung von "Amerika", "amerikanisch" und "Amerikaner" ist im Sprachgebrauch üblich, wenn einmal klar benannt wurde, dass es um die USA geht.
Gewerblich: Autor und Lastenrad-Spedition, -verkauf, -verleih

Edited by robert-77654 (02/21/12 01:43 PM)
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Off-topic #802143 - 02/21/12 02:02 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: ro-77654]
MapaMundi
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Es geht dem Oberlehrer auch nicht darum, ob dabei Missverständnisse entstehen oder nicht, ich kann diese Art Ignoranz nicht leiden, mehr als 3/4 der Fläche und immerhin noch 2/3 der Bevölkerung dieses Kontinentes zu übergehen.
Wie gesagt hat das nichts mit dem Schreiber der tollen Reise zu tun, aber ich reagiere auf so etwas allergisch.
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#802148 - 02/21/12 02:14 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
windundwetter
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Prima, Lothar, ich freue mich auf die Fortsetzung. schmunzel

Ach ja, mich würde noch interessieren, aus welchem Grund Du Dich für die nördliche Vorbeifahrt an den großen Seen entschieden hast. Und vielleicht auch noch, wieso es generell eine so weit nördlich liegende Route geworden ist.
Gruß,
Rainer
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Off-topic #802149 - 02/21/12 02:15 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: MapaMundi]
Thomas1976
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Zitat:
Wie gesagt hat das nichts mit dem Schreiber der tollen Reise zu tun, aber ich reagiere auf so etwas allergisch.


Kannst Du den Oberlehrer bitte nicht in diesem tollen Reisebericht raushängen lassen böse
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#802153 - 02/21/12 02:30 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
kettenraucher
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Wow! Phänomenal und aus tausend Gründen absolut großartig.

Wie schön, dass Du uns die detaillierte Fassung gönnst.

Natürlich habe ich ein paar tausend Fragen. Will mich an dieser Stelle aber auf nur eine beschränken: War es OK alleine zu fahren oder hättest Du zwischendurch gern mal ´nen Kumpel dabei gehabt?
Allen gute Fahrt und schöne Reise.
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#802156 - 02/21/12 02:50 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: windundwetter]
rayno
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Zur "nördlichen Vorbeifahrt" äußere ich mich noch in einem späteren Teilbericht. Generell bin ich schon eine - nach meinen Vorlieben - südliche Route gefahren. Ursprunglich wollte ich noch viel weiter nördlich, alos nur in Kanada, den Kontinent durchqueren.
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#802158 - 02/21/12 02:55 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: kettenraucher]
rayno
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Für mich kann von vornherein nur eine Alleinfahrt in Betracht, vor allem bei einer so langen Reise. Das war auch auf den früheren Reisen so, schon zur Schülerzeit in den späten 50ern. Ich war aber nicht immer allein, sondern hatte zeitweise Begleiter, die auf derselben Route unterwegs waren. Das wird in den nächsten Teilen des Berichts auch noch deutlich.
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#802162 - 02/21/12 03:09 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: MapaMundi]
rayno
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@DonChori,
ich bin gerade von einem Spaziergang mit meinem Hund zurückgekommen und habe dabei zweimal die deutsch-holländische Grenze überquert; einmal hin und dann wieder zurück. Dabei gibt es garkeine gemeinsame Grenze zwischen Deutschland und Holland; dennoch spricht hier jeder davon, dass er eben nach Holland fährt, um Kaffee zu kaufen oder um Diesel tanken.
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#802173 - 02/21/12 04:07 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
luckyloser
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geniale Tour, wünderschöne Bilder! Ach! Muss gleich mal ne runde Träumen... unschuldig
Danke fürs Vorstellen!!
Magst du eine ungefähre Hausnummer nennen, was dich der Trip gekostet hat?
Viele Grüße vom nordsüchtigen Holger
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#802179 - 02/21/12 04:22 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: luckyloser]
rayno
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Bei der Planung stand meine Tour unter dem Motto "mit 70 in 70 Tagen 7000 km". Die 7000 km trafen dann tatsächlich nicht zu. Dafür könnte ich eine mit 7 beginnende glatte Zahl, aber mit einem anderen Bezug, nennen. Das lass ich aber lieber.
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#802233 - 02/21/12 07:07 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
Pedalpetter
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Hallo Lothar,

danke, dass Du doch einen Reisebericht einstellst. bravo
Ich freue mich schon auf die nächsten Teile.
(Auch, um einmal eine europäische Sicht der Northern Tier zu lesen)
Gruß
Volker
Gruß
Volker
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#802373 - 02/22/12 08:43 AM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: Pedalpetter]
rayno
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Teil 2

Über die Rocky Mountains

Es geht also weiter mit der Übernachtung im Zelt hinter dem Trading Post in Swan Lake.
In den Abendstunden gab es das angekündigte Gewitter. Im Zelt habe ich davon nicht allzu viel mitbekommen. Die Nacht verlief dann ruhig.
Am nächsten Morgen beim obligatorischen Kaffeetrinken, zu dem sich die Bewohner der Cabins und auch einige Männer, die in Cabins in der näheren Umgebung untergebracht waren, im Trading Post trafen, wurde ich von einer Frau mit der Frage angesprochen, ob ich keine Angst gehabt hätte. Wieso Angst? Und wovor? fragte ich zurück. Vor dem großen Schwarzbär, der sich in den frühen Morgenstunden durch das Gelände hinter dem Trading Post herumgetrieben habe, auch um mein grünes Zelt herum. Ich sage, dass ich davon nichts mitbekommen habe, weder was gehört, noch etwas gesehen. Wahrscheinlich hat der Bär mich nicht weiter belästigt, weil mein grünes Außenzelt – für Bären – immer noch entsetzlich nach Chemikalien stank. Dieser Geruch muss den für Bären anziehenden Geruch nach Essenswertem überdeckt haben, denn meine Küchentasche mit den Essensvorräten hatte ich unvorsichtigerweise im Zelt untergebracht. Mich hatte auch niemand gewarnt und auf den möglichen nächtlichen Besuch von Bären hingewiesen, obwohl die Gespräche unter den Einheimischen im Trading Post sich oft um die starke Zunahme der Schwarzbärenpopulation in der Gegend drehten.

Das war also meine erste Begegnung mit einem Bären; leider - oder soll ich besser sagen: Gott sei Dank! - habe ich davon nichts mitbekommen.

Die Weiterfahrt am nächsten Morgen, also am 08.07. verlief unspektakulär mit dem Tagesziel Glacier Park. Das letzte Stück dahin auf dem stark frequentierten Hw 2 war etwas nervig. Am Nachmittag erreichte ich dann endlich West Glacier. Als ich mich im Ort nach einer Einkaufmöglichkeit umsah, sah ich auf der anderen Straßenseite drei Radler, zwei davon mit bepackten Reiserädern. Beim Überqueren der breiten Straße erkannte ich zwei Bekannte, mit denen ich zusammen auf dem Campground Noxon eine Woche zuvor übernachtet hatte: das nette Paar aus Neuseeland.
Sie erzählten mir, dass die Going-to-the-Sun-Straße noch nicht geöffnet sei, man sie aber bis einige Meilen vor dem Logan Pass mit dem Rad befahren könne. Und als Tipp gaben sie mir mit, den langen Anstieg bis zur Loop mit den dauernd hin und herpendelnden Shuttlebussen zu machen.
Ich fuhr dann in den Park, zahlte die 12 $ Eintritt und baute mein Zelt im Campground Apgar auf.

Am nächsten Morgen dann in aller Frühe zum Startort der Shuttlebusse; übrigens Mercedes Sprinter mit Dodge-Aufmachung. Pro Bus können bis zu zwei Räder mitgenommen werden, und zwar auf an der Fahrzeugfront angebrachten Trägern. Die Auffahrt von 1 ½ Stunden Dauer kostete nichts; dieser Service war mit den 12 $ Eintrittsgebühr schon abgegolten.

Unterwegs im Shuttlebus dachte ich immer wieder, „gut dass du da nicht ganz mit dem Rad rauf musst“; denn die Auffahrt zunächst entlang dem Lake McDonald, dann durch den dichten Wald war erheblich länger als ich sie mir nach dem Kartenstudium vorgestellt hatte. Die Steigung nahm dabei erst oberhalb des McDonald merklich zu, sollte ab da aber konstant 6 % betragen, wie ich in einer Broschüre zum Glacier NP lesen konnte.
An der Loop, der großen Spitzkehre, die ich lange für die Passhöhe gehalten hatte, wurden alle Passagiere ausgeladen; neben mir als einzigem Radler noch ein halbes Dutzend Fußgänger. Alle machten sich daran, gleich Fotos von der beeindruckenden Bergwelt zu machen. Ich setzte mich aufs Rad und begann, die restlichen Meilen zum Logan Pass in Angriff zu nehmen, soweit die Straße für Fußgänger und Radfahrer befahren werden konnte. Ohne das sonst immer mitgeschleppte Gepäck fielen mir die 6 % Steigung, recht leicht; und ich überlegte immer, wie ich da mit der gesamten Ausrüstung hochgekommen wäre. Immer wieder hielt ich an, um weitere Fotos zu machen; so wie es auch die anderen Passanten taten. Etwa 3 Meilen nach der Loop war Schluss. Man sah vor sich in Richtung Passhöhe die Baustelle. Man war offensichtlich dabei, die talseitigen Befestigungen zu erneuern, eine Arbeit, die wohl in jedem Sommer vor der Eröffnung zu erledigen ist, in diesem Jahr sollte es wohl besonders gründlich geschehen.

Auch am Ende der Auffahrt, wo sich mit der Zeit etliche Personen, zumeist Fußgänger, nur zwei Radfahrer, eingefunden hatten, wurden eifrig Fotos gemacht. Ein Damenclub von der Ostküste interessierte sich auffällig für meinen LHT. Für mich schon überraschend, dass sich offensichtlich gutsituierte Damen zwischen 50 und 60 nach Details meines Surly.Bikes erkundigten. Eine der Damen erbot sich dann auch, Fotos von mir samt Rad zu machen.

Die Abfahrt machte ich dann natürlich ganz mit dem Rad. Wieder war ich überrascht, wie lang sie sich hinzog. Ich konnte sogar im unteren Teil die Sperrzeit für Radler (11 a.m. - 4 p.m.) nicht einhalten. Um 11.30 Uhr war ich immer noch in diesem Streckenbereich unterwegs. Aber ganz so eng sieht man das wohl nicht, denn aus dem Fahrzeug der Park Ranger wurde mir vom Beifahrer mehrmals fröhlich zugewunken.

Unten auf dem Campground in Apgar wieder eingetroffen, war zu entscheiden, was zu tun sei. Da es noch früh am Tag war, entschied ich mich zu sofortigem Aufbruch, so wie es auch die Neuseeländer tags zuvor gemacht hatten. Also zurück nach West Glacier und dann auf dem Hw 2 zum südlicher gelegenen und nicht so hohen Passübergang, Marias Pass. Für diesen Übergang über die Rockies hatten sich früher die Eisenbahnbauer entschieden. Die Straße, also Hw 2, folgt dieser Route. Ganz bis zum Pass schaffte ich es an diesem Tag nicht mehr, sondern machte etwa auf halber Strecke dahin Station, in Stanton, einer Kombination aus Restaurant und C-Platz. Frequentiert hauptsächlich von Anglern, die im nahe gelegenen See ihr Glück versuchten.

Nach sehr kalter Nacht ging es bei sehr frischen Temperaturen weiter. Gegen 12 Uhr war ich auf der Passhöhe; die Auffahrt war in der Tat nicht schwer. Oben kurzer Stopp mit Studium der Info-Tafeln zur Geschichte des Bahn- und Straßenbaus über die Rocky Mountains und der kontinentalen Wasserscheide.

Dann die schöne und lange Abfahrt. Wie beim Aufstieg von Westen war auch der Abstieg nach Osten recht gemächlich; man konnte das Rad einfach laufen lassen ohne bremsen zu müssen; die Eisenbahn musste den Übergang ja auch bewältigen können. Dass jene damit genug zu tun hatte, konnte man daran sehen, dass die langen Güterzüge nicht nur vorn die üblichen drei Dieselloks hatten, sondern auch hinten noch zwei. Manche sogar eine weitere Lok in der Mitte. Die Loks haben übrigens die Aufschrift BNSF, was bedeutet: Burlington Northern Santa Fe. Vor einiger Zeit ist offensichtlich eine Fusion der Burlington Northern mit der Santa Fe erfolgt. Einige Loks und vor allem Waggons tragen auch noch die alten Bezeichnungen, also nur BN oder Santa Fe.

Zu Ende ging die Abfahrt in East Glacier, wo ich kurzen Nachmittagshalt machte, dann aber noch ein Stück hinaus in die Prairie fuhr, und zwar bis Cut Bank. Auf dem Weg dahin hatte ich dann meine ersten Reifenpannen, zuerst hinten, dann schon in Sichtweite des Tagesziels auch noch vorne.
Davon ziemlich genervt, stieg ich in Cut Bank im erstbesten Motel ab, einem der Kette Super 8.
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#802463 - 02/22/12 02:18 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
olafs-traveltip
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Wer mehr zur BNSF erfahren möchte, finde es hier:
BNSF
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#802498 - 02/22/12 04:29 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: olafs-traveltip]
rayno
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Hier noch im Nachtrag die genaue Route zum Teil 2 des Reiseberichts:

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=uuuefmemhnuiyqwp
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#803278 - 02/24/12 05:50 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
luckyloser
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#803395 - 02/25/12 08:45 AM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: luckyloser]
rayno
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Und jetzt geht es über die Prairie:

Reisebericht Teil 3

Über die Prairie

Ja die Prairie; welche Vorstellungen verbinden sich damit: Hügelige, grasbewachsene Weite und – natürlich – Büffel. Letztere habe ich nicht gesehen. Dazu hätte ich in eines der Reservate fahren müssen, zu denen ich Wegweiser gesehen hatte. Grasbewachsene Weite: Ja , und natürlich auch Hügel, d.h. für Radfahrer recht knackige Steigungen. Die Prairie, die ich durchradelt habe, umfasst den östlichen (größeren) Teil Montanas von East Glacier bis östlich Culbertson; ca. 700 km, und Nord Dakota von westlich Williston bis zur Grenze zu Minnesota am Red River ca. 500 km; insgesamt also rund 1200 km.

Man ist mit dem Rad also schon etliche Tage unterwegs; und jeden Tag fast dasselbe Bild: Grüne, fast baumlose Weite, und jeden Tag die Eisenbahn. Ja, wenn die nicht wäre! Dann wäre es noch eintöniger als ohnehin schon. Aber gerade die Eintönigkeit ist es, die mich herausgefordert hat. Abwechslung in die Monotonie brachte in der Tat die Eisenbahn. Meine Route, der Hw2, verläuft entlang der Eisenbahntrasse, die in den 90ern des vorigen Jahrhunderts angelegt worden ist, und die den mittleren Westen mit Chicago, Minneapolis etc. mit dem Nordwesten der USA verbindet. Der Eisenbahnverkehr ist heute fast ausschließlich Güterverkehr. Kolossal beeindruckt war ich immer wieder von der Länge der Güterzüge. Es dauerte oft 15 bis 20 Minuten, bis ein in meiner Richtung fahrender Güterzug mich in voller Länge überholt hatte. Die Güterzüge kündigten sich immer mit einem Höllenlärm an. Kein Pfeifen, da Dieselloks, sondern ein Geräusch, das mich immer an Märchen erinnerte, in denen der Drachen aus seiner Höhle hervorkommt. Und ich fragte mich oft: Warum dieser Lärm? Es ist doch niemand da, der gewarnt werden müsste; zumeist jedenfalls.
Wenn die Straße besonders nahe an der Bahntrasse verlief, konnte man in der ersten Lok den Lokführer sehen und ihm zuwinken. Meistens bekam man auch eine Antwort, entweder ein Zurückwinken oder ein kurzer Stoß aus der Krachmaschine.

Bei der Fahrt über die Prairie wurden die Güterzüge von drei Loks gezogen, manche auch nur von zwei. Weiter im Westen, also im Gebirge kamen oft zwei Schiebeloks am Ende hinzu. Ein besonders langer Zug, der offensichtlich Kohle geladen hatte, hatte vorne vier Loks, hinten zwei und in der Mitte noch eine.

Personenverkehr findet auf der Strecke auch statt. Die Amtrak unterhält einen regelmäßigen Verkehr von Chicago/Minneapolis nach Seattle. Dreimal bekam ich einen dieser Amtraks zu sehen. Leider immer erst so spät, dass ich keine Fotos von den schnelleren und weniger Krach machenden Personenzügen schießen konnte, zumal sie auch immer in meiner Richtung unterwegs waren. Ich konnte nur den mir zuwinkenden Passagieren zurückwinken.

Die Güterzüge waren also die eine Abwechslung. Eine andere – weniger häufige – waren die Begegnungen mit anderen Radlern. Man sah sich schon von Weitem; und selbstverständlich hielt man an, um sich auszutauschen.
Eine Begegnung ist mir besonders in Erinnerung geblieben, weil ich mich immer wieder frage, wie es dem jungen Norweger wohl weiter ergangen ist. Aber der Reihe nach. Zunächst begegnete mir ein junger Amerikaner aus Connecticut, der gleich davon sprach, das bald noch ein Radler aus östlicher Richtung kommen würde. Er sei mit einem jungen Norweger einige Tage unterwegs gewesen, der aber an diesem Morgen wegen eines Problems an seinem Hinterrad in Havre erst zu einer Fahrradwerkstatt gefahren sei.
Etwa zwei Stunden später sah ich Torleif mir entgegenkommen. Ich sprach ihn auf Norwegisch an, bzw. was ich darunter verstand. Er war ganz aus dem Häuschen ob dieser Begrüßung und stellte sich als Torleif Markussen aus Tromsö vor. Auf sein Problem mit dem Hinterrad angesprochen zeigt er mir den Defekt an der Felge, den der Mechaniker in Havre leider nicht beheben konnte. Es handelte sich um einen Materialausbruch im Bereich eines Nippelsitzes. Ein mir bekanntes Problem, welches auftritt, wenn dem Einsatzzweck nicht entsprechendes Material verwendet wird. Hier handelte es sich darum, dass in einem sehr hochwertigen und entsprechend teuren Fahrrad Downhill-Systemlaufräder eingebaut waren, die für den Einsatz in Reiserädern nicht konzipiert sind. Der Mechaniker konnte lediglich die benachbarten Speichen etwa fester anziehen, um einen gewissen Ausgleich für die wegen des Materialbruchs ausgefallene Speiche zu erreichen.
Mir ist in den folgenden Tagen oft durch den Kopf gegangen, wie es Torleif wohl ergangen ist; ob er mit dem behelfsmäßig reparierten Hinterrad über die Prairie und die Rockies bis nach Whitefish gekommen ist, wo meines Wissens der nächste Bikeshop ist, der ihm mit einem neuen Hinterrad weiterhelfen könnte.

Was kann ich sonst über die Prairie berichten? Ich kann die Orte aufzählen, in denen ich Station gemacht habe. Das sind der Reihe nach: In Montana: Cut Bank, Chester, Havre, Malta, Glasgow, Culbertson. In Nord Dakota: Williston, Stanley, Minot, Rugby, Lakota, Cooperstown.
Die Aufzählung der Übernachtungsstationen zeigt schon an, dass man mit dem Rad etliche Tage braucht, um die rund 1200 km über die Great Plains zu schaffen. Dabei hatte ich auch noch das Pech, an fast allen Tagen nicht den erwarteten Rückenwind zu haben, sondern zumeist Gegenwind. Und in einer fast baumlosen Gegend ist der Wind für Radfahrer besonders deutlich spürbar; das im Negativen, aber auch im Positiven. Dennoch war die lange Fahrt über die Prairie für mich ein unvergessliches Erlebnis und einer der Höhepunkte meiner Reise.

Gab es besondere Vorkommnisse in der Prairie? Eigentlich nicht, wenn man von den Thunderstorms absieht, die sich regelmäßig nachmittags oder abends einstellten. Wohl eine Folge der hohen Tagestemperaturen. Mein Thermometer zeigt an den meisten Tagen schon ab 10 Uhr 30° C und mehr an. Ich habe mich gewundert, dass mir diese mir ungewohnte Hitze beim Radfahren wenig ausgemacht hat. Ich schreibe bewusst Thunderstorms und nicht Gewitter, weil sie mit meiner Vorstellung von Gewitter wenig gemein haben und die Betonung auf dem zweiten Teil des Wortes gelegt werden muss. Zum Glück konnte man sich immer rechtzeitig und verlässlich in den Raststätten über die Wetterlage informieren.

Auffällig freundlich und interessiert waren die Menschen, denen man unterwegs begegnet ist. Zumeist in den Raststätten, wo sich Einheimische mit Truckern und den wenigen Bikern bei Frühstück, Imbiss oder auch nur Kaffee treffen. Immer wurde man gefragt, woher und wohin und zum Schluss immer das „be carefull“.
Mit den Truckern hatte ich entgegen mancher Warnungen auch auf dem Highway keine Probleme. Sie waren mir gegenüber immer rücksichtsvoll und freundlich. Gefährliche Situationen habe ich selbst in der Erdölregion im westlichen Nord Dakota mit den oft in dichter Aufeinanderfolge fahrenden Tanklastern nicht erlebt.

Meine Fahrt über die Prairie endete mit einem Museumsbesuch in der Nähe von Cooperstown im Südosten von Nord Dakota. Weil ich einen kleinen Umweg machte, kam ich zufällig an einem großflächigen, flachen Gebäude vorbei, das sich nur durch unübersehbare Hinweisschilder als Museum zu erkennen gab. Worum geht es in dem Museum? Es geht um die neuere Geschichte, nicht nur der USA. Die Great Plains spielten (und spielen immer noch, wenn auch eine gewandelte) eine entscheidende Rolle im sogenannten Kalten Krieg. Als Standort der strategischen Interkontinentalraketen bildeten die Great Plains die Basis für das Raketenabschreckungssystem der USA, und damit des Westens, gegenüber der Sowjetunion. In den 70er und 80er Jahren wurden in Montana, Wyoming und eben Nord Dakota rund 1000 Minuteman-Raketen mit atomaren Sprengköpfen aufgestellt. Jeder Sprengkopf mit der 300fachen Wirkung der Hiroshima-Atombombe, wie bei der Museumsführung berichtet wurde. In Umsetzung des START-Abkommens haben die USA einen Teil dieser Raketen abgebaut, darunter die im Bereich Grand Forks im Osten von Nord Dakota.

Das Museum in Cooperstown war früher eine der Leitstellen der im Bereich Grand Forks installierten 150 Minuteman-Raketen. Von dieser Leitstelle wurden 15 Minutemans überwacht und wären im Ernstfall von hier gestartet worden. Die Raketen selbst waren im Abstand von etlichen Meilen an verschiedenen Standorten in Silos untergebracht. Auch von diesen Silos ist eines quasi als Außenstelle des Museums erhalten geblieben, natürlich ohne Inhalt, dafür umgeben von zahlreichen Schautafeln.

Die Anlage Cooperstown wurde nach dem Abbau der Minutemans von der US-Airforce dem damals gegründeten Museum unverändert überlassen. Oberirdisch sieht die Anlage aus wie ein normales Gewerbegebäude; die wichtigen Anlagen befinden sich Stahlkontainern 15 m unter der Erdoberfläche. Alle technischen Installationen sind noch erhalten. Auf meine Frage, ob man die Anlagen fotografieren darf, hieß es „selbstverständlich“. Ich wunderte mich ohnehin ein wenig, wie offen auch über die heute noch 450 intakten – und natürlich auf den aktuellen Stand der Technik weiterentwickelten – Raketen berichtet wurde. Die Museumsführerin zeigte zum Beispiel eine Karte, auf der nicht nur die inzwischen aufgelassenen Raketenstandorte eingezeichnet waren, sondern auch die Standorte der verbliebenen 450 Minutemans, nämlich in Montana, Wyoming und in Norddakota in der Gegend um Minot. Sie wies auch darauf hin, dass diese 450 Raketen nicht mehr einseitig auf das Gebiet der früheren Sowjetunion ausgerichtet seien, sondern auch und vor allem auf Ziele in anderen Regionen; und dass für jede einzelne Rakete täglich eine neue Zielprogrammierung erfolge. Ob man das als beruhigend empfindet, man jeder selbst beurteilen.

Für mich interessant auch, wie die im Originalzustand erhaltenen oberirdischen Anlagen, die Schlaf- und Aufenthaltsräume mit ihrem gesamten damaligen Inventar, wie Bücher, Zeitschriften, Radios, Fernseher, auch die Küche, die sanitären Anlagen (können von den Besuchern genutzt werden), welche nach relativ kurzer Zeit schon heute einen nostalgischen Charakter haben.

Route: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=bvbqvcfcrzsjkktu

Fotos: : www.picasaweb.google.de/elrayno/nordamerika2011
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#803471 - 02/25/12 01:08 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
SuseAnne
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Hallo Lothar,

beeindruckende Reise, toller Reisebericht, einfach mal wieder Forumslektüre zum Verschlingen.

Guck mal: ist der hier Dein Norweger?

Suse
Bitte die bestellten Buffs rasch bezahlen. Treffpunkte für die über mich laufenden Raum Stuttgart-Sammelbesteller werden demnächst bekanntgegeben!
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#803487 - 02/25/12 02:44 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: SuseAnne]
otti
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Hallo Suse,

das muss er sein. Alle Angaben stimmen mit denen von Lothar überein. Er kann uns allerdings erst morgen antworten, weil er heute außer Haus ist.
Viele Grüße
Ulli
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#803671 - 02/26/12 10:12 AM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: otti]
rayno
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Ja, das ist Torleif!
Hier ein Foto, das er von mir bei unserem Treffen gemacht hat.
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#804354 - 02/28/12 01:45 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
vgXhc
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Auch von mir noch ein Danke für den schönen Bericht und die schönen Bilder. Radfahren in den Green Mountains steht bei mir hoch auf der To-Do-Liste, aber mal schauen, ob es dieses Jahr noch klappt. Weit ist es ja nicht von Montreal aus.

Gruß,
Harald.
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#804381 - 02/28/12 03:38 PM Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 [Re: rayno]
rayno
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Auf den verlinkten Fotos aus Torleifs Blog bin ich auf dem Zweiten; auf dem Dritten ist Torleif selbst (von mir mit Torleifs Kamera gemacht); und auf dem Vierten sind die beiden Aussies Pat & Geoff, die ich einige Tage später an der Grenze zu Norddakota getroffen habe und mit denen ich dann - mit Unterbrechungen - etliche Tage in ND und Minnesota zusammen unterwegs war.

Meine Reise ging weiter nach..


Minnesota

Die Fahrt durch Minnesota wird mir nicht gerade als Highlight in Erinnerung bleiben. Sie begann schon mit einer langwierigen Suche nach einer Unterkunft, die schließlich in einem Hotel in Moorhead endete, einem Ort, den ich eigentlich gar nicht auf meiner Route hatte; und das nach 197 km. In meinem Notizblock habe ich diesen Tag als Horrortag vermerkt. Gestartet in Cooperstown, meiner letzten Station in Nord Dakota, fand ich im einzigen Motel meines eigentlichen Etappenziels Hillsboro (noch Nord Dakota) keine Unterkunft; der örtliche Citypark war nicht für Übernachtungsgäste bestimmt; er wurde um 10 p.m. geschlossen. Also fuhr ich weiter über die nahe Grenze nach Minnesota. Dort war überhaupt nichts zu finden; einfach keine Touristengegend und die „Städte“ haben Einwohnerzahlen von 100 bis 200. Daher also weiter entgegen meiner eigentlichen Fahrtrichtung zur nächsten größeren Stadt; und das war eben Moorhead. Dort fand im Travelodge eine angesichts des Gebotenen günstige Unterkunft.

In Moorhead war ich nun in der Südwestecke von Minnesota gelandet und meine Route sollte in die Nordostecke zum Lake Superior gehen. Also diagonal durch Minnesota.

Am nächsten Tag wollte ich in einem kleinen Städtchen namens Calloway im dortigen Citypark Station machen. Die Fahrt dahin verlief nach spätem Start recht angenehm. Nach der Wegbeschreibung in der ACA-Karte landete ich am südlichen Ortsrand von Calloway auf einem Sportgelände, auf dem auch zwei transportable Klos aufgestellt waren. Ich konnte aber weder eine Duschmöglichkeit, noch überhaupt eines Möglichkeit, Wasser zu zapfen, finden.
An das Sportgelände grenzten gleich die ersten Wohnhäuser des Ortes. Beim nächstgelegenen Haus saß ein etwas korpulenter Mann mittleren Alters unter einem Baum im Sessel. Unter Hinzeigen auf das Baseballgelände fragte ich ihn, ob das der örtliche Campground sei. Er sagte „ja“, und ergänzte „gestern waren zwei Radfahrer da. Da hinten hatten sie ihre Zelte.“ Und Wasser?, fragte ich zurück. „Wasser gibt es hier.“ war seine Antwort; „und Bier auch“ ergänzte er und reichte mir eine Dose Budlight, die er aus seinem neben ihm stehenden Kühlkasten genommen hatte. „ Und Duschen kannst du bei mir auch, und dein Zelt kannst du auch hier bei mir neben dem Haus aufstellen. Nebenan, auch in seinem Vorgarten, war seine Frau gerade dabei, den Grill mit leckeren Sachen zu befüllen. „Mit uns essen kannst du natürlich auch.“ Das war doch ein Angebot. Ich baute mein Zelt neben der Garage auf, ging duschen und nach dem leckeren Abendessen mit diversen Dosen Budlight habe ich wunderbar geschlafen.

Der nächste Tag, ein Sonntag, verlief weniger schön. Eigentlich hätte es eine angenehme Fahrt durch hügeliges Gelände werden können. Die Gegend wurde auch zunehmend waldreicher, die von Montana und Nord Dakota gewohnte Weizenmonokultur wich einer abwechslungsreicheren Mischkultur aus Wald, Wiese und Getreideanbau, wobei der Weizen zunehmend durch Mais abgelöst wurde. Wenn da nicht der Plattenteufel gewesen wäre!! Dreimal musste ich anhalten und den vorderen Schlauch wechseln bzw. flicken. Dann kam noch hinzu, dass es auf der gesamten Strecke über kleine Nebenstraßen keinerlei Versorgungsmöglichkeiten gab.

Ich landete schließlich, wie geplant, im Itasca State Park; ich wollte nämlich zum Ursprung des Mississippi. Den habe ich auch gefunden. Es handelt sich dabei um den Abfluss aus dem Lake Itasca, also keiner Quelle im üblichen Sinne. Ganz nett anzuschauen; für Kinder – große wie kleine – ein richtigen Planschbecken und ein schönes Gefühl, mitten im größten Strom Nordamerikas zu stehen.
Ärgerlich war nur, dass es auch hier im State Park außer den überall stehenden Getränkeautomaten keine Einkaufsmöglichkeiten gab. Und das einzige Restaurant, direkt am Mississippi Headwater, machte um 6 p.m. zu; und das an einem Sonntag in der Sommerhochsaison!
Ich verbrachte also die Nacht im Zelt auf dem mir zugewiesenen Stellplatz (20 $) mit knurrendem Magen.

Zeitig am nächsten Morgen verließ ich den State Park und – das musste ja nun kommen – gleich außerhalb befand sich eine Tankstelle mit dem dazugehörigen kleinen Laden samt Cafe. Wenigstens jetzt ein ordentliches Frühstück! Der nächste Tag war gerettet.

Das war er dann auch. Auch wenn ich eine Abzeigung verpasste und mit einem kleinen Umweg nach Bemidji kam. Dort habe ich mich ein wenig verfahren; nicht schlimm; ich landete im Universitätsgelände am See und wunderte mich über den für eine nach unseren Vorstellungen kleine Stadt (ca. 30 000 Einwohner) großen Komplex an Instituten, Gebäuden, Sportanlagen, die offensichtlich zur Minnesota State University, Standort Bemidji, gehörten.


Ich fand auch recht bald zur Route, jetzt wieder Hw 2, zurück. Mit Rückenwind und entsprechend flott ging es über Cass Lake nach Bena (nach Ortsschild 89 Einwohner). Kurz vor dem Ort wurde ich von Geoff und Patsy, den beiden Aussies, eingeholt. Zusammen bauten wir unsere Zelte auf dem kleinen Campground hinter einer Tankstelle auf. Mein bisher bester Übernachtungsort! Im Shop gab es nämlich nicht nur etwas zum Essen, sondern auch BIER!! Und zwar in Flaschen, wie ich sie in der Größe noch nie gesehen hatte, ca. 1 ½ Liter. Und billig dazu noch. Der Abend war gerettet. Und dann gesellte sich auch noch Helmut aus Vorarlberg hinzu. Er war im Mai in Alaska gestartet und will Anfang Dezember in Florida sein.

Am nächsten Morgen führen wir nacheinander, aber nicht zusammen, weiter auf Hw2 nach Osten; ich war der Letzte.
Bald aber traf ich die drei anderen wieder, nämlich in Grand Rapids. Hier trennten sich unsere Wege; Geoff und Patsy wollten auf der Northern Tier Route nach Südosten, ich eigentlich weiter auf dem Hw 2 nach Duluth. Wohin Helmut wollte, wusste ich bis dahin nicht. Im Gespräch stellte sich heraus, dass er nach Nordosten über Hibbing hinaus zu einem Ferienhaus im Norden Minnesotas wollte, wo er sich mit seinem Schwager, der am folgenden Tag aus Minneapolis kommen sollte, treffen wollte, um dort einige Tage zu verbringen. Da kam mir die Idee, mit ihm zu fahren und von Hibbing weiter über eine kleine Nebenstraße, die ich auf der Minnesota-Karte entdeckt hatte, zum Lake Superior zu kommen. So habe ich es dann auch getan. Wir verabschiedeten uns von den Aussies und führen also zunächst nach Hibbing, dem Geburtsort von Bob Dylan übrigens. Auf dem Weg dahin entdeckten wir einen markierten Radwanderweg, der in Teilstrecken auf einigen der vielen inzwischen stillgelegten Bahnstrecken verläuft. Hier im Nordosten Minnesotas ist nämlich ein altes Bergbaugebiet, wie man an den vielen inzwischen wieder bewachsenen Abraumhalden überall sehen konnte. Auf einer Schautafel wurde auch erklärt, woher die Name Hibbing kommt. Das Städchen im Zentrum des alten Bergbaugebietes wurde nach einem Deutschen benannt, der als Prospektor den großen Berg entdeckt hat, aus dem seit vielen Jahren Eisenerz und andere Metalle abgebaut werden, und das auch heute noch, wie man an den Haubenlastern, die ununterbrochen aus einem tiefen, riesigen Loch, das früher mal der Berg gewesen ist, Gestein nach oben karren. Auch sind längst nicht alle Bahnstrecken stillgelegt, wie man sehen und hören konnte.

Die Spuren, die der Bergbau in der Landschaft hinterlassen hat, die vielen großen und kleinen Seen und die hügelig/bergische Landschaft, erinnerten mich dann doch ein wenig an Schweden, wobei noch hinzukommt, dass auf den Briefkästen an den Hauseinfahrten oft schwedische Namen zu lesen sind.

In Hibbing hielten wir uns dann noch eine ganze Zeit in einem Museum auf, das ich dort nicht vermutet hatte; das Greyhound-Museum. In großen Hallen konnte man die ganze Palette der Greyhound-Busse sehen, die von dem Unternehmen in Nordamerika zum Einsatz gekommen sind.

Inzwischen war später Nachmittag, und ich machte mir langsam Gedanken, wo ich die kommende Nacht verbringen könnte. Von Campingplätzen hatte ich in dieser Gegend bisher nichts gesehen. Und wohin Helmut nun genau wollte, war mir auch nicht klar. Auf jeden Fall wollte er noch ein Stück weiter nach Nordosten, nach Virginia. Dort wollte er über Internet mit seinem Schwager Kontakt aufnehmen und sich nach der Adresse des Ferienhauses erkundigen, welches etwa 10 Meilen nördlich von Virginia an einem See liegen sollte. Also auf nach Virginia. Dort einen C-Platz zu finden, glaubte ich schon nicht mehr. Aber ein Motel sollte es dort wohl geben. In Virginia angekommen trennten wir uns; Helmut suchte ein Lokal mit WiFi auf, ich mich auf den Weg zu einem Hotel, das mir ein Einheimischer empfohlen hatte. Im Hotel war gerade noch ein Zimmer frei, auf das aber eine unmittelbar vor mir angekommene Dame den ersten Zugriff hatte. Sie zögerte, weil es ein Raucherzimmer war, machte dann aber den Vorschlag, zwischen und beiden zu losen. Leider habe ich dabei verloren. Die Empfangsdame hängte sich aber gleich ans Telefon und erkundete, ob in einem anderen Hotel noch was frei war. Das war es; und zwar in einem Hotel, an dem wir kurz vor Virginia vorbeigekommen waren. „Es sind ja nur 5 Minuten“, sagte sie, meinte natürlich mit dem Auto. Mit dem Rad dauerte es dann etwas länger, zumal es auch noch bergauf ging. Im Hotel, einem von der etwas nobleren (und teureren) Sorte erwartete man mich schon. Auf die Frage, wohin mit dem Rad?, hieß es „mit ins Zimmer!“ Und ob der Aufzug wohl groß genug für mein beladenes Rad sei: „kein Problem!“
So schob ich also meinen beladenen LHT durch die Empfangshalle über mit Teppichen ausgelegte Flure zum Aufzug. Und in der Tat, der war groß genug. Auch im Zimmer war Platz genug. Die in der Halle sitzenden Gäste schauten interessiert zu und machten aufmunternde Bemerkungen. So wurde es dann doch noch eine gute (und teure) Nacht.

Am nächsten Morgen nieselte es. Nach reichlichem Frühstück fuhr ich los, um über die kleine Nebenstraße aus dem Bergbaugebiet Minnesotas zum Lake Superior zu kommen. Nach der Karte müsste mein Sträßchen in Silver Bay auf den Hw 61 stoßen, welcher Duluth in Minnesota mit Thunder Bay in Ontario/Kanada verbindet und immer am Superior entlang verläuft. Unter Einheimischen scheint diese Straßenverbindung weitgehend unbekannt zu sein, denn als ich in einer Tankstelle mich danach erkundigte, konnten weder die Frau an der Kasse, noch die anwesenden anderen Kunden mir genaue Auskunft dazu geben, wie ich auf den Hw 101 – so die Bezeichnung in meiner Karte – gelangen konnte. Ein junger Mann gab mir dann einen Tipp, gab aber gleichzeitig zu, dass er die Straße eigentlich nicht kenne. Ich fand sie dann aber doch recht schnell und war bass
erstaunt, als sie sich nicht als schmales, kurviges Sträßchen entpuppte, das sich durch Waldgebiete schlängelte, sondern als breiter Highway mit Seitenstreifen, die so breit waren wie die Fahrbahnen, und der daneben auch noch geschotterte, sanft zum dichten Wald abfallende breite Böschungen hatte. Verkehr fand auf diesem Highway aber so wie keiner statt, und ich fühlte mich recht einsam. Es handelte sich immerhin um ein Straßenstück von 70 km Länge, und das ohne Ortschaften. Nicht ganz, auf der Karte fand ich einige finnische Namen. Und tatsächlich tauchten nach ca. 40 km einige vereinzelt stehende Häuschen auf mit finnischen Namen an den Briefkästen, die ja immer am Straßenrand stehen. Auch eine gar nicht mal so kleine Kirche im finnischen Stil war zu sehen.

Über diesen unbekannten Highway gelangte ich dann zum Superior. Die letzten ca. 30 km sogar im Sausetempo, denn es ging immer nur bergab. Ich hatte mich im Bergbaugebiet schon über die spärliche Vegetation gewundert, die mich auch an Schweden, und zwar an die nördlicheren und höher gelegenen Regionen erinnert hatte. Es ging also immer schön bergab, konnte mir nur recht sein. Unten in Silver Bay angekommen machte ich mich wieder auf die Suche nach einer Bleibe. Leichter Regen hatte eingesetzt. Irgendwo an der Uferstraße wird sich etwas finden lassen. Vom Ufer bzw. See war noch nichts zusehen, man konnte ihn nur vermuten. Zwischen dem Highway und dem Lake Superior war immer ein Geländestreifen, bebaut mit schönen Villen, Hotelanlagen, aber auch Naturparks. Nach ca. 20 km fand ich ein kleines und einfaches Motel, wo ich mich sehr wohl gefühlt habe. Abends saß ich eine ganze Zeit auf der Veranda zusammen mit einem (motorisierten) Biker aus Milwaukie, der auf einer Mehrtagestour um den Superior war.

Die nächste Tagesetappe sollte dann die letzte in Minnesota werden, und zwar immer am Superior entlang. Bei leichtem Rückenwind und Sonne wurde es eine schöne Etappe. In einem Städtchen mit dem Namen Schroeder fand ich eine Bäckerei, in der ich eine ausgiebige Pause einlegte. In diesem Abschnitt konnte man auch häufiger einen Blick auf den See werfen, der einem eher als Meer vorkam; die Straße verlief sogar über etliche Kilometer direkt am Seeufer entlang. Weiter ging es dann bis unmittelbar an die Grenze zu Kanada, nach Grand Portage. Dort konnte ich oberhalb einer kleinen Marina, direkt am Superior mein Zelt aufschlagen. Neben mir zeltete eine Gruppe Männer, die hier einen Angelurlaub machte und den Abend am Lagerfeuer mit Grillen verbrachte. Gegrillt wurden aber nicht die geangelten Fische, sondern mitgebrachte Steaks.

Eigentlich ist mein Minnesota-Bericht hier zu Ende. Ich will aber noch den nächsten Tag anhängen.
An dem ging es nämlich weiter am Superior entlang nach Thunder Bay. Gleich nach dem Start, d.h. nachdem ich den steilen und langen Anstieg erklommen hatte, ging es über die Grenze. Und der Grenzübergang in Nordamerika, auch zwischen so nah verwandten und ähnlichen Ländern wie die USA und Kanada, ist für mich unverständlicherweise immer noch eine größere Prozedur. Da sind wir in Europa doch ein ganzes Stück weiter. Jetzt ging es aber von den USA nach Kanada; das ist nicht so aufwändig wie umgekehrt; denn es sind wohl die US-Amerikaner – so sagte mir nämlich neulich ein Kanadier – die den Zirkus veranstalten und die Kanadier müssten mitziehen. Der junge Grenzbeamte behandelte mich sehr zuvorkommend, stellte die üblichen Fragen (auf die er die Antworten natürlich selbst wusste) und gab zu verstehen, dass er es nach seiner Dienstvorschrift tun müsse und von den Einreisenden auch jeweils eine ausdrückliche Antwort auf die gestellten Fragen einholen müsse. Die Kanadier interessieren sich dabei offensichtlich hauptsächlich dafür, ob der Einreisende Waffen mitführt. Und das kann man sogar noch verstehen, zumal die allermeisten Personen, die nach Kanada einreisen, US-Amerikaner sind.
Bei mir sah der Beamte natürlich kein Problem, stellte nur noch einige Fragen zu meinem Rad, die ich ihm gerne beantwortete. Nun war ich also – wieder – in Kanada, in Ontario. Mein erstes Ziel dort war Thunder Bay, eine Stadt deren Namen ich bisher nur in Verbindung mit Wintersportveranstaltungen bringen konnte. In Thunder Bay trifft der Hw 61 auf den Transcanada-Hw 17, auf dem ich in den folgenden Tagen weiter nach Osten radeln wollte.

Bis Thunder Bay waren es aber noch rund 100 km; hier in Kanada sind es wieder Kilometer; daran muss man erst wieder gewöhnen. Die Strecke war unerwartet hügelig und beschwerlich. Vom See sah man hier nichts mehr. Dafür sah ich etwas anderes und das ganz unvermittelt. Ich radelte etwa in der Mitte des ca. drei Meter breiten Seitenstreifens, als ich plötzlich unmittelbar neben mir etwas Schwarzes auftauchen sah. Offensichtlich hatte ich einen Bären aufgeschreckt, der direkt neben dem asphaltierten Seitenstreifen auf der abfallenden geschotterten und mit kniehohem Gras und gelb blühenden Wildblumen durchsetzten Böschung mit etwas beschäftigt gewesen war. Wahrscheinlich mit überfahrenem Getier oder mit Dingen, die von Autofahrern weggeworfen waren. Der offensichtlich noch junge, aber schon recht große Schwarzbär war wohl genauso überrascht wie ich. Wie sahen uns an; sein Kopf etwa auf Höhe meiner Schulter fuhr ich an ihm vorbei. Als ich ein Stück, vielleicht 10-12 m, gefahren war, kam mir der Gedanke, schnell ein Foto zu machen und ich wollte schon abbremsen, als mir durch den Kopf schoss „was, wenn der Kerl hinter mir herkommt?“
Zumal ich auf der Straße ganz allein war; kein Auto weit und breit zu sehen. Also doch schnell weiter. Nach etlichen Metern wagte ich dann doch, anzuhalten und zurückzublicken. Ich sah an der Böschung nur noch etwas größeres Schwarzes; der Bär war offensichtlich wieder mit dem beschäftigt, bei dem ich ihn vorher gestört hatte. Inzwischen waren aus beiden Richtungen auch PKW's aufgetaucht. Die Fahrer sahen wohl auch den Bären, denn durch wildes Hupen machten sie sich gegenseitig darauf aufmerksam. Der schwarze Kerl ließ sich aber nicht stören; der sich bewegende schwarze Schatten war weiterhin an der Straßenböschung zu sehen.


Edited by rayno (02/28/12 03:44 PM)
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