Posted by: rayno
Re: Von Vancouver nach Halifax 2011 - 02/25/12 08:45 AM
Und jetzt geht es über die Prairie:
Reisebericht Teil 3
Über die Prairie
Ja die Prairie; welche Vorstellungen verbinden sich damit: Hügelige, grasbewachsene Weite und – natürlich – Büffel. Letztere habe ich nicht gesehen. Dazu hätte ich in eines der Reservate fahren müssen, zu denen ich Wegweiser gesehen hatte. Grasbewachsene Weite: Ja , und natürlich auch Hügel, d.h. für Radfahrer recht knackige Steigungen. Die Prairie, die ich durchradelt habe, umfasst den östlichen (größeren) Teil Montanas von East Glacier bis östlich Culbertson; ca. 700 km, und Nord Dakota von westlich Williston bis zur Grenze zu Minnesota am Red River ca. 500 km; insgesamt also rund 1200 km.
Man ist mit dem Rad also schon etliche Tage unterwegs; und jeden Tag fast dasselbe Bild: Grüne, fast baumlose Weite, und jeden Tag die Eisenbahn. Ja, wenn die nicht wäre! Dann wäre es noch eintöniger als ohnehin schon. Aber gerade die Eintönigkeit ist es, die mich herausgefordert hat. Abwechslung in die Monotonie brachte in der Tat die Eisenbahn. Meine Route, der Hw2, verläuft entlang der Eisenbahntrasse, die in den 90ern des vorigen Jahrhunderts angelegt worden ist, und die den mittleren Westen mit Chicago, Minneapolis etc. mit dem Nordwesten der USA verbindet. Der Eisenbahnverkehr ist heute fast ausschließlich Güterverkehr. Kolossal beeindruckt war ich immer wieder von der Länge der Güterzüge. Es dauerte oft 15 bis 20 Minuten, bis ein in meiner Richtung fahrender Güterzug mich in voller Länge überholt hatte. Die Güterzüge kündigten sich immer mit einem Höllenlärm an. Kein Pfeifen, da Dieselloks, sondern ein Geräusch, das mich immer an Märchen erinnerte, in denen der Drachen aus seiner Höhle hervorkommt. Und ich fragte mich oft: Warum dieser Lärm? Es ist doch niemand da, der gewarnt werden müsste; zumeist jedenfalls.
Wenn die Straße besonders nahe an der Bahntrasse verlief, konnte man in der ersten Lok den Lokführer sehen und ihm zuwinken. Meistens bekam man auch eine Antwort, entweder ein Zurückwinken oder ein kurzer Stoß aus der Krachmaschine.
Bei der Fahrt über die Prairie wurden die Güterzüge von drei Loks gezogen, manche auch nur von zwei. Weiter im Westen, also im Gebirge kamen oft zwei Schiebeloks am Ende hinzu. Ein besonders langer Zug, der offensichtlich Kohle geladen hatte, hatte vorne vier Loks, hinten zwei und in der Mitte noch eine.
Personenverkehr findet auf der Strecke auch statt. Die Amtrak unterhält einen regelmäßigen Verkehr von Chicago/Minneapolis nach Seattle. Dreimal bekam ich einen dieser Amtraks zu sehen. Leider immer erst so spät, dass ich keine Fotos von den schnelleren und weniger Krach machenden Personenzügen schießen konnte, zumal sie auch immer in meiner Richtung unterwegs waren. Ich konnte nur den mir zuwinkenden Passagieren zurückwinken.
Die Güterzüge waren also die eine Abwechslung. Eine andere – weniger häufige – waren die Begegnungen mit anderen Radlern. Man sah sich schon von Weitem; und selbstverständlich hielt man an, um sich auszutauschen.
Eine Begegnung ist mir besonders in Erinnerung geblieben, weil ich mich immer wieder frage, wie es dem jungen Norweger wohl weiter ergangen ist. Aber der Reihe nach. Zunächst begegnete mir ein junger Amerikaner aus Connecticut, der gleich davon sprach, das bald noch ein Radler aus östlicher Richtung kommen würde. Er sei mit einem jungen Norweger einige Tage unterwegs gewesen, der aber an diesem Morgen wegen eines Problems an seinem Hinterrad in Havre erst zu einer Fahrradwerkstatt gefahren sei.
Etwa zwei Stunden später sah ich Torleif mir entgegenkommen. Ich sprach ihn auf Norwegisch an, bzw. was ich darunter verstand. Er war ganz aus dem Häuschen ob dieser Begrüßung und stellte sich als Torleif Markussen aus Tromsö vor. Auf sein Problem mit dem Hinterrad angesprochen zeigt er mir den Defekt an der Felge, den der Mechaniker in Havre leider nicht beheben konnte. Es handelte sich um einen Materialausbruch im Bereich eines Nippelsitzes. Ein mir bekanntes Problem, welches auftritt, wenn dem Einsatzzweck nicht entsprechendes Material verwendet wird. Hier handelte es sich darum, dass in einem sehr hochwertigen und entsprechend teuren Fahrrad Downhill-Systemlaufräder eingebaut waren, die für den Einsatz in Reiserädern nicht konzipiert sind. Der Mechaniker konnte lediglich die benachbarten Speichen etwa fester anziehen, um einen gewissen Ausgleich für die wegen des Materialbruchs ausgefallene Speiche zu erreichen.
Mir ist in den folgenden Tagen oft durch den Kopf gegangen, wie es Torleif wohl ergangen ist; ob er mit dem behelfsmäßig reparierten Hinterrad über die Prairie und die Rockies bis nach Whitefish gekommen ist, wo meines Wissens der nächste Bikeshop ist, der ihm mit einem neuen Hinterrad weiterhelfen könnte.
Was kann ich sonst über die Prairie berichten? Ich kann die Orte aufzählen, in denen ich Station gemacht habe. Das sind der Reihe nach: In Montana: Cut Bank, Chester, Havre, Malta, Glasgow, Culbertson. In Nord Dakota: Williston, Stanley, Minot, Rugby, Lakota, Cooperstown.
Die Aufzählung der Übernachtungsstationen zeigt schon an, dass man mit dem Rad etliche Tage braucht, um die rund 1200 km über die Great Plains zu schaffen. Dabei hatte ich auch noch das Pech, an fast allen Tagen nicht den erwarteten Rückenwind zu haben, sondern zumeist Gegenwind. Und in einer fast baumlosen Gegend ist der Wind für Radfahrer besonders deutlich spürbar; das im Negativen, aber auch im Positiven. Dennoch war die lange Fahrt über die Prairie für mich ein unvergessliches Erlebnis und einer der Höhepunkte meiner Reise.
Gab es besondere Vorkommnisse in der Prairie? Eigentlich nicht, wenn man von den Thunderstorms absieht, die sich regelmäßig nachmittags oder abends einstellten. Wohl eine Folge der hohen Tagestemperaturen. Mein Thermometer zeigt an den meisten Tagen schon ab 10 Uhr 30° C und mehr an. Ich habe mich gewundert, dass mir diese mir ungewohnte Hitze beim Radfahren wenig ausgemacht hat. Ich schreibe bewusst Thunderstorms und nicht Gewitter, weil sie mit meiner Vorstellung von Gewitter wenig gemein haben und die Betonung auf dem zweiten Teil des Wortes gelegt werden muss. Zum Glück konnte man sich immer rechtzeitig und verlässlich in den Raststätten über die Wetterlage informieren.
Auffällig freundlich und interessiert waren die Menschen, denen man unterwegs begegnet ist. Zumeist in den Raststätten, wo sich Einheimische mit Truckern und den wenigen Bikern bei Frühstück, Imbiss oder auch nur Kaffee treffen. Immer wurde man gefragt, woher und wohin und zum Schluss immer das „be carefull“.
Mit den Truckern hatte ich entgegen mancher Warnungen auch auf dem Highway keine Probleme. Sie waren mir gegenüber immer rücksichtsvoll und freundlich. Gefährliche Situationen habe ich selbst in der Erdölregion im westlichen Nord Dakota mit den oft in dichter Aufeinanderfolge fahrenden Tanklastern nicht erlebt.
Meine Fahrt über die Prairie endete mit einem Museumsbesuch in der Nähe von Cooperstown im Südosten von Nord Dakota. Weil ich einen kleinen Umweg machte, kam ich zufällig an einem großflächigen, flachen Gebäude vorbei, das sich nur durch unübersehbare Hinweisschilder als Museum zu erkennen gab. Worum geht es in dem Museum? Es geht um die neuere Geschichte, nicht nur der USA. Die Great Plains spielten (und spielen immer noch, wenn auch eine gewandelte) eine entscheidende Rolle im sogenannten Kalten Krieg. Als Standort der strategischen Interkontinentalraketen bildeten die Great Plains die Basis für das Raketenabschreckungssystem der USA, und damit des Westens, gegenüber der Sowjetunion. In den 70er und 80er Jahren wurden in Montana, Wyoming und eben Nord Dakota rund 1000 Minuteman-Raketen mit atomaren Sprengköpfen aufgestellt. Jeder Sprengkopf mit der 300fachen Wirkung der Hiroshima-Atombombe, wie bei der Museumsführung berichtet wurde. In Umsetzung des START-Abkommens haben die USA einen Teil dieser Raketen abgebaut, darunter die im Bereich Grand Forks im Osten von Nord Dakota.
Das Museum in Cooperstown war früher eine der Leitstellen der im Bereich Grand Forks installierten 150 Minuteman-Raketen. Von dieser Leitstelle wurden 15 Minutemans überwacht und wären im Ernstfall von hier gestartet worden. Die Raketen selbst waren im Abstand von etlichen Meilen an verschiedenen Standorten in Silos untergebracht. Auch von diesen Silos ist eines quasi als Außenstelle des Museums erhalten geblieben, natürlich ohne Inhalt, dafür umgeben von zahlreichen Schautafeln.
Die Anlage Cooperstown wurde nach dem Abbau der Minutemans von der US-Airforce dem damals gegründeten Museum unverändert überlassen. Oberirdisch sieht die Anlage aus wie ein normales Gewerbegebäude; die wichtigen Anlagen befinden sich Stahlkontainern 15 m unter der Erdoberfläche. Alle technischen Installationen sind noch erhalten. Auf meine Frage, ob man die Anlagen fotografieren darf, hieß es „selbstverständlich“. Ich wunderte mich ohnehin ein wenig, wie offen auch über die heute noch 450 intakten – und natürlich auf den aktuellen Stand der Technik weiterentwickelten – Raketen berichtet wurde. Die Museumsführerin zeigte zum Beispiel eine Karte, auf der nicht nur die inzwischen aufgelassenen Raketenstandorte eingezeichnet waren, sondern auch die Standorte der verbliebenen 450 Minutemans, nämlich in Montana, Wyoming und in Norddakota in der Gegend um Minot. Sie wies auch darauf hin, dass diese 450 Raketen nicht mehr einseitig auf das Gebiet der früheren Sowjetunion ausgerichtet seien, sondern auch und vor allem auf Ziele in anderen Regionen; und dass für jede einzelne Rakete täglich eine neue Zielprogrammierung erfolge. Ob man das als beruhigend empfindet, man jeder selbst beurteilen.
Für mich interessant auch, wie die im Originalzustand erhaltenen oberirdischen Anlagen, die Schlaf- und Aufenthaltsräume mit ihrem gesamten damaligen Inventar, wie Bücher, Zeitschriften, Radios, Fernseher, auch die Küche, die sanitären Anlagen (können von den Besuchern genutzt werden), welche nach relativ kurzer Zeit schon heute einen nostalgischen Charakter haben.
Route: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=bvbqvcfcrzsjkktu
Fotos: : www.picasaweb.google.de/elrayno/nordamerika2011
Reisebericht Teil 3
Über die Prairie
Ja die Prairie; welche Vorstellungen verbinden sich damit: Hügelige, grasbewachsene Weite und – natürlich – Büffel. Letztere habe ich nicht gesehen. Dazu hätte ich in eines der Reservate fahren müssen, zu denen ich Wegweiser gesehen hatte. Grasbewachsene Weite: Ja , und natürlich auch Hügel, d.h. für Radfahrer recht knackige Steigungen. Die Prairie, die ich durchradelt habe, umfasst den östlichen (größeren) Teil Montanas von East Glacier bis östlich Culbertson; ca. 700 km, und Nord Dakota von westlich Williston bis zur Grenze zu Minnesota am Red River ca. 500 km; insgesamt also rund 1200 km.
Man ist mit dem Rad also schon etliche Tage unterwegs; und jeden Tag fast dasselbe Bild: Grüne, fast baumlose Weite, und jeden Tag die Eisenbahn. Ja, wenn die nicht wäre! Dann wäre es noch eintöniger als ohnehin schon. Aber gerade die Eintönigkeit ist es, die mich herausgefordert hat. Abwechslung in die Monotonie brachte in der Tat die Eisenbahn. Meine Route, der Hw2, verläuft entlang der Eisenbahntrasse, die in den 90ern des vorigen Jahrhunderts angelegt worden ist, und die den mittleren Westen mit Chicago, Minneapolis etc. mit dem Nordwesten der USA verbindet. Der Eisenbahnverkehr ist heute fast ausschließlich Güterverkehr. Kolossal beeindruckt war ich immer wieder von der Länge der Güterzüge. Es dauerte oft 15 bis 20 Minuten, bis ein in meiner Richtung fahrender Güterzug mich in voller Länge überholt hatte. Die Güterzüge kündigten sich immer mit einem Höllenlärm an. Kein Pfeifen, da Dieselloks, sondern ein Geräusch, das mich immer an Märchen erinnerte, in denen der Drachen aus seiner Höhle hervorkommt. Und ich fragte mich oft: Warum dieser Lärm? Es ist doch niemand da, der gewarnt werden müsste; zumeist jedenfalls.
Wenn die Straße besonders nahe an der Bahntrasse verlief, konnte man in der ersten Lok den Lokführer sehen und ihm zuwinken. Meistens bekam man auch eine Antwort, entweder ein Zurückwinken oder ein kurzer Stoß aus der Krachmaschine.
Bei der Fahrt über die Prairie wurden die Güterzüge von drei Loks gezogen, manche auch nur von zwei. Weiter im Westen, also im Gebirge kamen oft zwei Schiebeloks am Ende hinzu. Ein besonders langer Zug, der offensichtlich Kohle geladen hatte, hatte vorne vier Loks, hinten zwei und in der Mitte noch eine.
Personenverkehr findet auf der Strecke auch statt. Die Amtrak unterhält einen regelmäßigen Verkehr von Chicago/Minneapolis nach Seattle. Dreimal bekam ich einen dieser Amtraks zu sehen. Leider immer erst so spät, dass ich keine Fotos von den schnelleren und weniger Krach machenden Personenzügen schießen konnte, zumal sie auch immer in meiner Richtung unterwegs waren. Ich konnte nur den mir zuwinkenden Passagieren zurückwinken.
Die Güterzüge waren also die eine Abwechslung. Eine andere – weniger häufige – waren die Begegnungen mit anderen Radlern. Man sah sich schon von Weitem; und selbstverständlich hielt man an, um sich auszutauschen.
Eine Begegnung ist mir besonders in Erinnerung geblieben, weil ich mich immer wieder frage, wie es dem jungen Norweger wohl weiter ergangen ist. Aber der Reihe nach. Zunächst begegnete mir ein junger Amerikaner aus Connecticut, der gleich davon sprach, das bald noch ein Radler aus östlicher Richtung kommen würde. Er sei mit einem jungen Norweger einige Tage unterwegs gewesen, der aber an diesem Morgen wegen eines Problems an seinem Hinterrad in Havre erst zu einer Fahrradwerkstatt gefahren sei.
Etwa zwei Stunden später sah ich Torleif mir entgegenkommen. Ich sprach ihn auf Norwegisch an, bzw. was ich darunter verstand. Er war ganz aus dem Häuschen ob dieser Begrüßung und stellte sich als Torleif Markussen aus Tromsö vor. Auf sein Problem mit dem Hinterrad angesprochen zeigt er mir den Defekt an der Felge, den der Mechaniker in Havre leider nicht beheben konnte. Es handelte sich um einen Materialausbruch im Bereich eines Nippelsitzes. Ein mir bekanntes Problem, welches auftritt, wenn dem Einsatzzweck nicht entsprechendes Material verwendet wird. Hier handelte es sich darum, dass in einem sehr hochwertigen und entsprechend teuren Fahrrad Downhill-Systemlaufräder eingebaut waren, die für den Einsatz in Reiserädern nicht konzipiert sind. Der Mechaniker konnte lediglich die benachbarten Speichen etwa fester anziehen, um einen gewissen Ausgleich für die wegen des Materialbruchs ausgefallene Speiche zu erreichen.
Mir ist in den folgenden Tagen oft durch den Kopf gegangen, wie es Torleif wohl ergangen ist; ob er mit dem behelfsmäßig reparierten Hinterrad über die Prairie und die Rockies bis nach Whitefish gekommen ist, wo meines Wissens der nächste Bikeshop ist, der ihm mit einem neuen Hinterrad weiterhelfen könnte.
Was kann ich sonst über die Prairie berichten? Ich kann die Orte aufzählen, in denen ich Station gemacht habe. Das sind der Reihe nach: In Montana: Cut Bank, Chester, Havre, Malta, Glasgow, Culbertson. In Nord Dakota: Williston, Stanley, Minot, Rugby, Lakota, Cooperstown.
Die Aufzählung der Übernachtungsstationen zeigt schon an, dass man mit dem Rad etliche Tage braucht, um die rund 1200 km über die Great Plains zu schaffen. Dabei hatte ich auch noch das Pech, an fast allen Tagen nicht den erwarteten Rückenwind zu haben, sondern zumeist Gegenwind. Und in einer fast baumlosen Gegend ist der Wind für Radfahrer besonders deutlich spürbar; das im Negativen, aber auch im Positiven. Dennoch war die lange Fahrt über die Prairie für mich ein unvergessliches Erlebnis und einer der Höhepunkte meiner Reise.
Gab es besondere Vorkommnisse in der Prairie? Eigentlich nicht, wenn man von den Thunderstorms absieht, die sich regelmäßig nachmittags oder abends einstellten. Wohl eine Folge der hohen Tagestemperaturen. Mein Thermometer zeigt an den meisten Tagen schon ab 10 Uhr 30° C und mehr an. Ich habe mich gewundert, dass mir diese mir ungewohnte Hitze beim Radfahren wenig ausgemacht hat. Ich schreibe bewusst Thunderstorms und nicht Gewitter, weil sie mit meiner Vorstellung von Gewitter wenig gemein haben und die Betonung auf dem zweiten Teil des Wortes gelegt werden muss. Zum Glück konnte man sich immer rechtzeitig und verlässlich in den Raststätten über die Wetterlage informieren.
Auffällig freundlich und interessiert waren die Menschen, denen man unterwegs begegnet ist. Zumeist in den Raststätten, wo sich Einheimische mit Truckern und den wenigen Bikern bei Frühstück, Imbiss oder auch nur Kaffee treffen. Immer wurde man gefragt, woher und wohin und zum Schluss immer das „be carefull“.
Mit den Truckern hatte ich entgegen mancher Warnungen auch auf dem Highway keine Probleme. Sie waren mir gegenüber immer rücksichtsvoll und freundlich. Gefährliche Situationen habe ich selbst in der Erdölregion im westlichen Nord Dakota mit den oft in dichter Aufeinanderfolge fahrenden Tanklastern nicht erlebt.
Meine Fahrt über die Prairie endete mit einem Museumsbesuch in der Nähe von Cooperstown im Südosten von Nord Dakota. Weil ich einen kleinen Umweg machte, kam ich zufällig an einem großflächigen, flachen Gebäude vorbei, das sich nur durch unübersehbare Hinweisschilder als Museum zu erkennen gab. Worum geht es in dem Museum? Es geht um die neuere Geschichte, nicht nur der USA. Die Great Plains spielten (und spielen immer noch, wenn auch eine gewandelte) eine entscheidende Rolle im sogenannten Kalten Krieg. Als Standort der strategischen Interkontinentalraketen bildeten die Great Plains die Basis für das Raketenabschreckungssystem der USA, und damit des Westens, gegenüber der Sowjetunion. In den 70er und 80er Jahren wurden in Montana, Wyoming und eben Nord Dakota rund 1000 Minuteman-Raketen mit atomaren Sprengköpfen aufgestellt. Jeder Sprengkopf mit der 300fachen Wirkung der Hiroshima-Atombombe, wie bei der Museumsführung berichtet wurde. In Umsetzung des START-Abkommens haben die USA einen Teil dieser Raketen abgebaut, darunter die im Bereich Grand Forks im Osten von Nord Dakota.
Das Museum in Cooperstown war früher eine der Leitstellen der im Bereich Grand Forks installierten 150 Minuteman-Raketen. Von dieser Leitstelle wurden 15 Minutemans überwacht und wären im Ernstfall von hier gestartet worden. Die Raketen selbst waren im Abstand von etlichen Meilen an verschiedenen Standorten in Silos untergebracht. Auch von diesen Silos ist eines quasi als Außenstelle des Museums erhalten geblieben, natürlich ohne Inhalt, dafür umgeben von zahlreichen Schautafeln.
Die Anlage Cooperstown wurde nach dem Abbau der Minutemans von der US-Airforce dem damals gegründeten Museum unverändert überlassen. Oberirdisch sieht die Anlage aus wie ein normales Gewerbegebäude; die wichtigen Anlagen befinden sich Stahlkontainern 15 m unter der Erdoberfläche. Alle technischen Installationen sind noch erhalten. Auf meine Frage, ob man die Anlagen fotografieren darf, hieß es „selbstverständlich“. Ich wunderte mich ohnehin ein wenig, wie offen auch über die heute noch 450 intakten – und natürlich auf den aktuellen Stand der Technik weiterentwickelten – Raketen berichtet wurde. Die Museumsführerin zeigte zum Beispiel eine Karte, auf der nicht nur die inzwischen aufgelassenen Raketenstandorte eingezeichnet waren, sondern auch die Standorte der verbliebenen 450 Minutemans, nämlich in Montana, Wyoming und in Norddakota in der Gegend um Minot. Sie wies auch darauf hin, dass diese 450 Raketen nicht mehr einseitig auf das Gebiet der früheren Sowjetunion ausgerichtet seien, sondern auch und vor allem auf Ziele in anderen Regionen; und dass für jede einzelne Rakete täglich eine neue Zielprogrammierung erfolge. Ob man das als beruhigend empfindet, man jeder selbst beurteilen.
Für mich interessant auch, wie die im Originalzustand erhaltenen oberirdischen Anlagen, die Schlaf- und Aufenthaltsräume mit ihrem gesamten damaligen Inventar, wie Bücher, Zeitschriften, Radios, Fernseher, auch die Küche, die sanitären Anlagen (können von den Besuchern genutzt werden), welche nach relativ kurzer Zeit schon heute einen nostalgischen Charakter haben.
Route: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=bvbqvcfcrzsjkktu
Fotos: : www.picasaweb.google.de/elrayno/nordamerika2011