[ von up.picr.de]

In Ganges steuere ich einen Supermarkt an, vor der Tür schnorrt ein junger Mann um Geld, ich lasse mein Rad am Eingang stehen, habe ein komisches Gefühl, gehe wieder raus und sehe wie sich der junge Mann an meinem Fahrrad zu schaffen macht. Kurzerhand nehme ich das Rad mit rein in den Supermarkt und stelle es neben der Kasse ab. Die Kassiererin und der Security kucken zwar etwas komisch, sagen aber nichts.

[ von up.picr.de]

Etwas später in Brissac muss muß ich mich entscheiden, ob ich durch die Herault-Schlucht fahre oder über den Col de Lavagnes. Eigentlich tendiere ich zur zweiteren Variante, hauptsächlich wegen des vermuteten geringeren Verkehrsaufkommens und der schöneren Landschaft. Aber die Straße zum Col ist wegen eines Erdrutsches gesperrt, es gewittert auch leicht vor sich hin.

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]

Letztendlich ist aber auf der Strasse durch die Schlucht gar nichts los bis zum Bilderbuchdorf Saint Guilhem-le Désert, das ich mir kurz anschaue. Die Schlucht selbst fand ich soweit ganz nett, aber kein Vergleich mit beispielsweise der Tarn-Schlucht oder der Jonte-Schlucht weiter oben in den Cevennen.

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]

Nach der Schlucht quere ich an den Ausläufern der Berge entlang, um den wunderscönen Lac du Salagou von Norden her zu erreichen. Zum Glück wird das Wetter besser, den See würde ich schon gerne in der Sonne sehen.

[ von up.picr.de]

Das letzte Stück zum See hoch ist eine fiese Rampe, als ich endlich oben bin, geht die Sonne gerade unter.

[ von up.picr.de]

Ich finde einen versteckten Biwakplatz direkt am Seeufer und am nächsten Morgen habe ich bestes Licht um ein Poserfoto zu schiessen.

[ von up.picr.de]

An der Westseite des Sees biege ich ab um die nächste Hügelkette zu überwinden, die mich vom Tal des Orb trennt.

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]

Die Auffahrt ist so gut wie verkehrsfrei, bei der Abfahrt macht mein Rad auf einmal seltsame Geräusche. Ich halte an und wirklich hat es irgendwie das Kugellager im Hinterrad zerlegt.

Ich habe insofern Glück, als dass es im nächsten Dorf Bédarieux einen Fahrradladen gibt.
Allerdings muss ich ein Weilchen warten bis die Mittagspause vorbei ist.

[ von up.picr.de]
Dabei habe ich allerdings gutaussehende Begleitung

Der Fahrradladen ist mini klein, der Inhaber lässt alles andere stehen und liegen und montiert mir in nullkommanix die einzige Felge die er hat in 559. Ich komme mir fast vor wie in der Formel Eins, so schnell ist die neue Felge montiert, die allerdings viel schmaler ist als die alte. Aber erstmal besser als nichts.

[ von up.picr.de]

Ich folge dem Bahntrassenradweg durch das Orb-Tal, erst verläuft dieser durch die Hinterhöfe einiger Dörfer und dann zunehmend hübscher durch Wälder am Fuss der Berge.
Die neue schmale Hinterfelge fährt sich wesentlich schwammiger als die vorherige, daran muss ich mich erstmal gewöhnen, beeindruckend was wenige Millimeter Unterschied bei der Felgenbreite so ausmachen.

[ von up.picr.de]

In Le Verdier Haut übernachte ich auf einem netten Campingplatz, der überwiegend von Klettervolk frequentiert wird. Am nächsten Morgen unternehme ich noch einen kurzen Ausflug in die bekannte Schlucht des Héric, der Kiosk am Schluchteingang ist sehr zu empfehlen.

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]

Danach verlasse den Radweg, folge dem Orb noch wenige Kilometer bei seinem Durchbruch durch die Berge Richtung Meer und verlasse ihn schliesslich nach Westen raus über die sogenannten Balkone von Saint-Chinian.

[ von up.picr.de]
Aussicht von den Balkonen

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]
Hier geht´s lang

Bei Bize-Minervois verlasse ich schliesslich das Hügelland und durchquere die folgende Ebene am Ufer diverser Kanäle entlang bis Narbonne, das auch geschmeidig auf Radwegen zu durchfahren ist und schnell hinter mir liegt.

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]
Hier geht´s lang

Inzwischen habe ich Seitenwind der Stärke Sieben auf der Beaufortskala, der sehr schöne Weg zwischen den Lagunen ist schon etwas schwierig zu fahren.

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]

Hinter Port-la-Nouvelle verläuft der Weg ein Weilchen zwischen Bahndamm, Salzwiesen und dem Sandstrand

[ von up.picr.de]

Kurz vor Leucate ändere ich meinen ursprünglichen Plan auf Grund des starken Windes. Eigentlich will ich von hier über den bekannten Weinort Fitou in die Ausläufer der Corbières hoch und dann den Grossraum Perpignan auf der Westseite umfahren. Aber genau aus dieser Richtung kommt der Wind, ich habe schon einige Kilometer auf der Uhr und mir scheint das zu anstrengend, zumal ich mir dann irgendwo auf den Hügeln im Sturm einen Biwakplatz suchen müsste.

Ich bleibe statt dessen an der Küste, bis Leucate selbst führt der Weg noch ein paar Kilometer recht schön durch die Weinberge.

[ von up.picr.de]

Ab Leucate reiht sich aber ein Feriendorf ans andere und der Fahrradweg verläuft entweder direkt neben einer vielbefahrenen Schnellstrasse, oder mitten durch die Orte, eigentlich wollte ich genau so ein Ambiente tunlichst vermeiden.

[ von up.picr.de]
Diese Palmen sind natürlich trotzdem schick


[ von up.picr.de]
Hundewaschanlage, hatte ich vorher auch noch nie gesehen

Da ich nicht an der Küstenstraße weiter nach Spanien fahren will, sondern über den Perthus-Pass, verlasse ich die Küste bald wieder und fahre über Radwege nach Perpignan rein und über Radwege auch wieder aus der Stadt raus, das geht erstaunlich gut zu fahren, ist aber eher langweilig.

Highlight ist diese Statue auf einer Verkehrsinsel

[ von up.picr.de]
“Tous solidaires por le III· millenio”

Auf der Küstenstraße ab Argelès sur-Mer war ich zweimal unterwegs und beide Male fand ich es verkehrsmassig schrecklich.

Nach Perpignan wird es wieder netter und ich folge einem ausgeschilderten Radweg durch die Weinberge bis Le Boulou, theoretisch immer mit Sicht auf den berühmten und beeindruckenden Berg Canigou, der sich heute aber in Wolken verhüllt.

In Le Boulou beginnt der Radweg auf der alten Landstraße hoch nach Le Perthus. Diese Trasse wurde bereits von den Römern angelegt und ist für den motorisierten Durchgangsverkehr gesperrt.

[ von up.picr.de]

Ratzfatz bin ich oben auf dem Pass und nach schneidiger Abfahrt auf der breiten Bundesstraße erreiche ich den spanischen Grenzort La Jonquera.

Hier habe ich ein merkwürdiges Erlebnis mit einem anderen Radreisenden Mitte Fünfzig aus England.
Ich sitze auf der Terrasse einer Bar und lasse es mir mit Tapas gutgehen, als der Kollege anhält und mich ganz verzweifelt anspricht. Ob ich einen Track vom EV8 in Frankreich hätte, er wäre schon seit Cadiz auf dem EV8 unterwegs und hätte gerade bemerkt, dass sein Track an der Grenze aufhört, gleich wie sein Roadbook.

Mit dem Track kann ich ihm leider nicht dienen, er ist total verblüfft dass ich überhaupt keine Tracks parat habe. Er fragt mich ob ich zumindest einen Campingplatz wüsste, möglichst nahe auf der französischen Seite. Da kann ich ihm weiterhelfen, keine fünfzehn Kilometer von hier direkt am EV8 kurz vor Le Boulou liegt ein Campingplatz.
Ich erkläre ihm wie er dorthin kommt, es es ist ganz einfach. Geradeaus auf der Bundesstraße durch Le Perthus durch, am Dorfausgang beim grossen Parkplatz rechts auf die kleine Straße, gleich nach der dort schon sichtbaren Brücke linker Hand der Straße etwa vier Kilometer folgen, kurz vor dem großen Autobahnviadukt links über die nächste kleine Brücke, immer dieser Straße folgen, zuletzt durchs Dorf und dort ist schon der Campingplatz, dreimal abbiegen insgesamt. Ich zeige ihm das auch geduldig auf der digitalen Karte auf seinem Smartphone, aber der Kollege ist verzweifelt, einfach so weit ohne Track zu fahren, das traut er sich nicht zu. Er wäre bestimmt an der ersten Abzweigung schon so verunsichert ob das wohl die richtige Abzweigung wäre, dass er sich dann nicht weitertrauen würde. Ich versuche ihn zu beruhigen, die gesamte Strecke wäre mit EV8-Radwegweisern bestens ausgeschildert, an jeder Abzweigung kommt ein Schild in grüner Schrift. Aber nix zu machen, er traut sich nicht ohne Navi zu fahren. Schliesslich bastele ich ihm schnell auf meinem Smartphone einen Track und schicke ihm den per Blauzahn. Er bedankt sich überschwenglich, jetzt kann ihm sein Handy ansagen wo er lang muss. Er zahlt auch meine komplette Rechnung, win – win.
Ich erzähle diese Geschichte deshalb so ausführlich, weil ich es faszinierend finde wie unterschiedlich Menschen so ticken. Wenn mir jemand eine Route empfiehlt, dann muss ich diese erstmal auf der Karte sehen, sonst verstehe ich nicht wo die Route langlaufen soll. Wenn mir jemand einen Track schickt, kann ich damit erstmal gar nichts anfangen. Und irgendwelche Handyansagen verwirren mich mehr als dass sie mir weiterhelfen. Also genau gegensätzlich wie der Kollege, was keinerlei Wertung sein soll.

Ab La Jonquera verlasse ich das vielbefahrene Tal und klettere auf einem kleinen Sträßchen auf den östlichen Höhenrücken, hier übernachte ich in einer kleinen Schutzhütte.

[ von up.picr.de]

[ von up.picr.de]

Am nächsten Tag folge ich ein Stück dem Pirinexus-Radweg, ein 350 Kilometer langer Rundkurs durch das nordöstliche Katalonien. Dieser ist zwar in seiner Gesamtheit recht hübsch, aber just der folgende Abschnitt ist nur noch etwa zwanzig Kilometer schön und läuft dann eher langweilig erst über Äcker und danach länger durch dicht besiedeltes Gebiet.

[ von up.picr.de]

Und weil der Pirinexus zudem auch vierzig Kilometer länger wäre, biege ich bald schon wieder ab und suche mir eine direktere Strecke über Figueres und Girona.

Hinter Figueres läuft die Strecke wieder mal entlang eines Höhenrückens, später auch mal ganz kurz über einen Singletrail.

[ von up.picr.de]

Girona ist schnell durchquert, danach macht mein Smartphone im strömenden Regen komische Sachen und das gps besteht partout darauf mich etwa vierzig Kilometer vor der Küste im Mittelmeer zu verorten, was allerdings gefühlt zum Wetter passt. Der kleine Schwachpunnkt der Handynavigation.…
Zum Glück habe ich meine Route soweit verinnerlicht, dass ich sie auch so finde. Allerdings verläuft die Strecke grösstenteils auf Sandwegen, die bei starkem Regen zwar wenigstens nicht matschig aber doch sehr weich zu fahren sind.

[ von up.picr.de]

Im Vorfeld habe ich recherchiert, dass es auf dem letzten höchsten Hügel vor der Küste noch einen schönen Picknickplatz mit Aussicht am Fuss eines mittelalterlichen Wachturms gibt, das ist eigentlich mein angepeilter Biwakplatz.
Für den weiteren Abend ist allerdings noch ein Gewitter angekündigt und das will ich nicht unbedingt auf dem höchsten Punkt weit und breit im Zelt verbringen.

Statt dessen sitze ich das Gewitter nach toller Abfahrt Richtung Küste in einer Tapasbar aus und kucke mir das Championsleague-Finale an, Madrid gegen Dortmund, das Abschiedsspiel von Toni Kroos, ein durchaus akzeptabler Plan B.

[ von up.picr.de]

Ein letztes Mal suche ich mir einen Biwakpatz an einem Radweg, allerdings ziemlich dorfnah für meinen Geschmack. Als ich am nächsten Morgen aufwache, sind schon die ersten Frühsporttreibenden aktiv, aber es stört sich niemand an einem biwakierenden Radreisenden.

[ von up.picr.de]

Am nächsten Vormittag erreiche ich bald die Küste und folge noch ein paar Kilometer der Strandpromenade. In Santa Susanna steige ich mit dem Rad in den Vorortezug, die weitere Einfahrt nach Barcelona erfordert zwingend viele Kilometer auf der Nationalstraße. Diese ist zwar durchaus viel von Renradlern frequentiert, aber entspricht trotzdem nicht meinem aktuellen Routenanspruch. Ich bin das einmal gefahren, habe dies auch offensichtlich überlebt, fands auch gar nicht sooo schlimm, aber trotzdem nicht so prickelnd dass es mein Ehrgefühl überzeugt hätte die Strecke noch einmal zu fahren. Von daher endet der Track auch hier.

[ von up.picr.de]

Ich steige im Vorort Badalona wieder aus dem Zug aus, radele noch stilvoll über die Brücke des Flusses Besos nach Barcelona rein und folge den vorzüglichen innerstädtischen Radwegen bis zum Triumphbogen wo ich noch ein letztes Poserfoto schiessen lasse.

[ von up.picr.de]



Fazit:

Abgesehen von der ungeplanten Stadtdurchfahrt durch Perpignan, war ich sehr angetan von meiner Route. Die Balance zwischen flott, nett und kaum Verkehr hat recht gut funktioniert. In Summe hatte ich gefühlt keine zwei Stunden Verkehrsnerv.



Nachtrag:
Die schmale 17mm-Hinterfelge, die ich mir unterwegs angelacht hatte, machte später noch richtig Probleme. Ich war im Anschluß im spanischen Süden unterwegs und als die Temperatur bei etwa 36 Grad angelangt war, hatte ich einen Reifenplatzer nach dem anderen, insgesamt sechs auf fünfzig Kilometer. Erst als ich mir in einem Radladen eine breitere Felge aus dem Montainbike-Bereich hatte einbauen lassen, war wieder Ruhe. Dafür habe ich zwar jetzt einen ungewohnt lauten Freilauf, aber allemal besser als platte Reifen.



[ von up.picr.de]