[*] Der Verlauf der römischen Via in Italien ist nicht klar. Was wir ab Trient aber seltsam fanden: Sind die Römer allen Ernstes (nicht mal ganz geradeaus) noch über drei Pässe geackert, wo man doch über verschiedene Täler kürzer nach Altino hätte reisen können?
Die Römer verfügten über ein Straßennetz, das kontinuierlich ausgebaut wurde. Antworten hast schon selbst gegeben, z.B. weil es einen Abzweig auch ohne Pässe nach Verona und letztlich nach Venedig gibt oder dass nicht jede historische Route der Historie entspricht. Nach Norden wurde übrigens auch nur ca. 200 Jahre später die Brennerroute gebaut. Warum nicht gleich so, ist doch niedriger? - Reschenpass diente der besseren Erschließung nach Westen (die Räter im Engadin). Brenner hat ein paar schwierige Klusen. Auch ist nicht jede Bergroute Niemandsland, sondern erschließt evtl. schon bestehende Siedlungen, die davor nur über Saumwege erreichbar waren. Erschließung heißt Geschäfte machen, Machtausbau, Steuereintrag - das konnten die Römer auch gut.
Einen direkten Durchstich von Trento nach Altino kann ich auch nicht erkennen. Straßen wird man dort bauen, wo man auf die geringsten Hindernisse stösst - je nach den handwerklichen Fähigkeiten der jeweiligen Zeit betrachtet. Damals konnte man vielfach Talrouten noch nicht freisprengen, sodass manche Pässe mit Schluchten erst viel später gebaut werden konnten, wie wir sie heute vorfinden. Andererseits konnten die Römer bereits sumpfige oder moorige Gebiete mit Bohlen gekonnt überbrücken. Manchmal sind drei Pässe einfacher zu meistern als einer - baulich, aber auch für die Fuhrwerke oder für dich als Radlerin. Ich bin mal quer rüber von Rovereto über den Passo Pian delle Fugazzo nach Schio (u.a. aktuell auch in einem neuem Beitrag auf meiner Homepage), das wäre nach Streckenlänge auch konkurrenzfähig zur Valsugana-Route. Ich bezweifle aber, dass du da weniger geflucht hättest.
Probleme mit Fels kennen wir auch heute noch, man denke an Tunnelbau, unterschiedliche Gesteine, unbekannte Wasserkanäle, abrutschende Trassen usw. (S21 auch ein Beispiel). Einfach geradeaus geht selten. Heuer wurde sogar die Brennerautobahn für kurz gesperrt, die Bahnlinie für länger, zahlreiche "harmlose" Straßen auf der Alpensüdseite sind prekär und Orte abgeschnitten. Auch wenn du unerwartet einfach über die Alpen gekommen sein solltest, sind die Berge damit noch lange nicht gezähmt. Die Natur ist und bleibt der Herrscher der Welten. Das wird immer wieder vergessen, weil wir glauben, ein paar Motoren und Hightech oder gar einem Radweg über die Alpen schaffen wir das schon spielerisch. Das ist ein Grundirrtum, dem auch heute noch trotz Wissensgesellschaft aufsitzen. Der Respekt gegenüber der Natur geht verloren, auch durch Überromantisierung. Manche glauben sogar, man könne über Naturphänomene demokratisch abstimmen.
