Der Unterschied zwischen den beiden üblichen Laufradgrößen ist beim Fahrvehalten kleiner als man annehmen könnte. Eigentlich kein Wunder, der Unterschied im Radius liegt bei sonst identischer Bereifung bei nur 25 Millimeter. Wir haben allerdings eine ganze Menge Schreiber, die in dieser Beziehung nicht nur das Gras wachsen hören, sondern dabei auch noch das Schnaufen der Flöhe mitbekommen. Ganz vergessen ist bei vielen, dass über Jahrzehnte die Reifenbreite von 47mm das übliche Maß war – und das sowohl bei 559 als auch 622. Dafür gab es den Ausdruck »Touren-Sport«. Auseinanderentwickelt hat sich die Reifendimensionsgeschichte durch den Einfluss des Straßenrenn- und später Geländesportes und durch (absatzsteigernde) Nachahmungseffekte. 622er Tourenräder sind so unüblich geworden, dass man sie der breiten und leider uninformierten Masse als »neunundzwanzig Zoll« vollkommen neu aufs Brot schmieren konnte.
Was natürlich die Federungseigenschaften durch die Reifen betrifft, da geistern verdammt viele zusammengereimte Pseudoerkenntnisse in der Welt herum. Willst Du, dass Dein Gaul ruhig läuft wie ein Schlafwagen, dann geht das nur mit vergleichbarem Aufwand und demnach zweistufiger Federung. Die Reifen bilden dabei die (harte) Primärfederung, die Sekundärfederung muss dann alle Kontaktstellen des Fahrers mit dem Fahrzeug umfassen. Die lange »Komfortfederung« genannte Kombination von Federgabel und gefederter Sattelstütze ist eine echte Mogelpackung. Die Füße, die schon durch das Treten beim Fahren einen großen Teil der Fahrermasse tragen, sind in diesem Fall nicht mitgefedert, zudem kommen die Schläge vom Hinterrad auch am Lenker an. Rahmen, insbesondere Diamantrahmen federn so, wie ein dreibeiniger Tisch kippelt. Wenn die Rahmenrohre unterdimensioniert sind, dann gibt es Verwindung und die wird gerne mit »Federung« verwechselt. Ein sich verwindender Rahmen ist nicht komfortabel, sondern Mist.
Nochwas, wenn Du einem Rahmen, der für relativ dicke Reifen ausgelegt ist, mit fingerdünnen ausrüstest, dann kann es passieren, dass die Bodenfreiheit beim Kurbelkreis zu klein wird. MTB-Rahmen mit ohnehin höherer Lage des Tretlagers verkraften das meist besser als ein Pastoorfiets.