Ich habe mir seit Jahren wieder eine Tour gekauft. Meine Interpretation des Bremsentests stelle ich zur Diskussion.
Der Bericht ist wirklich sehr aufschlussreich und m.E. überhaupt nicht reißerisch. Die Scheibenbremse hat versagt, daran ist kein Zwiefel. Wenn ich das Diagramm richtig lese, war das scheibengebremste Rad noch 30 Km/h schnell, als das felgengebremste schon stand! Wenn das tatsächlich so war, gibt es hier nichts schönzureden. Im Notfall ist das der Unterschied zwischen Leben und Tod.
Dieses Ergebnis mag sowohl mit der Größe als auch mit der Konstruktion der ICE Tech Scheibe zusammenhängen. Eine größere Stahlscheibe brächte dann Abhilfe - oder Fading und das Hydrauliksystem an seine Grenze.
Man könnt sich jetzt zurücklehnen und auf eine 203mm Stahlscheibe verlassen. Wahrscheinlich funktioniert das bei Reiserädern problemlos. Ich finde allerdings auch den ersten Teil der Testfahrt bis zur Vollbremsung interessant.
Der Fahrer ist nicht wesentlich anders gefahren, als ich das auch täte. Relativ schnell, ohne die Haftung der Reifen voll auszunutzen. Man erkennt das an den unterschiedlichen Kurveneingangsgeschwindigkeiten. Die lagen mal mit den Felgen-, mal mit den Scheibenbremsen höher. Also war noch Luft nach oben. Aus dem Diagramm ist an keinem Punkt eine Überlegenheit der Scheibenbremse, wie im Tour Artikel behauptet, erkennbar. Ich finde das sehr überraschend. Den höchsten Verzögerungseffekt erzielt man am Anfang des Bremsvorgangs. Ich hatte damit gerechnet, dass eine Scheibenbremse auch bei Trockenheit schneller anspricht. Das und die bessere Dosierbarkeit müssten sich eigentlich in kürzeren Bremswegen niederschlagen. Oder anders gesagt, das Rad müsste länger schnell sein können. Offenbar ist es mit beiden Systemen möglich, Bremsungen am physikalischen Limit von ca. 0,3g durchzuführen (zum Vergleich: Autos können Spitzenverzögerungen von 1,2g erreichen!).
Wenn meine Interpretation richtig ist, gibt es bei Trockenheit keine Vorteile für die Scheibenbremslösung. Sei es, dass sie tatsächlich nicht vorhanden sind oder ein durchschnittlicher Fahrer sie nicht ausnutzen kann. Diese Verhältnisse sind bei Reiserädern nicht anders.