Zeit:
November 2011
Route:
13 Tage, davon 9 Fahrtage, Tagesstrecken im Schnitt 50-60 km, maximal knapp 100.
Von Meereshöhe bis auf knapp 2000 m und zurück. Organisierte Reise ab/bis Kochi – hoffentlich ist deswegen mein Ruf nach diesem Erstbericht im Forum nicht schon ruiniert…
Details und viel mehr Bilder auf meiner
Website oder beim
Veranstalter.
Ausrüstung: Fahrradmanufaktur T-400 mit Rohloff
Mein Fahrrad erwies sich als hervorragend für die Strecke geeignet. Grundsätzlich gehen robuste Trekkingräder oder Mountainbikes. Zum Verleih kommen Mountanbikes.
Anreise:
Frankfurt – Dubai – Kochi mit Emirates
Im Herbst 2011 die billigste und kürzeste Verbindung – Direktflüge von Deutschland gibt es nicht. Riesenvorteil sind die 30 kg Freigepäck, die man selbst in Economy hat. Ansonsten vernünftige Airline, Essen essbar, Entertainment aus der Rückenlehne würde auch für langwierige Entführungen reichen. Für den Sammler: Metallbesteck, Plastikgläser.
Fahrradtransport:
großzügige Gepäckregelung, unklare Vorschriften, Hinflug problemlos mit kleiner Beschädigung, Rückflug mit schwierigem Start, aber unbeschadet. In Indien viel Zeit für Check-in einplanen!
Sportgepäck ist grundsätzlich bei Enirates kostenlos, solange das Gewicht aller Gepäckstücke nicht über 30 kg liegt. Sonstige Vorschriften sind unklar: über Anmeldung und Packvorschriften steht auf der Website nichts, laut telefonischer Nachfrage ist Anmeldung notwendig, beim Check-in in Frankfurt hat das aber niemanden interessiert. Haftungsausschluss für die Fluggesellschaft musste unterschrieben werden.
Verpackung:
Luftpolsterfolie in Kombination mit Fahrradtüte, damit sollte das Fahrrad rollbar bleiben. Das Übliche: Lenker gerade, Sattel runter, Pedale ab, Luft raus.
Nach dem Hinflug kam das Fahrrad unverpackt an, Folie und Tüte lagen daneben. Die Klickfix-Halterung am Lenker war kaputt gegangen.
Das Konzept des rollfähigen Fahrrads war in Kochi auf dem Rückflug nicht zu vermitteln – erst durfte es nicht ins Terminalgebäude, in dem Fahrzeuge verboten sind... Nach Kontaktierung von Emirates per Telefon und erfolgreicher Intervention des örtlichen Bodenpersonals wurde Zugang zum Terminal gewährt, aber auf einer Kompletteinwicklung in stramme Folie bestanden. Das alles um 6 Uhr morgens, puh... In Frankfurt ist dann alles wohlbehalten angekommen.
Wetter:
In tieferen Lagen ordentlich warm, aber erträglich, schätzungsweise bis 30 Grad. Es wird natürlich umso kühler je höher man kommt. Viel Sonne, wenig Regen. Für November ist das wohl normal so, empfehlenswerte Reisezeit.
Straßen- und Verkehrsverhältnis: Unterwegs weitgehend auf öffentlichen Straßen unterschiedlicher Qualität. Verkehrssitten gewöhnungsbedürftig, aber spaßig
Die Route erfolgte praktisch ausschließlich auf normalen Straßen mit entsprechendem Verkehr. Straßenqualität war sehr wechselhaft, von glattem Asphalt bis schlaglochübersät. Fortkommen war aber überwiegend flott möglich. Problematischere Passagen waren kurz – in der Regel Baustellen. Breite solide Reifen und ein robustes Rad sind notwendig, ein Mountainbike nicht. Bei den Leihfahrrädern handelte es sich allerdings um Mountainbikes.
Verkehrsverhältnisse sind anarchisch, aber kooperativ und machten für mich durchaus eine der faszinierendsten Erfahrungen der Reise aus, Formelle Regeln sind eher weniger bedeutend, und man muss permanent damit rechnen, dass aus einer beliebigen Richtung irgendwas mit 2-8 Rädern, Beinen oder Pfoten auf einen zukommt. Damit rechnen tun denn auch die meisten anderen Verkehrsteilnehmer, nur die heiligen Kühe ruhen sich auf ihrem Nimbus aus. Zur Sicherheit wird noch permanent gehupt und geklingelt, was aber in den seltensten Fällen 'Ich bin stärker als du und habe keine Lust zu bremsen' bedeutet.
Orientierung:Ohne mich!
Habe ich komplett dem Guide überlassen. Weder er noch der Fahrer hatten eine Karte dabei (brauchten die zwei auch nicht), das fand ich bedauerlich. Wer auch gerne genauer weiß, wo er ist, möchte womöglich eine eigene Karte mitnehmen.
Orientierung auf eigene Faust kann ich nicht genau einschätzen. Wegweiser gibt jedenfalls nur sporadisch, nach dem Weg fragen dürfte sich sprachlich häufig schwierig gestalten, auch wegen manchmal etwas unklarer Benennung der Orte.
Unterkunft:Indien ist auch nicht mehr das, was es mal war
Überwiegend Hotels im sehr komfortablen Bereich, Tourismus ist in Kerala durchaus ein Wirtschaftsfaktor und entsprechend gibt es an vielen Stellen ein ordentliches Angebot, allerdings zu durchaus nicht billigen Preisen. Keine Kästen, sondern häufig mit sehr schöner Anlage. Zwischendurch auch Lücken, so dass Vorausplanung und -reservierung bei Eigenorganisation vermutlich ratsam ist.
Verpflegung:Curry satt
Curry (im Sinne von Fleisch oder Gemüse mit würziger, gerne auch scharfer Soße) sollte man schon mögen, wenn man hierher fährt. Zum Frühstück kann man der Sache noch aus dem Weg gehen zu Gunsten von süßem Toast mit Marmelade, manchmal Rührei oder Croissants, meistens irgendwas Fruchtigem Mittags und abends geht es dann aber in der Regel landestypisch zu, abends in den Hotels meistens als üppiges Büffet. Zwischendurch wurde häufig in kleinen Läden auf einen Tee angehalten, dazu gab es nach Wunsch häufig etwas Frittiertes. In den größeren Restaurants gibt es zusätzlich importierte Gerichte aus China oder Europa, aber grundsätzlich ist das einheimische Essen dem klar vorzuziehen. Große Auswahl auch für Vegetarier! Meine Verdauung war lediglich einen Tag nicht so begeistert vom Angebot. Die hygienischen Verhältnisse waren auf den ersten Blick überall zumindest akzeptabel. Zu trinken gibt es vor allem Tee, morgens auch Kaffee, Saft und Softdrinks. Die meisten Hotels und Restaurant haben keine Lizenz zum Alkoholausschank – das ist wohl spezifisch für Kerala, in anderen indischen Bundesstaaten geht es wohl freigiebiger zu. Weil es deswegen mit anderen Reisenden wohl schon mal Irritationen gegeben hatte, wurde mir schon am ersten Tag Bier gekauft und in den Begleitbus gepackt. Das meiste hat am Ende aber der Fahrer gekriegt, weil abends keine Kühlmöglichkeiten bestanden.
Organisation:
vollorganisierte und begleitete Tour, mit Fahrradguide und Begleitbus. 'Cycling Kerala's Backroads'. Gebucht über
Spiceroads, örtliche Organisation
Pioneer Personalized Holidays .
Dies war meine erste, aber aller Voraussicht nach nicht letzte Erfahrung mit 'betreutem Radeln'. Für meinen Geschmack in einem Land wie Indien einer selbst organisierten Reise vorzuziehen, aber das muss jeder für selber entscheiden. Eine Reise in Eigenregie ist mit entsprechender Vorbereitung sicherlich machbar.
Die Vorteile der Gruppe sind offensichtlich: Komfort, Sicherheit und Geselligkeit. Nachteile: auch Organisation und Orientierung tragen ja zur Reiseerfahrung bei – wenn man das an einen Guide delegiert, fällt diese Erfahrung weg, ebenso wie das eine oder andere 'Abenteuer'. Alleine kann man natürlich auch Tempo und Route völlig selbstständig bestimmen.
Konkret funktionierte in meinem Fall die Organisation weitgehend reibungslos, bis hin zu Beschaffung eines Ersatzfahrrades für eine andere Teilnehmerin über Nacht aus 500 km Entfernung. Bei Auswahl von Unterkünften und Verpflegungsstationen war offensichtlich, dass diese Tour nicht zum ersten Mal lief. Orientierung erfolgte ohne jede Karte oder Navi, aber mit traumwandlerischer Sicherheit. Gesellschaft auf dem Rad hielt sich überraschenderweise in Grenzen und bestand meistens nur aus dem Guide. Die beiden anderen Teilnehmerinnen hatten sich die Hügel harmloser vorgestellt und fuhren überwiegend im Bus hinterher oder voraus. Entsprechend konnte ich weitgehend das Tempo genauso gestalten, wie es mir passte. Das Après-Bike wäre ohne die beiden allerdings etwas eintönig geworden – Englischkenntnisse der Leute vor Ort waren erstaunlich schlecht und die Unterkünfte erwiesen sich als nicht sonderlich gesellig – eine Hotelbar oder sonst ein kommunikativer Platz waren kaum vorhanden.
Empfehlenswert ist die Mitnahme des eigenen Rades. Die vom Tour-Veranstalter gestellten Leihräder waren ok, mehr aber auch nicht.
Kommunikation
In Kochi funktionierte auch ein altertümliches Handy mit E2-Karte, ansonsten habe ich es als Telefonmuffel gar nicht ausprobiert. Internet gab es in einer knappen Mehrheit der Unterkünfte, bis auf eine Ausnahme kostenlos. Internetcafés habe ich wenige gesehen.
Service für Radfahrer
Bei Selbstorganisation bleibt nur Optimismus und im Bedarfsfall Eigeninitiative und Improvisationstalent. Es gibt ab und zu Läden, die Zweiräder reparieren, aber ich vermute, ein modernes europäisches Bike haben die meisten Schrauber dort noch nie in den Fingern gehabt.