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VORBEMERKUNG
Vorläufig leider ohne Bilder, da das Einfügen der Bilder aus dem pcasa-Webalbum leider nicht klappen will (es folgt lediglich der link, s.Beispiel "Route"!)
Deshalb als Hinweis: die links zur vollständigen Bildergalerie findet sich am SCHLUSS dieses Berichtes oder auch im vollständigen Reisebericht unter
http://biziklo.blogspot.com/2012/02/schwarzes-meer-2011.html

Die Route:
[img]https://picasaweb.google.com/100936285236581376857/2011SchwarzesMeer1Georgien#5710521866848282994[/img]

Mittwoch, 31. August Tbilissi (ohne Velo)

Der Flug mit Pegasus Airlines von Zürich über Istanbul nach Tbilissi hat bestens geklappt: guter Service ohne Luxus, günstiger Preis (Fr. 258.- + Fr. 60.- fürs Velo), und alles Gepäck inkl. in Schachtel verpacktes Velo einwandfrei angekommen. Am Flughafen in Tbilissi herrscht um 3 Uhr nachts Großbetrieb; am Ausgang entdecke ich in der Menge einen Mann mit der Tafel für das SkyHostel, der mich hier abholen soll. Allerdings erwartet er auch noch 2 Israeli von einem späteren Flug. Mit deren Gepäck und meinem Velo ist sein Shiguli aber eindeutig zu klein. Kurzentschlossen organisiert er auf dem Vorplatz einen zweiten Fahrer für mich, und mit einigen Stricken gelingt es uns sogar, meine Fahrradschachtel auf dem kleinen Dachträger zu fixieren. In Tbilissi stoppen wir in einer dunklen Straße inmitten von Erdhaufen und offenen Gräben und erreichen zu Fuß durch eine stockdunkle Passage schließlich das Hostel, wo ich um halb fünf mein einfaches, aber sauberes Zimmer beziehe und gleich mal bis 11 Uhr durchschlafe. Auf meinem Programm steht heute eine Stadtbesichtigung zu Fuss: der Rustaveli-Boulevard mit immer mehr Souvenirläden, teuren Mode-Geschäften und Banken, die Altstadt mit den engen Kopsteinpflaster-Gassen und den vielen Holzveranden, die türkischen Bäder, die riesige Dreifaltigkeits- Kathedrale („Sviatoi Sameba“), ... Nach dem ausgedehnten Bummel drängt es mich nun auf den Start zur Schwarzmeer-Tour, weshalb ich beschließe, schon am nächsten Tag die erste Etappe unter die Räder zu nehmen. Und schließlich funktioniert auch die Wasserversorgung endlich wieder einmal, so dass ich den Hauskomfort auch endlich nutzen kann.

Donnerstag, 1. September Tbilissi -Mzkheta - Gori 91 km

Um halb acht geht es los, der Kura entlang nordwärts, schon bald mit viel Verkehr. Aber die Straße ist sehr breit und lässt mir an der Randmarkierung reichlich Platz fürs Velo. Längs der Straße stehen häufig Gemüse- und Obsthändler mit ihren hochbeladenen Autos neben einfachen Verkaufsständen. Nach 18 km verlasse ich die Schnellstraße und erreiche auf der alten Verbindungsstrasse Mzcheta, die ehemaligen Hauptstadt des Iverischen Königreiches. Die Gegend um die Svetizchoveli-Kathedrale ist historisierend restauriert. Beeindruckend bleibt aber die Kirche aus dem 11. Jh. innerhalb der alten Festungsmauern.
Zur Fortsetzung nehme ich wieder die alte Hauptstraße Richtung Westen flussaufwärts. Sie ist entgegen den Warnungen in Tbilisi sehr gut, hat mit Ausnahme von 5 km durchgehend Belag und je länger desto weniger Verkehr. Nur die 34 Grad machen wegen fehlenden Bäumen etwas Mühe.
Ziemlich verschwitzt erreiche ich gegen 16 Uhr nach 90 km die Stadt Gori, Geburtsort von Josip Dshugashwili, dem späteren Stalin. Auf dem großzügigen Stalin-Boulevard mit schönen Wohn- und Geschäftshäusern fahre ich bis zum Stalin-Geburtshaus mit dem großen Museum. Hier ist aber alles verlottert und statt dem früheren monumentalen Standbild steht nur noch eine kleine Statue Stalins vor dem geschlossen wirkenden Museum. Der riesige Platz im Stadtzentrum vor dem Rathaus wirkt ohne die 1910 bei Nacht und Nebel entfernte monumentale Stalin-Statue noch verlassener als sonst. Das große Intourist-Hotel nebenan ist nicht mehr in Betrieb, aber im Hotel Victoria finde ich für 80 Lari (etwa 40 Franken) ein großes Zimmer mit Balkon und funktionierendem Bad.

Freitag, 2.September Gori -Khashuri - Borjomi 88 km

Auf einer alten Straße ohne Verkehr geht es zunächst gemütlich westwärts. Leider endet sie dann aber gut 100 m unterhalb der neuen Strasse, so dass ich das Velo mit 17 kg Gepäck eine steile Wiese hochschleppen muss. Wegen dem vielen Verkehr entscheide ich mich für die Abzweigung nach Kareli und von dort aus für die zwar längere, aber sicher ruhigere Nebenstraße. Diese ist tatsächlich sehr ruhig, denn 3 km nach Kareli gibt es nur noch Schotter, und Autos würden auf dieser Schotterpiste sicher nicht freiwillig fahren. Dafür stoße ich gleich zu Beginn bei Samtsevrisi auf ein kleines Kloster und auf dem daneben liegenden Hügel eine kleine, leider geschlossene Kirche aus dem 7.Jh. Ein wunderbarer Aussichtspunkt mit Blick über das Tal der hier stark mäandrierenden Kura.
Glücklicherweise zeigen mir Arbeiter den richtigen Weg, denn Wegweiser und Ortstafeln sind in Georgien abseits der wenigen Hauptachsen offenbar unbekannt. Hier sind nur Einheimische unterwegs, und die wissen schließlich, wo sie sind. Und so geht es durch die Ebene holprig weiter. In den wenigen Dörfern wechselt der Schotter gelegentlich mit Schlamm ab, denn in der letzten Nacht hat es wieder stark geregnet. Nach 25 km Schotter geht es vor Khashuri wieder auf die Hauptachs Glücklicherweise geht die Hauptverkehrsachse ab hier nordwestwärts weiter über Kutaisi zum Schwarzen Meer. Die Straße zu meinem Tagesziel Borjomi dagegen führt mit mäßigem Verkehr nun langsam ansteigend in ein idyllisches Tal mit Wald und angenehmen Temperaturen. Die Kura ist hier wieder ein wilder Fluss mit Stromschnellen, und jede Kurve bringt neue interessante Bilder. Borjomi kündigt sich als erstes mit einer großen Quelle am Straßenrand an, über welcher auf einer riesigen Betonüberdeckung in noch knapp sichtbaren Reliefformen der Ruhm des bekannten Mineralwassers verkündet wird, das bis 1989 in der ganzen Sowjetunion Verbreitung fand.
Kurz nach halb fünf erreiche ich im hier nun engen Tal den Kurort. Hotels und Pensionen säumen die Hauptstraße, aber viele scheinen geschlossen. Die Tourist-Info vermittelt mir eine einfache Privatunterkunft in der Nähe, und die Vermieterin holt mich gleich hier ab.
Mit einer Besichtigung des Mineralwasser-Parks beschliesse ich den Tag.Aus dem erhofften Bad im neuen Badehaus wird leider nichts: geschlossen (wahrscheinlich "na remont" wie so vieles in der ehemaligen SU).
Von der Tourist-Info habe ich erfahren, dass die Schmalspurbahn in den Wintersportort Bakuriani auch Velos transportiert. Ich ändere deshalb meine Pläne für den nächsten Tag: statt auf der Hauptstraße direkt weiter Richtung Batumi will ich von Bakuriani aus (ca. 1700 m) über den Tskhratskharo-Pass (2450 m) nach Akhalkalaki in der Nähe der armenischen Grenze und von dort aus am folgenden Tag die berühmte Felsenstadt Vardzia besuchen

Samstag, 3. September Borjomi - Bakuriani - Akhalkalaki 57 km

Nachts hat es stark geregnet, um 6 Uhr ist alles verhangen. Laut Tourist Info fährt ein Zug um 07.15 Uhr, der zweite um 14 Uhr. Aber um 7.15 kommt am Bahnhof kein Zug: Fahrplanwechsel; der einzige Zug fährt seit dem 1. September um 11 Uhr und hätte 3 Stunden für die 25 km lange Strecke. Damit wäre ich definitiv zu spät! So entscheide ich mich fürs Taxi: Für 30 Lari inkl. einem Abstecher zum in einem Seitental versteckten Kloster Kimotesubani führt er mich nach Bakuriani hinauf und zeigt mir dort den Beginn der Straße, nachdem ich sein wiederholtes Angebot, mich für 20 Lari auch noch gleich auf den Pass hinauf zu führen dankend abgelehnt habe.
Im Slalom geht es um viele Löcher, dazwischen auch mitten durch tiefe Pfützen aufwärts, zunächst durch Wald, dann durch offene Weiden an der Sonne. Nach 3 Stunden empfängt mich auf dem Khrazkaro- Paß (2540m) ein kühler Wind und die Polizei, die alles wissen will. Die Landschaft hat sich ab dem Pass schlagartig verändert: nach den tiefen Tälern mit viel Wald im Norden öffnet sich nach Süden eine fast waldlose Region mit sanften, oft vulkanartigen Hügeln und einzelnen tief eingeschnittenen Tälern.
Auf der Weiterfahrt geht es mit wenig Gefälle in eine weite Ebene hinab. Die "Straße" ist so schlecht, dass ich oft kaum schneller als beim Aufstieg fahren kann und gelegentlich lieber quer über die Weiden abkürze. In der weiten Ebene tauchen erste verstreute Dörfer und einige Waldflächen auf, die mit ihren strengen Abgrenzungen deutlich als künstliche Aufforstungen zu erkennen sind.
Nach endlos scheinender Fahrt auf breiter Schotterspiste und schließlich doch auch noch löchrigem Belag erreiche ich gegen 16 Uhr Akhalkalaki und kann mich rechtzeitig in einer verlassenen Tankstelle vor einem Riesengewitter schützen. Da der Regen aber nicht enden will, verzichte ich für heute auf Weiterfahrt und übernachte im Art&Seg für 80 Lari: zwar nicht billig, aber eine andere Unterkunft finde ich im Moment nicht.

Sonntag, 4. September Akhalkalaki - Vardzia - Akhaltsikhe 137 km

Bei leichtem Nieselregen gehts um 8 Uhr wieder los. Hier auf rund 1700 m ist es noch bergig kühl, aber auf der Fahrt talabwärts künden erste blaue Flecken doch schon wieder einen besseren Tag an. Bei der mächtigen Burg von Khertvisi finde ich eine Marschroutka, die mich samt Velo für bescheidene 3 Lari nach Vardzia mitnimmt. Bereits vom Parkplatz aus ist die große Felswand mit den vielen aus und in den Fels gehauenen Wohnungen dieser im 12. Jh. erbauten Höhlenstadt sichtbar. Auf einem Rundgang, teilweise durch steile dunkle Treppengänge und über ausgesetzte Terrassen kann ich viele dieser insgesamt noch gut 700 einzelnen Wohnhöhlen, Kirchen und Lagerräumen besichtigen.
In erfrischender Fahrt geht es auf dem Velo wieder zurück nach Khertvisi und weiter talabwärts gegen Akhalcikhe. Allmählich wird es nun flacher, zunehmend auch durch kleine Wälder, aber immer wieder geht es kurvenreich und eng zwischen steilen Bergen hindurch. Gegen 15 Uhr erreiche ich nach einer kurzen Steigung die Stadt Akhalcikhe und damit auch wieder meine ursprünglich geplante Route Borjomi - Batumi. Ich fahre nach einem kräftigen Wolkenbruch weiter und wundere mich erst nach einer guten Stunde, dass die Sonne zwischen den Wolken nun statt vor mir eben in meinem Rücken zum Vorschein kommt: ich habe statt der Straße gegen Batumi diejenige zurück Richtung Borjomi erwischt; irgendwo am Stadtrand musste ich eine Abzweigung verpasst haben! Also 25 km zurück und in der Stadt übernachten

Montag, 5. September Akhaltsikhe - Goderzi - Batumi 181 km

Wieder bei leichtem Nieselregen gehts zum zweiten Mal los. Sonne und leichter Regen wechseln sich ständig ab. Wieder leichtes Auf und Ab, sehr wenig Verkehr, größtenteils guter Belag. Aber nach Adigeni ist fertig mit Belag, statt dessen eine zwar breite „Straße“, aber die Hälfte der Oberfläche besteht aus Wasserlöchern, der Rest aus einem Gemisch von Kies und Schlamm. Nach 6 km wird das Tal enger, die Straße plötzlich steil. Dank der Steigung gibt es nun zwar keinen Schlamm mehr, dafür groben Schotter und tiefe Gräben. In steilen Kurven geht es durch Wald aufwärts, das Fahren ist auf der ruppigen Straße oft nur noch knapp möglich. Trotz aller Anstrengung fasziniert die Landschaft mit Wald, ganz seltenen Weiden und tief eingefressenen Bachgräben. Nach zweieinhalb Stunden lichtet sich der Wald und verstreute Häuser werden sichtbar: die weitläufige Sommersiedlung am Goderzi-Pass. Damit habe ich auch bereits die formell „autonome Republik Adscharien“ erreicht.
Auf der Passhöhe (2024 m) treibt mir ein kalter Wind dichten Nebel entgegen, und ich bin froh, mich in der gemütlichen Holzbaracke ausruhen und stärken zu können. Die Abfahrt ist allerdings nur wenig erholsamer als der Aufstieg, denn der Straßenzustand erfordert größte Konzentration und erlaubt auch hier oft nur Schrittempo, wenn ich nicht plötzlich im Straßengraben landen will. Erst nach 35 km treffe ich in Khulo endlich wieder auf gute Asphaltstraße. Zum Glück habe ich mit dem Nabendynamo vorzügliches Licht, so dass ich auch nach 20 Uhr mit guter Sicht fahren kann. Gegen 22 Uhr erreiche ich die Küstenebene und nach 6 km auf einer 4-spurigen Straße das hell erleuchtete Batumi. Ein junges Paar erklärt mir den Weg zum Guesthouse an der Melikishveli 97, wo ich nun 2 Nächte bleiben werde.

Dienstag, 6. September Batumi (zu Fuss und per Velo)

Ein wohltuender Start in den Tag: Ausschlafen bis 9 Uhr, dann erst einmal gründliche Kleider-Wäsche und anschließend Velo-Wäsche im Hof des einfachen Guesthouse. Adscharien und vor allem Batumi boomt, im Gegensatz zum übrigen Georgien Dies bestätigt denn auch meine Velo-Sightseeing-Tour durch die Stadt: überall moderne oder pseudogriechische Neubauten und viele exklusive Geschäfte, riesige Hotels (Sheraton, Radisson, Imperial, ...), an der mehrerer Kilometer langen Strandpromenade mit separaten Bereichen für Flaneure und Velofahrer, Restaurants, Parks, bombastische Appartement-Blocks und Vergnügungsanlagen, am Abend in bunter Beleuchtung und mit lauter Musik. Im Stadtzentrum gibt es wenigstens noch einen Bereich mit Gassen aus Kopfsteinpflaster und den hübschen 2-stöckigen Häusern aus früherer Zeit, aber auch hier drängen sich schon einzelne moderne mehrgeschossige Häuser dazwischen. Erholsam auch das alte Hafengebiet, wo am Quai Männer jeden Alters ihr Fischerglück versuchen.

Mittwoch, 7. September Batumi - Poti - Zugdidi 141 km

Die Wasserversorgung funktioniert wieder mal nicht, also starte ich ungewaschen. Die Hauptstrasse direkt am Meer hat auf den ersten Kilometern sogar noch einen separaten Radstreifen direkt am Wasser, aber nach Adzankauri geht es auch hier aufwärts und schließlich durch einen 600 Meter langen neuen Tunnel, danach nochmals zwei kurze, aber steile Aufstieg bis zur Abfahrt gegen Kobuleti. Von den Ruinen des antiken Petra-Tsikhe (6.Jh.) aus bietet sich eine großartige Sicht über die hier beginnende riesige Küstenebene der Kolchis.
Ab Kobuleti gehts flach der Küste entlang, zuerst mit vielen Hotels und Ferienhäusern, dann aber immer mehr offenes, unverbautes Land. , ab und zu ein träge sich zum Meer windender Fluss und nur selten einige Häuser. Ab Poti geht es nach der Mittagspause
auf der Hauptstraße Richtung Kutaisi und nach knapp 20 km ab Chaladidi nach Norden. Die nächsten 15 km habe fast für mich allein. Die gute Asphaltstraße durch wenige kleine Dörfer beherrschen Schweinen, Ziegen und Kühe, die sich weder durch mich noch durch die seltenen Autos aus der Ruhe bringen lassen. In Khobi stoße ich wieder auf die Hauptstraße und erreiche nach 18 Uhr Zugdidi, die Hauptstadt des ehemaligen Fürstentums Mingrelien.
Ein Taxifahrer macht mir eine Skizze zum Zugdidi-Hostel, das ich über dunkle Schotterstraßen nach einigen Umwegen schließlich finde. Ein zweistöckiges Wohnhaus mit Garten, für mich im EG ein einfaches, gemütliches Zimmer und Zugang zu Küche sowie Dusche/WC mit Waschmaschine.

Donnerstag, 8. September Zugdidi - Inguri (Grenze) - Zugdidi 35 km

Um 8 Uhr geht’s los, zuerst ins Stadtzentrum zu Kaffee und Gebäck, dann eine kleine Stadtrundfahrt und schließlich auf die Hauptstraße Richtung Inguri-Fluss, der seit 1992 die faktische Grenze zur abtrünnigen Republik Abchasien bildet. Bis zum heutigen Ziel Suchumi sind es laut Straßenschild 103 km, ich muss mich also nicht beeilen. Nach 9 km stehe ich am georgischen Kontrollposten. Zahlreiche Kleinbusse und vereinzelte Pferdefuhrwerke stehen bereit, um die Grenzgänger, die zu Fuß mit großen Taschen von der anderen Seite kommen, weiter zu führen. Ich erhalte nach Vorlegen meiner abchasischen Bewilligung und telefonischer Rückfrage innert 15 Minuten freie Fahrt. Vor dem Brückenbeginn versperren Betonblöcke die ungehinderte Fahrt für Motorfahrzeuge. Die vielen Löcher im Belag der langen Betonbrücke über den Inguri sind von den letzten Regen noch voll Wasser, vorsichtshalber schiebe ich deshalb mein Velo lieber. Am ansteigenden Gegenufer versperrt eine Barriere die Straße und lässt nur einen schmalen Durchgang zu einigen Baracken frei. Auf einem kleinen Zwischenhof stehen Männer in unterschiedlichsten Uniformen umher. Ein Mann mit Schirmmütze ist offenbar offizieller Beamter und verschwindet mit meinem Pass und der Bewilligung in einem Büro. Als Tourist bin ich hier offenbar eine Rarität; die übrigen Männer stehen um mich herum und inspizieren das Velo.
Endlich kommt der Beamte wieder aus dem Büro, reicht mir den Pass und erklärt mir, dass ich umkehren müsse: die Einreisebewilligung sei wegen einer fehlenden Zahl in meiner Pass-Nummer ungültig! Extra-Bezahlung funktioniert auch nicht, da die Bewilligung erst in Suchumi nochmals kontrolliert werde. Mir bleibt nichts übrig als zurück auf die georgische Seite.
Dank tatkräftiger Hilfe meiner Gatgeberin in Zugdidi und vielen Umwegen gelingt es bis zum Abend, schon für den folgenden Tag eine neue Einreisebewilligung zu erhalten. Also morgen gleich wieder zur Grenze!

Freitag, 9. September Zugdidi - Ochamchire - Suchum 115 km

Ich starte heute extra früh und bin bereits vor 8 Uhr wieder am georgischen Grenzposten. Hier erklärt mir der Offizier ausführlich, dass ich mit einem Stempel des Grenzübergangs nach Russland bei einer Rückkehr über diese Inguri-Übergang ins Gefängnis kommen werde oder 2‘000 Euro Busse bezahlen müsse, denn damit würde ich die „russische Besetzung georgischen Territoriums“ anerkennen, was in Georgien strafbar sei. Ich versichere ihm, dass ich vorerst nur Suchumi besuchen werde um dann vielleicht mit dem Schiff nach Sotchi oder Noworossijsk weiter zu reisen. Auf der abchasischen Seite muss ich lande warten, denn die zur Kontrolle in Suchumi zuständige Kontrollstelle arbeitet erst ab 9 Uhr.
Nach einer Stunde kommt endlich der Grenz-Beamte wieder und überreicht mir kommentarlos den Pass: ich kann weiter fahren.
Auf der Straße durch lichten Wald und verwilderte Felder hindurch bricht der Belag auseinander, und das Fahren braucht große Aufmerksamkeit. Aber es ist wenigstens weiterhin flach. Beim Bezirkshauptort Gali ist kaum zu erkennen, welche der zerfallenden Straßen in den Ort hinein und welche nur in einen Hinterhof führt. Dafür ist jetzt die Straße sehr gut, mit einem neuen Asphaltbelag dank der UNO. wieder tauchen am Straßenrand Reste von einst wohl prächtigen Häusern und kleinen Fabriken auf, vielfach schon von dichtem Grün überwachsen. Dazwischen ab und zu Kühe, Pferde, Ziegen und Schafe, die sich selbst überlassen scheinen. Nach 50 km nehme ich die Abzweigung nach Ochamchire, um wieder einmal ans Meer zu gelangen. Hier bestehen ganze Quartiere nur noch aus verrostetem Eisen und Mauerresten. Die Hänge des Kaukasus rücken allmählich näher, am Horizont werden weiße Kuppen sichtbar. Die Dörfer mehren sich, und gegen 17 Uhr komme ich nach 110 km in Suchum (nicht Suchumi, das ist georgisch!) oder Aqwa, wie die Hauptstadt auf abchasisch heißt, an. Mit kurzem Umweg durchs Zentrum finde ich auch das von Lonely Planet empfohlene Homestay. Für das Visum ist es heute schon zu, spät, im Aussenministerium ist bereits Feierabend. Es ist ja Freitag, daran hatte ich gar nicht mehr gedacht; also kann ich erst am Montag weiterreisen? Da ich am Sonntag aber ohnehin einen Ausflug zum Ritsa-See geplant habe, beschließe ich, trotzdem am Samstag bis Gagra zu fahren und von dort am Montagmorgen irgendwie kurz nach Suchum zurückzukehren, um dann das Visum zu beschaffen.

Samstag, 10. September Suchum - Gudauta - Gagra 92 km

Nachts hat es stark geregnet, aber um 8 Uhr morgens scheint schon wieder die Sonne und es ist schon 25 Grad. Ich besichtige zuerst die Stadt und starte erst um 13 Uhr über den riesigen Markt mit seinen von Autos verstopften Straßen Richtung Westen. Wegweiser hat es nirgends, aber ich verlasse mich aufs Gefühl und lande damit nach einigen Kilometern schließlich auf einer sich im Gebüsch verlierenden Schotterstraße. Mühsam auf Schotter aufwärts und steil abwärts erreiche ich erst nach gut 10 km wieder die richtige, aber verkehrsreiche Hauptstrasse.
Bei Novi Afon stelle ich das Fahrrad inklusive Gepäck auf der Polizeistation ein und mache mich zu Fuß zur Besichtigung des prächtigen Klosters auf. Das erst im 19 Jh. von Mönchen aus dem griechischen Stary Afon (Athos) erbaute Kloster zählt zu den Hauptattraktionen Abchasiens. Der gelbe Gebäudekomplex mit den ockerfarbigen Portalbereichen und den glänzenden Riesenkuppeln an Abhang der bewaldeten Berge zieht Heerscharen von (russischen) Touristen an.
Nach ausgedehnter Besichtigung geht es gemütlich der Küste entlang und dann etwas landeinwärts mit Hügeln weiter. Mit einem als Denkmal aufgestellten Schützenpanzer mit abchasischen Wappen und Fahnen kündet sich mein Tagesziel Gagra an. Bei der Einfahrt dämmert es schon. Überall weisen kleine Tafeln vor den Häusern auf Ferienzimmer hin, aber ich stelle schnell fest, dass niemand an einem Einzelgast für nur 1 oder 2 Nächte interessiert ist. Lieber lässt man das Zimmer frei. Schließlich finde ich doch eine gute Unterkunft (700 Rubel/Nacht) in einem Haus mit gedecktem Hof und Garten mit Bäumen. Nach einem ersten Rundgang durch den Touristenlärm entlang der Uferstraße genieße ich zum Tagesschluss wieder die Ruhe des Gartens mit einem Baltika 8 (dunkles russ. Bier, kräftig).

Sonntag, 11. September Gagra - Ritsa-See - Gagra (Kleinbus)

Es ist bedeckt bei 24 Grad, aber ich hoffe, dass ich am Ritsa-See oben auf 950 m.ü.M. nicht im Nebel stecken werde. Für 450 Rubel erhalte ich einen Platz in einer Marschrutka mit sehr ausführlicher Information auf dem ganzen Weg. Schon beim Beginn der Fahrt durch das enge Pzifi-Tal hinauf bin ich froh, dass ich heute auf das Velo verzichtet habe. Unzählige Kleinbusse, Cars und PW’s haben offenbar das gleiche Ziel, und vor dem Blauen See am Eingang zum Ritsa-Naturreservat stauen sich die Fahrzeuge. Die Fahrt durch die teilweise sehr enge Schlucht mit hohen Felswänden, an kleinen Wasserfällen vorbei in die weit hinauf mit Nadelwals bedeckten Berge hinauf ist sehr abwechslungsreich. Der Besuch des Sees und der Stalin-Datscha ist (landschaftlich!) absolut lohnend. Nach der Rückkehr setzt ein Abendbad im 25 Grad warmen Meer und ein Nachtessen im Freien mit Sicht auf die im Schwarzen Meer versinkende Sonne den passenden Schlusspunkt.

Montag, 12. September Gagra - Psou (Grenze) - Sochi 70 km

Zunächst am Morgen nochmals per Marschtoutka zurück nach Suchum fürs Visum, das wegen Stromausfall eine Stunde auf sich warten lässt,und kurz nach 13 Uhr geht es in leichtem Nieselregen ab Gagra wieder aus eigenen Kräften auf die Straße.
Der Verkehr ist etwas stärker. Für viele Touristen gehen die Ferien langsam zu Ende, sie fahren zurück nach Russland. Nach 25 km der steilen Küste entlang folgt die Ebene mit dem Grenzfluss Psou. Statt auf der breiten Hauptstraße direkt zur Grenze wird der Verkehr auf einer Nebenstraße über offenes Feld geführt. Am abchasischen Grenzposten ist gerade niemand, und nach der engen Brücke bin ich schon im russischen Zollgebäude.
Zum Glück hat der Regen wieder nachgelassen, aber im stockenden Verkehr wird man dafür von den Lastwagen mit braunem Sprühregen geduscht. Bei Adler wird die Bauwut im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele von 2014 sichtbar: überall ragen Krane inmitten riesiger Baustellen in den Himmel, der Verkehr wird kompliziert über halbfertige Straßen umgeleitet, bis ich schließlich auf einer Autobahnauffahrt lande und dafür eine etwas ruhigere Straße finde. ich erreiche um 18 Uhr endlich den Bahnhof Sochi und finde bei einer der mit einem Pappschild bewaffneten Frauen Zimmer in der Nähe für 1400 Rubel.
Den Rest der Nacht pendle ich zwischen Schlafzimmer und WC hin und her: irgendwo habe ich wohl meine eigenen Hygiene-Vorschriften missachtet!

Dienstag, 13. September Sochi - Lazarevskoe 79 km

Nach wenigen Stunden Schlaf wache ich um 7 Uhr auf und fühle mich dank Kohletabletten und Schwarztee rstaunlich wohl. Dafür überrascht mich beim Aufstehen ein stechender Schmerz im linken Bein: Velofahren ist so absolut undenkbar! Soll hier nun meine Tour schon zu Ende sein? Mit Ponstan gelingt es mir im Laufe des Morgens, eine kleine Besichtigungsrunde zu machen, und kurz vor Mittag geht es mit voller Packung wieder los. Die Stadt zieht sich über verschiedene Hügel, und so beginnt bereits hier eine fast endlose Berg- und Talfahrt, dazu in starkem Verkehr mit vielen Lastwagen. Allmählich komme ich auch wieder in eher ländlich wirkende Gebiete, aber dazwischen tauchen immer wieder die großen Sanatorien- und Hotelbauten dieser russischen Riviera auf. Ging ich bei der Planung noch davon aus, dass diese Küstenstrasse wegen ihrer großen Bedeutung sicher ziemlich ausgeglichen angelegt sei, muss ich mich nun schnell besser belehren lassen. Die Aufstiege sind zwar nicht besonders hoch, aber mit gut 35 Kilo (Velo + Gepäck) absolut genügend, um bei gut 30 Grad den Puls in die Höhe zu jagen und immer wieder zur Wasserflasche greifen zu müssen. Abschnittsweise ist die Straße nur 2-spurig und sehr steil, dann folgen wieder breite 3-spurige Bereiche mit neueren Kunstbauten, wo der Verkehr mit 120 Stundenkilometern neben meinem breiten Randstreifen vorbei donnert. Trotz den periodischen Anstrengungen kann ich die Aussichten genießen: mal die bewaldeten Berge mit tief eingeschnittenen Tälern, dann wieder die weite Sicht über das tiefblaue Meer. Bis ich um halb sieben Lazarevskoe erreiche, habe ich 12 solche Übergänge erreicht.
Die Unterkunftssuche gestaltet noch schwieriger als in Gagra.
Dank fremder Hilfe finde ich schließlich doch noch eine Unterkunft beim Armenier Sergej Jasidshan. Das Zimmer für 400 Rubel ist sauber, hier oben ist es ruhig, und zum Duschen und Waschen kann ich das große Badezimmer der Familienwohnung benutzen. Zu allem serviert er mir auch noch ein feines „Dabag“, einen feinen armenischen Reis mit Auberginen. den ich auf der halbfertigen Terrasse mit Aussicht über die bunten Lichter des Ortes und das dunkle Meer geniesse.


Mittwoch, 14. September Lazarevskoe - Tuapse - Pshada 149 km

Sergej serviert wir zum Start um 7 Uhr einen kräftigen Kaffee und 2 Schoko-Riegel. Ich bin froh über den morgendlichen Schatten, denn die Berg- und Talfahrt geht im Stile des Vortages gleich weiter. In Tuapse bin ich glücklich, dass es am Vortag nicht bis hierher gereicht hat: eine trostlose Industrie- und Hafenstadt mit grauen Plattenbauten, riesigen Tanklagern und qualmenden Fabrikkaminen. Nach weiteren Hügeln folgen bei fast jedem Meeranstoss wieder ruhigere Ferienorte mit langen Stränden. Nach Novomikhaylovsky unterbreche ich die Weiterfahrt , da der lange Sandstrand gleich unterhalb der Straße zum Baden einlädt. Das mit den 2 Kabelschlössern an einem Eisengeländer befestigte Velo samt Gepäck kann ich dabei immer im Auge behalten.
Hinter Dshubga nimmt der Verkehr deutlich ab, denn der Hauptstrom biegt nach Norden Richtung Krasnodar und Rostov ab. Wesentlich ruhiger geht es für mich Richtung Noworossijsk weiter. In Pshada weisen mir einige Männer am Marktstand den Weg zum „Hotel“: ein kleines Haus am Ende einer löchrigen Straße, sozusagen am Ende der Welt. Aber saubere Zimmer, eine Küche und Bad mit separatem WC. Etwas zum Essen kann ich mir noch in einem kleinen Kiosk besorgen, denn im Hotel gibt es nichts.

Donnerstag, 15. September Pshada - Novorosjisk - Anapa 134 km

Kurz nach halb acht Uhr bin ich wieder unterwegs. Nach einer Besichtigung von "Dolmen", den zwischen 2‘000 und 3‘000 v.Chr. aus grossen Steinplatten errichteten Grabhäusern,
bringe ich mit dem Mikhaylovsky-Pereval (270 m) den wohl letzten Pass in Russland hinter mich. 60 km öffnet sich der Blick auf die Bucht von Noworossijsk. Wuchtige Soldaten in Beton und eine blendend weiße Säulen-Galerie rufen die schweren Kämpfe im 2. Weltkrieg um diese wichtige Industriestadt in Erinnerung, die wie viele andere nach dem Krieg von Stalin als „Helden-Stadt“ ausgezeichnet wurde.
Am Beginn der Stadt fährt man durch die riesigen Verlade-Anlagen der hier endenden Pipelines, welche Öl und Gas vom Kaspischen Meer durch den Nord-Kaukasus hier zu den Schiffen gebracht bringen. Erst nach 8 km erreiche ich das Stadtzentrum mit dem Fährhafen. Das Stadtzentrum ist schön, aber ausserhalb dominieren die eintönigen Plattenbauten, Industrieanlagen und im Hintergrund die großen Kalksteinbrüche. Ich verzichte ich nach einem kurzen Nickerchen auf der Uferpromenade auf diesen Übernachtungsort, um dafür noch Anapa zu erreichen. Auf breiter Straße mit viel Verkehr geht es zur wirklich letzten Hügelkette hinauf, um kurz vor Verkhnebakansky auf eine ruhige Nebenstraße westwärts abzuzweigen und um 6 Uhr abends mein neues Ziel zu erreichen. Anapa ist neben Sotchi der beliebteste Badeort der russischen Schwarzmeerküste und immer noch in Hochsaison.Im „Anapa Lazurnaya“, dem ersten richtigen Hotel auf meiner Reise, finde ich zentrumsnah ein sehr schönes Zimmer für 2‘090 Rube. Beim Waten im letzten Tageslicht im flachen Wasser am sandigen Strand erholen sich meine Füße von den heutigen 134 Kilometern.


Freitag, 16. September Anapa - Port Kavkaz - Kerch 121 km

Ab Anapa wird die Landschaft immer flacher. Auf der guten Strasse mit wenig Verkehr gibt es nur noch wenige meist langgezogene Steigungen und Abfahrten. Anstelle der Reben hat es nun immer mehr grosse Felder mit Tomaten, Melonen, Auberginen, Kartoffeln und Sonneblumen, die meisten nach der Ernte schon fast leer. Entlang der Straßen werden an Ständen die Produkte direkt sack- und kistenweise an die Kundschaft verkauft.
Bei der Abzweigung nach Temrjuk beginnt die Tamanskij-Halbinsel, welche das Asovsche Meer vom Schwarzen Meer trennt. Außer den Feldern sieht man auch immer mehr große Wasserflächen von jetzt im Herbst schon stark geschrumpften Flachseen. Beim letzten Ort Iljitsch (Lenins Vatername) erreiche ich die schmale Nehrung, welche das Naturschutzgebiet des Taman-Golfs von der Straße von Kertsch trennt, welche Asowsches und Schwarzes Meer verbindet. Straße und Eisenbahn enden nach 11 km in Port Kavkas mit dem Morevaksal („Meerbahnhof“).
Die Fähre bringt mich für 250 Rubel inkl. 80 Rubel für das Velo innert 20 Minuten an die Ostspitze der Krim. Die Krim empfängt mich gleich wieder mit einem ersten Hügel und deutlich schlechterer Straße als auf der russischen Seite. Nach 14 km komme ich im Zentrum von Kerch an und beziehe im teuersten Hotel "Kerch" für 400 Grivna (rund 40 Franken) ein sehr schönes grosses Zimmer mit tadellosem Bad.
Ich beeile mich mit Dusche und Wäsche, um noch bei Tageslicht die Stadt zu erkunden. Als Aussichtspunkt lockt der Mithridatesberg, von dem aus ich im Sonnenuntergang die Stadt mit dem Hafen überblicken und am Horizont noch knapp das russische Ufer ausfindig machen kann. In der Stadt wird gerade wieder einmal die Befreiung durch die Rote Armee im 2. Weltkrieg gefeiert, und das Riesenfest mit Musik, Darbietungen und Beizen geht weit in die Nacht hinein.

Samstag, 17. September Kerch - Leninske - Kap Kazantip 89 km

Nach dem Morgenessen schaue ich mir die Innenstadt zuerst einmal noch bei Tag an. Um 9 Uhr fahre ich durch die Stadt auf das leicht hügelige Plateau hinauf und auf der Hauptstraße Richtung Westen. Einige meiner nächsten Ziele sind auf einer großen Distanztafel vermerkt: Feodosija 80 km, Jalta 285 km, Sewastopol 281 km, Yevpatorija 270 km. Allerdings werde ich mit meiner Kreuzundquer-Route einige Kilometer mehr zurücklegen müssen. Nach 50 km wähle ich eine Nebenstraße nach Norden um heute Abend beim Kap Kazantip am Asowschen Meer zu übernachten. Vor Ostanine folge ich dem grossen Krim-Kanal, der Wasser vom Dniepr bis hierher bringt. Nun gibt es nur noch kleine Wege durch die menschenleer Wildnis Richtung Skholkine. Und trotzdem stosse ich plötzlich auf 3 russische Radfahrer, die dasselbe Ziel wie ich haben, also geht es gemeinsam weiter.
Den Strand finden wir erst nach langen Umwegen auf verwinkelten Sandwegen. Außer einer kleinen Strandbeiz gibt es nichts, und so suchen wir uns hinter der kleinen Düne ein Plätzchen für unsere Zelte. Im Sonnenuntergang erhole ich mich im flachen, warmen Wasser mit Aussicht auf die felsige Landzunge, welche Kap Kazantip abschließt. Ich genieße bei einbrechender Nacht die friedliche Stimmung und das Rauschen der Wellen. Leider steigt aber allmählich der Lärmpegel von einigen Burschen und Mädchen, die in der Nähe ihre Schaschlik am Feuer braten und mit zunehmendem Alkohol-Konsum auch ihre Techno-Musik immer lauter aufdrehen. Ich fürchte, daß meine Ohro-Pax dem nicht ganz gewachsen sein werden!

Sonntag, 18. September Kap Kazantip - Kamianske - Feodosija 85 km

Nach Mitternacht ist es doch etwas ruhiger geworden, was mir einige Stunden Schlaf ermöglicht hat. In der Morgendämmerung glühen nur noch die letzten Reste des Grill-Feuers, dafür steigt die Sonne wie ein Feuerball aus dem Meer. Um 8 Uhr fahre ich nach einem Farmer-Stengel als Morgenessen los und hoffe auf einen Morgenkaffee in Shcholkine, aber vergeblich: alles noch geschlossen. Also weiter. Erst nach 20 km finde ich in Kalynivka einen kleinen Laden, wo es neben meinem täglichen Proviant (Yoghurt, Mineralwasser, etwas Gebäck und Obst) auch endlich einen Kaffee gibt. Für den Weg entlang der Küste haben meine gestrigen Begleiter nicht zu viel versprochen: nach einer kurzen Schotterstrecke führt zwar nur noch ein Erdweg weiter, dessen tiefe Fahrspuren mit gelegentlich sandigen Abschnitten volle Konzentration fordern, aber die Aussicht auf die felsige Steilküste mit Schwärme von Kormoranen und Möwen und das Meer mit allen Farben zwischen dunkelblau und türkisgrün ist wirklich grossartig. Landeinwärts unterbrechen nur wenige Baumreihen mit oft verkohlten Stämmen die dürren Grasflächen. Nach 20 km Einsamkeit erreiche ich die Siedlung Kamiansk. In der Ferne verschwindet die Arabatskaya Strelka, eine rund 90 km lange und oft kaum 100 m breite Nehrung. Meine Fortsetzung nach Westen hat es aber auch in sich: nochmals fast 25 km groben Schotter und Wellblechpiste mit nur einem einzigen kleinen gottverlassenen Dorf (L’vove).Die letzten 25 km ab Vladislavika bis Feodosija sind zwar auf guter Strasse mit mässigem Verkehr, aber auf die kleine Hügel und vor allem den starken Gegenwind könnte ich wirklich verzichten!

In Feodosija tobt das „Wine Feodosija- Festival“, ein Riesenfest mit Musik und Variété. Von meinem Hotel gegenüber dem Bahnhof und der grossen Freilichtbühne komme ich so auch heute bis spät in die Nacht in den Genuss von Techno-Gehämmer. Ich besuche zu Fuss lieber noch die ruhigeren Stadtteile und die genuesischen Festung. Von ihrer Pracht ist zwar nicht mehr viel zu sehen, aber die Mauern und Türme aus gelben Steinblöcken wirken über dem tiefblauen Meer sehr malerisch, und bei der kleinen armenischen Kirche am Fuss der Festung ist vom Trubel in der Stadt nichts mehr zu spüren. Mit einem feinen gebratenen Lachs schliesse ich den abwechslungsreichen Tag ab und spaziere nochmals durch das lärmige Party-Treiben auf dem Hauptplatz. Was wohl der durch die grosse Bühne halb verdeckte Lenin dazu zu sagen hätte?

Montag, 19. September Feodosija - Stary Krym -Sudak - Privetnoe 115 km

Um 8 Uhr geht es wieder weiter, zunächst wieder ins Landesinnere nach Staryi Krym. Damit geht es auch erstmals auf der Krim etwas in die Höhe, eine kleine Vorahnung zum Krimgebirge, welches die Südküste der Krim prägt. Anstelle durch braune Steppe fahre ich jetzt immer wieder durch Wald und Felder mit Reben oder umgepflügten Äckern. Nach Stary Krym geht es auf der stark befahrenen Hauptstraße wieder auf 250 m hinab, und dann zweige ich nach Süden in ein enges Tal ab. Mit einigen teils sehr steilen Abschnitten führt die Nebenstraße über einen kleinen Pass (460 m.ü.M.) wieder in nach Süden und bei Sudak an die Küste zurück. Auch diese bedeutende Kurstadt hat eine große genuesische Vergangenheit, die sich in Form einer riesigen und teilweise schön rekonstruierten Festungsanlage äußert. Die kurvenreiche Straße lädt auch zu einem Abstecher nach Novyi Svit ein, wo angeblich der beste Krim- Sekt hergestellt wird. Die Fahrt auf der engen Straße um die vielen Kuppen herum ist ein echtes Highlight, wenn man sich nicht gerade vor Ausflugscars in Sicherheit bringen muß, die die ganze Straßenbreite für sich beanspruchen. Um halb fünf Uhr starte ich ab Sudak zur restlichen Tagesetappe und bin schon nach kurzer Zeit wieder fast alleine unterwegs. Auch hier zeigt sich wieder: der Küste entlang heißt noch lange nicht, dass es auch flach weiter geht.Nach 5 weiteren Übergängen schlage ich bei einbrechender Nacht bei Privetnoe das Zelt am Strand auf und finde in einer kleinen Stranbeiz sogar noch ein kleines Nachtessen. Bei zwei großen Glas Rotwein genieße ich das Rauschen der Wellen in der mondlosen Sternennacht. Mein Zelt finde ich gegen halb elf Uhr trotzdem noch auf Anhieb.

Dienstag, 20. September Privetnoe - Alushta - Yalta 77 km

Noch selten so gut geschlafen: keine schreienden Esel, keine kläffenden Hunde, keine hämmernden Techno-Beats ...., dafür ein wunderbarer Tagesbeginn mit der aus dem Meer aufsteigenden Sonne. Das Morgenbad mit Sonnenaufgang tut gut und bereitet mich so richtig auf die nächsten Pässe vor. Erst nach zwei Stunden und zwei steilen Übergängen gibt es in Rybache etwas zu essen. Auf einer Terrasse über dem Strand verzehre ich 2 Blini mit Speck und decke mich nach einem starken Kaffee auf dem Markt wieder mit dem Tagesproviant ein.
Die Aussicht in die steilen Berghänge des Krim-Gebirges und auf das tiefblaue Meer entschädigen in den nächsten fünf Aufstiegen immer wieder für die literweise fließenden Schweißtropfen. Nach Alushta sind die Berghänge weniger zerklüftet, so dass die hier sehr großzügig ausgebaute Straße schließlich mehr oder weniger in der einmal erreichten Höhe von rund 300 Metern nur noch mäßig auf und ab geht. Einmal mehr erst in der Dämmerung und damit auch im dichtesten Abendverkehr komme ich nach einem Abstecher nach Hurzuf hinunter und steilem Wiederaufstieg gegen 18 Uhr in Jalta an. Im sehr zentral gelegenen Hotel „Krim“ finde ich für 360 Grivni ein Zimmer im 5. Stock und darf für 50 Grivni auch noch das Velo in einem abschließbaren Zimmer verstauen. Ab 20 Uhr gibt es sogar zwei Stunden lang warmes Wasser, ebenso am Morgen von 7 bis 8 Uhr.

Mittwoch, 21. September Yalta - Ai Petri - Bachtschisaraij 86 km

Die Weiterfahrt am nächsten Tag ist spektakulär. Während am Beginn der Strandpromende Lenin vom hohen Sockel unnahbar in die Zukunft blickt, erwarten mich am anderen Ende mit Gogol und Tschechov zwei etwas erfreulichere Berühmtheiten und am Ende des ausgedehnten Meeres-Parks der alte "Zarenpfad", der durch Wald auf fast immer gleicher Höhe die folgenden Orte verbindet und mir die höher liegende Hauptstraße erspart. Nach dem Lyvadya-Palast (Ort der Yalta Konferenz)führt der Zarenpfad weiter durch den Wald mit knorrigen Eichen, Buchen und Föhren. Ich verlasse ich den Zarenpfad erst bei Koreiz und steche nach Mizkhor ans Meer hinunter mit der stillen Hoffnung, dass die dort startende Seilbahn auf den Ai Petri auch mein Velo samt Gepäck aufnehmen wird. Es klappt tatsächlich:Für 60 Grivna für mich plus 30 fürs Velo werde ich über 2 Sektionen in der vollgestopften Kabine auf den felsigen Aussichtsberg hinauf transportiert. Die Aussicht beim Mittagessen ist grossartig! Nach einem letzten Austieg mit dem Velo folgt eine Hochebene, und dann beginnt eine kaum enden wollende Genussfahrt talwärts durch immer dichteren Wald und kaum einer Auto-Begegnung. Erst nach 23 km komme ich im Talboden auf 300 m.ü.M. mit Sokolyne erstmals wieder in ein Dorf. Bis Tankove geht es fast flach durch Wiesen und Wald weiter. Über dem Wald leuchten beidseitig bizarre Felsformationen und teils senkrechte Wände als Ränder mächtiger Tafelberge. Vom Talausgang nochmals 12 km auf einer größeren Straße komme ich um halb sieben Uhr in Bachtschysaraj an. Die heutige Stadt ist absolut unattraktiv. Im etwas abseits gelegenen alten Stadteil finde ich eine Privatunterkunft, wo ich einmal mehr froh bin um meinen Seidenschlafsack (Hygiene-Schutz!)

Donnerstag, 22. September Bachtschisaraij - Inkerman - Sevastopol 60 km

Obwohl mich die Hausherrin fast zum Bleiben nötigen will, packe ich um 7 Uhr meine Sachen und starte zu den Besichtigungen: das Uspenskij-Felsen-Kloster aus dem 9. Jahrhundert, eines der ältesten Klöster auf der Krim; die Felsenstadt Chufut-Kale (vom 7. Jh. bis ins 19. Jh. bewohnt), und schliesslich den Khans-Palast, der mit seiner Pracht eindrücklich die einstige Macht und den Reichtum der Tataren zeigt.
Nach dem Mittag beginnt die heutigen Etappe nach Sevastopol.Auf der Hauptstraße Richtung Küste geht es zunächst sehr bequem und schnell vorwärts. Aber in Meeresnähe wird es leider doch wieder hügelig. Und obwohl Inkerman an der gleichen Bucht wie Sewastopol liegt, muss ich noch eine 10 km lange und zu Beginn sehr steile Schleife nach Süden machen, bevor sich mein Ziel mit einem gigantischen Bogen über die nun schon autobahnähnliche Straße ankündet. Auch das Stadtgebiet ist sehr hügelig, und erst nach weiterem Nachfragen finde ich (schon wieder im dichten Abendverkehr!) den Weg zum 12-stöckigen Hotel Krim, ein typisches ehemaliges Intourist-Hotel mit dem unverkennbar sowjetischem „Charme“.
Bei einem ersten Rundgang über den Primorsky Bulvar und gutem Essen beschließe ich, in dieser Stadt etwas auszuruhen, die Sehenswürdigkeiten zu genießen und erst am Samstag zur letzten Etappe nach Yevpatorija (und dann irgendwie nach Odessa) zu starten. Nach inzwischen 2050 km kann ich diese Pause wieder einmal brauchen!

Freitag, 23. September Sevastopol (zu Fuss )

Das Velo habe ich auf dem bewachten Parkplatz eingeschlossen, heute ist velofrei (was ich, aber vielleicht auch mein Velo, sehr schätzen!).
Als erstes kaufe ich mir ein Billet für den Nachtzug ab Krasnoperekopsk nach Odessa, denn statt 2 Tage lang im Verkehr durch monotone Landschaften fahren ich lieber 3 Tage länger der Krim-küste entlang.
Mit dem Bus besuche ich die von den Griechen um 600 v.Chr. gegründete Stadt Khersonesos auf einer Landspitze westlich der Stadt mit den teilweise rekonstruierten Bauten und mitten drin die mächtige Vladimir-Kathedrale . Den Rest des Nachmittags verbringe ich wieder in der Stadt und spaziere durch die grosszügigen Strassen mit den teilweise sehr schön restaurierten Bauten. Die Monumente aus zaristischer und kommunistischer Zeit reihen sich nahtlos ins Stadtbild ein. Nach einem guten Nachtessen im „Traktir 1854“ (mit 2 Glas Massandra) erkundige ich auf dem Rückweg zum Hotel den morgigen Weg zur Artbuchta, von wo nach Fahrplan bereits um 7 Uhr bereits eine Auto-Fähre zum Nordufer der Bucht abfahren soll.

Samstag, 24. September Sevastopol - Saky - Yevpatorija 106 km

Die vorgesehen Fähre fährt trotz Fahrplan nicht, aber beim "Seehafen" erwische ich gerade noch rechtzeitig für die kleine Personen-Fähre, auf der ich das Velo ebenfalls mitnehmen darf, da es am Samstag noch genügend Platz hat. Durch den dichten Markt am Nordufer dränge ich mich mit dem sperrigen Velo wieder auf die ruhigere Strasse Richtung Yevpatorya. Nach einigen bis etwa 120 m hohen Hügeln wird es immer flacher. Die Straße ist gut, und ab Fruktove, wo die Straße nach Bachtschysaraj und Simferopol abzweigt, gibt es auch nur noch mäßig Verkehr. Punkt 12 Uhr komme ich in Saky an, wo mir sofort die vielen Invaliden auffallen. Der Schlamm aus den Salzseen der Umgebung und das bromhaltige Mineralwasser sollen eine heilende Wirkung haben, weshalb die Kleinstadt zu einem Kurzentrum wurde. Über eine 12 km lange Nehrung, leider nun mit Gegenwind, erreiche ich um halb 3 Uhr Yevpatorija und kann im kleinen Hotel „Kosmos“ im Obergeschoss des schön renovierten Busbahnhofs für 250 Grivna eine moderne kleine 2-Zimmerwohnung beziehen. Sogar das Velo darf ich hereinnehmen.
Yevpatorija ist eine wahre Multi-Kulti-Stadt: im alten Zentrum mit den ein- und zweistöckigen Häusern innerhalb der teilweise noch erhaltenen Stadtmauern hat es ein jüdisches, ein tatarisches, ein armenisches und ein russisches Quartier. Neben der Moschee, wo gerade eine Trauung stattfindet, steht die Nikolai-Kathedrale, das größte orthodoxe Gotteshaus auf der Krim. Und wenige Straßen weiter stoße ich auf die Egiya-Kapay-Synagoge. Von der armenischen Nikolai-Kirche sehe ich nur den Turm,ohne den Zugang in den engen Sträßchen zu finden. Ich besuche dafür die um 1810 erbauten karäischen Kenasen mit den hellen Laubengängen zwischen den Gebäuden. Die Stadt ist der größte Kurort der Krim, und so besteht ein großer Teil der Stadt aus Alleen und Promenaden, die von Hotels und Pensionen gesäumt sind und auf denen an diesem schönen Spätsommerabend zwischen all den Ständen mit Attraktionen und Souvenirs mit dem Velo kaum ein Durchkommen möglich ist.

Sonntag, 25. September Yevpatorija - Olenivka - Chornomorske 181 km

Bei meinem Start kurz nach vor halb sieben Uhr ist es noch fast dunkel und mit 11 Grad empfindlich kühl. Der warme Faserpelz und der gute Nabendynamo bewähren sich bestens. Erst wenige Autos fahren mit Melonen und Trauben zum Markt in die Stadt, die Straßen sind noch fast leer. Ich halte ein Tempo von rund 25 km/h und bin um 07.40 Uhr wirklich schon in Mirny. Aber die im Führer versprochene Fähre gibt es nicht: Militärisches Sperrgebiet !!Offenbar hat die Ukraine den ehemals russischen Stützpunkt am See wieder in Betrieb genommen.
Also 5 km zurück und mit gegen 50 km Umweg um den Donuzlav-See herum. Endlich bin ich um halb eins wieder an der Küste. Ab Marine gibt es laut Karte nur einen kleinen Pfad der Küste entlang. Auf den folgenden 30 km werde ich für die bisherigen Strapazen reichlich
belohnt: auf mehr oder weniger deutlichen Wegspuren geht es der Küste entlang, die bald zu einem Steilufer wird, das in 20 bis 30 Meter hohen braunen, gelben und weißen Felsklippen in das tiefblaue Meer abfällt. Ab Olenivka, der westlichsten Siedlung auf der Krim, mache ich auch noch einen Abstecher zur äussersten Landspitze, bevor ich auf holprigem Asphalt nach Osten drehe und bei einbrechender Dunkelheit Chornomorske erreiche.
Nicht ganz freiwilliger „egalisiere“ ich so auch meinen bisherigen Tagesrekordes von 181 km.
Das „Jachont“ ist mit 350 Grivna zwar nicht billig, aber die großen Zimmer mit Sicht auf Garten und Meer sind das Geld wert. Als erstes muss ich duschen und sämtliche Kleider und Gepäcktaschen gründlich ausklopfen und reinigen; seit der Tour entlang der Küste ist alles nur noch graubraun, und der feine Staub hat sich überall festgesetzt. Morgen folgt die letzte Velo-Etappe der Tour, und da soll es auch wieder wie geölt laufen!


Montag, 26. September Chornomorske - Sterekhushe - Krasnoperekopsk 128 km

Bei Tageslicht bekommt jetzt auch noch das Velo seine Reinigung, Die Straße ist jetzt deutlich besser und doch ohne Verkehr, es ist flach und es windet auch nicht. Die Touristensaison ist unterdessen zu Ende, in Mizhove gibt es nur noch gerade einen Kaffee. In Steregusche komme ich zum letzten Mal direkt ans Meer und nehme am verlassenen Strand ein letztes Bad.
Ab Vorontsivka ist es vorbei mit der Ruhe. Auf der Hauptstraße von Simferopol nach Cherson herrscht dichter Verkehr mit sehr vielen riesigen Lastwagen. Und nachdem ich bisher fast immer eher überbreite Straßen mit reichlich Platz für mein Velo angetroffen habe, hat diese wichtige Straße auf langen Abschnitten geradezu schweizerische Dimension: 2 Fahrbahnen und außerhalb der Randmarkierung höchstens einen halben Meter Asphalt. Sobald im Rückspiegel ein Lastwagen auftaucht, weiche ich deshalb auf den groben Schotterstreifen nebenan aus.
Um 17.45 Uhr kündet die Betonwand mit der Inschrift Krasnoperekopsk und drei grimmigen Betonköpfen das Ende der Velofahrt an. Bei einer kleinen Autowäsche lasse ich das Velo für die Bahnfahrt gründlich reinigen. Mein Zug ist für 23.15 Uhr angesagt. Die Züge sind sehr lang und das Perron nur gerade vor dem Stationsgebäude schwach beleuchtet. Entsprechedn aufregend wird meine nur knapp geglückte Zugbesteigung, und das Verstauen von Gepäck und Velo ist trotz Resrvation auch nicht vorgesehen ....
Aber Hauptsache, ich komme heil und mit allem Zubehör nach Odessa!


Dienstag - Donnerstag, 27.-29.September Odessa (definitiv zu Fuss)

Um 8 Uhr 10 ist Endstation meiner Reise. Ich warte, bis alle ausgestiegen sind und kann nun wirklich in aller Ruhe auspacken und auf dem Perron gemütlich das Velo wieder zusammensetzen. Es ist tatsächlich noch alles da!
Mit dem Velo schlängle ich mich durch das Verkehrschaos vor dem Bahnhof Für 26 Franken finde ich im „Zentralnaya“ ein Hotelzimmer, dem Namen entsprechend mitten im Zentrum. Von hier aus flaniere ich 2 Tage lang kreuz und quer durch die Stadt und suche die Highlights dieser traditionsreichen Stadt auf. Die Abende widme ich der Kultur:
am Dienstag eine Aufführung der Oper „Fürst Igor" von A. Borodin;am Mittwoch zum Liszt-Jubiläum ein kommentierter Klavier-Abend mit dem Pianisten-Paar Ilja und Olga Scherbakov: absolut faszinierend, und auch das für nur 30 Grivna.
Am Mittwoch gilt meine Hauptsorge zunächst dem bevorstehenden Velo-Transport nach Zürich. Mit tatkräftiger Hilfe einer Verkäuferin finde ich schliesslich einen einwandfreien Velokarton und widme am Donnerstagmorgen eine ganze Stunde dem sorgfältigen Verpacken.

Als letzte kulinarische Exkursion besuche ich am Mittwochabend nochmals ein georgisches Retaurant und geniesse Lammfleisch-Eintopf und eine weitere Chatschapuri-Variante, dazu natürlich auch wieder guten (georgischer) Wein. Ein zufriedener Abschluss der Schwarzmeer-Tour.
Ein Taxi mit genügend Platz für das grosse Gepäck bringt mich um 11 Uhr für 140 Grivni zum Flughafen. Saccoche und Veloschachtel lasse ich mir nochmals verkleben, bezahle im LOT-Büro die 381 Grivni für das Velo und gebe die letzten 70 Grivni im Duty-free-Shop für einen Krim-Cognac aus. Pünktlich um 19 Uhr lande ich nach dem Umsteigen in Warschau wieder in der Schweiz, diesmal trotz 7 Kilo weniger Lebendgewicht auch völlig unversehrt.
Glücklich und dankbar, dass auch diesmal wieder alles bestens und unfallfrei geklappt hat.

Im November 2012 daheim .... und wie immer zum Schluss die BILANZ

- In Zahlen:
während 145 Stunden über 23 Tage verteilt für 2‘456 Strecken- und 16,8 Höhen-km im Sattel in 4 Ländern
- auf Asphalt, Beton, Überresten von Beidem, Schotter, Kies, Sand, Dreck, ........
- keine einzige Panne, einige Stürze, aber kein Unfall (in Krasnoperekopsk mit viel Glück!)
- viele interessante Begegnungen und Gespräche

Immer genau dann, wenn es Schwierigkeiten hätte geben können, tauchte irgend jemand auf, der die Lösung hatte, oder ein glücklicher Zufall half mir weiter
Insgesamt waren es vier eindrückliche Wochen in einer Gegend, die mich seit dem ersten Besuch in Georgien 1998 immer wieder angezogen hat. Mein damaliges Vorhaben, irgendwann einmal mit dem Velo das Schwarze Meer zu umrunden, ist zusammen mit dem Abschnitt Donaumündung – Varna 2009 zu einem grossen Teil realisiert. Ob ich allerdings auch den türkischen Abschnitt realisieren will, ist sehr ungewiss, denn im Gegensatz zu den bisherigen Abschnitten ist dieser Teil recht kahl und die Strasse der Küste entlang dürfte sehr starken Verkehr aufweisen.
Und wie eigentlich alle bisherigen Velotouren im Osten und Süden würde ich auch diese Tour jederzeit wieder machen - aber es gibt ja noch viel zu entdecken und zu er-„fahren“ ..............

Den vollständigen Bericht gibt es unterhttp://biziklo.blogspot.com/2012/02/schwarzes-meer-2011.html

und die vollständigen Bilder unter
1. Georgien:https://picasaweb.google.com/100936285236581376857/2011SchwarzesMeer1Georgien#
2. Abchasien/Russland:https://picasaweb.google.com/100936285236581376857/2011SchwarzesMeer2AbchasienRussland#
3. Krim/Odessa:https://picasaweb.google.com/100936285236581376857/2011SchwarzesMeer3UkraineKrim#
Dort finden sich auch die links zu den 3 Webalben mit allen Bildern
Nutze die Zeit, denn die Welt ist schön !
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#801638 - 02/19/12 04:45 PM Re: Schwarzes Meer Nord-Ost [Re: Paarios]
natash
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Hallo Paarios,
vielen Dank für die vielen schönen Eindrücke von einer Region, die auch noch auf meiner Wunschliste steht, wenn ich auch im Gegensatz zu Dir eher im Zelt übernachten würde, soweit möglich.
Merci + Gruß
Nat
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#801760 - 02/19/12 09:55 PM Re: Schwarzes Meer Nord-Ost [Re: Paarios]
dcjf
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Underway in Switzerland

Hallo Peter,

das Schwarze Meer würde mich auch mal reizen.
Und ich hatte gedacht, es wäre schwierig von Georgien zu kommen, mit dem Zwischenschritt Abchasien scheint es ja doch zu gehen.



Warum das mit den Bildern nicht klappt, kann ich allerdings auch nicht sagen, ich habe jetzt einfach Bild einfügen gedrückt und vorher bei Picasa bei deinem Bild rechtsgeklickt (Bildadresse kopieren) und die kopierte Adresse eingefügt.

Grüsse

Christian

Edited by dcjf (02/19/12 09:55 PM)
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