Habe das hier mal für unseren kleinen Mitradler aufgeschrieben:
Nach dem Kita-Abschlussfest habe ich noch ein wenig Zeit, bis die Schule beginnt. Was fange ich damit nur an? Oma und Opa schlagen mir eine kleine Radreise vor. Haben die ja schon öfter gemacht. Toll, das wollte ich doch schon immer mal machen! Zu meinem 6. Geburtstag im Mai habe ich mein neues 20er Puky mit Dreigang-Schaltung bekommen. Das wird noch ordentlich geputzt. Papa leiht mir seine kleinen Packtaschen. Mama packt alles ein, natürlich viel zu viel. Na gut, muss Opa eben schleppen. Mein Dino muss natürlich auch mit, der kommt ganz oben ins Gepäck rein.
Montag früh geht es endlich los. Wir fahren mit der S-Bahn zum Ostbahnhof und steigen dort in den Regionalexpress um. Im Fahrradabteil ist viel Platz für uns allein. Oma packt die Stullen aus und wir machen Frühstück. Nach einer Stunde sind wir aber schon in Frankfurt/Oder.
Am Hauptbahnhof muss ein Startfoto her:
Wir fahren durch die Stadt, meist auf Fußwegen, am Oderturm vorbei bis zum Stadtrand. Nun geht es ein wenig bergauf und ich muss zum ersten Mal schieben. Oben an der Bundesstraße fahren wir auf einem extra Radweg.
Aber wo ist denn hier die Oder? Ah, hier ist ein kleiner Rastplatz mit Blick in die Oderauen bis rüber nach Polen.
Nun geht es endlich wieder bergab. In Lebus müssen wir eine Weile suchen, bis wir etwas zum Essen finden. Glücklicherweise hat das Anglerheim geöffnet.
Nach dem Essen im Biergarten ruhen wir uns auf der Wiese am Ufer aus. Dann geht’s weiter auf dem Oderdeich. Mit dem Wetter haben wir ja richtig Glück.
Naja, nicht ganz. Auf einmal werden die Wolken immer dunkler …
… und es dauert nicht lange, bis der Regen beginnt. Aber Mama sagt immer: „Wir sind ja nicht aus Zucker“. So kann ich wenigsten mal meine Regensachen ausprobieren.
Na, so doll war der Regen auch nicht. Nicht mal eine halbe Stunde, schon müssen wir uns wieder umziehen. Das machen wir in einem Unterstand bei Reitwein. Dort steht auch eine Infotafel an einer „Diplomatentreppe“, die zur Deichkrone führt.
Nun fahren wir bei Sonnenschein weiter auf dem Deich und singen „… ich hab‘ den Tag auf meiner Seite, ich hab Rückenwind …“ Die paar Regenwolken ziehen an uns vorbei, über die Oder nach Polen. - Das Hochwasser hat hier die Auen überschwemmt. Wie kommen bloß die Kühe auf die Weide?
Jetzt machen wir aber eine Pause, denn ich muss mich mal austoben. Mal sehen, wer weiter werfen kann.
Nun wieder rauf auf den Deich, ob ich meine Oma abhängen kann? (naja, die lässt mich sowieso immer gewinnen)
Manchmal ist es oben auf dem Deich zu windig oder es gibt gar keinen Weg, dann fahren wir runter auf die Straße gleich daneben. Autos fahren hier nur ganz selten.
Nun wird der Weg doch recht lang.
In Küstrin kennt Opa eine Abkürzung. Unter der Auto- und der Eisenbahnbrücke durch müssen wir schieben, denn es ist ganz schön matschig.
Nun ist unsere erste Etappe gleich zu Ende. In Kuhbrücke erreichen wir den
Fischereihof Schneider. Hier gibt es ein paar schöne Zimmer mit Doppelstockbetten. Ich schlafe natürlich oben.
Außerdem liegt überall auf dem Hof Spielzeug herum. Der große schwarze Hund ist ganz lieb. Abends besuchen wir noch die Störche, die ihre Jungen füttern und sich auch bei dem großen Abendgewitter nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Zum Abendbrot essen Oma und Opa geräucherte Forelle vom Fischerhof, mir reicht eine Bockwurst. Heute haben wir 42 km geschafft. Soviel war eigentlich nicht geplant, aber in Frankfurt sind wir erst einem „Tipp“ gefolgt, der leider falsch war.
Am Dienstag gibt’s warmen Kakao und frische Brötchen zum Frühstück. Danach fahren wir bei Sonnenschein weiter, obwohl der Wetterbericht im Fernseher viele dunkle Regenwolken zeigt. In Bleyen fahren wir durch den Ort,
bevor es wieder auf den Oderdeich geht. Immer wieder gibt es Interessantes zu sehen, z.B. Rehe, Hasen, Reiher, Störche, Schafe, Pferde, einen Bussard oder ganz viele weiße Schmetterlinge.
Manchmal sehen wir auch Traktoren und Mähdrescher bei der Ernte. In den Oderauen gibt es sehr viele Kuhherden.
Hier sind es Kraniche, manchmal treffen sich auch Reiher und Störche.
In Kienitz erreichen wir mit ein paar Regentropfen das Gasthaus am Hafen. Der Grießbrei mit Apfelmus schmeckt prima, reicht aber nicht für meinen Hunger, also gibt’s noch Kartoffelpuffer hinterher.
Der Regen ist pünktlich zur Weiterfahrt beendet, dann zeig‘ ich mal, dass ich schon ganz gut fotografieren kann.
Bis Groß Neuendorf ist es nicht weit. Macht nichts, für Eis und Kuchen ist jede Gelegenheit gut. Außerdem hat Opa gesagt, dass ich die Pausen bestimmen kann. Manchmal machen wir eine Trinkpause, manchmal Gummibärchenpause und manchmal muss ich ein bisschen herumtoben. - Vom Turmcafé in einem alten Speichergebäude am Hafen kann man ganz weit über die Oder schauen und die lange Schaukel unter der Bandbrücke ist einfach genial.
So, nun müssen wir mal ein bisschen Tempo machen.
Das macht natürlich richtig Durst, also Pause!
Hier gibt’s eine gute Gelegenheit, mal wieder ein paar Stöcke ins Wasser zu werfen.
Heute habe ich eine neue Sportart erfunden: Pferdeäpfelslalom. Manchmal machen wir auch Kuhkackeslalom.
„Halt mal Opa, siehst Du den Storch da, der fliegt ja gar nicht weg, wenn wir näher kommen. Gib mal schnell Deinen Fotoapparat.“
Was soll denn das Gemecker hier? Ah, Schafe und Ziegen.
Abends wird es wieder etwas trübe, als wir die Straße zur Fähre nach Gozdowice in Polen erreichen. Auf einem Schild steht aber, dass der Betrieb wegen Hochwasser eingestellt ist. Da müssen wir morgen also auf der deutschen Seite weiterfahren. Also jetzt noch ein bisschen ins Hinterland bis Güstebieser Loose.
Wir erreichen nach 36 km unsere Unterkunft im
Speisewirtschaft- und Beherbergungsbetrieb Rusche. Das war mal eine Kaserne der Grenztruppen der DDR. Frau Rusche beliefert jetzt Schulen und Altenheime mit Essen und betreibt eine kleine Pension. Oma und Opa sagen, dass sie vieles an alte Zeiten erinnert. Die Zimmer sind aber ganz modern eingerichtet.
Am nächsten Morgen, also am Mittwoch, fahren wir erst einmal durch das kleine Dorf, begrüßen die schönen Pferde auf einer Koppel
und besichtigen einen Kuhstall. Ja gibt’s denn wieder Rinderoffenställe? (Hat mir Opa von erzählt.)
Unterwegs fahren wir an einem sumpfigen Teich mit schönen Schwänen vorbei. Die Eltern sind sehr um die Jungen besorgt, so dass wir nicht lange stören und weiterfahren.
Wir kommen an einem Bauernhof mit vielen Gänsen vorbei …
… und erreichen den kleinen Ort Zollbrücke.
Eine Brücke gibt es hier zwar nicht, aber eine Deichscharte. Das ist eine Durchfahrt zu den Wiesen in der Oderaue. Bei Hochwasser wird die einfach zugemacht. Das muss ich meinem Dino mal zeigen. An dem Lineal sind die Hochwasserpegel der letzten 100 Jahre markiert.
Nur ein paar Kilometer weiter sehen wir endlich mal eine Brücke. Die Rüdnitzer Brücke ist aber gesperrt. Eisenbahnen sind hier schon lange nicht mehr drüber gefahren.