Hallo,
für mich war es ein riesengroßes Projekt, das sich da in Zusammenarbeit mit einer Radpartnerin herausbildete: 3 Wochen Richtung Süden: „Via Bavarica Tyrolensis“, „Via Claudia Augusta“, „Ciclopista del Sole“. Nach einigem Planen und Rechnen bekam es den Namen „München-Rom“ und war mir selbst schon etwas unheimlich. Die erste Hälfte, bis Parma, haben wir zu zweit bestritten, die zweite bin ich allein gefahren. Und hier mein Tourtagebuch in Kurzfassung – die Kilometerangaben stammen übrigens von zwei Zählern und passen deshalb nicht richtig zusammen.
Viel Spaß beim Lesen
Barbara
Tag 01 – Sa. 09. 5. – (Saarbrücken -) München – Bad Tölz (68 km)Um 03.30 h meldet sich der erste, fünf Minuten später der zweite Wecker – zu ungewohnt früher Stunde muss ich aufstehen, gut eine Stunde später losfahren. Der erste Teil der Strecke ist noch beleuchtet, danach Fahrt im Dunkeln auf dem gut bekannten Saarradweg, der jetzt so anders wirkt. Die neue Lichtanlage am neuen Fahrrad ist nicht schlecht, aber verglichen mit einem Autoscheinwerfer liefert sie eher wenig Licht. Erst in der Saarbrücker Innenstadt kann ich wieder eine Uhr ablesen: 5.05 Uhr – ich liege gut in der Zeit.
Pünktlich um 5.35 Uhr rollt der Zug los – noch ist es dunkel – und pünktlich bleibt er. Ankunft in München 10.16 Uhr. Ab hier geht es zu zweit. Um 11 Uhr rollen wir zu den Klängen des Glockenspiels über den Marienplatz, beim Deutschen Museum treffen wir auf die Isar und den Isarradweg, den wir nun flussaufwärts fahren. Oberfläche teilweise Asphalt, teilweise fester Schotter; in Großstadtnähe naturgemäß viele Läufer, Radler, Skater.
In Grünwald schieben wir den steilen Weg aus dem Tal auf das Hochufer. Durch einen schönen Wald geht es flüssig weiter. In Mühltal die Abfahrt an die Isar, an der Staustufe liegen zwei Flöße, ein drittes kommt uns mit Blasmusik entgegen.
Vorbei an Wolfratshausen geht es durch schönen Wald nach Geretsried. Dort verlässt uns die Ausschilderung in einem Gewerbegebiet. Wir versorgen uns mit Getränken und gehen auf die Suche nach Radweg-Schildern, die sich zum Glück auch recht bald finden. Durch Wald, stellenweise mit wunderschönem Blick auf die unten fließende Isar, geht es weiter. Der Weg verlässt den Fluss. Durch welliges Land geht es über Königsdorf, Osterhofen, Rothenrain nach Bad Tölz. Einige Kilometer vor dem Ort treffen wir die Isar wieder, am Isarstausee entlang geht es in die Stadt. Übernachtung in einem Privatzimmer.
Tag 02 – So. 10. 5. – Bad Tölz –Maurach (62 km / 130 km)In der Innenstadt ist Markt, im Angebot Haushaltswaren, Kleidung, regionale Produkte. Wir statten uns mit Äpfeln, Brot und Käse aus und gehen wieder auf den Isar-Radweg. Er führt durch eine Auenlandschaft mit schönen Blicken auf Fluss und das Karwendelgebirge, vorbei an Lenggries. Der Weg liegt zum Teil direkt neben der B 13, zum Teil führt er sehr angenehm durch Wald. Es steigt kontinuierlich an, schließlich geht es nach heftigem Anstieg durch einen kleinen Tunnel – und vor uns liegt der Sylvensteinsee. Über die Staumauer und dann entlang der Straße fahren wir nach Fall (nützliches Klohäuschen), danach geht es auf zunächst asphaltiertem, dann geschottertem Weg in heftigem Auf und Ab mit einiger Anstrengung an die Walchenklamm. (Sollte ich hier noch einmal fahren, werde ich auf der Straße bleiben.)
bei Fall Wir haben vom mühsamen Fahren auf losem Untergrund genug, wechseln auf die Straße – und sind in Österreich. Streckenweise wird die B 181 von einem Rad-/Feldwirtschaftsweg begleitet. Erste Tropfen begleiten unsere Einfahrt nach Achenkirch. Der Weg führt am Achensee entlang. Der liegt wunderschön, auf den rundum gelegenen Bergen noch Schnee, am See Segelboote und Menschen, die sonnenbaden. Übernachtung in einem Privatzimmer in Maurach
Tag 03 – Mo. 11. 5. – Maurach – Telfs (82 km / 210 km)Die Abfahrt ins Inntal führt über eine Schotterpiste, die im Winter als Rodelbahn dient. Das Gefälle ist eindrucksvoll. Wir bremsen ständig, halten das Tempo bei ca. 6 km/h und machen gelegentlich Pausen, um die Hände zu entspannen und die Felgen abzukühlen. Mountainbiker kommen uns entgegen – ich weiß nicht, wer das höhere Tempo fährt.
In Wiesing erreichen wir den Inn. Der Inntal-Radweg ist aber gesperrt, also über die Brücke und hoch nach St. Margarethen, von dort geht es mit schöner Aussicht auf Fluss und Berge nach Schwaz. Mittagsrast in einer schattigen Kastanienallee an rauschendem Wasser, dann durch die schöne Innenstadt und über den Inn auf den Radweg. Den verlassen wir am Bahnhof Terfens West unfreiwillig, da wir statt links abzubiegen geradeaus fahren. Wir geraten auf eine wunderbar ausgebaute Straße – allerdings laut Ausschilderung gesperrt. Da außer dem Schild nichts gegen die Nutzung spricht, fahren wir weiter. Eine querstehende Betonbarriere lässt gerade genug Platz, um mit dem Rad vorbeizukommen. Weiter geht es – bis wir schließlich doch in eine Baustelle geraten. Zum Glück müssen wir nicht zurückfahren, stattdessen erklärt ein freundlicher Bauarbeiter den Weg zurück auf ins Straßennetz. In Hall verlassen wir den Radweg für einen weiteren Stadtbesuch. Es waren reiche Städte – Schwaz mit dem Silberbergbau, Hall mit Salz – die Baulichkeiten belegen es.
Ein „öko-optimierter Radweg“ führt in angenehmem Schatten Richtung Innsbruck. Immer am Inn entlang, zum Teil durch Parkanlagen, geht es durch die Stadt und dann am Flughafen vorbei. Rechts der Fluss, links die Autobahn, bis die bei Inzing ans andere Ufer wechselt. Hatten wir bisher noch bestes Sommerwetter, so zieht es sich jetzt immer weiter zu, der Wind dreht, das Fahren wird anstrengender, es sieht etwas gewittrig aus. Hinter dem Bahnhof Flaurling wechseln wir auf die Straße, die allerdings einige Meter höher liegt. Einigermaßen erschöpft erreichen wir die Orte Flaurling und Oberhofen. Das Verkehrsamt hat geschlossen und das Wetter bessert sich nach kurzem Guss, so entschließen wir uns zur Weiterfahrt. Ein kurzes Stück, dann über den Inn und wir erreichen Telfs. Hier hat das Verkehrsamt noch offen und vermittelt uns ein Privatzimmer.
Tag 04 – Di. 12. 5. - Telfs – Pfunds (85 km / 293 km)Aus dem versprochenen Frühstück um 7.35 Uhr wird nichts – wir sind da, die Brötchen noch nicht. So geht es etwas später als erhofft los - am Inn entlang in zunehmender Wärme zunächst nach Mötz. Zum Teil oberhalb der Autobahn fahren wir auf landschaftlich schöner Strecke Richtung Imst, wechseln aber vorher die Fluss-Seite. Am Bahnhof Imst vorbei mit einigen knackigen Steigungen folgt der Radweg der Bahnstrecke und dem Inn nach Landeck.
bei Imst Aus der Stadt heraus und auf der linken Innseite überrascht uns eine lange Steigung. Der Weg geht mit schönen Ausblicken durch Wald, später auf dem rechten Ufer auf engem Radstreifen neben der Bundesstraße nach Fließ. Hinter dem Ort wechselt der Weg wieder aufs andere Ufer – angenehm breite Straße. Pause am Sauerbrunnen in Prutz, einer Mineralquelle, wo wir auch die Trinkflaschen füllen.
Gegen 16 Uhr - wir haben Ried erreicht – beginnt es zu tröpfeln. In unserem Rücken ist der Himmel bedrohlich dunkel, von vorne kommt kräftiger Wind. Bei den letzten Häusern des Ortes werden die Tropfen mehr – wir stellen uns für einige Minuten unter. Der Regen lässt schnell nach, und wir starten zu einem langen Anstieg. Über St. Christina und Tösens – inzwischen auf der linken Innseite – geht es bergauf, bergab. In Pfunds werden wir auf dem Parkplatz bei der Info-Tafel begrüßt: „Seid ihr auch schon da?“ Der Herr hat uns offenkundig verwechselt. Wir geraten ins Gespräch, er empfiehlt uns eine Pension – ein guter Tipp.
Tag 05 – Mi. 13. 5. – Pfunds – Laas (71 km / 363 km)Beim Frühstück schließen wir Bekanntschaft mit einer Niederländerin, die ebenfalls mit dem Rad unterwegs nach Rom ist. Wir werden uns im Lauf der nächsten Tage noch häufiger sehen.
Zunächst ein flaches Stück, dann ein erster Hügel – wir erreichen und überqueren die Kajetansbrücke. Stetig steigend geht es auf der Straße nach Vinadi, dann bergab nach Martina (Martinsbrück). Österreich – Schweiz – Österreich: Nach ausgiebiger Rast fahren wir über die Innbrücke auf die Pass-Straße zur Norbertshöhe. Elf Kehren mit 7 – 9 Prozent Steigung, sagt die Beschreibung. Langsam und mit mehrmaligem Anhalten kurbeln wir uns nach oben. Mein erster „richtiger“ Pass, und es geht überraschend gut. Das Hotel auf der Höhe (1561 m) hat Betriebsferien. Abfahrt nach Nauders. Im Ort ist es sehr neu, sehr ruhig, die Gasthäuser sind geschlossen. So geht es zurück zum Supermarkt mit Cafeteria und Terrasse. Blick nicht nur auf den Parkplatz, sondern auch auf die Burg Nauders. Ich wechsle von der langen auf die kurze Radhose, schließlich sind wir ja bald in SÜD-Tirol. Davor liegen allerdings noch ein paar Steigungen – an der Burg, den Talstationen der Bergbahnen sowie einigen Bauernhöfen vorbei. Gerade als wir die italienische Grenze erreichen, gibt es einen kleinen Guss. Wir stellen uns unter das ausladende Dach des alten Zollgebäudes. Dort ist Kilometer Null des Radwegs Reschen-Meran, der – hervorragend beschildert – uns nun leitet. Durch eine Wiesenlandschaft geht es weiter bergauf, bis wir den – zumindest topographischen – Höhepunkt der Reise erreichen, den nicht weiter beschilderten Reschenpass (1507 m). Wir folgen dem Radweg, der am rechten Ufer des Reschensees verläuft. Er beginnt mit einer kräftigen Steigung und führt – hervorragend ausgebaut – in stetem Auf und Ab von einem schönen Ausblick zum nächsten. Wir haben die Strecke für uns allein.
Über die Staumauer des Reschensees geht es nach St. Valentin, dann am rechten Ufer des Haidersees weiter. Immer am rechten Ufer folgen wir der Etsch abwärts – das kräftige Gefälle gleicht den Gegenwind mehr als aus. Durch Burgeis geht es weiter recht steil bergab. Auf der schmalen, asphaltierten Straße begegnen uns wenige Autos und einige Radler. Mir macht das Rollen bergab einen Riesenspaß – leider muss man das Tempo immer wieder wegbremsen. In Glurns rollen wir durch die historischen Gassen, anschließend Rast auf dem Ortsplatz. Es ist 16 Uhr, wir beschließen, noch einige Kilometer zu fahren. Der Radweg führt jetzt über einige Schotterstrecken, wird langweilig. In Laas beschließen wir den Tag. Übernachtung in einem Hotel.
Tag 06 – Do. 14. 5. – Laas – Terlan (67 km / 428 km)Es geht Etsch-abwärts auf gut ausgebauten und beschilderten Radwegen; fast immer Asphalt, einige wenige Schotterstrecken. Rund um Morter werden die Obstplantagen gespritzt; auch wir bekommen einige Nebel ab.
Entgegen der Aussagen im Führer geht es hinter Partschins nicht auf der Landstraße nach Meran, sondern über einen ganz neuen Radweg, der sich in Serpentinen neben der Etsch ins Tal windet.
Serpentinen nur für Radler Zum Ausgleich ist Anfangs Meran der Radweg gesperrt – wir müssen zurück und über eine Treppe auf die Stadtstraße. Gegen Mittag sind wir in der Stadtmitte. Wir folgen der Ausschilderung „Sissi-Promenade – Schloss Trauttmannsdorff“ und handeln uns etliche Höhenmeter ein. Der Weg führt durch recht schöne Wohngebiete immer weiter nach oben. Dann erreichen wir – abwärts rollend – den Eingang der Botanischen Gärten. Ich besuche vor allem die mir noch unbekannten Teile – und natürlich meine Lieblingsstelle, das Bauerngärtlein, wo auf kleinstem Raum eine beachtliche Fülle von Gemüsen und Kräutern angebaut wird.
Entgegen der Ankündigung in unseren Führern ist der weitere Radweg hervorragend beschildert und ausgebaut. So fahren wir zügig Richtung Bozen, bis die „Radler-Autobahn“ in einem Gewerbegebiet endet. Nach einem Stück auf der alten Staatsstraße geht es in Burgstall wieder auf den Radweg. Zwischen Bahngleisen und Etsch ist er zwar eher reizlos, dafür aber gut zu befahren. Privatzimmer in Terlan
Tag 07 – Fr. 15. 5. – Terlan – Mattarello (90 km / 515 km)Vom Radweg Richtung Bozen biegen wir bei Sigmundskron ab Richtung Eppan. Der bestens ausgebaute Radweg folgt einer Bahntrasse, der Überetscher Bahn. Die Steigung ist dennoch nicht ohne. Die Höhe erreichen wir in Eppan St. Michael, von dort geht es auf Radwegen – gelegentlich ist die Streckenführung zu erraten – bergab. Über Kaltern erreichen wir den Kalterersee. Rast in Klughammer, dann weiter auf dem Radweg Richtung Auer/Ora. Wir stoßen wieder auf den Etschradweg. Gegen heftigen Wind geht es Richtung Süden. Der vom Wetterbericht angekündigte Regen stellt sich ein, zum ersten Mal ziehen wir das Regenzeug an. Regen und Wind werden immer unangenehmer, so verlassen wir den Radweg und fahren hoch nach Margreid. Im Gasthaus am Dorfplatz finden die Räder einen trockenen Platz unter, wir auf der Terrasse. Nach dem Mittagessen lässt der Regen nach, wir fahren „über die Dörfer“ bis kurz vor Mezzocorona, dann wieder auf den Radweg. An der Etsch entlang geht es glatt nach Trient. Im Verkehrsamt lassen wir ein Zimmer 7 km südlich in Mattarello reservieren.
Wir schieben die Räder durch Trients Altstadt, sehr schöne Kirchen, Paläste, alte Häuser. Auf dem Domplatz wird ein Festival vorbereitet, wir bekommen Musikproben und Straßentheater mit. Dann fahren wir nach Mattarello.
Unsere Unterkunft hat keinen Wegweiser, und eine oberflächliche Suche bringt und auch nicht weiter. So fragen wir bei einem Pizzadienst. Eine Kundin erklärt sehr freundlich erst einen, dann einen anderen Weg und bietet dann an, uns mit dem Auto zu lotsen. Nun müssen wir richtig Tempo machen; entschädigt werden wir durch ein sehr schönes Zimmer in einem Agritur-Betrieb.
Tag 08 – Sa. 16. 5. – Mattarello – Bardolino (82 km / 595 km)Nach einer kurzen Besichtigung des uralten, aber völlig untouristischen Ortes Mattarello erreichen wir wieder den Etschtal-Radweg. Heute ist Samstag und viel los, Rennradler und Mountainbiker – einzeln und in Gruppen.
Entgegen der Prognose ist das Wetter gut, allmählich wird es immer wärmer, auch wenn es bedeckt bleibt. Das Etschtal wird von steil aufragenden Bergen begrenzt, gelegentlich auf mittlerer Höhe eine Burg, im Tal Städtchen, neben uns Obst-, Wein- und Spargelanbau.
In Rivalta endet der Radweg. Auf der kräftig steigenden Straße geht es nach Zuane, dann über weitere Steigungen Richtung Bardolino. Endlich kommt der Gardasee in Sicht. In Serpentinen geht es abwärts. Übernachtung in einem Hotel.
Tag 09 – So. 17. 5. – (Bardolino) Peschiera – Mantua (50 km / 643 km)Wir nehmen das Boot um 10.40 Uhr nach Peschiera. Überraschend viele Menschen drängen sich am Anleger. Mit unseren Rädern besteigen und verlassen wir das Schiff jeweils als letzte – und finden trotzdem gut Platz. Es ist warm und recht dunstig. Über Lazise erreicht das Boot gegen ½ 12 h Peschiera, wo reges Treiben herrscht – ebenso auf dem nun befahrenen Mincio-Radweg.
In Borghetto/Valeggio hat sich zwischen alten Befestigungsanlagen und Nebenarmen/-kanälen ein Ausflugsort etabliert. Eine Dame aus einer deutsch sprechenden Radlergruppe, der wir schon mehrmals begegnet waren, spricht uns an: „Sie sind doch die Damen, die bei mir in Maurach am Achensee übernachtet haben.“ Wie sagt die Platitude: Die Welt ist klein…
Hinter Borghetto/Valeggio wird es ruhiger auf dem Radweg, aber auch heißer und langweiliger. Wir strampeln ergeben Richtung Süden – zumindest der Fahrwind sorgt für etwas Abkühlung. Schließlich geht es gut beschildert auf schmalen Wegen mit vielen Richtungsänderungen nach Mantua hinein. Die Stadt liegt an einem See, den wir neben dem Bahndamm überqueren. Wir durchfahren die belebte Altstadt; auf den Plätzen verkaufen Lebensmittelbetriebe der Region ihre Produkte. Das Tourismusbüro befindet sich an der Piazza d’Erbe neben dem Dom. Dom und Platz finden wir problemlos, aber das Touri-Büro müssen wir uns zeigen lassen, so dezent ist es beschriftet. Wir finden ein Hotel in Bahnhofsnähe, machen uns stadtfein und gehen auf Besichtigungstour. Dass Mantua eine bedeutende und alte Stadt ist, wusste ich. Wie viel gut erhaltene alte Bausubstanz vorhanden ist, überrascht mich aber doch. Viele Geschäfte haben geöffnet, in der Altstadt herrscht reges Treiben – und alles wirkt sehr untouristisch.
Tag 10 – Mo.18. 5. – Mantua – Parma (81 km /723 km)Zunächst führt der Radweg entlang des oberen Sees, dann neben einer Ausfallstraße. Die Fortsetzung des Radwegs, die laut Angaben aus dem Touri-Büro eigentlich vorhanden sein soll, finden wir nicht; so versuchen wir, möglichst wenig belebte Straßen Richtung Parma zu nutzen. Das Wetter ist keine Hilfe – es ist sehr heiß. In Torre d’Oglio überqueren wir den Oglio kurz vor seiner Mündung in den Po auf einer Pontonbrücke. Kurze Pause in Bellaguarda, dann weiter nach Viadana am Po. Die Brücke über den Po ist sehr, sehr lang. Auf der anderen Seite liegt Brescello – mit den Figuren von Don Camillo und Peppone auf dem Marktplatz.
Weiter auf Nebenstraßen nach Lentigione, dann – leider – auf der N 62 Richtung Parma. Es ist heiß, es gibt viel Verkehr, und es ist unangenehm zu fahren. Immerhin erreichen wir Parma ohne Schaden. Bezüglich Hotel werden in Bahnhofsnähe fündig. Von der Brücke über den Parma-Fluss erster Blick auf den Apennin; schöne Stadt mit viel alter Bausubstanz, Paläste.
Tag 11 – Di. 19. 5. – Padua – Berceto (61 km / 783 km)Nach dem Frühstück drehe ich noch eine Runde durch den Parco Ducale und folge dann dem Parma-Fluss hinaus aus der Stadt. Am Stadtrand geht es – ebenfalls auf einem Radweg – nach Westen, dann im Tal der Baganza südwärts. Die Provinzialstraße ist nicht allzu sehr befahren. Über Carignano, Felino, San Michele geht es kontinuierlich aufwärts. In Calestano Rast neben einem Brunnen. Viele Rennradler füllen hier ihre Trinkflaschen auf – ich auch. 417 m hoch liegt der Ort. Die Landschaft ist schön, vorbei die scheinbar endlose Po-Ebene, nun wird es abwechslungsreicher, gelegentlich gibt es auch mal schattige Passagen. Viele Rennradler sind unterwegs. Nach Calestano wird es steiler, ich kurbele mich mit Tempo 7 – 10 den Apennin hinauf. In Ravarano (686 m) wieder eine Rast, das schwerste Stück ist geschafft. In Chiastre gibt es eine besondere Felsformation zu sehen: Il Salti del Diavolo, die Teufelssprünge. Erdgeschichtlich sehr alte und harte Gesteine schauen hier wie große Zähne hinaus an die Oberfläche. Bald ist die Höhe erreicht (848 m), mit einer letzten Anstrengung verlasse ich das Tal der Baganza. Nun geht es überwiegend bergab, allerdings häufiger auch wieder bergauf. Durch weitere Dörfer erreiche ich Berceto – und habe keine Lust auf weitere Höhenmeter.
Das groß angekündigte Informationsamt hat „wegen technischer Schwierigkeiten bis auf weiteres“ geschlossen. Das wohl erste Haus am Platz spricht mich nicht an, so steuere ich ein schönes Bruchsteinhaus an, das Restaurantbetrieb mit Zimmervermietung verbindet.
Der Ort Berceto ist überraschend interessant. Ich gehe in die Kathedrale S. Moderanno mit schönem Altar und Marmortabernakel. An der Orgel wird gearbeitet – einzelne Töne, dann Hammerschläge, dann wieder einzelne Töne, offenbar wird intoniert. Die Grundmauern einer Burg oberhalb des Ortes sind mit Stegen und Treppen gut zugänglich; enge Gassen mit schönen alten Häusern, Durchgänge zu gepflegten Höfen, alles ohne große touristische Geschäftstätigkeit.
Tag 12 – Mi, 20. 5. – Berceto – Marina di Massa (85 km / 855 km)Nach erwartet kärglichem Frühstück fülle ich meine Wasserflasche am Brunnen hinter der Kathedrale, wie ich es bei vielen Leuten beobachtet habe. Die SS 62 ist überraschend ruhig, zeitweise habe ich die Straße für mich. So schraube ich mich den Cisa-Pass hoch, genieße den Blick auf die bunt blühenden Wiesen und die höheren Berge ringsum. Wie gestern höre ich viele Kuckucksrufe. Frustrierend nur: immer wieder geht es ein wenig bergab, wertvolle Höhenmeter müssen neu erarbeitet werden. Einige Pausen nach anstrengenden Passagen später erreiche ich die Passhöhe. Zwei, drei Geschäfte und Bars, alles geschlossen, eine Kapelle und gleich mehrere Pass-Schilder. Hier ist die Grenze zwischen der Emilia Romagna und der Toskana, und jede Region hat ihre eigene Straßenbehörde.
Es geht bergab, zunächst zögerlich, dann sehr rapide. Rennradler sind unterwegs, sonst fast nichts. Ich erreiche Pontremoli und folge nun einer Tourbeschreibung aus „Cycling on the Tuscan Coast…“, einer Broschüre der regionalen Tourismus-Organisation. Im Ort ist Markt, v. a. Textil. Ich schiebe durch das Gedränge, wuchte das beladene Rad dann die alte Brücke über die Magra hoch. Der radtouristische Nutzen dieser Streckenführung erschließt sich mir allerdings nicht. Auf Nebenstraßen geht es durch Arpiola, Groppoli; dann eine „angenehme hügelige Straße durch Wald“ (Übersetzungen von mir). Der Anstieg ist nicht ohne.
Im Dorf Lusuolo will ich der Beschreibung folgen: „von Tor zu Tor“. Zum Glück macht mich ein vor seinem Haus auf der Straße sitzender Mann darauf aufmerksam, dass hinter dem unteren Tor eine Treppe ist. Sturz vermieden! Ich folge nun dem Fahrrad-Wegweiser „Via francigena“ (offenbar wird jetzt die alte Pilgerstrecke nach Rom touristisch erschlossen). Steil und eng geht es abwärts, bis Aulla bleibe ich Fahrrad-Pilgerin. Wenn ich wüsste, dass der Weg in dieser Qualität durchgehend bis Rom beschildert ist…
Die SS 62 ist nun deutlich unangenehmer zu befahren, viele Pkw, aber auch Busse und Lkw und die ersten Wohnwagen-Gespanne. Radler sind auch unterwegs. Vorbei an Sarzana rolle ich Richtung Meer, das ich in Marinella di Sarzana erreiche. Die Straße hinunter hat sogar einen Radweg, leider an der linken Seite und mit ziemlich unvermittelten Unterbrechungen.
Vorbei am Hafen von Carrara, wo viele Marmorblöcke zur Verschiffung bereit liegen, fahre ich die Küstenstraße entlang; Campingplätze, Gewerbegebiete, Ferienhaus-Siedlungen, Bäder… Die Tourist-Info von Marina die Massa hat im Mai nur Do bis So geöffnet. So muss ich halt selbst ein Hotel zu finden.
Tag 13 – Do. 21. 5. – Marina di Massa – Lucca (84 km /948 km)Drei Mücken habe ich während der Nacht erschlagen, alle drei waren frisch gefüttert – nun sind ein paar Flecken in der Gardine und ein paar mehr rote Flecken an meinen Armen und Beinen. Auch sonst war die Nacht eher unruhig – heiß und immer wieder Verkehrslärm. In Pietrasanta mache ich einen Abstecher in die Stadt – viel Marmor und sehr schön. Im Postamt fülle ich einen Karton mit Wolldecke, Winterjacke und noch ein paar Sachen – der Versand nach Hause ist mit 31,40 € überraschend teuer – das Paket hat Übergröße.
Das Beste an der Küstenstrecke ist der Radweg – das Meer ist meist hinter Privatstränden mit ihren Häusern, Hütten und Gärten verborgen.
"Interessante" Strecke In Viareggio ist kilometerlang Markt. Mir fehlt die Lust zu einem Bummel, so fahre ich vorbei und überhole unter anderem einen Jungen, der einen lebenden, bunten Fisch in einer Plastiktüte auf dem Rad transportiert – einhändiges Fahren mit besonderer Herausforderung!
In Viareggio biege ich nach Südosten ab, auf der SS 439 geht es durch Massarosa nach Quiesa, dort biege ich ab nach Massaciúccoli. Am gleichnamigen See mache ich ausgiebig Rast am Rand eines Naturschutzgebietes. An Ausgrabungen und einem römischen Bodenmosaik vorbei verlasse ich den Ort. Auf den Wegweiser stehen Pisa und Lucca zur Wahl. Ich entscheide mich für Lucca und werde prompt „bestraft“: Es geht stramm bergauf nach Balbano. Im Tal des Sérchio-Flusses liegt Nozzano mit skurriler Burg und großer, alter Kirche. Weiter bis zur Brücke, dann durch Nave nach Lucca hinein. Das Tourist Office mit einer fließend deutsch sprechenden Angestellten vermittelt mir ein Hotel leicht außerhalb des Mauerrings.
Ich durchstreife die wunderschöne Stadt. Zunächst kreuz und quer durch die Gassen, ein Besuch im Dom S. Martino, dann auf den Mauerring. Ich drehe mit dem Rad die Runde (4,2 km) und bewundere die Ausblicke auf die Stadt mit ihren Türmen und die Landschaft ringsum.
Tag 14 – Fr. 22. 5.- Lucca – Romito (65 km / 1014 km)Noch einmal quer durch Lucca, am Dom vorbei, dann auf der Via Pisana, später der SS 12 am Sérchio entlang Richtung Südwest. Es fährt sich sehr gut, der Verkehr geht im wesentlichen nach Lucca hinein. Schöne Allee, angenehm schattig. Über S. Giuliano Terme erreiche ich Pisa und fahre Richtung Domplatz. Der schiefe Turm taucht zwischen Häusern auf – überraschend klein und überraschend schön. Der gesamte Domplatz schlägt alle Postkarten-Rekorde. Es ist ein Ensemble wunderschöner Bauwerke. Kein Wunder, dass massenhaft Besucher unterwegs sind. Ich plaudere kurz mit einem anderen Radreisenden, ebenfalls deutsch, der dem Giro d’Italia folgt.
Über den Arno und dann den Fluss entlang bis zur (malerischen) Mündung folge ich der SS 234 nach Marina di Pisa. Streckenweise unverstellter Blick aufs Meer, dann wieder Strandbäder. Die Einfahrt nach Livorno geht lang durch Hafengelände, Containerstapel, Gewerbegebiete. Schön ist das nicht. Im Hafen liegen u. a. einige Kreuzfahrtschiffe (Passagiere in Pisa?). Ich hoffe auf eine Hafenrundfahrt, finde aber kein Angebot. Also fahre ich weiter Richtung Süden. Vorbei an Parkanlagen, dann der Marineakademie und ihrem recht schönen Zaun, danach wieder Bagnos verläuft der Radweg. Allerdings verschwindet er immer mehr, wird als Parkstreifen für die vielen Vespas der Strandbesucher genutzt.
Ich habe inzwischen über 1000 km auf dem Zähler für diese Tour und beschließe, früh ein Hotel am Meer zu suchen. Das erste ist mir zu teuer, so fahre ich in relativ dichtem Verkehr weiter. Die Küste ist steil, kein Platz für Bagnos, allenfalls für Badebuchten, die über Ziegenpfade erreicht werden. Dafür unverstellter Blick auf das Meer – endlich. Die Steigungen nehme ich gerne in Kauf.
In einem Hotel bekomme ich ein Zimmer mit Meerblick. Unten in der kleinen Bucht herrscht Strandleben. Ich klimme den Ziegenpfad, der für ein kurzes Stück eine historische, gepflasterte Straße ist, hinunter. Weiter als bis zu den Knien mag ich dann doch nicht ins Wasser – es ist mir zu kalt.
Tag 15 – Sa. 23. 5. – Romito – Castagneto Carducci (74 km / 1087 km)Ich fahre sehr früh los. Es ist angenehm kühl, aber nicht kalt. Der Seitenstreifen ist ziemlich frei, so komme ich – ohne den dünnen Verkehr zu stören – gut voran. 22 ⁰ C um 8 Uhr. Ab Castiglioncello gibt es einen Radweg, der allerdings eher reizlos bleibt: Das Meer ist durch einen Streifen von Strandbädern verdeckt. Auf der Landkarte war mir der Ort Rosignano Solvay aufgefallen – ob der was mit Chemie zu tun hat? Die Antwort gibt ein großes Werk, links und rechts der Straße. In Vada nutze ich einen kleinen Park für eine Rast. Weiter über Mazzanta und den Cecina-Fluss nach Marina di Cecina, von dort östlich in den Hauptort, über allerlei Fernstraßen hinweg und auf die S.P. 28 nach Montescudaio. Es geht kräftig bergauf. Mit einigen Pausen erreiche ich den Ort. Dann geht es weiter bergauf nach Guardistallo. Zum Glück ist heute der erste Tag mit bedecktem Himmel. Über Bibbone und Bolgheri geht es nach Castagneto Carducci – in stetem hügelauf/hügelab. Die Landschaft sieht aus wie auf Toskana-Postkarten. Es sind viele Autos mit deutscher Nummer unterwegs. Viele Schilder für Agriturismos, allerdings fernab der Orte. Kurz vor Castagnetto Carducci frage ich im ersten Hotel nach einem Zimmer – es ist mir zu teuer. Ich quäle mich hoch in den Ort zu einem B&B – noch teurer! Also wieder zurück. Ein wenig blöd komme ich mir ja vor, aber weiter fahren will ich auch nicht mehr. Das Zimmer könnte als kleine Wohnung durchgehen; sehr gutes Restaurant, Pool und eine Fahrradgarage, in der allerlei Rennräder stehen. Ebenfalls im Hotel ist eine Gruppe amerikanischer Rennradler, keine Profis, zum Vergnügen da, sagen sie.
Tag 16 – So. 24. 5. – Castagneto Carducci – Follonica (64 km / 1150 km)Nach dem Frühstück schaffe mich ein weiteres Mal bergauf Richtung Ort. Die Steigung setzt sich fort. Mit einigen Foto-Stopps erreiche ich schließlich den 312 m hohen Bocca di Valle-Pass. Die Amerikaner haben mich inzwischen natürlich überholt – mit freundlichem Winken. Die Strecke führt durch Wald, ist sehr angenehm zu fahren. Viele italienische Rennradler finden das auch. Sassetta ist Zielpunkt eines Vespa-Treffens, so begegnen mir während der schön langen Abfahrt viele bergauf knatternde Motorroller. Auch der Vespa-Club Pforzheim ist vertreten. Über Suvereto und San Lorenzo – inzwischen habe ich die Amerikaner wieder getroffen, mit Teamfahrzeug waren sie an einem Brunnen versammelt – geht es abwärts nach Casalappi und Riotorto. In Torre Mozza erreiche ich wieder die Küste und fahre nach Follónica.
Einen ersten Impuls, hier Schluss zu machen, überwinde ich – nur 50 km heute? – und rolle weiter die lange Strandpromenade entlang. Sandstrand und reger Badebetrieb. Nach dem Ort geht es durch Wald, darin immer wieder Parkplätze und Wege zum Strand, und dann stehe ich vor einer roten Ampel und einer Steigung – und mag nicht mehr. Also zurück
Am späteren Nachmittag erkunde ich den Ort. Viele Geschäfte im Zentrum haben geöffnet, u. a. eine Buchhandlung, in der ich die Straßenkarte für die Region Lazio erwerbe. Es sind Marktstände aufgebaut, Antiquitäten, aber auch Novitäten wie Waschnüsse und Drahtgestelle, die Spannungen im Kopf beseitigen sollen, dazu viel Schmuck
Mein Hotelzimmer hat einen schmalen Balkon mit Meerblick – schöner Abschluss in einer sympathischen Stadt.
Tag 17 – Mo. 25. 5. – Follónica – Doganella (81 km / 1230 km)Erstmals habe ich erlebt, wie nützlich ein leistungsfähiger Deckenventilator ist – die Nacht war trotz hoher Temperatur recht erträglich. Ich bin früh wach, der Frühstücksservice zum Glück auch, so kann ich mich schon um 7.10 Uhr stärken.
Die Streckenbeschreibung Follónica-Magliano habe ich im Internet aufgetrieben, sie erweist sich als präzise und nützlich.
Link Zuerst geht es den gestern so abschreckend wirkenden Berg hinauf (Blick auf Insel Elba leider getrübt). Mit einigen Pausen erreiche ich die Höhe, die glücklicherweise durch einen kleinen Tunnel gemildert wird. Während der Abfahrt nach Castiglione della Pescaia werde ich von vielen knatternden Oldtimern überholt (I, GB, NL, D, L), im wesentlichen Vorkriegsmodelle. Die Straße führt durch Pinienwald, angenehm schattig. Von Marina di Grosseto führt ein Radweg nach Grosseto, es handelt sich dabei um eine separate Straße in der Breite einer kleinen Landstraße, glatter Asphalt, selbst Rennradler sind hier unterwegs. Einziger Nachteil: Die Rastplätze sind ebenso wie die ganze Straße sehr sonnig.
Weiter der Beschreibung folgend durch Grosseto über den Ombrone (Straße sehr verkehrsreich, aber gut zu fahren), dann auf die Strada Communale della Grancia – es geht auf ruhiger Strecke durch eine ländliche Gegend, weiter auf die S.P. 16, die streckenweise durch Niederwald führend und ständig steigend Montiano erreicht. Dann fahre ich –zum Glück überwiegend bergab – in zunehmender Hitze nach Magliano in Toscana. Der Ort liegt eindrucksvoll befestigt auf einem Hügel. Ich fahre (und schiebe) hinein. Die wenigen Übernachtungsangebote reizen mich nicht, also weiter. Nun Richtung Meer, Richtung Albinia.
Auf freier Strecke fallen mir links neben der Straße Ausgrabungen auf, dort auch der Hinweis auf ein Agriturismo, der mich anspricht. Die Dame des Hauses ist sehr nett, das Zimmer sehr schön. Dazu eine große, voll ausgestattete Küche, in der mehrere Flaschen hausgemachtem Grappa zur freien Bedienung stehen. Vor dem Eingang ist eine Laube mit Gartenmöbeln, dort lasse ich mich nieder, schreibe meinen Tagesbericht, genieße den Ausblick – und beschließe, hier einen weiteren Tag zu bleiben.
Zum Abendessen habe ich Brot, Schinken, Käse und Wein von der Bäuerin erbeten, den Grappa probiert. Ich sitze in der Laube – davor die Schafe auf der Weide, ein Hase hoppelt durch das Gras, ein Bauer arbeitet noch mit Traktor im Feld. Später noch Besuch der beiden Bauersleute zum Gute-Nacht-Sagen, sehr freundlich auch der Mann. Schade, dass mein Italienisch zu dürftig ist.
Tag 18 – Di. 26. 6. – Doganella-Mt. Argentario – Doganella (55 km / 1284 km)Heute bin ich ohne Gepäck unterwegs, fahre der Beschreibung (Link s.o.) folgend nach Orbetello. Sie ist wieder einmal supergenau, auch wenn die Straßenqualität der Via viginale die Poggi streckenweise arg mau ist. Den halben Kilometer auf der angeblich so schrecklichen SS 1 empfinde ich als eher ungefährlich. Unter der Bahn hindurch und noch einige Meter, dann stoße ich auf den Radweg. Vom Ort Orbetello sehe ich wenig, dafür um so mehr von der sehr schönen Lagune. Fahre ein gutes Stück Richtung Porto S. Stefano –Ausblicke auf Lagune, Berge, Meer. Erstmals kommt die Luftpumpe zum Einsatz – kann einem anderen Radler damit helfen.
Zurück aufs Festland über die nördliche Düne (Tómbolo di Gianella), gut ausgebaute, langweilige Straße. Es geht über die SS 1 hinweg nach Albinia hinein, ich kaufe mein Abendessen ein und fahre zurück. Bin ca. 13 Uhr in Doganella, das Thermometer am Rad zeigt 49⁰ C, etwas später und schattiger „nur noch“ 35⁰.
Am Abend darf ich beim Melken der Schafe zusehen, anschließend lädt mich die Bäuerin auf ein Schwätzchen in ihre Küche ein – im Gegensatz zu den Gästen leben die Wirte sehr bescheiden.
Tag 19 – Mi. 27. 5. – Doganella – “Le Spighe” Montaldo di Castro (71 km / 1360 km)Um 7 rolle ich vom Hof. Signora winkt am Küchenfenster, Signor ruft mir Ciao aus dem Schafspferch nach. Über die SS 74, dann eine Nebenstraße fahre ich noch nach Capalbio, das schön mit Wehrturm auf einem Hügel liegt. Weiter geht es nach Pescia Fiorentina und auf landschaftlich durchaus schöner Strecke, die allerdings irgendwann ohne Asphaltdecke verläuft. Ich stoße auf eine Straße mit Namensschild „Strada di Ponte d’Abbadia“ – das nächste Ziel ist also genannt - und folge ihr nach rechts, denn dort ist asphaltiert. Allmählich geht es mir zu weit Richtung Küste, ich erkundige mich bei Bauarbeitern – zurück zum Ausgangspunkt. Nun also nach links auf unbefestigter Straße. Die wird immer schlechter, ist bald nur noch ein Ackerweg. Ich fahre unverdrossen weiter, begegne einem Mann in einem Uralt-Geländewagen (Jeep aus Weltkriegszeiten?). Er bestätigt, dass die Richtung stimmt, also weiter. Ich stoße auf eine Furt, nehme Sandalen und Socken in die Hand und schiebe das Rad hindurch. Weiter geht es, überwiegend zu Fuß. Ich komme an eine zweite Furt, schmaler, die ich durchfahre.
Auf Abwegen Es ist ca. 10.30 Uhr, menschenleer – ich beschließe, maximal noch eine halbe Stunde in dieser Richtung weiterzumachen. Sollte sich in der Zeit immer noch keine Straße finden, dann Kehrtwende. Doch bald stellen sich Zeichen menschlicher Aktivität ein, bewirtschaftete Felder, Überlandleitungen, ein großer Hof. Ein Geländewagen kommt mir entgegen, ich frage nach einer asphaltierten Straße. Die beginne in ca. einem Kilometer und führe nach Ponte d’Abbadia. In der Tat, recht bald habe ich wieder schwarzen Belag unter den Reifen. Insgesamt hat der Exkurs in die Welt der MTBs wohl nicht länger als eine Stunde gedauert, aber ganz behaglich war mir dabei nicht.
Mit Freude sehe ich nun wieder Wegweiser, und ein Radfahrer-Paar mit eindeutig schwäbischem Zungenschlag hilft bei der exakten Lokalisierung. Die Richtung stimmt weiterhin. Rechts neben der Straße nach Montalto di Castro tauchen Bögen auf, Pont-du-Gard-ähnlich, die Archi di Pontecchio aus dem 17. Jahrhundert (?). Ich biege Richtung Tuscánia ab, ziemlich bald ist links ein Agriturismo mit Zimmern und großem Restaurantbetrieb. Großes, gärtnerisch angelegte Gelände mit Pool, freundliche Besitzer.
Tag 20 – Do. 28. 5. - “Le Spighe” Montalto di Castro – Ladispoli (90 km / 1447 km)Die Fahrt beginnt anstrengend, denn es weht ein heftiger Wind von vorne links. Ich krieche überwiegend bergauf Richtung Tuskánia, biege dann nach Tarquínia ab. Die schöne, schmale Straße führt durch Niederwald, der Wind kommt nun von hinten, und es geht bergab. Ich genieße die letzte große Abfahrt dieser Reise. An Tarquínia vorbei fahre nach Tarquínia Lido. Auf Nebenstraßen weiter nach Civitavécchia, ich schaue auf den Hafen mit Fähren und Kreuzfahrtschiffen. Um 12 Uhr, beim Mittagsläuten, geht der Kilometerzähler für diese Tour über 1400.
Weiter auf der SS 1, der Aurelia, die hier durchaus nicht Radler-abschreckend wirkt. Der Ort S. Severa bietet sogar einige Kilometer Radweg. Unterkunftsangebote sind sehr dünn gesät. Die Straße entfernt sich von der Küste, zwischen Straße und Meer liegen viele eingezäunte Militärgelände. Der Himmel wird dunkler, es blitzt, einige Regentropfen fallen, zum Nasswerden reicht es nicht. Dennoch bleibe ich in Ladispoli.
Tag 21 – Fr. 29. 5. – Ladispoli – RomDie letzten Kilometer nach Rom hinein mache ich mit der Bahn. So lese ich den Reise-Kilometerzähler aus: Von München bis Ladispoli 1447 km gefahren, Durchschnittsgeschwindigkeit 13,7 km, registrierte Höchstgeschwindigkeit 53,6 km.
Tag 22 – Sa. 30. 5. – Rom (Via Appia antica)
Mit dem Rad vorbei am Lateranpalast und S. Giovanni in Laterano sowie an den Caracalla-Thermen fahre ich auf die Via Appia, die in ihrem ersten Teil als Staatsstraße recht viel Kfz-Verkehr aufweist. Durch das Stadttor Porta S. Sebastiano in der gut erhaltenen Stadtmauer geht es auf immer ruhiger werdender Strecke aus der Stadt hinaus. Kurz nach 9 bin ich bei den Katakomben von S. Sebastiano, um 9.30 Uhr beginnt die erste Führung des Tages mit mir als einziger Teilnehmerin. Weiter auf der antiken Hauptstraße, links und rechts begleitet von Grabstätten, Villen, Ausgrabungen, Ruinen. Es ist erstaunlich ruhig und ländlich, unterwegs sind Spaziergänger (insbesondere asiatische) Touristen, Mountainbiker. Die Via Appia Antika selbst ist streckenweise nur schlecht befahrbar, da mit großen Steinblöcken gepflastert. Ausweichpfade sind an den Straßenrändern schon gebahnt. Ich fahre bis Casal Rotondo, dann auf derselben Strecke wieder zurück.
Tag 23 – So. 31. 5.- Rom – Frankfurt
Erkundigung bei der Stazione Termini hat ergeben, dass ich mit dem Rad nicht den Expresszug zum Flughafen Fiumicino nutzen darf, sondern einen Regionalzug nehmen muss. Ich fahre mit Rad und Gepäck zur östlich des Zentrums gelegenen Stazione Tiburtina, die sich als durchaus fahrrad-freundlich erweist. In die Unterführung und auf den Bahnsteig führen Rampen, ich kann das Rad schieben. Auch ist der Bahnsteig schön hoch, so dass es einfach in den Zug hinein geht.
In Fiumicino zahle ich den Radtransport (inkl. Handling-Gebühr 80 €) und schlinge mehrere Rollen Frischhaltefolie um das Rad (Pedale abgeschraubt, Lenker quergestellt, Reifendruck deutlich reduziert). Nach dem Durchleuchten lasse ich es am Sperrgepäck-Schalter stehen. In der Gepäckausgabe des Frankfurter Flughafens liegt es schon unversehrt bereit, als ich eintreffe. Wenig später kommt auch das Gepäck mit dem Messer, um das Rad wieder aus der Folie zu schneiden.