Geschafft, man bin ich toll
Ich habe meine erste richtige Radtour hinter mir. Nachdem ich bisher nur Tagestouren mit meinem MTB bzw. Touren mit Übernachtungen unterwegs bei Freunden gemacht habe, habe ich das verlängerte WE dazu genutzt, meine neue Outdoor-Ausrüstung zu testen...
Hinter mir liegen 470km, fast immer am Main entlang, von Frankfurt nach Bayreuth. Nun ist's also passiert, bin auch vom Reise-Virus befallen.
Also wen's interessiert, hier ein kleiner "Bericht".
Los ging’s am Donnerstag morgen, geplant war eigentlich zwischen 8 und 9 loszukommen, natürlich war ich erst kurz vor 10 abreisebereit. Aufs Rad geschwungen und fast wieder runtergefallen. Macht doch irgendwie einen kleinen Unterschied aus, ob die komplette Zeltausrüstung auf dem Rad drauf ist oder das Rad nackig ist...
Runter zum Main, liegt ja gleich vor der Haustür und ...Energie
Nach 5 km, irgendwas fehlte... Geld? dabei, Karten? Bingo. die lagen natürlich noch wohl behütet in der Wohnung (erwähnte ich, dass das die erste Tour war?
)
Also zurück und den zweiten Versuch gestartet. (wie's sich dann erstaunlicherweise am Ende herausstellte, hab ich wirklich nix vergessen)
Leider waren durch die Mai-Demos und diverse Veranstaltungen große Teile des Radweges durch grüne Männchen abgesperrt, so dass man häufig die Seiten wechseln musste.
Aber ab Hanau war auch das vorbei.
Bis Klingenberg war auch wenig Abwechslung vorhanden, der asphaltierte Radweg lud dafür zum Kilometer-Bolzen geradezu ein. Der obligatorische Gegenwind durfte natürlich auch nicht fehlen, aber durch das wahrhaft maänderhafte Verhalten des Mains kam er auch ab und zu von hinten, heissa ging das ab. Ich hätt ja nie gedacht, wie wunderbar die Taschen und die Rollen auf dem Gepäckträger als Segel fungieren.
Erstaunlichweise waren auch relativ wenige Leute unterwegs, die wenigen bemühten sich jedoch nach Kräften, meine "Rekordjagd" zu unterbrechen. Aber nix da, mit den fetten Reifen kann man auch spontan mal neben dem Radweg fahren(Vom heftigen Geklapper des Kochgeschirrs begleitet
)
Zwischendurch gab’s natürlich auch eine Pause, standesgemäß Kocher angeworfen und erstemal 'n Käffchen gekocht. Dabei hat sich herausgestellt, dass der Benzinkocher wirklich sturmfest ist.
Die heranziehenden Regenwolken blufften auch nur, es blieb trocken. Stellenweise verwandelte sich der Radweg in eine Stoßdämpferteststrecke, von Wurzeln aufgebrochener Asphalt macht erst ab Tempo 30 so richtig Spaß, einige heftige Schläge ließen mich schon um meine Felgen fürchten, aber auch das blieb blinder Alarm.
Kann mir an dieser Stelle mal jemand erklären, welcher Idiot auf die Idee kommt, mitten in einer Biegung auf einem Radfernweg eine größere Treppe einzubauen? Aufgrund von Fußgängern, die passenderweise direkt davor standen, sah ich selbige zu spät… 20 Stufen später war ich dann auch unten angelangt, alles noch heil, die Milch für’s Müsli war zum Shake mutiert…
)
Vor der nächsten Main-Biegung (bei Klingenberg) verhieß mir dann meine Karte eine nette Strecke quer durchs Land, auch nur 500Hm, das sollte doch zu packen sein. Also weg vom Main und ruff uf den Berg. Mit Fluchen und Schimpfen hab ich’s dann geschafft, die Kuppe lag vor mir. Eine wunderbare Aussicht aufs Tal, nur was fehlte, war der Main. Bingo, der lag natürlich hinter der nächsten Bergkette. Dieser Anstieg war noch ne Spur heftiger, weniger von der Steigung her (ca. 10%), sondern eher von der Psyche, da ich darauf nicht vorbereitet war. Aller 200m legte ich eine kurze Pause ein und quälte mich mit 7kmh den Berg hoch. Endlich war die Kuppe erreicht. Einen lustigen, rüstigen Rentner auf dem Trecking-bike getroffen (76 Jahre und voll fit!), eine kleine Unterhaltung und dann ging’s mit wehenden Fahnen in den Untergang, ähh ins Tal.
Bei 60kmh machen Scheibenbremsen erst richtig Spaß, die Kurven wollte ich dann doch lieber nicht in voller Breite ausnutzen. Glücklicherweise störte mich auch kein Auto (die muss ich wohl abgehängt haben
). Unten endlich angekommen, irritierte mich ein brenzliger Geruch, der aber nur von den heißen Belägen kam. kein Ausfall, super Teile.
Laut Karte lag auch schon der nächste Zeltplatz gleich um die Ecke, dort angekommen (es war mittlerweile nach 6) erwartete mich eine laute Kneipe, eine winzige Zeltwiese und n Haufen Wohnmobilisten. Nähh, danke, weiter ging’s.
Der nächste Zeltplatz war kurz vor Kreuzwertheim, so oder so musste ich den nehmen. Ganz nett gelegen, leicht bewaldet. Also schnell in der Kneipe erkundigt, wo ich denn hier mein Lager aufschlagen kann. Erste Frage des Kochs: "Hunger? Durst?" ... Ich komm gleich.
Wie sich’s herausstellte, muss ich wohl der erste Radler der Saison gewesen sein. Nachdem über mein idiotisches Tun (mit dem Rad, so weit, und überhaupt) abgelästert wurde, stand auch schon das Bier auf dem Tisch. Das hatte ich mir verdient. Es war dazu auch noch furchtbar lecker, also gleich noch'n zweites bestellt.
Da das ganze dann ein wenig länger dauerte, gab’s als Entschädigung noch nen Aquavit (Linie!) umsonst. Was will ich mehr.
Das Wetter bleib auch über Nacht trocken, eigentlich schade, wollte ich doch mal austesten, wie’s sich bei Regen macht, das neue Zelt.
Am nächsten Morgen noch ein kostenloses Frühstück abgesahnt, die 9 Euro Übernachtungsgebühr bezahlt (schluck) und weiter. In der nächsten Stadt noch fix zum Bäcker, im Radladen endlich eine Klingel gekauft, noch einen Blick auf die historische Altstadt riskiert und wieder in die Pedale getreten
Nun wurde es auch landschaftlich immer schöner, links und rechts tauchten ab und zu Berge und Weinhänge auf, ab und zu von Burgruinen geziert. Der Wind kam auch immer häufiger von hinten, so gefiel mir das. Es blieb zwar relativ kühl, aber für kurze Hosen und Shirt reichte es aus, man bewegte sich ja.
Die Bergbezwingung fand auch wieder statt, diesmal allerdings mental drauf vorbereitet, dementsprechend flüssiger ging das ganze voran. Das Hochgefühl auf der Begkuppe ist irgendwie unbeschreiblich, leider wurde ich dadurch auch leichtsinniger. Merke: eine in den Spannriemen verzurrte Karte hält auch nur bis zum ersten Schlagloch. Nach einer richtig spassigen Abfahrt, 50kmh über nen rustikalen Feldweg, mit Steinen, Schlaglöchern und ähnlichen Spässen vor dem nächsten ort angekommen, dessen Namen mir unbekannt vorkam. Also auf die karte schauen, Mist, wo ist sie denn. Also wieder den Berg rauf, was tut man nicht alles für die Kondition, fast ganz oben angekommen fand ich sie dann auch, was bei dem Wind ein richtiger Glücksfall war.
Das nächste Etappenziel war dann auch bald erreicht, Ochsenfurt.
Ein richtiger Zeltplatz zum abgewöhnen: 10Euro Gebühr (1 Euro Müllgebühr incl., wie soll ein Zelter soviel Müll machen, 4 Euro für mich und 5 Euro fürs Zelt, demnächst bring ich extra ein 20Mann-Truppenzelt mit, nur um die 5 Eur auch wirklich zu nutzen)
Einquartiert wurde man auf einer abschüssigen Wiese, mit netten Maulwurfshügeln gespickt. Bombig… Hinter mir die Bundesstraße, vor mir der Spielplatz, wo bis 23Uhr Krach gemacht wurde. Toll.
In der Nacht hats dann auch endlich geregnet und ein wenig gestürmt, das Zelt hat dicht gehalten. Dummerweise fiel mir nach 1 oder 2 Stunden Schlaf ein, dass ich meine Sachen zum Trocknen rausgehangen hatte. Egal, jetzt sind sie sowieso nass.
Der nächste Morgen erwartete mich mit Wind, Regen und Kälte. Demzufolge verzögerte sich der Aufbruch auch entsprechend, erst um 10 bin ich dann losgekommen.
Nach und nach besserte sich auch das Wetter, es blieb zwar kühl, aber glücklicherweise auch trocken.
Aufgrund von Bauarbeiten an einer Autobahnbrücke war der Radweg bei… hab’sch vergessen, gesperrt. Allerdings hat sich die Gemeinde eine nette Umleitung ausgedacht. Ein wenig hüglig, an den Feldern und kaum / nicht befahrenen Straßen vorbei. Sehr schön, leider ein wenig windig.
Irgendwann war dann aber leider Schluß mit einem konsistenen Radwegverlauf, aufgrund des NSG in den Mainauen hab ich immer wieder den Weg verloren, es ging auch immer häufiger neben den Landstraßen entlang. Nicht so toll.
Um 16 Uhr hab ich dann einen Zeltplatz gefunden, allerdings war mir das viel zu früh. Der nächste war dann erst hinter Bamberg, geschätzte 50km weiter. Also Flaschen mit Wasser aufgefüllt und seelisch und moralisch aufs Schwarzcampen vorbereitet.
Bamberg hab ich dann großräumig umfahren, da lt. Karte der Radweg erst in die Stadt, dann nach Westen, dann wieder zurück etc. verlief. Muss nicht sein.
Irgendwann stieß ich dann auch wieder auf den Main, man ist der schmal geworden. Auch hier war es wieder sehr schwer, auf dem Radweg zu bleiben. Eine Richtung gabs nicht, immer wieder über den Main nach Westen (also zurück), dann wieder nach Osten… Aller 10km musste ich dann auf der Karte nachschauen, ob ich noch richtig bin (an dieser Stelle auch vielen Dank an diejenigen, die spasseshalber mal die Schilder verdreht hatten)
Gegen 21 Uhr war ich dann noch 5 km vom nächsten Zeltplatz entfernt, ich hätte nich gedacht, das zu schaffen. Aber noch mal 10 Euro, ohne mich.
Und es hat sich echt gelohnt. Gezeltet hab ich an einem See (Fischereigewässer), der vom Main gespeist wird. Direkt an einer „Landzunge“, man hörte die ganze Nacht das Rauschen der Stromschnellen, die Vögel randalierten. Richtigen Krach machten leider ein paar Nachtangler.
Bescheuerte Leute, ich werfe extra nicht den Kocher an, weil ich mich dort so verhalten wollte, als sei ich nicht da, und die Pfeifen fahren mit ihrem Bus bis ans Wasser, werfen die Anlage an und entfachen ein großes Feuer… Super, soviel zum Thema der naturverbundenen Angler (sind ja sowieso alles Mörder)
Um 6 Uhr dann aufgestanden, es gibt wohl nichts schöneres als von der Natur geweckt zu werden…der Morgennebel über dem Wasser verog sich langsam, durchtränkt von Sonnenstrahlen, ein toller Anblick
. Nur schweinekalt war’s, ich schätze 4 Grad. Das Zelt war von innen ganz nass (Kondensationsfeuchte?). Schnell (leider doch 90 Minuten gebraucht, inakzeptabel, aber ich bin ja noch in der Lernphase) alles eingepackt und weg, man will sich ja nicht erwischen lassen.
Eine Stunde später hab ich dann eine schöne Stelle zum Rasten gefunden (mit Tischen, das Grass war leider zu nass).
Die Morgensonne entsandt ihre wärmenden Strahlen und ich war nach der Zufuhr eines koffeinhaltigen Heißgetränks auch richtig munter…
Weiter gings bis Krombach (ist das das mit dem Bier?) über alle Arten von Radwegen, Schotter, teilweise Sand, Asphalt in allen Variationen (ich liebe den tiefschwarzen, der die Reifen schön singen lässt). Da ich nicht genau wusste, wann von bayreuth aus der zug nach Frankfurt fährt, blieben die sonst üblichen Pausen aus. Es wurde immer schwieriger, dem Main zu folgen, der Radweg führte sonst wo lang, war teilweise auch wieder schlecht ausgeschildert, so dass ich dann notgedrungen der Bundesstrasse folgte. Nicht mehr landschaftlich schön, aber gut geeignet um richtig Speed zu geben (wir hatten neulich hier en ähnliche Diskussion: Darf man mit dem vollbepacktem Reise-MTB eine Gruppe Rennradler überholen?
OK, an ner Steigung haben sie mich wieder gekriegt… grmmml)
In Krombach angekommen musste ich mich dann vom guten alten Maintal-Radweg verabschieden. Hier war Schluß, nun gings am Roten Main weiter. Von freundlichen Einheimischen auf den Rad-Rundweg (von Krombach nach Krombach
) geleitet, habe ich viel Zeit in den dortigen Bergen verloren, die allerdings sehr schön zu fahren waren. Auf relativ breiten Wegen bergauf und –ab, nur leider kam ich meinem Ziel, Bayreuth, nicht näher. Irgendwann reichte es mir dann und ich warf mich todesmutig auf die Landstrasse. Nicht gerade schlau, es war Freigang für alle Raser verordnet, die mich teilweise mit Abständen von einem Meter mit über 100kmh überholten. Und das auch bergauf, wo man doch ein wenig hin- und herpendelt.
Irgendwann wieder den (diesmal richtigen) Radweg entdeckt, die letzten Kilometer abgespult und da war ich. Noch fix das obligatorische Reise-Eis an der Tankstelle besorgt und ab zum Bahnhof.
Bis auf ein paar äußerst stressige Mitreisenden, die für ihre 20km-Tour die bahn zum Rückreisen benutzten und es partout nicht einsehen wollten, dass ich mein Gepäck nicht vom Rad entfernen will, war’s auch ganz ruhig. Die Rückfahrt dauerte dann zwar auch über 5 Stunden, aber für 31 Euro kann man damit leben.
Am letzten Tag hatte ich mir noch einen schönen Sonnenbrand auf den Oberschenkeln und den Armen eingefangen, nett, wenn während der Bahnfahrt dann die Sonne darauf scheint…
Noch kurz Statistik: Gesamt-KM: 470
Höhenmeter: Mindestens 20.000.000 (keine Ahnung, mein Tacho verrät mir das nicht, ich schätze so um die 1.500hm)
Reisedauer: 4 Tage
Max. Tageskilometer: 150
Max. Geschwindigkeit: 65
3 Bier verbraucht, pro Tag 3 Liter Wasser, Süßigkeiten wurden nicht gezählt…
Pannen gabs keine, allen Unkenrufen zum Trotz hat sich auch die Kombination Lowrider und Federgabel bewährt. Die Gabel federte trotzdem wunderbar, ob das ganze dauerfest ist, wird sich demnächst erst noch zeigen.
Die Beine sind nicht sonderlich schwer, beim heutigen Sprint auf Arbeit merkte ich, dass mir das schwerer fällt, ansonsten ist alles annehmbar.
Somit wurde der Grundstein für weitere, hoffentlich längere Reisen gelegt. Vielleicht trifft man ja demnächst auch n paar Leute aus’m Forum
So, genug gelabert, viel Spaß noch im Biergarten