Hallo an die Techniktüftler,

ich kümmere mich seit vielen Jahren um die Fahrräder in Freundeskreis Nachbarschaft und stehe vor einem Problem. Im Moment habe ich zwei Montainbikes in Arbeit, bei denen ich (neben anderen Arbeiten) die Scheibenbremsbeläge gewechselt habe. Bei drei Bremsen völlig problemlos, bei der vierten (eine Vorderbremse) stehe ich vor einem Rätsel.

Es sind Shimano Doppelkolben-Scheibenbremsen, die Backen sitzen zu stramm und die Beläge schleifen an der Scheibe. Dabei alles gemacht, wie es sich gehört: Die alten Beläge herausgenommen und die Kolben mit einem Bremskolben-Spreizer vollständig in den Sattel zurück gedrückt. Die neuen Beläge eingeschoben, das Laufrad wieder eingesetzt und den Bremssattel fürs erste locker ausgerichtet. Im Ruhezustand hatte ich links und rechts je etwa 1 mm Luft zwischen Belag und Scheibe.

Der Druckpunkt am Bremshebel war sauber und ziemlich außen, wie es sich gehört. Nach der Probefahrt war der Druckpunkt gefühlt unverändert, aber die Beläge schleifen beidseitig an der Scheibe und bremsen dadurch.

Ich habe inzwischen einiges versucht:
- die Kolben wieder nach außen gedrückt und Beläge neu eingesetzt: Ohne Wirkung.
- die Beweglichkeit der vier Kolben kontrolliert. Sprich jeweils drei Kolben blockiert, damit sich beim Drücken des Bremshebels nur EIN Kolben bewegt. Hat soweit keine Probleme aufgezeigt.
- In kleinen Schritten (Mengen) Bremsflüssigkeit abgelassen, wobei der Druckpunkt über mehrere Schritte unverändert geblieben ist, plötzlich aber (natürlich) weit nach innen rutschte. Die Beläge waren immer noch stramm an der Scheibe.
- Danach habe ich die Bremsleitung natürlich neu befüllt und entlüftet - und stehe damit am Anfang meines Problems.

Übersehe ich hier etwas? Kann mir jemand einen Tipp geben?

Hans

Wenn die Kolben innerhalb des vorgesehenen Hub beweglich sind, also beim Ziehen des Griffes rauskommen und dann einen kleinen Rückhub machen, kann es daran eigentlich nicht liegen - ein festsitzender Kolben oder beide, bei 2-Kolben-Sattel, wäre ja das naheliegendste. Kann man denn sehen , ob alle 4 Kolben gleichmäßig ausgefahren sind, wenn die Bremse schleift?

Es könnte an der Leitung liegen, dass die einen Knick hat oder sonstwie nicht mehr durchlässig ist, sodass der Rückhub der Kolben behindert wird.

Am wahrscheinlichsten halte ich einen Fehler im Bremsgriff, sodass bei der Probefahrt mit richtig hohen Bremsdruck, dieser nicht mehr abgebaut wird und die Bremse dann schleift. Ich würde den auf Verdacht austauschen, wenn die Kolben im Bremssattel beweglich sind und es mit korrekter Füllmenge an Bremsflüssigkeit nicht funktioniert (alle Kolben zurück und dann mit Trichter maximal befüllt).

Moin,

ab und zu hat man ein paar Beläge, die einen hauch dicker sind und deshalb schleifen. Entweder ein Gefälle runterfahren und die Dinger dabei schön einbremsen oder die Beläge herausnehmen und ganz fein über Schirgelpapier abziehen und dabei gleich auch die Kanten "brechen" (eine ganz hauchzarte Fase anbringen)

Ich hatte jetzt auch erst wieder mal ein Paar das etwas zu stramm saß.

Wird schon. Ein Defekt dürfte das nach der Beschreibung nicht sein. Wo sollte der auch urplötzlich hergekommen sein?

Vielleicht ist auch die Bremshebelverstellung in eine Endlage gedreht und deshalb macht es Probleme

Er hat ja gesagt, dass es viel Spiel hatte nach dem Einbau und nach der Probefahrt erst schleift ...

Unser Mit-Forist FordPerfect hat in einem anderen Scheibenbremsfaden Re: Unsere zwei Scheibenbremsen, wieder einmal (Ausrüstung Reiserad)eine Anleitung seines standardisierten Vorgehens beim Wechsel der Beläge beschrieben.
Ich habe für mich daraus mitgenommen, dass nach Entnahme der alten Beläge und der gründlichen Reinigung der Kolben/des Bremssattels, das Mobilisieren mit einem Tropfen Öl (bei den Ölbremsen Shimano, Magura...) bzw. mit DOT (bei den den DOT-Bremsen Sram,...) wichtig ist. Damit laufen die Kolben wieder geschmeidig in den Satteldichtungen.

Ich bin mit diesem standartisierten Vorgehen gut gefahren.

Freundliche Grüße
Ulrich

Sind die alle vier auch vollständig drin geblieben? Sonst könnte es sein, dass die Bremse überfüllt ist.

Ich würde den Fehler woanders suchen. Du schreibst: "den Sattel locker ausgerichtet". Ich weiß jetzt nicht, welche Doppelkolbenbremse da verbaut ist, aber normalerweise wird der Sattel nicht demontiert für den Belagtausch.
Diesen Fehler habe ich nur einmal gemacht mit dem gleichen Ergebnis wie bei Dir.
Wenn es so war, löse den Sattel nochmal ( nur locker, nicht ab), dann zieh den Bremshebel stramm an und schraub den Sattel mit angezogenem Bremshebel wieder fest.
Vielleicht geht es auch noch anders, aber für mich ist das die einfachste Methode, den Sattel korrekt auszurichten. Danach sollte es wieder geräuschlos laufen.

Vielen Dank für die Hinweise.
Bei eingesetzten Bremsbelägen kann ich nicht erkennen, ob alle vier Kolben gleichmäßig ausfahren, aber ich fürchte, dass sie das nicht tun und sehe mir das noch einmal genau an - bei ausgebauten Belägen.
Die Leitung hat keinen Knick, die ist in Ordnung, aber dein Hinweis auf den Bremsgriff könnte auch ein heißer Tipp sein.

Hans

Danke, aber ich denke, DAS ist nicht das Problem. Nach dem Einbau hatte ich ja wirklich schön Luft links und rechts, nur nach der Probefahrt klemmen die Beläge an den Scheiben.

Hans

Vielen Dank, das werde ich morgen machen und bestätigt die Vermutung, dass die Kolben ungleich ausfahren und geschmeidig gemacht werden müssen.

Hans

Ja, die vier Kolben waren, soweit ich das erkennen und beurteilen konnte, vollständig in ihren Sitz zurückgedrückt.
Danke jedenfalls.

Hans

Vielen Dank. Ich habe den Sattel nicht abgenommen, sondern nur die beiden Befestigungsschrauben in den Langlöchern gelockert. Und nach dem Einsetzen des Laufrades den Sattel auf beidseitig gleichen Abstand zwischen Belägen und Scheibe ausgerichtet und die Schrauben fürs erste locker angezogen.

Im Normalfall ist dein Vorgehen mit dem Festschrauben des Sattels bei gezogenem Bremshebel mein Standardverfahren zum Ausrichten des Bremssattels. Meistens funktioniert das recht gut, aber hier und heute eben nicht, wenn die Backen dann am Sattel klemmen bleiben.

Hans

Hallo Hans, könnte es sein, daß in diesem Exemplar ein Tick zu viel Öl im System ist?

Hallo Andreas,

das war auch eine Annahme von mir und ich habe schrittweise in kleinen Mengen Öl abgelassen. Dadurch hat sich anfangs die Lage der Beläge an der Scheibe nicht verändert, ebensowenig wie der Druckpunkt am Bremshebel. Beim vierten oder fünften Schritt wars dann plötzlich zu viel, sprich zu wenig Öl im System und ich habe neu befüllt und entlüftet.

Das Problem muss also woanders liegen: Entweder liegt es am Kolben im Bremshebel, der den Druck im System auch nach dem Loslassen aufrecht erhält oder einer (es können auch mehrere sein) der Kolben klemmt in der Führung und rutscht nicht zurück in den Sitz im Bremssattel.

Ich werde berichten.

Vielen Dank jedenfalls, Hans

Viel Glück!
Neulich in der Parkgarage neben mir: ein Dienstauto von Paul Lange. So ein Gespräch auf dem kurzen Wege....aber nicht jeder Vertriebler hat ja Ahnung.
Jedenfalls 1000 Arbeit um einen Fliegenschiss - sehr ärgerlich.

Vertausche mal die Bremsleitungen an den beiden Bremshebeln. Das geht eigentlich immer ohne neu entlüften. Dann lässt sich das Problem auf Hebel oder Sattel eingrenzen.

Roland

Ausgezeichnete Idee, vielen Dank!
Morgen habe ich wieder Zeit dafür.

H.

Zwar unwahrscheinlich, aber: Vielleicht dicke Bremsscheiben 2,3 mm verbaut?

Die Idee von Lampang/Roland ist gut. Wenn alle vier (mobilisierten) Bremsbeläge an der Scheibe verbleiben, dann kann ich mir nur schlecht die Ursache mit scherwgängigen Kolben erklären. Eventuell geht der Geberkolben nicht weit genug zurück und macht die Nachlaufbohrung nicht (richtig) frei, oder da ist Schmutz der wie ein Ventil wirkt, oder die Membran des Ausgleichbehälters ist undicht, so dass kein Öl in den AGB zurückströmt.

Ja, prinzipiell ne gute Idee, aber bei den Preisen für Shimano Teile (wenn es nicht XTR ist) würde ich das nicht machen und gleich einen anderen Hebel einbauen und nicht die funktionierende HR-Bremse auch noch öffnen.
SLX-Hebel gibt's bei bike components für 26.99€.
Am wahrscheinlichsten ist mindestens ein Kolben schwergängig, wenn das ausgeschlossen ist, würde ich den Hebel tauschen oder vorher nochmal komplett mit Bremsflüssigkeit durchspülen.

Schau mal, ob das Federblech verbogen ist. Also das Blech, das die Beläge wieder auseinander drückt.
Wenn einer der 4 Finger so verbogen ist, dass er außerhalb von dem Metallteil des Belags ist, dann ist klar dass der nicht richtig zurückstellt.
Oder insgesamt zusammengequetscht, so dass die Rückstellkraft zu klein ist.

Federbleche wieder in Form biegen, ist bei mir Routine bei Bremsenwartung...

Die Spreizfeder für die Beläge ist neu und völlig in Ordnung.
Danke aber für den Hinweis.

H.

Hallo,

danke, und ja, zwei der Kolben sind schwergängig. Beide haben an der Innenseite (also der zur Bremsscheibe zeigenden Seite) an der Kante eine Absplitterung. Einen kleinen Grat davon habe ich mit feinstem Schleifpapier versucht, wegzuschmirgeln, das Problem der Schwergängigkeit ist geblieben.

Dass es nicht am Geberkolben im Bremshebel liegt, konnte ich mit Kreuzversuch ausschließen. Die Lösung ist jetzt klar: Ich habe einen neuen Bremssattel bestellt.

Herzlichen Dank nochmals an alle für ihre Tipps und Hilfestellung.

Hans