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#1445424 - 09/30/20 08:23 PM Nochmal Deutschland Nord-Süd
Holger
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Corona-Sommer. Also irgendwie Deutschland – auch wenn das eine oder andere Zeitfenster andere Ziele erlaubte, blieb ich "zu Hause". Das war die eine Premiere. Die näxte: Reise mit dem Rennrad, mit extrem wenig Gepäck. Sicher geht es noch extremer, aber für mich war das schon sehr extrem. Premiere Nr. 3: Komplett vorgeplant, per Komoot, gefahren mit Navi, Garmin Edge 1030. Und keine Kamera, alle Fotos sind Smartphonefotos.

Die Idee: von Deutschlands äußerstem Norden, List auf Sylt möglichst direkt in den äußersten Süden, Oberstdorf. Nicht die einzige Deutschlanddurchquerung, wie man beim Blick auf den Bereich Reiseberichte sieht.


Los ging es trotz aller Premieren denn doch konventionell: mit dem Zug.


Auf Sylt hatte ich dann einen halben freien Tag, bevor es losging. Wo wir schon bei Premieren sind: Dort war ich noch nie. Im Norden und im Süden schon schön, Westerland dagegen eher nicht. Ein paar Impressionen:








Freitag, 19. Juni. Westerland – Husum.

Und pünktlich zum Start regnete es. Macht aber nix, gibt ja Regenjacken, außerdem war es recht warm und am Abend wartete ein Hotel. Und Sylt im Regen hat auch was.


Auch eine Art Symbolbild


Deutschlands nördlichster Norden im Regen

Mehrere Plattfüße – letztlich war es derselbe, wiederkehrend. Trotzdem erreichte ich Husum, und der Regen hörte sogar auf.


Pause im Regen


Auch irgendwie typisch






Samstag, 20. Juni. Husum – Stade.

Und das war's mit Regen, soviel vorab. Ab heute: Sonne. Und Wärme. Von Husum fuhr ich ziemlich direkt südlich.


Ogottogott

Friedrichstadt. Planstadt aus dem 17. Jahrhundert, hat mir sehr gut gefallen. Bis auf das Kopfsteinpflaster.


Friedrichstadtgiebel.


Friedrichstadtfenster und Friedrichstadtanker

Und dann ging es weiter durch Schleswig-Holstein, erst total flach, dann welliger. In Burg, fast am Nord-Ostsee-Kanal, machte ich eine recht späte Mittagspause. Und dann kam die erste Fähre für heute.




Große Schiffe.

Nach dem Nord-Ostsee-Kanal kam die Elbe. Zunächst fuhr ich – mit nettem Rückenwind – rechtselbig auf Brokdorf zu und dann an Brokdorf vorbei und setzte dann über auf die linke Seite. Fähre Nummer 2 (Spoiler: Es war die letzte der Reise) führte mich auf verschmutzte Wege am linken Ufer. Und letzlich nach Stade, dem Ziel für heute.


Beschissener Weg.


Sonntag, 21. Juni. Stade – Langenhagen.

Die Rekordetappe. 150,1 km, Kilometer 150 war tatsächlich direkt vor dem Hotel. Es waren keine Schleifen nötig, um die 150 zu erreichen. Ganz am Anfang stand aber erstmal eine kurze Stadtrundfahrt mit dem Rad in der Hansestadt Stade. Dass es eine Hansestadt ist, lernte ich erst am Abend in Wikipedia. Schön ist es aber auch am frühen Sonntagmorgen.


Hybsch.

Next Stop Harsefeld. Kein weltbewegender Ort, aber immerhin Geburtsort eines ehemaligen Frankfurter Oberbürgermeisters, Franz Adickes. Ein Mann, der großen Teilen meiner Heimatstadt das Gesicht gab, das sie heute noch hat. Die Gründerzeitviertel, der Alleenring, die Festhalle, die Eingemeindungen von Bockenheim, Bonames, Hausen, Seckbach und auch Rödelheim, mein Stadtteil. Hoppla, ich schweife ab. Aber so ging es mir häufig auf dem Rad, die Landschaft ist, nun ja, nicht so abwechslungsreich. Flach, Windräder, Kühe.


Harsefelds Kirche.


Symbolbild Landschaft.


Mobilitätskonzepte, ländlich.


Hm, Ortsnamen können seltsam sein.

Und um die manchmal aufkommende Monotonie noch zu toppen, folgte nach der Überquerung der Aller eine 10 Kilometer lange schnurgerade Strecke. Immerhin war ich da schon in der Region Hannover und hatte nicht mehr viel zu fahren. Mein Hotel war in Langenhagen, kurz vor den Toren Hannovers. Etwas kaputt schleppte ich mich noch zu einer Pizzeria und fiel dann recht müde ins Bett.



Das tue ich gleich auch heute, bei der Niederschrift dieses Reiseberichts und setze ihn in den kommenden Tagen an diesem Ort fort.
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#1445435 - 10/01/20 07:03 AM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Holger]
talybont
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Die "Offebäscher"können einem fast den Urlaub vermiesen zwinker
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#1445449 - 10/01/20 08:33 AM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: talybont]
Holger
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Echt wahr grins
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#1445454 - 10/01/20 09:11 AM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Holger]
Bernie
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Hallo Holger!

Bin schon gespannt, wie es weitergeht. Genau so eine Tour vom nördlichsten Punkt am Sylter Ellenbogen bis zum Straßenende hinter Oberstdorf schwirrt mir auch im Kopf herum.

Es grüßt

Bernie
Wer Alu kennt nimmt Stahl.
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#1445467 - 10/01/20 10:22 AM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Bernie]
Holger
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Ist auf jeden Fall sehr interessant. Ich habe sowas ja auch noch nie gemacht - aber bei so einer Querschnittsfahrt sammelt man schon viele verschiedene Eindrücke.

Viele Grüße
Holger
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#1445632 - 10/03/20 09:43 AM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Holger]
Holger
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Montag, 22. Juni. Langenhagen – Friedland.

So, weiter ging es. Auf das Hotelfrühstück verzichtete ich, 13 EUR für einen Frühstücksbeutel auf dem Zimmer – nein danke. Die ersten 15 Kilometer waren etwas zäh, Stadtgebiet, Hannover war aber die größte Stadt auf der Reise, von daher konnte ich damit leben. Einen netten Frühstücksplatz fand ich erst in Pattensen.


Frühstück am Friedhof.

REWE-Einkauf, Bank vor dem Friedhof. Radreisefrühstück. „Keine Knochen abknabbern“ bekam ich noch als Ratschlag. Und dann kamen Berge und Wolken. Beides nicht so wild, die Berge nicht so hoch, die Wolken nur kurz und ohne Regen. Aber immerhin, nix mehr flach.


Berge.

Aber gut, geplant hatte ich natürlich möglichst flach, daher blieben die Berge meist rechts und links. Ich folgte der Leine, Mittelgebirgslandschaft im Frühsommer, schon recht warm. Selten Bundesstraße, meist kleinere Straßen. Eine kurze Zweitfrühstückpause in Alfeld, und weiterkurbeln.


Im Leinetal.



So langsam näherte ich mich dem Kilometer 100 für heute, überlegte, in Göttingen zu übernachten. Das wäre aber noch recht früh, zudem kam externe Überredung, also noch ein paar Kilometer weiter. Daher musste ich aber vorher unbedingt noch eine Pause machen. Und ich suchte mir Northeim aus. Die Stadt, in der Loriot sein Abitur machte. Schöne Altstadt, das Fachwerk ist inzwischen holzweiß und nicht mehr holzrot wie weiter oben in Deutschland. Und vor allem: Es gab eine Eisdiele.




Versteinerung in der Fußgängerzone

Göttingen durchquerte ich rasch, obwohl es auch eine der größeren Städte waren. Hinein ging es auf einer phänomenalen Fahrradstraße, man merkt, dass es eine Studentenstadt ist. Raus ging es dann auf dem Radweg entlang der B27. Sozusagen die Heimatbundesstraße, der ich so ungefähr in den nächsten Tagen weiter folgen werde. Heute aber nur noch bis Friedland, bis zum Landhaus Biewald. Eines der schönsten Hotels der Reise, mit leckerem Essen, tollem Frühstück – Empfehlung!


Der letzte Bahnhof der britischen Besatzungszone. Deshalb wurde Friedland das „Tor zur Freiheit“, hier kamen Heimkehrer aus Kriegsgefangenschaft an, Vertriebene aus den Ostgebieten, später für Übersiedler aus der DDR und nun Asylbewerber.


Dienstag, 23. Juni. Friedland – Marbach.

Nach dem Frühstückt ging es los. Okay, das ist nix Besonderes, aber das Frühstück war klasse, daher möchte ich nochmal das Landhaus Biewald empfehlend erwähnen. Nach wenigen Kilometern war ich in Thüringen, nur für ein paar Kilometer. Die einzigen in den neuen Bundesländern auf dieser Reise. Gemerkt habe ich es erst, als ich wieder an der Grenze war und ein großes Schild darauf hinwies.


Ohne das Schild merkt man nix.

Und dann beging ich einen Fehler und folgte der geplanten Route, die die Straße verließ. Eher schlechter Weg, ein bisschen hoch und runter und dann war ich auf dem Kolonnenweg – errichtet für die Grenzer, die jeden Punkt der Grenze schnell erreichen wollten. „Im Gegensatz zum Rest der Grenzanlage ist der Kolonnenweg auch Jahrzehnte nach dem Ende der DDR noch weitgehend erhalten und dient heute als Wander- und Radweg entlang der ehemaligen Grenze, obwohl die Fortbewegung auf der durch Ausspülungen der Betonhohlräume recht unebenen Oberfläche mitunter sehr beschwerlich ist.“, schreibt Wikipedia. Hm, ja, mitunter beschwerlich. Dazu kommen noch extreme Steigungen, da der Weg logischerweise nicht der Topographie, sondern der Grenze folgte. Was bedeutet das für eine Reise auf schmalen Rennradreifen? Bergauf und bergab schieben...


Bergab schieben.

Zum Glück ging es auch auf einer schönen Straße noch etwas bergab, dann war ich im Werratal. Dort musste ich für ein paar Meter auf die B27, da war sie wieder, weil der Radweg wieder mal nicht rennradgeeignet war. Und das hieß: Wieder BRD. DDR war auf der linken Werraseite. Kurz vor Bad Sooden-Allendorf wechselte ich wieder nach Thüringen. Dass Bad Sooden-Allendorf so nah an der DDR lag, wusste ich nicht – nichtmal ein Kilometer.


Gradierwerk Bad Sooden-Allendorf.

In Bad Sooden machte ich eine Supermarktpause, dann fuhr ich weiter. Der nächste Berg wartete, der Pass zwischen Werra und Fulda. Auf halbem Weg zur Passhöhe liegt Sontra, ich machte eine Pause. REWE. Getränke. Kühl. Es war schon arg heiß.


Maibaum Sontra.

Hinter Sontra verließ ich die B27, es ging auf sehr schönen kleinen Straßen durch sehr ländliches Gebiet erst noch ein bisschen hoch, dann herunter ins Fuldatal nach Bebra.


Runter ins Fuldatal.

Für den Rest des Tages folgte ich der B27. Selten direkt auf der Straße, häufiger auf Radwegen oder auf kleinen Straßen im Haunetal. Und ich kam der Heimat immer näher, Bad Hersfeld, Rothenkirchen, Burghaun, Hünfeld, Rückers, Marbach. Hier bin ich aufgewachsen und durchaus in jungen Jahren häufiger Rad gefahren. Daher heute auch kein Hotel, sondern eine Übernachtung sozusagen in meinem Jugendzimmer.


Heimat„fluss“.




Mittwoch, 24. Juni. Marbach – Veitshöchheim.


Marbach.

Heute verließ ich die alte Heimat wieder. Zunächst in Richtung Rhön, immer noch auf Straßen, die ich vor vielen Jahren etwas häufiger befahren habe. Und dennoch mit neuen Entdeckungen: Einen Radweg hinein nach Fulda. Der ist aber murx, schmal, verwinkelt, holprig. In Fulda eine kurze Fotostopppause, dann schnell weiter – habe schon genug getrödelt und ich hatte gerade erst 10 km geschafft.


Milseburg und Wasserkuppe.


Dunkles Rad vor hellem Dom.

480 Meter, der höchste Pass der Reise. In der Rhön, grob gesagt vom Fulda ins Sinntal. Kurz vorher machte ich nochmal kurze Pause, Uttrichshausen, bekannt durch den gleichnamigen Rasthof an der A7 und geprägt von eben jener A7. Einkauf im Edeka, Verzehr sozusagen unter der arg hohen Autobahnbrücke. Die Rhön ist nicht überall schön. Abseits der Autobahn ist es aber schön, die Straße nicht wahnsinnig befahren und sie führte auch bald wieder bergab, hinunter ins Sinntal. Das Gefälle machte den Gegenwind erst noch etwas wett, dann musste ich schon etwas gegen ihn kämpfen. Und ich war kurze im Main-Kinzig-Kreis, näher an die aktuelle Heimat Frankfurt kam ich nicht mehr.


Brückengitarrist über der Sinn.

In Gemünden war ich dann am Main. Mein Ziel stand so langsam auch fest: Veitshöchheim, Hotel am Main. Bis dahin war ich auf einem Radtouristikhotspot unterwegs, sozusagen, wenn man einen Weg als Spot bezeichnen kann. Der Mainradweg ist gut ausgebaut, gut beschildert und auch gut genutzt. Viele Reiseradler, viele mit e. Und nicht immer, aber schon häufig direkt am Main. Von meinem Hotelzimmer sah ich ihn auch. Das Hotel war gut auf die Zielgruppe Radfahrer eingestellt, Radkeller, Ladestation für die e's etc. Und zentral gelegen in Veitshöchheim. Es gab was fränkisches zu essen, mjam. Der Dialekt ist seltsam, aber die Küche gefällt mir sehr. Und im Anschluss machte ich einen kurzen Stadtrundgang, und lief ein wenig durch den Garten des überraschend großen barocken Schlosses - bevor er schloss.


Regional essen.


Schloss Veitshöchheim.


Mainromantik.
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#1446611 - 10/17/20 11:13 AM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Holger]
Holger
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Donnerstag, 25. Juni. Veitshöchheim – Ellwangen.

Dialekte-Safari. Vom Fränkischen ins Schwäbische. Frühstück mit Hildas Segen, dann am Main entlang bis Ochsenfurt. Die Würzburgdurchquerung lief recht problemlos, und auch weiter bis Ochsenfurt konnte ich locker rollen. Mainradweg. Vormittag an einem Werktag, wenig los.


Hilda wacht über das Frühstück


Würzburgbeweisfoto

Zur Abwechslung war es mal bewölkt, sogar einzelne Regentropfen fielen. In Ochsenfurt machte ich eine kurze Bäckereipause und verließ dann das Maintal.


Giebel in Ochsenfurt

Das beste, was aus einer Bahnstrecke werden kann (wenn sie schon nicht mehr Bahnstrecke bleiben darf): Ein Radweg. In diesem Falle der Gaubahnradweg. Gemächlich steigend nach oben, und gemächlich fallend wieder runter. Ins Taubertal, auf den nächsten Radtourismushighway, den Radweg im Taubertal. Fest in der Hand von ü65+E.


Gaubahnradweg. Wenige Schienen liegen noch.

Auch das Taubertal musste ich verlassen, diesmal leider nicht auf einem Bahnradweg, es war also etwas steiler. Oben dann die Hohenloher Ebene, und die war dann doch sehr, sehr ländlich. In Brettheim gab es immerhin einen Edeka, und somit kalte Getränke. Und ein bisschen was zu essen.

Crailsheim wirkte auf mich dann fast wie eine Metropole, aber letztlich ist es auch nur eine schwäbische Kleinstadt. Immerhin mit Eisdiele. Mit Spaghettieis im Magen machte ich mich auf die letzten 25 km bis zum Ziel für heute, Ellwangen. Entlang der Jagst, also steigungsarm.

Meine Unterkunft war der Braurereigasthof Hotel Roter Ochsen – es hörte sich so an, als gäbe es hier was richtiges zu essen. Ich entschied mich für Regionalität und Saitenwürstchen mit Linsen. Dann ein kurzer Rundgang durch die Altstadt, die sicher mehr Zeit verdient hätte. Aber ich war denn doch auch ein bisschen müde. Immerhin war das Ende in Sicht, bis Oberstdorf waren es nun nur noch 200 km.


Schwäbisch Food.


Barock trifft Romanik.


Freitag, 26. Juni. Ellwangen – Memmingen.

Endspurt. Die Alpen kommen näher, heute werde ich Baden-Württemberg verlassen und endgültig nach Bayern kommen. Hm, ist das zu feiern? Nee, einfach fahren.


Frühstück im Brauereigasthof Roter Ochsen.

Von der Jagst an den Kocher, kurze Pause in Aalen, von der Kocher an die Brenz. Es ging ein bisschen hoch, oben das Kloster Königsbronn - aber vor allem war das eine hydrographische Zäsur: Ich startete auf Sylt sozusagen in der Nordsee, und alle Täler, durch die ich bisher fuhr, entwässerten irgendwie in eben diese Nordsee, über Elbe, Weser oder Rhein. So auch der Kocher, der über den Neckar bei Heidelberg, ääh, Mannheim in den Rhein fließt. Und jetzt flösse mein Urin, sollte ich in eins der Gewässer pinkeln, ins Schwarze Meer.

Eisdiele in Heidenheim (und insgeheimes Daumendrücken, dass der ortsansässige Fußballverein es schafft, den HSV vom Relegationsplatz fernzuhalten. Hat er dann nicht geschafft, das musste der HSV ganz alleine regeln...). Heidenheim ist eine stark industriell geprägte Stadt, steht in Wikipedia, und das merkte ich, als ich rausfuhr. Voith, ein Maschinenbauunternehmen hat hier seinen Hauptsitz, also durchaus auch Unternehmen, die man kennt.


Burg Heidenheim.

Hinter Heidenheim wartete der nächste Pass, nun kam ich an die Donau. Ein paar Kilometer Donauradweg, der aber sehr eng war – vielleicht ist er am anderen Ufer breiter? Wie dem auch sei, ein Foto machte ich vom Ulmer Münster, dann fuhr ich weiter.



Beweisfoto.

Neu-Ulm, Senden, Föhringen, Illertissen – richtig schön war das nicht, es ging häufig durch Gewerbegebiete. Irgendwo musste ich auch Kilometer 1.000 erreicht haben, leider gibt es beim Garmin Edge keine Funktion Reisekilometer. Nur Tageskilometer und Gesamtkilometer, also alle mit dem Gerät gefahrenen Kilometer. Was auch immer das bringen soll.


Symbolfoto Kilometer 1.000.

Es befiel mich zwar hin und wieder auf der Reise ein recht heftiges "Axxx-der-Welt"-Gefühl, aber so rein landschaftlich ist das schon schöner als ein Gewerbegebiet am anderen. Es wurde aber auch wieder ländlicher. Und sah schon ein bisschen nach Allgäu aus. Bei Kellmünz an der Iller zeigte ein Radwegschild ab von der Straße, die komoot für mich aussuchte. Nach Memmingen war es sogar etwas kürzer. Und die Straße nach Kellmünz ging klar bergauf. Sollte es einen Radweg an der Iller geben? Man muss auch mal was wagen.

Ich hätte es nicht tun sollen. Ja, es gibt einen Radweg an der Iller. Der ist aber definitiv nicht rennradtauglich. Leider war er es am Anfang noch, wurde dann etwas schlechter, und dann noch etwas schlechter und als es ganz übel war, war ich zu stolz, um umzukehren. Und schlich fluchend weiter, bis endlich eine Brücke kam. Denn, blöderweise, der Radweg verlief zwischen Iller und Bahnstrecke, da konnte man nicht einfach eben mal so drüber.


Kann man als Allgäu durchgehen lassen, oder?

Memmingen erreichte ich also auf der Straße. Da Freitag war, und ziemlich sommerlich, machte ich mir ein wenig Sorgen, ob noch ein freier Platz im Hotelrestaurant zu finden war. Klappte aber, trotz Abstand. Es war schon wieder ein Brauereirestaurant, und wieder aß ich nicht unbedingt leicht. Einen kurzen Verdauungsspaziergang legte ich noch ein, durch den "Verkehrsknotenpunkt Oberschwabens auf der Straße, Schiene und in der Luft". Sagt Wikipedia. Außerdem sagt Wikipedia, dass überraschend viele mehr oder weniger bekannte Profifußballer hier geboren sind. Mario Götze, Holger Badstuber, Timo Gebhardt, Reinhold Mathy, Michael Mutzel...


Memmingen. Letzte Station vor Oberstdorf.


Samstag, 27. Juni. Memmingen – Oberstdorf.


Auf zur (fast) letzten Etappe.

Das Hotel in Oberstdorf hatte ich schon vor ein paar Tagen gebucht, als absehbar war, dass ich es heute schaffen würde. Gut so, dort war absolute Hochsaison. Und ich hatte für zwei Nächte gebucht, da ich nicht an einem Sonntag mit der Bahn zurückfahren wollte. Und da ich möglicherweise heute nicht mehr ganz ans Südende fahren wollte, weil für den Nachmittag Gewitter vorhergesagt waren. Gewitter in den Alpen mag ich nicht so.


Es wurde etwas nass.

Nass wurde ich aber schon vor Kempten, ein ziemlich heftiger Schauer erwischte mich. Klatschnass fuhr ich noch in die Innenstadt und machte eine etwas längere Busbahnhofpause. Hat sich gelohnt, danach kam die Sonne raus und es ging bei bestem Wetter und sogar etwas Rückenwind in die Alpen. Und das ist immer schön.


Fast schon ein bisschen klischeehaft.

In Oberstdorf bezog ich mein Hotel, fast schon ein bisschen sehr luxuriös. Aber gut, das kann man sich mal leisten am Ende einer solchen Tour. Die Sonne war noch da, wenige Wolken, sollte ich es doch versuchen, heute noch in den Südzipfel zu fahren? Warum nicht? Ich fuhr also los – und drehte bei der Skiflugschanze wieder um. Nix neues, aber es kann sich schon sehr schnell zuziehen in den Alpen. Also morgen. Abendessen im Hotel, ausnahmsweise mal drinnen, wg. Regen draußen.


Sonntag, 28. Juni. Ans Südende.


Morgenstimmung.

Nach dem Frühstück brach ich zu den letzten 18 Kilometern auf. Und gefühlt verdoppelte ich auf diesen 18 Kilometern meine Höhenmeterzahl. Okay, ganz so schlimm war es nicht. Aber teilweise fies steil, bis zu 15 %. Ich war zu stolz zu schieben – aber zu schwer zu fahren. Das Gewicht siegte über den Stolz und ich schob ein paar Kilometer. Und nein, die E-Bikes, die an mir vorbeifuhren, ärgerten mich nicht. Nein. Taten sie nicht. Und wenn, dann nur ein ganz kleines bisschen.



Ende Gelände.

Als folgsamer Staatsbürger hörte ich am Schild auf zu fahren, das ein Verbot für Fahrzeuge aller Art bedeutet. Möglicherweise hätte ich noch ein bisschen weiterfahren können – aber für mich war Schluss. Das Südende erreicht. Am 19. Juni auf Sylt losgefahren und am 28. Juni hier angekommen. Uff.


Määääh!

Es folgte ein großer Teil der auf dieser Reise in Richtung Norden gefahrenen Kilometer - zurück nach Obersdorf. Fahrrad in den Fahrradkeller, Radklamotten nicht waschen und mit dem Bus nochmal raus, ein bisschen Sightseeing. Heini-Klopfer-Schanze. Beeindruckender Name, beeindruckendes Bauwerk. Wirkt in echt dann doch noch etwas imponierender als im Fernsehen.


Heini-Klopfer-Skiflugschanze.

Dann hatte ich noch etwas Zeit, um durch Oberstdorf zu schlendern. Ist schon sehr touristisch, und trotz Corona war ziemlich viel los. Oder eher wegen Corona, viele Menschen machten ja wegen der Pandemie in Deutschland Urlaub und nicht im Ausland. Ich auch. Und es hat sich gelohnt.


Fazit

Das war mal eine neue Art Radreise für mich. Wenig Gepäck, Rennrad, nur Hotels, komplett vorgeplant, ohne Papierkarten. Soviel Neues auf einmal muss man auch erstmal verkraften. Okay, das habe ich geschafft – fast, stelle gerade fest, dass ich das schon im Eingangsbeitrag geschrieben habe. Etwas Verwirrungs scheint geblieben zu sein.

Mit dem Rad so einen Querschnitt, oder besser Längsschnitt, durch ein Land zu legen hat was. Innerhalb von 10 Tagen habe ich sehr viel Deutschland gesehen, auf gut 1.000 km auch sehr viel Unterschiedliches. Nordsee, Alpen. Großstadt, Land (ziemlich Land...). Flach, bergig. Moin, Servus. Fachwerk-rot, Fachwerk-weiß. Grützwurst, Saitenwürstchen. Mäh, muh.

Was war das Schönste? Vieles war schön, wenn ich zwei Highlights herausheben sollte, dann tatsächlich der äußerste Norden, der Lister Ellenbogen, und der äußerste Süden, das Rappenalptal.

Ach ja, Corona. Eigentlich kein großes Thema. Gut, verschiedene Arten, mit Frühstückstücksbuffetts umzugehen, Telefonnummern hinterlassen – das war es auch schon.

Die Strecke bei Komoot: Klick.

Die Strecke in Zahlen:


Viel Niedersachsen, wenig Thüringen.


Am meisten Kilometer im nördlichsten und im südlichsten Kreis.


Am gefährlichsten: Nordfriesland


Okay, dass bei einer Nord-Süd-Durchquerung Deutschlands südliche Richtungen überwiegen, ist nicht überraschend. Aber hier der Beweis.

Die Downloads der Charts sind nicht so richtig gut, im Original gibt es sie hier.

Das war's, thank you for reading.
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#1446616 - 10/17/20 12:21 PM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Holger]
max saikels
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In Antwort auf: Holger
Brückengitarrist über der Sinn.

Jetzt war ich im September zweimal im Sinntal, das zweite mal komplett von unten nach oben, aber wo bin ich an diesem Klampfisten vorbei gefahren?
Grüße, Stephan
Touren 2024
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#1446638 - 10/17/20 05:06 PM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: max saikels]
Holger
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Habe versucht, zu rekonstruieren. Ich glaube, hier.

Da erinnere ich mich an einige Baustellenumleitungen.

Edited by Holger (10/17/20 06:59 PM)
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#1446643 - 10/17/20 05:46 PM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Holger]
max saikels
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In Antwort auf: Holger
Habe versucht, zu rekonstruieren. Ich glaube, Gesetzte Markierung
In der Nähe von Main-Spessart hier.

Da erinnere ich mich an einige Baustellenumleitungen.

Könnte sein, aber die Baustellenumleitung im September waren wegen zwei Eisenbahnbrücken eher unterhalb, die erneuert werden. Kann sein, dass ich deswegen nicht über die Brücke gekommen bin.

Ansonsten schöne Tour durch Orte, an denen ich dieses und letztes Jahr auch war. Nicht ganz meine Leistungsklasse, 1000 km in 10 Tagen und Rennrad hab ich auch keins.
Grüße, Stephan
Touren 2024
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#1446644 - 10/17/20 05:47 PM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Holger]
veloträumer
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In Antwort auf: Holger

Brückengitarrist über der Sinn.


Die Gitarre dürfte ein Jesukreuz sein und der "Gitarrist" der Heilige Johann Nepomuk. zwinker

Danke auch dir für diesen Zufallsbilderbogen quer durch Deutschland. Es ist ja beruhigend, dass Detuschlands Südende von einer Kuh bewacht wird. Elvis scheint es überall zu geben, ich dachte zunächst es wäre der in Stade, wo du offenbar durchfahren bist.
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
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#1446665 - 10/18/20 08:15 AM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Holger]
Cruising
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Hi Holger,

habe deinen Bericht gerne gelesen schmunzel Wir hatten dieses Jahr eigentlich auch anderes vor und haben dann mehr oder weniger gezwungenermaßen zwei Deutschland-Touren gemacht (wie fast immer bei uns von zu Hause aus) und das hat sehr viel Spaß gemacht und schreit für nächstes Jahr nach mehr lach

Deutschland ganz durchquert haben wir auch mal, genauer vor 10 Jahren, aber auch auf unsere Art - Stichwort: Deutschland diagonal. Erster Akt: Von daheim (20 km nordwestlich von Stuttgart) nach Basel gelatscht (unter Einbeziehung des Schwarzwald-Westwegs) - zwei Wochen. Und zweiter Akt: Von daheim nach Rügen geradelt bis zum Kap Arkona - 17 Tage. Also nicht zwingend vom äüßersten Punkt bis zu seinem Gegenstück, sondern bei uns spielt immer eine Rolle, was wir schon immer mal sehen wollten und was sich einigermaßen in die Route integrieren lässt. Diese mäandert dann halt ein bisschen...

Geplant ist schon länger von daheim bis Kopenhagen - vielleicht ist es tatsächlich eine gute Idee, auch mal den Ideen von Komoot zu folgen und das halt geringfügig zu variieren. Mit Mäandern halt - ein Besuch im Café Niederegger in Lübeck muss dann unbedingt sein lach Na, mal sehen, wann der Virus uns lässt.

Also, danke für die Inspiration! Und apropos: Mit dem Iller-Radweg hast du dir wirklich kein Highlight ausgesucht. Den radelt man gemeinhin einmal und verlässt ihn bei der nächsten, spätestens übernächsten Gelegenheit wieder grins

Gruß Thomas
www.bikeamerica.de
Cycle. Recycle. For a better world...

Edited by Cruising (10/18/20 08:19 AM)
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#1451002 - 12/01/20 03:11 PM Re: Nochmal Deutschland Nord-Süd [Re: Holger]
berghopser
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Schöne Aktion und auch mal was mit dem Rennrad - kommt hier ja nicht so oft vor. Wegen der schwierigen Radwege: du hast mit den Durano DD doch sehr robuste Reifen drauf. Damit sollte man doch auch abseits des Asphalts klar kommen. Ich bin mit Conti 4 Season auch schon öfters "Prügelstrecken" gefahren.

Nord-Süd hatte ich auch mal vor. Aber die Aussicht beim Anblick der Alpen nicht drüber zu fahren, sondern dann mit der Bahn nachhause hat mich davon abgehalten.
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