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: | 24.5.2017 28.5.2017 |
: | 455 |
: | France Germany Luxembourg
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1. Tag: Metz - Flainval, 98 km
Ausgangspunkt: Metz.
Ich wollte ein großes Dreieck fahren: Von Metz die Mosel flußaufwärts bis knapp vor Nancy, da auf die Meurthe und den Canal de la Marne au Rhin wechseln, dann ab Gondrexange den Kohlekanal und die Saar bis nach Konz und an der Mosel entlang wieder zurück nach Metz.
Ich radelte also von Metz aus Richtung Süden. Bis Novéant radelt es sich übrigens sahnemäßig auf
dem extra für Radfahrer ausgebauten und gut gekennzeichneten Wirtschaftsweg die Mosel entlang.
Nur einmal verirrte ich mich in einer Schrebergarten-Siedlung, aber sonst war es erstklassig.
Ab Novéant wird der Wirtschaftsweg als Radweg ausgebaut, ich mußte bis Pont-à-Mousson auf die Landstraße ausweichen. Pont-à-Mousson hat eine schöne alte Abtei, aber mir war nicht nach Besichtigen zumute, ich wollte weiter, setzte mich aber zwecks Verschnaufpäuschen in den Park.
Solange die Radstrecke hier nicht fertig ist, verläßt man Pont-à-Mousson am besten (Richtung Süden gesehen) am linken Ufer und biegt gleich von der Hauptstraße Richtung Atton ab. Auf der Landstraße folgen Loisy, Pont de Mons, Autreville, Millery und schließlich Custines, wo man kurz vor Nancy auf die Boucles de la Moselle trifft. Die untere linke Ecke meines Dreiecks also.
Die Mosel fließt ja von Süden kommend auf Nancy zu und umfließt die Stadt westlich. Gleichzeitig kommt vom Osten die Meurthe an, verschieden Verbindungskanäle sorgen dafür, daß man Nancy auf einer großen Rundkurs (110 km) umradeln kann, wobei man immer am Wasser ist. Ich habe das an Himmelfahrt 2016 getan, eine interessante Tagestour.
Ich folgte dem nördlichen Teil dieser Boucle, jetzt war auch wieder eine gute Beschilderung da. So fährt man nördlich durch die Vorstädte von Nancy und an der Stadt selber vorbei. Bei Laneuveville-devant-Nancy verließ ich die Boucle, die Radstrecke folgt jetzt dem Canal de la Marne au Rhin und heißt hier offiziell V 52, ist aber leider noch nicht ausgebaut. Ich fuhr auf der Landstraße durch Varangeville und Dombasle, wo es eine riesige Fabrik von Solvay gibt. Salz, Karbonate, Kalk … Beeindruckend. Man radelt praktisch durch.
Ich fand und fand keinen Campingplatz, allmählich wurde ich müde. In Sommerville fragte ich einfach eine vor einem Haus stehende Frau nach Übernachtungsmöglichkeiten, und sie schrieb mir auf die Rückseite ihres Apfel-Reibekuchen-Rezeptes eine Telephon-Nummer auf. Ein älterer Mann meldete sich und meinte, ja, sein Ferienhaus in Flainval sei frei, er selber aber nicht vor Ort. Ich solle am ersten Haus rechts oder am letzten Haus links klingeln, da würde man mir den Schlüssel geben. Preise habe er auch nicht, ich solle eben was dalassen. Wau ! Ich sagte ihm, daß ich das total freundlich fände, er meinte nur: „Ja, warum denn nicht ?“ Da hatte er Recht. Warum denn nicht ?
Nach Flainval ging es steil hoch, ich wußte nicht mehr wo ich klingeln sollte, denn rechts und links habe ich schon immer verwechselt. Aber das war auch egal, denn als ich am Ortsende war bremste neben mir ein Auto, und eine Frau überreichte mir den Schlüssel und zeigte mir das Haus.
Luxus pur - ich hatte massenhaft Platz. Und mußte auch nicht meinen ganzen Kram auspacken, so daß ich am nächsten Tag zeitig starten konnte.
2. Tag: Flainval - Mittersheim, 74 km
Nachdem ich mich nochmals bedankt und den Schlüssel wieder abgegeben hatte, rollte es sich total nett auf einer Mini-Landstraße nach Crévic wieder an den Kanal. Auch hier gibt es noch keinen Radweg, bis Maixe fuhr ich auf der Landstraße. Und dann, als der Radweg endlich in Sicht kam, machte ich erstmal eine ausführliche Frühstückspause. Ich war auf den verschiedenen Landstraße zwar gut vorwärts gekommen, aber Radwege ziehe ich allemal vor.
Vogelgezwitscher, gemütliches Rollen, Schatten, Hausboote - im Paradies gibt es vermutlich Radwege, die an Kanälen langführen. Leider war kurz hinter Xures auch schon wieder Schluß, über Lagarde gelangte ich auf einem besonders hügeligen Abschnitt nach Moussey, und hier endete auch die Beschilderung. Bei Réchicourt hätte theoretisch wieder eine ausgeschilderte Radstrecke begonnen, aber die fand ich einfach nicht.
Dabei hatte ich mir doch in den Kopf gesetzt, am Etang de Réchicourt Mittagspause zu machen ! So ein Mist. Ich irrte umher, dann fand ich die Radstrecke am Kanal aber doch wieder.
Yuppie ! Es rollte sich wieder fein. Und dann näherte sich auch noch der genialste Picknick-Platz von allen genialen Picknickplätzen, die die Welt je gesehen hat: Eine leicht erhöhte Plattform am Etang de Gondrexange kurz vor der Abzweigung des Kohlekanals. Vor mir eine Segelregatte, hinter mir das Naturschutzgebiet, Luxus pur !
Nach so einer netten Pause war dann auch die Brücke vor dem Kohlekanal schnell überwunden.
Ich war also am unteren rechten Ende meines Dreiecks angekommen. Ab jetzt ging es Richtung Nord-Westen.
Als ich auf dem Kohlekanal meinen Erinnerungen an den Radurlaub hier nachfuhr, kam Gegenwind auf und sollte mich den Rest meiner Reise begleiten. Ich radelte an Langatte vorbei gemütlich bis Mittersheim, wo ich auf dem Campingplatz übernachtete.
Abends aß ich wieder in der zweiten Kneipe der beiden sich grimmige Konkurrenz machenden Wirte und trank dazu ein lecker erfrischendes alkoholfreies Bier. Und als ich dann im Zelt lag, herrschte um mich rum ein angenehmer Trubel: lachende Kinder, Gesprächsfetzen (französisch, deutsch, moselanisch, luxembourgerich, elsässisch ...), entfernte Musik - ich liebe diese Stimmung, die da rüberschwebt und mich in den Schlaf wiegt. Was ein Luxus.
3. Tag: Mittersheim - Burbach, 73 km
Ich konnte früh los, in der zur Zeit herrschenden Sommerhitze war das Zelt über Nacht kaum naß geworden. Als ich gerade nach ein paar Kilometern meine übliche Frühstückspause hielt, wurde ich von einem Trupp junger Radler überholt, die auf einem Tandem einen Ghettoblaster mit fetziger Musik mitschleppten. Witzig.
Ich fuhr durch Saaralbe, machte ein kleines Päuschen, der Gegenwind war weiterhin heftig, es war heiß. Sommerfeeling im Mai. Es radelte sich klasse, nur gegen den Wind mußte ich ständig ankämpfen. Da machte die Saar auf einmal eine Kurve, und der Wind war weg. War das schon die Saarschleife ? Nee, die sollte doch später kommen ! Ich feierte den Waffenstillstand mit einer Frühnachmittagspause auf der Picknickdecke.
Weiter ging es durch Saaregemuines, das einen schönen kleinen Hafen besitzt, bis über die Grenze.
Kurz vor der Grenze führt der Radweg übrigens unter einem Kran an einer stillgelegten Fabrik durch. Und kurz danach stürmte ich ein Café, um ein Riesenglas Apfelsaftschorle zu trinken. Warum sah die Bedienung mich eigentlich so komisch an ? Als ich auf der Toilette in den Spiegel guckte, hatte ich die Antwort: eine Mischung aus Schweiß, Staub und Sonnencreme hatten meine Haare in eine Art Punkfrisur verwandelt … Adrett.
Ich näherte mit Saarbrücken, aber schon vorher endet die Naturlandschaft, jetzt ist Stadt angesagt. Ich habe da eigentlich nichts dagegen, solange der Radweg weiter sicher ist, und das ist er hier. Und sich beim Radeln buntes Treiben anzusehen ist auch ganz nett. Als ich dann am gegenüberliegenden Ufer einen Campingplatz entdeckte, war mir das Recht. Es war ja auch schon Abend. Der Platz gehört dem Kanuverein Burbach, und hier traf ich die lustige Jugend-Truppe mit dem Ghettoblaster wieder, sie trafen direkt nach mir ein. Wegen der Hitze durfte keiner der Camper auf dem Zeltplatz kochen, der lag nämlich in einer kleinen Mulde und war zu stark aufgeheizt. Wir setzten uns an die Tische vor die Vereinskneipe, und so lernte ich ein nettes Pärchen aus Düsseldorf kennen, das von Konz angeradelt gekommen war und von dem Rückenwind schwärmte.
Nach dem Essen radelte ich noch zu einer Besichtungstour in das Städtchen, wo „Blumi und die Moonshadows“ beim Stadtfest rockten und röhrten. Alles lokale Künstler. Himmel Hilf !
4. Tag: Burbach - Konz, 97 km
Am nächsten Morgen tauschte ich beim Packen mit dem netten Pärchen noch Streckenerfahrungen aus, dann überließ ich ihnen die Radwanderkarte, die ich nicht mehr brauchte, und meine Adresse. Sobald sie die nicht mehr brauchten, würde ich sie per Post zurückbekommen.
Der Wind hatte übrigens gedreht ! Was für ein Vergnügen. Die Landschaft war wieder natürlicher, das Fahren ein Genuß. bei Merzig pausierte ich an einem Kletterpark, wo sich massenweise ältere und jüngere Menschen durch die Höhe balancierten. Das wäre nichts für mich.
Ich näherte mich der Saarschleife. Bei Besseringen war dazu ein Schild aufgestellt, da es anscheinend für Radreisende zwei Wege gibt, durch diese Schleife(n) zu fahren. Einer wurde als „innen“, der andere als „außen“ bezeichnet. Da es aber in jeder Kurve mal ein „Innen“ und ein „Außen“ gibt, und auch keine Karte dabei war, verstand ich rein gar nichts und fuhr einfach den anderen Radlern nach. Es wurde bald hügelig, aber landschaftlich sehr angenehm.
Einer der Anstiege führte zu der schönen Lutwinus-Kapelle im Wald.
Weiter ging es auf Naturboden, auf und ab, an einem der Anstiege hatte ein Privatmensch an
den Straßenrand einen Kühlschrank mit Getränken aufgestellt, aus dem sich jeder nehmen konnte,
was er wollte. Eine Tafel gab die Preise an, in die Blechbüchse daneben warf jeder den Betrag selber ein. So was finde ich gut.
Leider hatte ich trotz der Hitze keine Zeit zum Verweilen, denn Glenkinchie hatte ein packendes
Duell mit dem Lastkahn Elmar begonnen. Der gute alte hatte eine V-Max von 14 km/h, Glen war - trotz Gepäck und mir - schneller, allerdings hatten wir ja die Anstiege und Umwege zu bewältigen ! In einer großen Außenkurve (!) bei Hamm hängten wir ihn aber endgültig ab. Noch vor der nächsten Schleuse, möchte ich betonen.
In Saarburg hatte ich so Durst und Hunger, daß ich mich in ein Café setzt und zwei Schorles plus einen Riesensalat bestellte. Oh, tat das gut. Und dann war ich leider auch recht schnell in Konz, an der Saarmündung, also an der oberen Ecke meines Dreiecks. Toll bis hierher, zum Glück blieb mir ja noch der morgige Tag. In Konz gibt es einen Campingplatz, auf dem ich blieb. Für's Duschen bekommt man da so 'nen Chip, der den Warmwasserverbrauch direkt abrechnet.
Ich saß gefühlte 2 Stunden in der Campingschenke, genoß ein alkoholfreies Bier, mehrere Salate, die Abendsonne und sah den Lastkähnen zu, besonders denen, die aus der Saar rauskamen und gemächlich und ruhig abbogen. Beine und Seele baumeln lassen. Luxus.
5. Tag: Konz - Metz, 107 km
Beim Packen am nächsten Morgen kam ich mit meinem Zeltnachbarn ins Gespräch. Seine Weltanschauung war easy: Der Mensch ist das Glied in der Geschichte des Planeten, das es am kürzesten gegeben haben wird. Er bereitet seinen eigenen Untergang vor, für jedes Handeln ist es zu spät. Da bleibt nur eins: Genießen. Aha. Könnte sogar stimmen. Nur für mich kein Grund, besonders nachlässig zu handeln.
Jetzt konnte es weiter gehen: Nur - Rückenwind gestern bedeutete Gegenwind heute. Und das heftiger denn je. Als die erste Bäckerei in Sicht kam, hatte ich noch keinen Hunger. Und eine zweite kam dann nicht mehr, so daß ich irgendeinem schönen Plätzchen eine Pause machte, und dann noch eine … ojojoj, jetzt weiß ich auch, warum die Windstärke in Knoten gemessen wird. Weil sie einem Knoten in die Beinmuskeln macht. Oder so.
Ich kam kurz durch Luxemburg, erkannte den Ort wieder, wo ich 2007 einen Kurzurlaub verbracht hatte, wollte mir Schengen ansehen, aber das ist ja vollkommen unscheinbar, und der Radweg führt auch nicht direkt durch, und kämpfte mich weiter vorwärts. In Sierck-les-Bains kaufte ich noch eine Flasche Moselwein als Mitbringsel, dann überquerte ich bei Cattenom ein großes Wehr, wo ich eine überdimensionierte Radkette knipste.
Puuh, war das heiß. Die einzige Kneipe am Weg war schon voll, ich mußte doch tatsächlich bis Thionville weiter, bevor ich einen Schattenplatz fand. Ich überredete einen Crêpe-Koch, mir eine salzige Crêpe zu brutzeln, was er auch tat. Daß er wegen seinem Angebot für die Kinder nur süßen Teig benutzte, daran hatte ich nicht gedacht. Tomaten, Zwiebeln und Zucker … auch egal. Ich hatte Hunger und kaum noch Vorräte.
Ab Thionville führt der Radweg bis Metz recht gradlinig, es gibt nur wenig Bäume. Ich erfand das sogenannte „Brückenfahren“: Stramm in der Sonne gegen den Wind fahren und unter jeder Brücke im Schatten einen kurzen Halt machen, um einen Schluck Wasser zu trinken. Als dann doch mal ein Café in Sicht kam, bog mein Rad wie von alleine ab. Zwei Schorles, den Kopf ins Waschbecken tauchen. Und weiter fahren. Es soll nicht so klingen, als mache es keinen Spaß. Es war toll ! Nur eben anstrengend.
Leider kam dann Metz doch relativ schnell in Sicht, ich rollte auf den Campingplatz ein. Es war eine dermaßen tolle Tour gewesen, daß ich noch längere Zeit zu Hause den Eindruck hatte, ich hätte gerade nur einen Ruhetag.
Gesamtkilometer: 455 km, Gesamt-Fahrzeit: 33,54 h, Durchschnittsgeschwindigkeit: 13,41 km/h, Höchstgeschwindigkeit: 32,91 km/h. Augaben: 230 €, davon der Stellplatz in Metz 84,25 €.
Kartenwerk: IGN, Série Verte, 1 cm = 1 km
Den Reisebericht mit Photos gibt's wie immer auf meiner Webseite unter Reiseberichte. Viel Spaß beim Lesen.