Der folgende Text wurde von Ingrid (WIN) und von mir am 13.August 2002, also unmittelbar nach der Fahrradreise verfasst und in
diesem Thread seinerzeit bereits veröffentlicht. Ich habe diesen Text leicht modifiziert und mit Links und Fotos versehen. Die Fotos sind nach dem traditionellen optochemischen Verfahren entstanden und wurden nachträglich digitalisiert.
Hier der Reisebericht:"Frisch" aus dem DB-NachtZug mit modernen, auffallend flachen
Talgo-Waggons aus spanischer Produktion von Hamburg kommend, ab München Hbf per Regionalbahn, starteten wir...
...am 6. August am Bahnhof von
Mittenwald und rollten über Krün und Wallgau zur...
...
Mautstraße - Radfahrer frei! - entlang der Isar. Im mittlerweile strömenden Dauerregen ging es vorbei am
Silvensteinspeicher...
in Richtung
Achensee.
Da wir dort die Abzweigung zum Achenseeradweg verpasst hatten, nahmen wir die österreichische Bundesstraße und gelangten vor den
Seehoftunnel . Ein "Radfahrer verboten"-Schild gab es nicht, ein Wenden im fließenden Verkehr am Tunnelportal auch nicht. Also: Licht an - Augen auf - und durch mit selbstbewusstem Fahrstil, d.h. ohne Hektik und mit 80 cm Abstand von der Bordsteinkante. Hinter uns bildete sich eine Schlange, u.a. von Reisebussen und Lkw`s, die sich aber sehr zivilisiert verhielten. Immerhin, im Tunnel regnete es nicht
Wetterbedingt campten wir nicht am Achensee, sondern nutzen von Maurach nach
Jenbach zum Inntalradweg die steile Abfahrt über die "Kasbachstraße" (5,6km/426 Höhenmeter) bei der die heißen Felgen im Regen nur so zischten. Nach 85 Tageskilometern übernachteten wir in
Brixlegg.
Am nächsten Morgen stoppte uns in der Fußgängerzone von
Rattenberg zunächst eine Gruppe von Niederländern mit dem lauten Ausruf "Ligfiets!" Sie wollten uns fotografieren. Nullkommanichts waren wir umkreist von ca. zwanzig weiteren Passanten, die uns alle möglichen Fragen zu Liegerädern stellten.
Auch an diesem zweiten Tag, wir radelten bis
Rosenheim, hatten wir durchgehend Dauerregen.
Vom 8.August bis einschließlich dem 10.August war das Wetter dann sehr gut...
Unterwegs begegnete uns...
...ein Paar aus Colorado auf
RANS Lang-Liegerädern mit je einem BOB-Yak im Schlepp.
Die beiden sind Reisejournalisten und waren im März d.J. in Lissabon gestartet, hatten schon diverse europäische Länder inkl. Dänemark und Polen durchreist und befanden sich auf dem Weg über den Brenner nach Rom, von wo aus sie im Oktober zurückfliegen wollen.
Weiter ging es...
...über
Wasserburg am Inn ...
...nach
AltöttingTrotz der Wasserregulierung tritt der
Inn , wie man sieht, gelegentlich über seine Ufer.
Über die Innbrücke radelten wir...
...zum Eisessen nach
Braunau am Inn.
Weiter ging es, doch am Himmel kündigt sich bereits wieder ein Wetterwechsel an.
Knapp über dem Maisfeld ist links der Turm der evangelischen, recht der Turm der katholischen Kirche des dahinterliegenden Dorfes zu sehen.
Als wir am 11. August an der überdachten
Holzbrücke über die Rott ankommen, regnet es längst wieder.
Dies hielt uns aber nicht davon ab, unser Ziel Passau anzufahren...
Kurz vor Passau war ein dicker Baum auf den Inntalradweg gestürzt. Wir waren, den Spuren im durchweichten Weg nach zu urteilen, die Ersten, die dieses Hindernis überwinden mussten. Links ein Berghang, rechts der Inn - Räder abgeladen, unter den Baum seitlich geneigt durchgeschoben, auf der anderen Seite wieder beladen und weiter.
In
Passau angekommen trafen wir ein französisches Liegeradlerpaar aus Mulhouse, welches mit ihren Orca-Liegerädern eigentlich weiter nach Wien radeln wollte...
Es zeichnete sich allerdings ab, daß Inn und
Donau über die Ufer treten könnten.
Danach, wir hatten ein Hotel gefunden, regnete es immer noch. Es regnete die ganze Nacht durch, auch am nächsten Tag.
Beim Frühstücksbuffet am 12.August sprach uns die Bedienung an:
"Sie können noch etwa eine halbe Stunde frühstücken. Aber dann müssen Sie ihre Räder eine Treppe höher stellen. Das Wasser kommt."
Tatsächlich, nach ungefähr einer halben Stunde kam das Wasser!
Inzwischen waren viele
Pioniere der Bundeswehr eingetroffen, welche die Feuerwehren unterstützten, Sandsäcke schichteten und den Anwohnern, insbesondere den Älteren, beim Kistenpacken halfen.
Als die Donau in die Lounge des Hotels schwappte, waren Teppiche, Möbel usw. dort schon routiniert von Personal und Bundeswehr ein Stockwerk höher transportiert worden. Wir konnten das Hotel mit den beladenen Rädern noch durch einen höher gelegenen Hintereingang zur "Höllengasse" hin verlassen. Wenig später erreichten wir den Passauer Bahnhof, in dessen Empfangsgebäude sich ca. 150-200 Reiseradler versammelt hatten, weil die Radlerpendelzüge von und nach Wien wegen des Hochwassers und umgestürzter Bäume ausgefallen waren.
Resumee:Der Innntalradweg bietet in Hinblick auf Natur, Baudenkmäler usw. abwechslungsreiche Eindrücke.
Er ist daher nicht nur für den sportbetont-puristischen Kilometerfresser geeignet, sondern vor allem auch für umwelt-, natur- und kulturinteressierte Genussradler.
Der Weg kann auf dem von uns befahrenen Abschnitt ab Jenbach gut mit Liegefahrrädern und anderen sportlichen Rädern befahren werden. Auf den bayerischen Abschnitten sind oft Reifenbreiten von über 32mm, bei schlechtem Wetter eher noch mehr, sinnvoll.
Uns erschienen die österreichischen Abschnitte des Inntalsradwegs insgesamt hochwertiger in der Wegeoberfläche zu sein. An einigen unübersichtlichen, abschüssigen Einmündungen waren bewegungsmeldergesteuerte Gelbblinkampeln installiert. Sie werden normalerweise wohl von den Inntalradweg querenden landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen ausgelöst, bisweilen aber auch von einem spielfreudigen
Hamburger Liegeradler.
Im tourismusbezogen schon immer cleveren Österreich nimmt man ganz offenbar Geld in die Hand und investiert in zukunftsträchtige Märkte!
Auf deutscher Seite entstand teilweise der Eindruck, hier würde mit geringstmöglichstem wegebaulichen Aufwand versucht, Reiseradler anzulocken und deren Touri-Devisen
"abzufgreifen". Es ist anzunehmen, dass sich diese Versäumnisse via Mundpropaganda längerfristig negativ auf gelungene private Angebote im Übernachtungs- und Verpflegungssektor auswirken werden. Die Konkurrenz bei den Flußradwegen ist mittlerweile groß.
Als reine Campingtour ist der Inntalradweg aufgrund des Mangels an legalen Campingplätzen nur bedingt geeignet.
Das bisher einzige mal, daß Ingrid und ich *zusammen* zelteten, nämlich beim Landwirt Anton Harlander ("Camping am Bauernhof" in Queng 3 bei Marktl (Tel./FAX 08678-1786)
Herr Harlander hat hier mit viel Engagement einen kleinen Campingplatz unmittelbar neben seinem Bauernhof (u.a. Kühe und Schafe) aufgebaut. Die sanitären Einrichtungen sind top. Auf Wunsch kann man zum Frühstück neben Semmeln usw. auch frisch gemolkene, aber gekühlte Kuhmilch bekommen. Ein Hochgenuss!