Reisebericht Süddeutschland mit dem Tandem 2014
13.06. bis 23.06.2014
Ca. 910 km
# Karte Tandemtour 2014 # Fotoalbum Der Anteil an unbefestigten Wegen war hoch, ca. 30 % der gesamten Strecke. Viele ausgeschilderte Fernradwege teilen sich die Wege mit breiten Wanderwegen durch Wälder und an Bächen und Flüssen entlang. Grundsätzlich waren diese Wege ganz gut zu befahren, es gab wenige Stellen, die wirklich sehr holperig und schlecht waren. Sehr angenehm waren die Mautstrecken, die doch verkehrsarm waren und für Radfahrer kostenfrei.
Besonders genossen haben wir die kulinarische Infrastruktur. In Deutschland ist es halt immer möglich, an einem Ort ein komplettes Frühstück zu bekommen, sowie gute und günstige Mittags-- und Abendverpflegung.
Vor der Reise hatten wir Befürchtungen, wir müssten mit dem Auto anreisen. Verheerende Unwetter im Ruhrgebiet blockierten über mehrere Tage die Bahnstrecken um Dortmund, Essen und Co. Die Bahnhöfe konnten nicht angefahren werden, der Pott war fast… ja, von der Außenwelt abgeschnitten. Zwei Tage vor unserer Abreise wurden zumindest Umleitungsstrecken wieder eröffnet und so führte unser Weg per Bahn über Wuppertal in den Süden.
Mit einer Stunde Verspätung erreichen wir bei 35° C im Schatten Plochingen. Gleich vor dem Bahnhof warnt uns ein Passant, wir könnten bei dieser Hitze nicht fahren. Doch, nach dem Regenchaos und zum Teil nur 8° C im letzten Jahr in der Mitte Frankreichs passt das schon.
Wir fahren durch das Neckartal bis Tübingen und verbringen dort in der Jugendherberge die erste Nacht. Bei diesen Temperaturen gleicht die Stadt einem Ort irgendwo im Süden Spaniens. Alles voller Menschen in ausgelassener Stimmung – Klasse!
Über Rottenburg und Hechingen erreichen wir die erste steile Auffahrt zur Burg Hohenzollern. Der Besuch der Burg ist ein Muß, kommt doch schließlich der deutsche Hochadel mit seinen Kaisern von hier. Durch das schöne und menschenarme Schmeiental erreichen wir bei Inzigkofen die Donau und folgen ihr bis Sigmaringen zum am Fluß gelegenen Campingplatz.
Am nächsten Tag folgen wir der Donau flußaufwärts bis Fridingen. Am römischen Freilichtmuseum vorbei geht´s über das Hochplateau des Schindelwaldes bis Stockach. Wenig später erreichen wir entlang einer Bundesstraße die riesigen Apfelplantagen der berühmten „Bodenseeäpfel“. Es stinkt nach Autoabgasen und Chemie, die Grasflächen unter den Apfelbaumreihen sind von der Chemie verbrannt. Der Anbau überzeugt mich nicht gerade.
Ab Ludwigshafen fahren wir den Bodenseeradweg über Überlingen bis zum Camping in Unteruhldingen. Auf dem engen Radweg ist sehr viel los, oft geht es entlang der Bundesstraße mit Stau in Überlingen. Kein Genuß. Der Camping ist sehr schön gelegen, direkt am See und am Abend speisen wir noch gut im Garten eines großen Restaurant-Hotels, auch direkt am See.
Nach den Erlebnissen am Vortag starten wir recht früh am nächsten Morgen, um dem enormen Radverkehr auf dem Bodenseeradweg vorweg zu fahren. Nix da, überall ist es brechend voll und die Senioren auf ihren E-Bikes fahren auch noch im Windschatten unseres Tandems. Das nervt nicht nur, es ist auch gefährlich. Ein Atomstrom-E-Biker meint, wir würden zu schnell treten und uns die Knie kaputt machen. Wir passieren die bekannten Städte Meersburg, Friedrichshafen und Wasserburg, bis wir Lindau erreichen. Lindau ist sehr schön, wenn auch sehr voll.
In Lindau verlassen wir den Bodensee und kämpfen und auf steiler Straße über Weienried und Scheidegg ins Allgäu. Was für ein Genuß, diese Ruhe, wenig Verkehr und die gute Luft mit dem Duft saftiger Wiesen. Der Blick zurück auf den Bodensee ist angenehmer als das Treiben am Ufer. Das nördliche Bodenseeufer mit dem Rad abzufahren hat mich enttäuscht, die Infrastruktur empfinde ich als katastrophal. Aber nun gut, lag halt auf dem Weg.
In Oberstauffen kaufen wir nochmal ein und fahren eine nette kleine Straße entlang der Bahnlinie bis See am Alpsee. Auf dem nagelneuen und super ausgestatteten 4-Sterne Camping lassen wir es uns gut gehen. Das Abendbrot am Seeufer mit Blick auf die umliegende Bergkulisse ist sehr überzeugend. Wir lassen die Fußball-WM links liegen und sind der Meinung, daß das 4:0 der MANNSCHAFT gegen Portugal nicht mithalten kann.
In Immenstadt kaufen wir beim südländischen Obst- und Gemüseladen unsere Vitamine für den neuen Tag.
Wir fahren ein Stück die Iller entlang und quälen uns in Burgberg vor dem Grünten den Berg hoch. Entlang der Stanzach rollen wir auf verkehrsarmer Mautstraße bis Wertach. In Eisenberg besuchen wir kurz alte Bekannte und schlagen unser Zelt auf dem Bauernhofcamping in Hopfen am gleichnamigen See auf. Die Bergkulisse ist uns sehr vertraut und wir stellen wieder einmal fest, daß hier doch der schönste Teil des Allgäus ist.
Wieder empfängt uns ein neuer Tag mit strahlendem Sonnenschein.
Am Füssener Schloß und dem Lechfall vorbei verführt uns in Reutte ein leckerer Meinl-Kaffee und ein Apfelstrudel mit Vanillesoße. Danach folgen wir der Straße am Plansee entlang zum gleichnamigen Ort, um dann gen Norden durch den Ammerwald über Schloß Linderhof bis Ettal zu radeln.
Am Kloster Ettal besichtigen wir die prächtige Klosterkirche. Von Ettal bis Oberau benutzen wir ausnahmsweise mal die Bundesstraße. Hier genießen wir eine tolle und schnelle Abfahrt auf dem glatten Asphalt. Wir sind mit hoher Geschwindigkeit vorne und der Autoverkehr bleibt brav hinter uns. In Oberau verpassen wir leider rechtzeitig den Abzweig und finden uns auf der sehr stark befahrenen Bundesstraße 2 in Richtung Garmisch-Partenkirchen wieder. Die Straßenseite zu wechseln dauert mehrere Minuten und ist sicher nicht ganz ungefährlich, aber dann finden wir auch den richtigen Radweg und gleiten nach GAP.
Einen kurzen Moment später setzt ein kurzes Gewitter ein und der erste Regen seit Tagen veranlasst uns, in der Jugendherberge in Burgrain zu übernachten. Die JuHe ist richtig toll, sehr modern mit sehr gutem Essen. Nach dem Regen spazieren wir noch ein wenig durch Garmisch und bekommen vom Bahnhof den ersten guten Blick auf die Zugspitze. Anschließend folgt ein Schaufensterbummel – Trachten, Dirndl, Lederhosen und was sonst so in Bayern getragen wird ;-)
Am folgenden Tag geht es an der Bahnlinie entlang in Richtung Mittenwald bis Klais. Hier biegen wir rechts ab und fahren die sehr schöne und angenehme Mautstraße nach Elmau und erreichen wenig später Mittenwald. Hier gibt es Kaffee und Kuchen und wir schieben uns durch die Mengen von Touristen zum Rand der Altstadt.
Im weiteren Verlauf folgen wir auf mautpflichtiger Straße der wilden Isar entlang bis Vorderriß. Die Mautstraße ist voll mit Autos und Motorrädern. Kein Wunder, heute ist Feiertag. Auch der Achenpaß ist stark befahren. Schließlich erreichen wir Rottach-Egern. Der hiesige Camping erfüllt nicht gerade den Anspruch des doch hochgestochenen Ortes. Aber der Biergarten am See ist schön.
„Ahh, endlich mal jemand, der mit dem Fahrrad die Brötchen holt und nicht mit dem Porsche“ sage ich. „Na ja, einen Porsche habe ich auch, der steht Zuhause in der Garage. Zum Bäcker nehme ich doch lieber das Rad.“ Kleine Kommunikation beim Frühstück in Rottach-Egern, nachdem gefühlt 80 % der vorfahrenden Autos jenseits der 70.000 Euro kosten, davon jeder dritte Wagen mit dem Emblem des VW-Werks in Zuffenhausen.
Heute ist der einzige echte Regentag der Reise und der soll erst am Abend aufhören. Dennoch ist die Fahrt durch die Valepp sehr schön. Hohe Berge sieht man von hier eh nicht und Verkehr gibt es auch keinen. In der Nähe vom Valepphaus kommt uns ein kleiner Linienbus entgegen, daß war auch schon alles. Für sonstige KfZ ist die Straße gesperrt, nur der Bus darf durch.
Wenig später machen wir eine Einkehr im Albert-Link-Haus. Was für ein Genuß! Aufwärmen, Trocknen, Kaffee, Kuchen, Kaasspatzen… Hier gibt es eine eigene kleine Backstube. In dieser DAV-Hütte hätten wir übernachten können und damit eine angenehmere Nacht als auf dem Camping in Rottach-Egern gehabt. Aber egal… Der anschließende Blick vom Spitzingsattel auf den Schliersee ist vom schlechten Wetter getrübt. Die Abfahrt bei dieser Nässe auf der Straße alles andere als berauschend.
In Bayrischzell schauen wir nochmal kurz auf die Karte und dann geht´s hoch zum Sudelfeld. Oben am Paß herrscht dichter Nebel bei 7°C, die anschließende Abfahrt nach Oberaudorf ist saukalt, während die Bremsscheiben nach Bremsverschleiß stinken und von der Nässe zischen. Da wir wieder einmal durchgefroren sind, kehren wir erneut in einem Gasthof ein. Nach einem heißen Tee und Leberknödelsuppe besichtigen wir noch direkt nebenan die Klosterkirche von Reisach. Sehr schön und von außen unscheinbar.
Wir überqueren den Inn über eine Holzbrücke und schwupps sind wir in Österreich. Der Regen lässt nach und wir rollen nach Walchsee. Hier finden wir die tollste Übernachtung der Reise, mit einem schönen Zimmer und einem in allen Details selbstgemachten Abendessen und Frühstück.
Bei trockenem Wetter geht es am nächsten Tag weiter. Die Strecke führt uns über Köchen und Reit im Winkel nach Ruhpolding, Inzell und Traunstein. Auf dem Weg dorthin verläuft ein Radweg parallel zur B305. Die Landschaft ist sehr schön, im kleinen und wunderschönen Förchensee wimmelt es nur so vor großen Forellen.
In Traunstein gibt es auf dem Marktplatz einen frischen Kaffee mit Kuchen. Am Waginger See haben sich zwei Rentner ihren Lebenstraum erfüllt und einen Campingplatz in Heinz am See geschaffen. Auf die Frage nach einem Platz werden uns auf der großen freien Wiese die erlaubten 2 m² zugewiesen. Am nächsten Morgen steht die Sonne hinter dem größten Baum des gesamten Geländes und das Zelt im Schatten. Dumm gelaufen.
Am vorletzten Tag der Reise erkunden wir das wunderschöne Chiemgau entlang der Traun mit Stopps in Trostberg und Altenmarkt mit dem beeindruckenden Kloster Baumburg. Auf einem Stadtberg gelegen empfängt uns eine Anlage mit beeindruckender Klosterkirche und Biergarten mit klostereigenem Weißbier.
Im Chiemgau geht es immer wieder mal schön hoch und runter, durch schnuckelige Dörfer und ruhige Landschaften mit Blick auf die Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen. Sehr schön hier, gute Region für Rennradtouren.
Die letzte Nacht verbringen wir am Campingplatz Stein am Simssee. Toller und familiärer Platz, sehr zivile Preise und das Zelt steht direkt am Ufer. Am Abend und am nächsten Morgen läd der See zu einem Bad ein. Die Simssee-Stuben sind nochmal ein paar Kilometer mit dem Rad entfernt, dafür gibt es dort erstklassiges Abendessen.
Am letzten Tag führt uns unser Weg entlang des Inns nach Rosenheim. Von hier fahren wir mit dem Zug zurück.
Fazit:
Eine wirklich tolle Tandemreise war das und ein Beleg dafür, daß sich Regionen in Deutschland nicht vor weitentfernten Zielen verstecken müssen. Das Chiemgau möchte ich gerne nochmal genauer unter die Lupe nehmen, dann vielleicht mit dem Rennrad auf einer Kurzreise.