So - dann will ich mal etwas zum eigentlichen Thema beitragen:
Nachfolgendes bezieht sich auf den
ICE Spiker von Schwalbe in 559x54 mit 304 "Nägeln" auf der Lauffläche. Gefahren ca. 8 Winter (von 2003 bis 2010), aber nicht durchgehend, sondern je nach Witterung kurzfristig aufgezogen. Fahrstrecke zur Arbeit damals ca. 14 km einfach, alles asphaltiert, davon im Winter bei Schnee ca. 90% ungeräumte Rad-/Wirtschaftswege).
Fahreigenschaften auf schnee-/eisfreiem Asphalt: Panzerketten-artiger, zäher Lauf, Kurven eher "eckig" statt rund zu fahren. Da auf jedem Stollen ein Nagel sitzt, war nie ausschließlich Grip-fördernder Gummi in Bodenkontakt, Schräglagen auf Asphalt also nicht wirklich realisierbar. Unterschiedlicher Reifendruck hatte hier keine spürbare Auswirkung, lediglich bei deutlich zu wenig Druck wurde das Lenkgefühl noch "teigiger" wie ohnehin schon.
Fahreigenschaften auf hart-vereister Schneeschicht/Eisdecke: Wie auf Asphalt - nur ohne Panzerketten-Sound
.
Griffigkeit auf hart-vereister Schneedecke/Eisdecke: Phänomenal
Wiegetritt-Sprints und Brutal-Bremsungen bis kurz vor Überschlag kein Problem, einschränkender Faktor war lediglich die Bruchfestigkeit der Schnee-/Eisschicht. Rauhreif oder überfrierende Nässe fährt sich wie Asphalt. Schräglagen sind zu vermeiden.
Aber: Spikesreifen können auf anderen Untergründen als rauhem Asphalt deutlich schlechter sein, wie normale Profilreifen. Wenn eine Passage mit polierten Fliesen belegt ist, Kopfsteinpflaster oder Schachtdeckel befahren werden, halten die Spikes auf diesen glatten Oberflächen so gut wie gar nicht. Hier ist ein Wegrutschen in Kurvenfahrt oder beim Bremsen relativ zügig passiert.
Insgesamt kann ich sagen: Spikesreifen können im Winter sehr viel Spaß und Sicherheit bringen, dies allerdings nur in einer relativ schmalen Bandbreite an Untergrundbedingungen. Vereister / festgefahrener Schnee und Eisdecken sind am besten. Schwerer Sulzschnee, der keine definierte Festigkeit hat, wird mit Spikes nur solange besser befahrbar, wie die Reifen noch irgendwie auf den Grund vordringen. Sonst bricht man genauso unkontrolliert weg, wie ohne Spikes. Spikereifen bringen aber nur dann den gewünschten Sicherheitsgewinn, wenn auch tatsächlich Spikes vorhanden sind. Reifen mit lediglich homöopathischer Spikesmenge an den Außenstollen sind m. E. rausgeworfenes Geld und noch nicht mal ein schlechter Kompromiss. Ab 240 Spikes kann der Spaß beginnen - mehr ist allemal besser.
Weiterhin ist zu beachten: Wer nicht bestimmte Grundfertigkeiten der Fahrradbeherrschung / Fahrtechnik besitzt, sollte keine Spikes fahren. Das deutlich unterschiedliche Fahrgefühl, Lenkverhalten und ggf. doch plötzliche Wegbrechen des Rades auf glatten Stein- oder Metalluntergründen, sollte man locker wegstecken können. Wer schon bei sommerlichen Bedingungen eher ängstlich-angespannt auf dem Rad sitzt, und schwierigen Fahrsituationen eher hilflos gegenüber steht (sog. *Huch*-Situationen
), wird auch mit Spikes im Winter nicht sicherer unterwegs sein.
Matthias