Endlich mal Zeit für ein kleines Resumee ...
Gefahren bin ich letztendlich Dinslaken - Dorsten - Haltern - Lüdinghausen - Drensteinfurt - Warendorf - Oelde - Lippstadt - Paderborn - Horn - Höxter - Bad Karlshafen - Diemel-Radweg bis zur Quelle - Ederbringhausen - Eder-Radweg bis Erndtebrück. Macht nicht ganz 700 km in 7 Tagen. Gefühlt unterteilt sich die Tour wie folgt ...
Dinslaken - Dorsten - Haltern am See: Orientiert habe ich mich am NRW-Radroutennetz, dass mich fast durchgängig auf Radwegen neben oftmals stark befahrenen Straßen radeln lies - nicht schön. Auch landschaftlich war der Abschnitt nicht der Reisser. Vor ein paar Jahren bin ich parallel zu dieser Route ca. 25 km weiter nördlich gefahren, das war viiiiiel netter. Bis auf Dorsten war die Beschilderung gewohnt okay, wer aber dort für Strecke und Schilder zuständig war sollte geteert und gefedert werden. Ein großer Eisbecher im netten und quirligen Haltern sorgte für Stimmungsaufhellung.
Haltern - Lüdinghausen - Drensteinfurt: Tolle Strecke weitab von Autoverkehr auf ruhigen und durchweg glatt asphaltierten Wegen durch eine auffallend grüne Wald- und Wiesen-Landschaft mit vielen Pferden und Kühen. Beschilderung weiterhin okay. Der Abstecher zum Schloß Nordkirchen – das „Versailles Westfalens“ - ist lohnenswert, ebenso ein Blick auf die Wiesen dort: "Hundekacke!"
Drensteinfurt - Warendorf - Oelde - Lippstadt: Mit dem Überfahren der A1 bei Drensteinfurt ändert sich die Landschaft, nur ein wenig, aber auffällig. Wald wird seltener und offenbar gibt es hier mehr Getreideanbau, denn jetzt überwiegen die optisch so furchtbar reizlosen Stoppelfelder, mal im beeschen "Urzustand", mal gepflügt und deshalb trist braun. Auch das Radeln an sich macht hier weniger Spaß, wieder mehr Kfz-Verkehr und Ortsdurchfahrten (Drensteinfurt und Sendenhorst), in denen die Schilder gesucht werden sollen. Gleiches gilt für Cafes, Kaffee und Kuchen = Fehlanzeige. Auch das ansonsten sehenswerte Warendorf ist schlecht zu durchradeln und glänzt zudem im Osten mit einem zugewachsenen Singletrail. Rheda-Wiedenbrück scheint ein Synonym für Rom zu sein, denn aus Oelde führen (fast) alle (Rad-) Wege dorthin. Ab Stromberg ändert sich dann wieder spürbar die Landschaft, es wird ländlicher und viel ruhiger, was das Radlerherz wieder höher schlagen lässt.
Lippstadt - Paderborn - Höxter: Lippstadt - Paderborn ganz nett auf verkehrslosen Nebenstrassen. Weiter nach Bad Lippspringe auf einer alten Bahntrasse mit einer besonderen "Bettel"ampel. In Bad Lippspringe verliere ich trotz intensiver Suche die Beschilderung, was mich einen Umweg machen und eine andere – sehr empfehlenswerte – Route als die geplante Strecke ins Eggegebirge nehmen lässt. Bei Veldrom knalle ich mit 70 km/h beinahe frontal in einen Idioten, der meint, dass die ganze Straßenbreite ihm gehört. Ab Horn bin ich dann auf dem Europaradweg R1 gefahren, der von Leopoldstal bis Höxter auf weiten Teilen eine eigene, frisch asphaltierte Trasse hat, die durch eine beschauliche, leicht gewellte Gegend führt. Fast durchgängig bergab, Rückenwind, Sonnenschein, 22 Grad - reines Genußfahren.
Höxter - Bad Karlshafen: Für mich der schönste Abschnitt entlang der Weser, vor allem das erste Stück bis Beverungen ist einfach spitze.
Diemel-Radweg: Von der Mündung zur Quelle gefahren beginnt der Radweg nicht sehr prickelnd. Ca. 20 km holpert man auf einem auf einer alten Bahntrasse angelegten schlechten Schotterweg herum, das Tal hinter Büschen und Bäumen versteckt. Zum Ausgleich folgt ein sehr schöner Abschnitt bis zum hübschen Warburg. Dann aber ist es genug und bis zum grottigen Marsberg wird's wieder deutlich reizloser. Dort hat man offensichtlich nichts für Radfahrer übrig: Eine katastrophale, nahezu gefährliche Streckenführung und eine nicht minder miese Beschilderung, bei der jedes zweite Schild Diemel-aufwärts versteckt ist. Wie ich hinterher sah ist im Bikeline-Buch eine andere Streckenführung durch die Stadt beschrieben - nicht ohne Grund, unbedingt beachten! Danach beginnt unzweifelhaft das Rothaargebirge. Es wird idyllisch, Nadelbaum-Wälder bestimmen das Bild und es geht immer mal wieder (z.T. ordentlich) hoch und runter. Leider gehen damit auch einige längere Abschnitte auf eher schlechten Schotterwegen einher, auf denen man dann die Quelle erreicht. Eine durchgängige Auschilderung des Diemel-Radwegs gibt es nicht (man hat's aber versucht) und aufgrund der mehrfachen Wechsel von Hessen nach NRW und zurück eine vielfältige aber nicht zielführende Beschilderung, was mich z.B. hinter Warburg (zeitw. keine Schilder!) und bei Marsberg zum Pfadfinder werden lies. Ich empfehle das erwähnte Buch mitzunehmen.
Willingen-Usseln - Eder: Ich hatte vorher eine möglichst ruhige und möglichst steigungsarmen Route geplant. Das hat nicht geklappt, ganz im Gegenteil. Das war ich zum Teil aber selber schuld, das nächste Mal lese ich die Karten genauer. Da der Abschnitt vom Ederstausee nach Frankenberg zu den miesen gehört, ist es vermutlich am besten von Willingen über Medebach direkt nach Frankenberg zu radeln.
Eder-Radweg: Den von mit bereisten Abschnitt zwischen Eder-Stausee und Quelle empfand ich deutlich viergeteilt. Teil 1: Bis Frankenberg heisst es: Augen zu und durch. Zuerst ein sehr schlechter Schotterweg abseits der trotzdem deutlich hörbaren B252, dann auf einem asphaltierten Radweg direkt im Auspuffqualm der vielen LKW. Die meist ausreichende Beschilderung entlang der Eder führt einen in Frankenberg verbotenerweise in eine Einbahnstrasse und hat später eine Lücke (vielen Dank an den älteren Herr, der hier voran fuhr). Teil 2: Bis Battenberg ist das Tal dann breit und landschaftlich reizlos. Wenn die Wege besser gewesen wären, hätte ich hier "Kilometer gefressen". Teil 3: Von Battenberg bis Bad Berleburg folgt dann ein sehr schöner Abschnitt auf meist ruhigen Straßen oder auf Radwegen. Nicht überraschen lassen: Plötzlich endet die Beschilderung. Für Nachradler: Zwischen Holzhausen und Beddelhausen muss man die breite, aber leider nicht ganz ruhige Straße nehmen. Der Radweg ist noch in Planung, wie später eine Tafel am Wegesrand verkündet. Exakt auf der Grenze zu NRW beginnt dann wieder die Beschilderung und bis Bad Berleburg ist es ein schönes, sehr ruhiges Radeln, meist auf einer alten Bahntrasse. Teil 4: Die bittere Pille folgt dann aber mit dem Abschnitt zwischen Berghausen und Goddelsbach. Egal wie stark der Verkehr auf der Strasse ist: Diese tief und grob geschotterten, "buckeligen", von Forstfahrzeugen malträtierten Wege fahre ich im Leben nicht mehr. An die Leute, die diese ausgesucht und als Rad(fern)weg ausgeschildert haben: Bitte wechselt den Beruf!
Da dann in und um Erndtebrück kein freies Bett zu finden war und der Wetterbericht mich auch nicht motivieren wollte, bin ich ab hier im Zug heim und nicht mehr Lahn oder Sieg runter, was ich eigentlich geplant hatte.
Unterkünfte: Vor der Tour hatte ich mir eine Bett&Bike-Übersicht für die Strecke zusammengestellt. Vor Ort habe ich wenig Aufhebens um die Quartiersuche gemacht. Wenn möglich bin ich in die Touristen-Info und habe mir dort helfen lassen. Ansonsten bin ich ins erstbeste Hotel, was kam oder in der Liste stand. Was habe ich erlebt?
Im Münsterland war es überraschend voll. In Lüdinghausen hatte ich das Glück auf sehr freundliches, helfendes Hotelpersonal und eine großherzige Pensionswirtin (mit recht schöner Pension) zu treffen, die ihren Ruhetag opferte, weil gleich eine ganze Reihe von Reisenden Zimmer suchte und alle Hotels voll waren. In Warendorf half die Touristeninfo (Begrüssung: "Alle Privatzimmer und Pensionen sind mit Radlern belegt.") ein super Hotel zu finden ("Hotel im Engel", ****, tolles, geschmackvoll eingerichtetes Haus, gediegenes und ruhiges EZ mit schickem Bad, erstklassiges Frühstück - und das alles für unter 60,- EUR - und nicht zuletzt eine ausgezeichnete Küche weit ab von Schnitzel- und Rumpsteak-Einerlei). In Lippstadt bin ich bei meiner buckligen Verwandtschaft untergeschlüpft. In Höxter hatte ich die mieseste Unterkunft der Tour, trotz Empfehlung aus dem Forum: Winziges Zimmer, super-laut, ewiges Warten auf ein wenig Warmwasser in der Dusche, Küche mit Masse statt Klasse, magere Auswahl beim Frühstück. In Marsberg gab's überraschend wenige Unterkünfte und die genommene war teuer und in den meisten Belangen auf 70er-Jahre-Niveau. In Fürstenberg halfen der Zufall und ein justament auftauchendes Hotel vor einem Gewitter unterzuschlüpfen. Das eigentlich reservierte, aber nicht belegte Zimmer war sehr gut, Abendessen, Service und Frühstück leider nicht.
Insg. habe ich den Eindruck, dass die Preise weiter angezogen haben, unter 40 Euro tat sich nix, auch nicht in Pensionen.
NRW-Radroutennetz: Den Teil bis zur Weser habe ich versucht ohne große Planung und rein nach der Ausschilderung zu fahren. Wie auch bei den ersten zwei Versuchen dieser Art lautet das Fazit: Das klappt nicht. Wer ohne Rätseln, Suchen und Verfahren längere Fahrten im NRW-Radroutennetz machen will, muss eine Strecke vorher im Planer erstellen und genau nach den nicht immer fehlerfreien Anweisungen fahren. Ohne wird man immer wieder von versteckten oder fehlenden Schildern in die Irre geleitet und auch das Schilder-Konzept an sich (
http://www.radverkehrsnetz.nrw.de/) birgt eine Reihe von Tücken.
Was sonst noch? Der Westfale wird zum Anarchisten, wenn er zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist. Am zweiten Tag hatte ich eine ganze Reihe von "unschönen" Situationen mit Fussgängern und Radfahrern, weil einfachste Verkehrsregeln wie z.B. das Beachten von Einbahnstrassen, Rechtsverkehr oder rote Ampeln vorsätzlich ignoriert werden.
War aber trotzdem eine nette Tour ...
Gruß Uli