Ich mache ein neues Posting auf die Nachfrage von Jan, da ich mir vorstellen kann, daß es hierzu reges Interesse gibt.

Jan schrieb:
P.S Da Du ja vom Fach bist, kannst Du mir vielleicht Infos bzgl. des Kleinstkindtransportes im Fahrradhänger geben? Wir haben unseren ersten Zwerg früh ab dem 3. Monat mit uns herumgeschleppt. Da nun der zweite naht, müsste dieser allerdings in einer sog. Weberschale quasi ab der Geburt in dieser leicht halb (besser:drittel-)sitzenden Position transportiert werden, damit wir den Hänger als Geschwisterkarre nutzen können.
Gibt es irgendwelche Studien oder sonstige Aussagen, die Du kennst, welche eine (mögl. neutrale Einschätzung) zu erwartender Schäden des Stützapparates abgeben?

Meine Antwort:
1. Aus medizinischer Sicht gilt für Säuglinge im Fahrradanhänger dasselbe wie im Autositz. Ein 3-Monate-altes Kind gehört physiologischerweise in die Horizontale. Und zwar solange, bis es selbst frei sitzen kann (ca. ab 9. LM). Von "Sitz"positionen, in den der Oberkörper mehr als 30 Grad abgewinkelt ist, rate ich ab, wenn die Lagerungszeit mehr als 2-3 Stunden beträgt.
Die Pathologie ist einem durch fehlgelagerte Kinder bekannt, die z.B. immer nur auf eine Seite gelegt oder aber früh gesetzt werden. Es kommt dabei nicht so sehr zu einer Deformierung der Wirbelsäule als vielmehr zu einem Muskelungleichgewicht, da die schweren Körperteile des Kindes immer nur auf eine Seite "ziehen". Letztendlich sieht man dann nach Monaten Wirberlsäulenverkrümmungen durch die ungleichen Zug der Muskeln.

2. Um konkret zu Euerer Situation Stellung nehmen zu können, fehlt mir das Bild des Hängers. Verlinke es doch nochmals! Weberschale sagt mir leider nichts.

3. Wiss. Studien speziell zu Radanhängern kenne ich keine, kann mir auch nicht vorstellen, daß es bei unserer Minderzahl in absehbarer Zeit welche gibt. Aber es gibt gute Untersuchungen für Autositze. Falls Interesse, versuchs doch mal bei RECARO.com.

Fazit: Ich rate nicht von Touren mit Sgl. ab - im Gegenteil ist das für die Sensomotorik sehr förderlich! -, betone aber immer die Wichtigkeit von regelmäßigen, längeren (mindestens 1-2 Stunde) Pausen, in denen das Kind dann gegengelagert werden soll -> also in der Regel dann in Bauchlage.

P.S. Das ist bitte nicht der Beginn von einer Online-Beratung für alle Probleme, die es mit Kids so gibt. Sonst steige ich wieder aus - o.k?!

Moin Gerhard,
das ist ja sehr aufschlußreich, was Du da schreibst und bestätigt meine Vermutungen.
Das Bild des Hänger ist hier auf der Homepage, es ist ein gängiges Modell.
Eine Weberschale ist z.B. hier zu begutachten.
Zu den Studien: ich denke schon, dass es was in Amerika gibt, die sind uns ja, (nicht nur) was das Hängerfahren angeht, um Lichtjahre voraus. Ich werde mich mal auf Medline-Recherche begeben, mal sehen, was sich findet. Allerdings hatten wir damals schon Probleme zum Theme Schwangerschaft und Radsporttraining vernünftige Studien zu finden.
Sicherlich muß man es mit der Angst, etwas falsch zu machen, auch nicht übertreiben, denn ich möchte nicht wissen, wieviele Säuglinge mehrmals wöchentlich von "Extremautofahrern" stundenlang durch die Gegend gefahren werden ;-)...

Grüße,
Jan
P.S. Falls die Fragen zur Pädiatrie ausufern, biete ich als Gegenleistung den Schnellkurs: "wie nehme ich mir unterwegs den Blinddarm mit Campingbesteck und einem Schluck Spiritus raus" an...

Schon mal herzlichen Dank an die Herren Doktores für die tollen Tipps. Dann werden wir unseren Zwerg im Sommer (jetzt 2 Monate alt) mal auf eine kleine Ausfahrt mitnehmen. Denn wir wollen auf keinen Fall bis nächstes Jahr mit dem Zweirad-Familienausflug warten.

Weitere Tipps sind natürlich jederzeit willkommen.

Viele Grüße

outbikingalex

Hallo,
we sieht es mit dem Aspekt Federung aus?
Wir haben uns extra den teuren Ritschie2 von Weber gekauft, weil uns gesagt wurde, daß ein Säugling keinen Erschütterungen während der Fahrt ausgesetzt werden darf.
Gruß Katja

Hi, Katja,
wir haben ja keine Federung an unserem Hänger (Chariot Cabriolet) und ich vermisse sie auch nicht, da wir den Kleinen ohnehin bis zum 16. Monat nur in der Babyschale und mit niedrigem Reifendruck gefahren haben, so dass die Erschütterungen erträglich schienen . Zudem war es fast immer Asphalt, bzw. gute unbefestigte Wege.
Aber mich würde Gerhards Meinung hierzu auch sehr interessieren.

Jan

Hallo Katja,

wenn Du "vernünftig" fährst (Asphalt), ist die vertikale Stauchung, also die Kräfte die den beim Sgl. noch sehr schweren Kopf nach unten drücken, nicht stärker als beim Gehen mit Kindes im Tragetuch. Ich sähe nur bei hoher "Sitz"position ein Problem. Bei kurzen Fahrtdauern und eher flach gelagertem Kind halte ich diesen Aspekt für wenig problematisch.
Um das seitliche Hin-und-Her-Schleudern des Kopfes, den der Sgl. ja noch nicht halten kann, würde ich empfehlen, daß man/frau zwei seitliche Stützen oder Kissen anbringt.

Hallo Jan, hallo Gerhardt,
danke für Eure Antworten.
Eigentlich spielts ja jetzt für uns keine Rolle mehr, da wir den Ritschie nun seit gut einem Jahr fahren und unsere Maus schon 16 Monate jung ist.
Mich hats halt nur interessiert und vielleicht war es ja auch für andere Mitleser nützlich.
Ciao Katja