Wie gesagt, die werden nicht geschätzt, sondern im realen Fahrversuch gemessen. Der Rahmen wird an den neuralgischen Stellen entlackt, Dehnmeßstreifen aufgeklebt, diese verkabelt, ihre Signale verstärkt und aufgezeichnet. Und dann wird ganz normal gefahren mit dem Ding. Unwägbarkeiten sind eine eventuell zu ebene Fahrstrecke (sollte eigentlich heute kein Problem mehr sein, da es Deutschland so gut geht, daß überall die Fahrwerkteststrecken nur so aus dem Boden sprießen
) und ein eventuell zu leichter oder zu zaghafter Fahrer. Dann kennt man die real auftretenden Lasten und ihre Häufigkeitsverteilung relativ zur gefahrenen Strecke. Daraus wird dann das Folterprogramm auf dem Prüfstand hergeleitet. So kann man auf dem Prüfstand in wenigen Tagen die Belastungen von 100.000 km (oder bei KFZ auch 'ner Million km) simulieren.
Beim Prüfaufbau kann man eine Menge Fehler machen bei der Aufspannung des Fahrrades und bei jedem Teil, das man durch eine irgendwie geartete Ersatzkonstruktion simuliert. Die Stiftung Warentest hat mal einen renommierten Hersteller von Pedelecs in Verruf gebracht und Rahmenbrüche erzeugt, die in der Praxis nie vorgekommen waren und nie vorkommen werden. Die hatten das Hinterrad durch ein Flacheisen oder Vierkantrohr ersetzt und damit den Hinterbau viel zu starr eingespannt. Die Folge waren reihenweise gebrochene Ausfallenden nach kürzester Betriebsdauer. Da faßt man sich dann schon mal an den Kopp ob des Sachverstandes der Prüfer.
In der Summe der Bemühungen hat man dann am Ende ein Fahrrad, das man so wie es ist reinen Gewissens unter die Leute lassen kann. Und da hockt sich dann Hoss Cartwright drauf oder jemand spendiert einen supersteifen Laufradsatz in Verbindung mit dünnen, hart aufgepumpten Reifen, fummelt 2kg Getriebenabe ins Fully oder befestigt einen schön steifen Gepäckträger an einer Stelle, die dafür nie vorgesehen war. Unwägbarkeiten bestehen also auch dann noch zur Genüge.