Bericht zur Stettin-Tour 2016Der Tag begannt (für die meisten) mit einer entspannten Bahnfahrt nach Schedt (Oder). Unsere west-, süd- und norddeutschen Freunde werden...
...bei der Größe dieses Radabteils im Regionalexpress sicherlich neidisch werden.
15 Radler haben ganz problemlos hineingepasst - und da war ganz sicher noch Platz für mehr.
In Schwedt gibt es noch einen kurzen gemeinsamen Kaffeeplausch und ein Auffüllen der Vorräte für diejenigen, die schon in aller Herrgottsfrühe mit dem Fahrrad angereist sind. Danacht teilt sich die Truppe in zwei Teile, einen für die kürzere und einen für die längere Strecke. Ich gebe den Bericht der Langstreckentourer.
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Sa, 16.04.2016 - längere Strecke, 95 km
Wir fahren über die Oder nach Polen hinein. Es wird fix noch Geld getauscht, und dann geht es nach wenigen asphaltieren Metern auch gleich stramm zur Sache.
Am Vormittag schein sogar noch ein bisschen die Sonne, die sich aber bald verziehen wird. Was zunächst noch nach disziplinierter Fahrweise auf einer Waldautobahn aussieht, hat schon bald die erste Panne zur Folge. Merke: Mountainbikes mit 62er Reifen mögen zwar prinzipiell für Geländefahrten gut geeignet sein
, aber...
...Anklickgepäckträger sind es nicht.
Zum Glück ist der erfahrene Reiseradler Nico bestens ausgerüstet und repariert den Träger mit wenigen Handgriffen so gut, dass er bis zum Ende der Tour hält.
Es geht weiter in mal schnellerer und mal langsamerer Fahrt über Waldwege...
...und teilweise auch Asphaltstraßen bis zum Beginn der ehemaligen
Greifenhagener Bahn.
Diese ist heute teilweise zu einem asphaltierten Radweg ausgebaut. Da mittlerweile alle etwas hungrig sind, geht es in flottem Tempo voran. Und nicht nur der Hunger treibt das Tempo an, sondern auch...
...der aufziehende Nieselregen. Komischerweise funktioniert die übliche Taktik heute nicht.
Wir halten geschlossen ind einem geschützten Wäldchen an, um die Regenmotur anzulegen. Normalerweise hört Nieselregen dann auf. Aber heute nicht, statt dessen wird er stärker. Aber immerhin haben wir kräftigen Rückenwind.
In dem kleinen Nest Banie (auf Deutsch passenderweise Bahn) stürmen wie die einzige kleine Imbissbude. Und kaum sind wir drin, fängt es draußen ordentlich an zu gießen.
Zeit genug also, die Speisekarte einmal rauf und runter zu essen.
Als landestypische Spezialitäten gibt es
Flaki (
Kuttelsuppe)...
...die trotz dem kleinen Tellers ganz schön satt macht. Sie ist nicht süß-sauer, sondern eher so wie eine Gulaschsuppe zubereitet. Diejenigen von uns, die sich rangetraut haben, waren begeistert.
Als Nachtisch
Naleśniki, das sind schnöde Eierkuchen/Pfannkuchen/Palatschinken.
Insgesamt sitzen wir dort ganz schön lange. Das hat seine Vorteile, denn mittlerweile ist der Regen seitlich abgezogen. Und die Stärkung war auch nötig, denn die Bahntrasse findet relativ bald ihr Ende.
Kurz danach gibt es die erste Reifenpanne...
Es gibt auch immer wieder mal asphaltierte Abschnitte...
...aber der nächste Dämpfer kommt bestimmt.
Dafür ist die Wetterhexe mittlerweile aufgewacht, und die Sonne kommt heraus.
Zusammen mit dem Rückenwind macht es das Fahren richtig angenehm.
Das können wir auch brauchen. Kurz vor Stettin geht es über einen 150 m hohen "Pass" durch die Buchheide (Puszcza Bukowa). Für uns Flachlandtiroler eine willkommene Abwechslung. Und auch ungewönhlich so dicht am Meer. Die Spitzengruppe setzt sich auf bestem Asphalt vom Hauptfeld ab...
...und stürmt dem Gipel entgegen. Aber auch alle anderen schaffen es zum obligatorischen Gipfelfoto.
Die Abfahrt ist von durchwachsener Qualität...
...und es gibt leider die nächste Reifenpanne.
Nein, kein Durchschlag, sondern ein ordinärer Nagel. Allerdings ist die Zwangspause gar nicht so schlecht, denn die Stille im Buchenwald ohne Autoverkehr ist geradezu himmlisch.
In den äußeren Außenbezirken von Stettin gibt es kurz nach der Abfahrt die dritte Reifenpanne.
Heute ist echt der Wurm drin, drei Reifenpannen in kurzer Zeit. Weitere Reifenpannen werden ab jetzt nur nach Anmeldung geduldet, und dann auch nicht kleckerweise, sondern möglichst alle gleichzeitig...
In Stettin dürfen wir ein geradezu vorbildliches Verkehrsschild bewundern...
...und komischerweise halten sich die Autofahrer sogar dran.
Auf den letzten Kilometern durch das riesige Hafengebiet von Stettin geht das Tempo noch einmal ordentlich nach oben. Zum einen wollen wir noch vor der großen dunklen Wolke ankommen...
... und was noch viel eher antreibt ist der Durst auf ein schönes Bier.
Wir überqueren die Westoder (auf den letzten 50 km des Verlaufes der Oder gibt es nicht mehr "die Oder", sondern eine Westoder und eine Ostoder) auf einer riesigen Brücke mit sehr breitem Radweg, die uns noch ein paar schöne Blicke auf die Oderpromenade ermöglichen.
Angekommen vor der
Hakenterrasse (Wały Chrobrego)...
...teilen wir uns auf die gebuchten Hotels auf.
In unserem Hotel ist der Portier seeeeeeehr laaaaaangsam... und so dauert es doch noch einen Moment, bis wir uns auf den Weg in Restaurant "Stary Szczecin" machen können...
...in dem die Kurzstreckengruppe bereits kräftig tafelt. Das Essen dort ist ausgesprochen gut und das Bier sehr lecker. Das Stettiner Porter haut mich so schnell um, dass ich keine Fotos mehr mache und von dem Abend auch nicht mehr so viel berichten kann.
Vielleicht hat ja der eine oder andere noch Bilder und Berichte beizusteuern.
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So, 17.04.2016 - längere Strecke, 140 km
Ein paar Verrückte beschließen, gleich bis Berlin durchzufahren. Deshalb wird sich etwas früher getroffen, und der Tag beginnt genauso, wie der letzte aufgehört hat...
Dann geht es aus Stettin heraus und hinunter ins Odertal.
Ein sehr idyllisches Plätzchen.
Vor drei Jahren, als ich die Erkundungstour gefahren bin, war hier unten noch ganz übles Kopfsteinpflaster, aber mittlerweile ist dort ein guter Belag.
Kurz hinter dem Dörfchen mit dem guten Belag beginnt der Seeadler-Radweg (Szlak Bielika). Kurze Zeit darauf wissen, wir auch, warum er so heißt.
Grübelnderweise stehen die Mitfahrer wie der Ochs vorm Berg und überlegen, ob der Radweg wirklich nur für Seeadler gedacht ist.
Aber nach kurzer Überlegung...
...wird eine GANGbare Lösung gefunden.
Jaja, 20% Steigung auf Schotter haben es in sich. Da lobe ich mir mein 22er Kettenblatt, sonst hätte ich auch schieben müssen...
Südlich von Stettin ist das (hier komplett polnische) Odertal noch steil und eng, so dass wir über windumtoste Hügelchen auf kleinen Landstraßen fahren. Das gibt uns schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird. Leider rutscht ein Mitfahrer auf einem schlammigen Feldweg aus.
Die Schürfwunde sieht halbwegs glimpflich aus, aber kurz danach teilen wir uns doch lieber auf. Gute Besserung im Namen aller Mitfahrer!
Kurz vor Mescherin schließt der polnische Seeadler-Radweg nahtlos an den deutschen Oder-Neiße-Radweg an.
Ab jetzt ist es zwar erst mal brettflach, aber nun fegt der Gegenwind so richtig über den Deich. Hier ist klassisches Windschattenfahren angesagt...
...zumal uns Frank ganz schön hetzt. Er will wohl pünktlich zum Essen zu Hause sein. Immerhin scheint die Sonne, bei Regen wäre das schwer zu ertragen. Und so spulen wir Kilometer um Kilometer in der Auenlandschaft ab. Schwedt lassen wir rechts liegen.
Bei Stolzenhagen biegen wir vom Oderdeich ab, weil Andy eine kleine und einfache Abkürzung kennt...
...die quer durch den Wald nach Liepe geht. Dort sind wir auf Forumstouren schon öfter langgefahren, aber wir sind noch nie im Rosencafé gewesen.
Ein Schild, das "Kuchen wie bei Oma" anpreist, hält auch ganz definitiv, was es verspricht!
Nachdem sich alle noch einmal mit Zucker und Coffein vollgestopft haben, geht es die letzten 50 km bis Bernau. Eigentlich wollten wir ja quer durchs Land fahren, und auch direkt bis nach Hause, ohne die S-Bahn zu benutzen. Aber dieser Weg geht über kleine Landstraßen exponiert über Felder und Hügel, worauf bei dem Wetter keiner mehr Lust hat.
Also geht es den von unzähligen Adventstouren erprobten Weg...
...durch bekannte Gefilde entlang des Finowkanals...
...bis auf den Radweg Berlin-Usedom. Die letzten Kilometer nach Bernau durch den Wald sind ein Heimspiel, der Wind hält sich zwichen den Bäumen in Grenzen.
In Bernau angekommen sind doch alle froh über die Unterstützung durch S-Bahn oder Regionalzug. Der Gegenwind hat doch ganz schön geschlaucht.
Ich bedanke mich bei allen Mitfahrern für die angenehme Tour, und v.a. bei Dietmar dafür, dass er den Stein ins Rollen gebracht und sogar ein brauchbares Restaurant aufgetrieben hat!
Gruß
Thoralf