Im Schatten der Hochalpenkleine Westalpen und Umgebung – von KA nach AvignonReisedauer: knapp 2 Wochen, ca. 1400 km, Höhenmeter: ca 17 000 Ruhetage: 1,5.
Die Strecke ist
HIER zu bewundern.
Reisende: ich (natash) und Micha (mgabri)
Räder: klassische Randonneuere mit breiterer Rennbereifung, ca 15-20kg Gepäck pro Person
Übernachtung: Zelt
Pannen :keine
Karten : Michelin 1: 200 000 von den entsprechenden Regionen,
digital: Garmin Topo Frankreich
Wir sind jedoch vorwiegend nach Karte gefahren
Ein plötzlicher Arbeitsstellenwechsel und ebenso plötzlich sofort anzutretende 2,5 Wochen Urlaub, machen unsere ursprünglichen Tourenpläne für ein weiter entferntes Ziel zu nichte.
Naheliegend ist es da einfach vom Wohnort aus zu starten, da beginnt der Urlaub sofort ohne nervige Anreise und die wenigen verfügbaren Tage werden optimal genutzt.
Der ursprüngliche, zugegebenermaßen eher ergeizige Plan sah vor, vom Oberrheintal übers Sundgau in den Jura zu fahren, von dort weiter in die Alpen von wo wir über einen höheren Pass nach Italien wechseln wollten um an Turin vorbei ins Tessin, weiter Richtung Andermatt und dann zurück ins Rheintal fahren wollten. Wie immer kam aber alles ganz anders: Zahlreiche Gewitter im Alpenraum und zumindest meine in diesem Jahr nur mäßige Kondition führten zu einer spontanen Planänderung, die uns nach ausgiebigem Erkunden der niedrigeren Westalpenpässe weiter in die südlichen Gefilde der Provence führte. In Avignon, wo uns Dank des SNCF-Streiks ein leicht verlängerter Aufenthalt vergönnt war, bestiegen wir dann den TGV nach Mulhouse, der uns und die Räder schnell und schmerzlos zurück ins Oberrheintal brachte.
Landschaftlich hat es uns vor allem im Gebiet zwischen Grenoble und Sisteron sehr gut gefallen, was noch dadurch verstärkt wird, dass man trotz teilweise spektakulärer Landschaften viele Straßen nahezu für sich alleine hat.
So war unsere Reise vielleicht eher ein wenig konventionell, hatte aber dennoch überraschend viele Höhepunkte zu bieten, von denen einige gar nicht einmal allzu weit von unserem Wohnort entfernt liegen.
Bildle gibt es zunächst
HIER oder ohne Diashow
DORT zu sehen
Rheintal + Sundgau (Tag 1+2): KA-Straßburg-Colmar- Wittelsheim-Seppois-le Bas Wir starten am Pfingstsonntag, der in diesem Jahr mit wahren Hitzerekorden protzt. Das Thermometer zeigt schon früh am Morgen 40°C und klettert im Tagesverlauf noch weiter nach oben.
Weil ich vom Forumstreffen am Edersee jedoch eine schwere Bronchitis mit heimgebracht habe, die gerade erst Ihren Höhepunkt hinter sich gebracht hat, hoffe ich, dass die hohen Temperaturen zur schnellen Genesung beitragen mögen. Eine Schachtel Antibiotika lagert zur Vorsicht im Gepäck.
Die Fahrt ist wenig aufregend aber angenehm. Wir fahren mit der Fähre Plittersdorf/Selz über den Rhein nach Frankreich und später durch Straßburg, das an diesem Feiertag vollkommen ausgestorben wirkt.
Richtung Süden fahren wir einige Zeit am Rhein-Rhône-Kanal entlang, wo am Rand stehende Bäume großzügigen Schatten verbreiten, was eine wahre Wohltat ist.
Mangels vorheriger Zeltmöglichkeiten kommen wir am ersten Tag noch bis Colmar, eine Strecke, die mit angeschlagener Gesundheit bei großer Hitze trotz fehlender Steigungen doch etwas weit scheint, denn wir kommen am folgenden Tag nur schwer vom Fleck.
Wir wechseln nun in den leicht hügeligen Sundgau, wo zumindest gelegentliche einfache Steigungen etwas Abwechslung versprechen.
Am Spätnachmittag erreichen wir nach zahlreichen Getränkepausen Seppois-le-bas, wo der hübsch gelegene Campingplatz nicht nur ein Schwimmbad, sondern auch ein platzeigenes Storchennest vorzuweisen hat.
Jura (Tag 3+4, Teile 5):-Seppois-le Bas – Delle- Vaufrey- St. Hippolythe- Chamoille- Pierrefontaine-les-varans- Abdelot-en-montage – le Pasquier-Champagnole- Saint Laurent en Grandvaux - Saint Claude – Saint Germain-de-Joux- Chanay-Seyssel Weiter geht es in den Jura, den wir, nördlich an Porrentruy vorbei navigierend, wo auf schweizer Seite alte“Freiheit für den Jura-Plakate” zu bewundern sind, relativ steigungsarm erreichen.
Eine rasante Abfahrt führt ins Doubstal und zurück nach Frankreich.
Hinter St. Hippolythe verlassen wir den Doubs und geraten in unser erstes Gewitter, nach dem es sich fährt wie in einer
Waschküche . Da mit weiteren Gewittern zu rechnen ist, zelten wir alsbald an einem Bauernhof, wo wir die einzigen Gäste sind. Nur die auf der Wiese angepflockte Ziege leistet uns, argwöhnisch blickend, Gesellschaft. Der ältere Herr, der den Hof betreibt, ist rührend um die Trockung unserer nassen Kleidungsstücke bemüht.
.
Tags drauf geht es weiter über die Hügel der Jurahochfläche auf und ab, an blühenden Wiesen vorbei und durch tiefe Wälder hindurch. Oft begegnet uns stundenlang kein Mensch. Ungewohnt sind nur die Temperaturen, ich war bislang im Jura eher frostige Grade gewohnt.
Im Jura dreht sich alles rund um die Kuh
und die entsprechenden Erzeugnisse, die hier in hervoragender Qualität und radelfreundlichen Portionen überall zu haben sind.
Wer mit Kühen nichts am Hut hat, der hält sich an den Wald – an dessen Rändern meist ansehnliche Rindviecher grasen
.
Wir zollen Kühen und Wäldern unsere Hochachtung
und erreichen hinter einer schönen Schlucht die hübsch gelegene Stadt St. Claude, von der uns ein Pass aus dem Jura in das Alpenvorland bringt.
Aufgrund der über 40°C hohen Mittagshitze soll dieser eigentlich mit sanften Steigungen aus dem tiefen Flußtal auf knapp über 1000m hohe, einfach zu fahrene Pass, der für mich härteste der ganzen Tour werden.
Ich bezweifele langsam stark, ob meine augenblickliche Kondition mit meinen Tourenvorstellungen Schritt halten kann.
Tatsächlich fühle ich mich dann aber mit jedem Tag immer besser, da soll noch einer sagen hohe Temperaturen und moderate Steigungen trügen nicht positiv zum Gesundheitszustand bei
.
Beim zweiten Teil der Abfahrt erreicht uns ein Gewitter, dessen kieselgroßen Hagelkörnern wir in einer Bushaltetselle verharrend ausweichen können.
Der von uns auserkorene Campingplatz hat aufgrund von Renovierungsarbeiten geschlossen, wir können jedoch die Bauarbeiter dazu überreden uns gegen eine verringerte Gebühr dennoch auf den Platz zu lassen.
Das sich bereits ankündigende Bergpanorama nährt die Vorfreude auf die nächsten Tage...
Dauphiné -Vercors
Seyssel-Yenne-Novalaise-Lac d ´Aiguebelette-les Échelles-Saint Aupre- Voiron-Renage- St. Quentin-sur-Isére- Montaud- Autrans-St. Martin-en-Vercors An Weinbergen vorbei queren wir am nächsten Tage die Rhone und fahren über leicht hügeliges Terrain zum Lac d ´Aiguebelette, der sich türkisblau leuchtend zwischen eine schöne Berglandschaft bettet.
Auf diesem Weg fällt uns auf, dass Aufsteller am Straßenrand daraufhin weisen, dass diese Straße am 15. Juni wegen der
Dauphiné Libéré gesperrt sein wird.
Mit Schrecken stellen wir fest, dass heute der 15. Juni ist und wir noch etwa 2 Stunden Zeit haben um von der Straße zu verschwinden.
Wir hetzen also an den Wohnmobilen, verschiedenen Kamerateams und Aufnahmestationen, aufgebauten Campingstühlen , Bannern und Teambussen der verschiedenen Mannschften vorbei, währund uns die bereits am Straßenrand wartenden Fans mit großem Applaus beehren, was angesichts unserer Lage fast ein wenig lustig wird. Gerne hätte ich zwar Lust mich dazuzustellen um mal eines der “großen” Rennen zu sehen, aber klar ist dann auch, dass wir die Tourfortführung für den Tag dann vergessen können.
Wir verzichten also, saugen ein wenig von der erwartungsvollen Volksfeststimmung in uns auf und können am See gemeinsam mit den Teilnehmern eines Oldtimertreffens auf einen ungesperrten Wegverlauf abbiegen.
Auf kleinen, buckligen Wegen umrunden wir den See, wobei wir herrliche Ausblicke genießen und rollen weiter in die westlich von Grenoble gelegene Stadt Voiron.
Weil der hiesige Campingplatz nicht mehr existiert, versuchen wir es etwa 20km weiter südlich in Renage erneut, aber auch hier ist die Anlage aufgegeben. Weil es in nicht allzuweiter Zukunft anfangen wird zu dämmern, wuchten wir unsere Räder etwa eine Stunde lang einen Waldweg empor, bevor wir eine Stelle im Wald gefunden haben, die flach genug ist um ein Zelt aufzustellen.
Am nächsten Tag soll es dann in endlich in den Vercors gehen.
Wir queren also das Tal der Isére und machen uns an den recht beschaulichen Aufstieg.
Von einem Rennradlerpärchen erfahren wir, dass der von uns anvisierte Pass wegen eines Bergrutsches hinter Montaud gesperrt sei. Man käme eigentlich nur Fuß durch. Es würden zwar auch manche MTBiker hier queren, aber es würden auch immer einmal wieder welche von Ihnen abstürzen. Wir müssten auf jeden Fall das Gepäck abnehmen und vortragen, denn es gäbe nur einen schmalen Pfad. Während die Dame eindringlich von der Strecke abrät, meint ihr Gatte, wir könnten es ja einfach mal probieren, wir hätten ja ein Zelt dabei, da entstände dann ja auch kein Zeitdruck. Dass und die Tatsache, dass wir absolut keine Lust haben, den ganzen Weg wieder zurück zu fahren gibt den Ausschlag- wir schauen uns den Bergrutsch mal an, vielleicht ist ja alles halb so wild.
Nach einiger Zeit meditativen Bergauffahrens sehen wir dann das Straßenende. Im Geröll existiert ein kleiner Pfad,der problemlos schiebbar scheint und wir atmen auf.
Ein Blick um die Kurve jedoch offenbart unangenehmeres: Die Straße wurde von brutalen Kräften in kleine Teile gestückelt, Reste der Betondecke und Leitplankenteile hängen grotesk verdreht in der Senkrechten und balancieren dabei auf einem rutschigen Geröllfeld, das Micha nach einem kurzen Test für zu unstabil hält um hier queren zu wollen.
Ein Stück tiefer verläuft ein Wanderpfad, der etwas solider aussieht, das ist dann die weitere Route unserer Wahl. Hinter dem Gestrüpp am Hangende wird der Pfad gottlob wieder breiter und fahr- oder schiebbar.
Wir atmen also tief durch, nehmen das Gepäck vom Rad und machen uns mit dem ersten Teil des Gepäcks auf den Weg.
Während Micha flugs hinter dem nächsten Felsen verschwindet, verfluche ich bereits das Gewicht meiner Taschen (hätte ich aufs erste Mal doch bloß nur eine genommen) und meine rutschigen Fahradschuhe, die so überhaupt gar keinen Halt im Gestein finden wollen - und bleibe prompt mit einer der Taschen, deren Gewicht mich enorm nach unten zieht, hängen und rutsche aus.
Viele polternde Steine später weigere ich mich immer noch die widerspenstige Tasche in den Abgrund ziehen zu lassen- immerhin ist da mein Schlafsack drin.
Während mein Puls Tango tanzt, habe ich zwar wieder Halt gefunden, traue mich augenblicklich aber auch nicht mehr weiter zu gehen – ich möchte nämlich weder mich noch mein Gepäck in die Tiefe fallen sehen.
Micha kommt retour, erlöst mich von der Tasche und danach mag ich die Stolperstelle, die eine blöde Kurve um einen Fels macht, nicht mehr gerne gehen, ich habe ganz plötzlich einfach Angst bekommen. Also teilen wir uns die Strecke auf - Micha nimmt den ersten Teil, lädt dann das Gepäck ab und ich trage es den den zweiten Teil des Wegs weiter (der einfacher ist). Die Räder meistert Micha beschämenderweise ohne meine Hilfe.
Danach geht es nach kurzer Pause weiter – über 1 Stunde hat uns diese schweißtreibende Aktion gekostet, aber die verbliebene Strecke bis zum Pass ist einfach zu bewältigen.
Uns kommen dann noch einige Mtbiker entgegen, bei denen die gesperrte Route eine gewisse Popularität zu genießen scheint. Dennoch würde ich die Strecke für gepäckbelastete Tourenradler nicht unbedingt weiter empfehlen wollen. Zumindest griffiges Schuhwerk bietet jedoch schon einmal eine gute Voraussetzung für diese Wegwahl.
Später kommen wir in den Ferienort Autrans und fahren durch eine angenehm voralpine, grüne Landschaft und durch eine beeindruckend enge felsige Schlucht weiter bis St. Martin, wo wir den örtlichen Zeltplatz aufsuchen, der sehr hübsch gelegen ist.
Drôme - Hautes Alpes - Haute ProvenceSt. Martin en Vercours – Col de Rousset – Die – Saint-Nazaire-le Désert – la Motte Chalancon- Montmorin - l`Epine – Serres – Savoumon – Rochebrune – Espinasses- Lac du Serre-Ponçon -Sellonet – Seyne-Les-Alpes – Col du Fanget – Auzet – Ecslagnon – Digne-Les-Baines -Volonne – Sisteron – Jabronta l -Col de Pigière- Col du Negron – Ferrasieres -Sault
Im Vercours hat es über Nacht einen Wetterumschwung gegeben und das schöne Sommerwetter wird von frühherbstlichen Nebelschwaden abgelöst. Die Berge hängen in dunkelen Wolken.
Flugs machen wir uns an die einfache Auffahrt zum Col de Rousset, der mit fabelhaften Ausblicken und einer serpentinenreichen Abfahrt glänzt. Während wir eine schwarze Wolkenwand hinter uns lassen, kommt in den tieferen Lagen auch gelegentlich mal die Sonne heraus.
Hinter der geschäftigen Stadt Die, fängt es zwar gelegentlich an zu nieseln, das kann jedoch den Eindruck der Landschaft nicht vermiesen, die sich uns offenbart als wir in ein ruhiges Tal abbiegen.
Unten windet sich türkisblau leuchtend ein fröhlich glucksender Bach durch interessante Felsformationen und gelegentliche Gebäudeansammlungen balancieren malerisch auf sanft gerundeten Hügelkuppen. Die schmale Straße führ angenehm und kurvig auf und ab – kein Wunder dass einige Radlergruppen unterwegs sind, insgesamt ist es hier aber dennoch eher ruhig.
Später wählen wir eine landschaftlich vielversprechende, hügelreiche Strecke, bei denen Pässesammlern das Herz aufgehen muss. Eine ansehnliche Anzahl von Cols – sechs auf einen Streich sozusagen- muss man hier passieren, weil die malerische Straße jede verfügbare Hügelkuppe streift. Außer drei belgischen Motoradfahrern, die uns den ganzen Tag immer wieder begegenen, ist hier jedoch kein Mensch anzutreffen.
Tags drauf geht es von Motte, wo wir ausgezeichnet
genächtigt haben, weiter durch eine weiterhin beeindruckende Landschaft
in den hübsch gelegenen Ort Serres, von wo wir uns dann auf ruhiger Route in Richtung Hochalpen orientieren.
Später fahren wir auf kleinen Sträßchen am Rande des Durance Tals, wo intesiver Obstanbau betrieben wird mit schönem Alpenblick Richtung Lac du Serre-Ponçon.
Rechts und links der Straße locken saftige rote Kirschen und kleine Ortschaften.
Den direkt an der mehrspurigen Bundesstraße im Tal verlaufenden Radweg haben wir zugunsten unserer vermutlich etwas schweißtreibenderen Route gerne links liegen lassen.
Am Lac du Serre-Ponçon angekommen, müssen wir entscheiden wie es weitergehen soll: Richtig in die Hochalpen hinein und über den Col D´Agnello nach Italien oder Richtung Süden in die Provence.
Ein nächtliches Gewitter bei dem eine
Libelle unter unser Zelt flüchtet, vereinfacht unsere Entscheidung enorm: Wir drehen ab und fahren in den Süden in der Hoffnung auf warmes und sonniges Wetter.
Wir verlassen den in Wolken hängenden See
]
und nehmen auf atemberaubend schöner Route den Col de Fanget in Angriff.
Die Straße windet sich eng und enorm kurvig durch ein steiniges Tal bergan, die Ausblicke versöhnen mit der Tatsache, dass wir auf die schönen hohen Pässe der Hochalpen verzichten werden.
Die Berge rundum hängen in schwarzen Wolken und der erste Schauer erwischt uns kurz vor der Passhöhe, die wir dank dichten Baumbestands am Straßenrand dann aber halbwegs trocken erreichen.
Wir machen uns also flugs auf vollkommen leerer Straße an die Abfahrt
und während wir eine geologische Austellung mit schönen Gesteinsformationen am Straßenrand bewundern, bricht ein Gewitter mit bemerkenswerten Hagelmengen über uns herein, so dass wir unter das nächste Vordach flüchten müssen. Um uns herum werden aus prächtig blühenden Petunientöpfen traurig hängende Pflanzenstiele an denen kleine Fetzen ehemals schöner Blüten hängen.
Die felsige Landschaft können wir bei folgender Abfahrt im Regen nicht mehr ausgiebig würdigen
Weil es in Digne-Les-Baines kurzfristig aufhört zu regnen, beschließen wir die Weiterfahrt Richtung Sisteron, worauf die Wolkendecke mit einem nachmittagsfüllenden Dauerregen reagiert.
Tropfnass gönnen wir uns in Volonne eine feste Unterkunft, die wir an diesem Abend nicht mehr verlassen.
Am nächsten Tag fahren wir zwischen neblig verhangenen Bergen in die schöne Altstadt von Sisteron
und begeben uns von da durchs Jambrontal Richtung Westen.
wobei wir gelegentliche Gewitter geschickt umschiffen. Leider müssen wir dabei von der geplanten Route über zwei schöne Pässe Abstand nehmen und uns mit dem eher bescheidenen aber trockenen Col de Pigeon begnügen.
Mehrere Fahrradgruppen weisen darauf hin, dass die Ruhe der letzten Tage vorbei ist und wir nun in eine beliebtere Touristenregion kommen.
Ein Plakat, das eine größere Rennradveranstaltung auf dem Mont Ventoux für die kommenden Tage ankündigt, lässt uns nach Sault abbiegen, um diesen gleich am nächsten Morgen noch unter die Räder zu nehmen, bevor hier nur noch Rennradfahrer mit Startnummern die Straße belegen.
Ein Temperatursturz am Abend läßt uns zweifeln , dass wir uns in Südfrankreich befinden. Immerhin sitzen wir jedoch nicht auf einem verschneiten Alpenpass.
HIER GEHTS WEITER
Provence (Vaucluse, Luberon)Nach einer eher feuchten und ungemütlich kalten Nacht machen wir uns an die Auffahrt auf den Mont Ventoux. Ein langweiler, karger Berg sei das, hieß es immer, die Auffahrt lohne eigentlich nur, wenn man dort nur des Mythos wegen hochfahren wolle. Nachdem wir aber nun schon dreimal bei verschiedenen Touren am Mont Ventoux vorbeigefahren sind, wollen wir jetzt auch einmal hoch. Außerdem brauche ich ein Trostpflaster für die entgangenen Hochalpenpässe.
Der Auftieg beginnt unmerklich sanft und wenig spektakulär durch schöne Wälder, wo uns nur wenige Rennradfahrer zu früher Stunde überholen.
Später wird es steiniger und die Steigung nimmt zu, ist aber angenehm fahrbar und gelegentlich gibt es hübsche Ausblicke auf die Umgebung, die noch schöner wäre, würden die vielen Lavendelfelder bereits in voller Blüte strehen.
Hinter einem Parkplatz beginnt dann erst auf den letzten 6 km die allseits bekannte “Steinwüste”. Hier spucken Busse und PKWS zahlreiche Radfahrer aus und plötzlich fühlt man sich wie auf einer Rennradveranstaltung. Die neusten Radmodelle sind hier zu bewundern und die passende Mode wird direkt mitgeliefert. Da kann mein Dancelli aus den frühen 90gern trotz Retrowelle nicht ganz mithalten und seine Fahrerin schon gleich 3mal nicht, aber dennoch stehen in jeder dritten Serpentinen Fotografen, die versuchen einem ein entsprechend in Szene gesetztes “Heldenfoto” zu verkaufen. Weil Micha aber ohnehin vor mir oben ankommt, bekomme ich mein Foto auch ohne fremdes Zutun.
Mein Heldentum indes beschränkt sich auf das Überholen einer beleibten Dame mit hochroten Kopf und eines einbeinigen Rennradlers, der sich mit einer Prothese hochkämpft.
Dem Schwierigkeitsgrad des eher flachen Jurapasses, den wir kurz vorm Gewitter bei großer Hitze und zumindest ich mit angeschlagener Gesundheit hochgefahren sind, kann der Mont Ventoux jedenfalls nicht das Wasser reichen
Oben angekommen fühlen wir uns wie an der Verpflegungsstelle eines Radmarathons. Überall wird posiert, gequatscht, es wird gefachsimpelt, Radlerlatein macht die Runde - und der Süssigkeitenstand hat Hochkonjunktur.
Wir bewundern die Aussicht
und rollen abwärts nach Malaucène, das in fester Hand von Rennradlern ist, die voller Erwartung
den nächsten Tagen entgegen fiebern.
Wir schauen uns das Spektakel ein Weilchen an und fahren dann schnell ein Stück retour den Berg hoch um nach Bédoin abzubiegen. In Mormoiron lassen wir uns bereits nachmittgs häuslich nieder, nachdem wir die örtliche Weinkellerei mit unserem Besuch beehrt haben.
P1040446
Der nächste Morgen führt uns bergauf zu einem Kloster und durch kleine verschlafene Dörfer zu der Gorges de la Nesque, die wir gemeinsam mit gefühlten 100ten anderen Radfahrern durchqueren.
.
Die Schlucht ist wirklich sehr hübsch, wir sind aber, nachdem wir bereits zahlreiche Schluchten in den Westalpen durchfahren haben, nur noch mäßig beeindruckt, zumal hier ungleich mehr Betrieb herrscht.
Wir landen wieder in Sault und begeben uns von dort Richtung Süden und sind zunächst einmal wieder auf ruhigeren Straßen unterwegs.
Nach dem Besuch eines Mittelalterfestes, das durch pieksige Strohalme in meiner Radhose nachhaltig in Erinnerung bleibt, geht es wieder ein wenig bergauf und wir besuchen urige Ortschaften die auf eine sanfte hügelige Landschaft herabblicken
.
Abends erreichen wir Abt, wo wir den örtlichen Zeltplatz aufsuchen der gut gefüllt ist. Immerhin sehen wir hier auch endlich einmal ein blühendes Lavendelfeld.
.
Den nächsten Tag geht es weiter auf eine kleine Rundtour durch die sanften Hügel des Luberon. Steigungen und Landschaft sind zwar nun nicht mehr spektakulär, aber dennoch ganz hübsch. Vor allem die sehr warmen Temperaturen sind ausgesprochen angenehm.
Wir kommen durch schöne alte Orte, in deren engen Gassen sich jedoch etliche Touristen aus ganz Europa tummeln.
Noch voller wird es freilich in Avigon, das wir am nächsten Morgen erreichen.
Unser Zug nach Mulhouse fährt wegen des SNCF-Streikes erst am übernächsten Tag, so dass wir die Stadt ausgiebig besichtigen können.
In Mulhouse angekommen überlegen wir noch kurz, ob es sich lohnt über den Rhein zu radeln um vielleicht noch einen letzten Regionalzug Richtung Heimat zu erwischen.
Einsetzende Dunkelheit in Kombination mit beginnender Niederschlagsneigung beenden unsere Tour jedoch im Wald hinterm Peugeot-Werk, wo unser eilig aufgestelltes Zelt immerhin Schutz und Wärme bietet.
Am nächsten Tag gelangen wir nach einer mäßig romantischen Nacht über Freiburg einfach und schnell wieder nach Hause.
Unsere kleine Tour war, spontanen Änderungen zum Trotz, sehr angenehm.
Durch die anfängliche Hitze ließen sich meine gesundheitlichen Probleme schnell in den Griff bekommen und auf den folgenden Bergetappen trübte nur eine Triefnase das allgemeine Wohlbefinden. Die Strecke von der Ecke um Grenoble bis zu der um Sisteron war umwerfend schön und nur spärlich besucht . Ob man da nun einen oder mehrere Pässe am Tag fahren möchte bleibt jedem freigestellt, die Variationsmöglichkeiten sind da zahlreich.
Leider war uns das Wetter im Bergland dann nicht mehr wohl gesonnen – weshalb wir statt dessen in die Provence abgedreht sind, was, zumindest was das Wetter angeht, eine gute Idee war.
Trotzdem nagte das Bergweh ganz schön in mir - ich bin leider nur ungern vernünftig. Der in der Provence einsetzende Touristenrummel war auch nicht dazu geeignet mich davon abzulenken.
Der Mont Ventoux war als höhere Erhebung gegen Ende der Tour zwar noch einmal ein interessanter Höhepunkt – nicht etwa deshalb, weil er besonders schwer zu fahren gewesen wäre (wir sind ja ohnehin von der einfacheren Seite gekommen), sondern weil die Stimmung dort im Vorfeld einer Radsportveranstaltung eine ganz besondere war. Mir hats trotz Radtouristenrummel gefallen.
Und sogar im stark touristischen Luberon fanden sich hin und wieder einmal ruhige beschauliche Ecken.
Fazit: Als kleine Tour ohne großes An- und Abreisetheater für Menschen mit knapper Zeit und einem Auge für schöne, bucklige Landschaften ist die ganze Runde auf jeden Fall durchaus sehr geeignet.