Vorwort:Wie seit etlichen Jahren, bekam ich diesen Juni auch wieder gute zwei Wochen von meiner Familie "Freigang", um mich dem zu widmen, was ich in meiner Freizeit am liebsten mache: Fahrradfahren. Da ich mir bei der Planung meiner Touren immer wertvolle Tipps im Forum hole, möchte ich mich nun auch einmal dazu aufraffen, einen kurzen Bericht über die resultierende Reise hier einzustellen. Dabei gleich nochmal herzlichen Dank an diejenigen, die mir geholfen haben, eine schöne - und das kann ich nun im nachhinein betonen - Route zusammenzustellen.
Ein paar technische Details und Informationen vorweg:
In den letzten Jahren habe ich die Möglichkeit genutzt, dass hier am Bremer Flughafen auch Ryanair einen Knotenpunkt hat. Ich suche mir Flugziele dieser Fluglinie aus und plane von dort den Weg Richtung Bremen. So war ich z. B. letztes Jahr von Girona (bei Barcelona) bis Luxemburg unterwegs und das Jahr zuvor von Haugesund (bei Bergen, Norwegen) nach Bremen. Dieses Jahr war mein Flugziel zum zweiten Mal Venedig, genauer gesagt Treviso. Nachdem ich das erste Mal über den Via Claudia Augusta Richtung Norden unterwegs war, war dieses Jahr eine andere Variante etwas östlicher dran. Generell bin ich von dieser Version der Radreisen recht angetan. Mein Fahrrad kann ich gut verpackt zum Flughafen bringen. In weniger als 2 Stunden bin ich am "Ausgangspunkt" der Tour und mit jedem Tag nähere ich mich der Heimat. Das bietet theoretisch die Möglichkeit, flexibel die Tour früher zu beenden und das verbleibende kurze Stück mit dem Zug zurückzulegen. Die Gesamtkosten für den Flug (mit Fahrrad und Zusatzgepäck) von 100 Euro sind auch kaum zu toppen.
Die Tracks werden von mir meist nicht unter Ausnutzung existierender Fernradwege geplant, Abschnitte von offiziellen Radrouten werden aber immer wieder eingebaut. So kam ich z. B. auch dieses Jahr von einem offiziellen Radweg zum anderen (Alpe Adria, Saale, Weser, ....). Bei der Planung werden bewusst Höhenmeter
nicht vermieden. So waren auch diesmal mit über 20000 erklommenen Höhenmetern die niedrigen Gänge immer wieder gefragt. Und ich mag die Wege, die wirklich durch die Natur führen. D. h. dass das Nachfahren meines Tracks (
Track bei GPSies) denjenigen nicht zu empfehlen ist, die gerne geteerte Wege fahren (Margit - Du würdest diese Strecke genauso wenig genießen können, wie meine Frau
). Überhaupt steht für mich die Natur im Mittelpunkt, so dass relativ wenige Stadtbesichtigungen auf dem Programm stehen. Dennoch habe ich mir unterwegs so einige interessante Dinge angesehen. Der komplette Track wurde von mir in 13 Abschnitte unterteilt auf mein Garmin GPSmap 62s gespielt und dann mit ganz kleinen Abweichungen (Quartiersuche, temporäre Wegsperrungen) gefahren. Tagesetappen lege ich nie fest. Ich fahre solange ich dazu Lust verspüre und suche dann mit dem Navi einen Campingplatz oder eine andere Unterkunft entlang der Route. Im Schnitt fahre ich ca. 130 km am Tag.
Ich fahre meine Touren schon immer mit einem 28er-Reiserad mit relativ schmaler Bereifung (37-622). Mein Schritt zu einer guten Federgabel und zu einer Thudbuster-Sattelstütze hat sich als ganz gewaltiger Fortschritt erwiesen. Selbst schlimme Holperpisten machen mir so kaum noch Probleme - und ich hatte einige davon. Wichtig ist allerdings die Lock-out-Funktion der Federgabel, die bei den vielen Steigungen mit 10% und mehr doch einiges an Energieverlust verhindert hat. Ich bin kein Mitglied der "Ultraleicht-Fraktion", habe aber auch nicht übermäßig viel Gepäck dabei gehabt. Es hätte alles (bis auf das Zelt) in die beiden Ortlieb Back Roller gepasst. Ich ziehe es aber vor, auch vorne Taschen zu haben. Das trägt zur Übersichtlichkeit bei (vorne links Werkzeug und Regensachen, vorne rechts Küche und Lebensmittel, hinten links Kleidung, hinten rechts Schlafsack, Luftmatratze, Sandalen, Waschbeutel) und lässt sich (meiner Meinung nach) angenehmer fahren.
Und noch eine Anmerkung. Zum ersten Mal hatte ich den neuen Abus in-vizz Fahrradhelm dabei gehabt. Das Visier hat sich bei mir hervorragend bewährt. Wegen meiner starken Brille mit Gleitsichtfunktion habe ich nun keine Probleme mit teuren Sonnen- oder Sportbrillen mehr. Allerdings muss man das vorher testen - für jedes Brillengestell passt das recht knapp anliegende Visier nicht.
Und nun endlich zur Tour:1. Tag (75 km)Am 10. Juni (Dienstag nach Pfingsten) ging es los. Schon am Tag zuvor hatte ich mein Fahrrad in einen Karton gepackt (das Zelt hatte ich gleich als Auspolsterung beigefügt) und kurz vor der Abfahrt wurde dieser dann auf den Fahrradträger unseres Autos geschnallt. Da es Vormittags noch stark nach Regen aussah, wickelte ich den Karton noch in eine Plastikfolie - das hätte ich mir sparen können, wie sich dann herausstellte.
Im Auto sieht man auch den "Türkenkoffer" (blöder Begriff!), in dem ich die Packtaschen zu einer Einheit kombiniert habe. Ryanair nahm alles problemlos an und so konnte ich um 14:30 Uhr abfliegen. In Treviso war ich dann um 16:00 Uhr. Um ca. 17 Uhr war das Fahrrad dann startklar ...
Ziel war die Mittelmeerküste, wo es eine große Zahl von Campingplätzen gab. Treviso ist eine recht nette kleine Stadt, die ein paar schöne Ecken hat. Sicherlich hätte ich schon dort übernachten können, aber ich wollte den schönen Spätnachmittag nutzen, um ein wenig zu fahren (eine weise Entscheidung bei einer Tageshöchsttemperatur von 35°C).
Meinen Weg an die Küste habe ich größtenteils des Flüsschens "Sile" gewählt. Das war definitiv nicht der kürzeste Weg, da viele Fluss-Schleifen mitgenommen wurden, aber es war ein sehr schöner Einstieg.
Um 21 Uhr erreichte ich den Campingplatz "Waikiki" (Lido die Jesolo). Hier empfand ich ganz klar, wie weit meine Vorstellungen von einem Urlaub von denen vieler Mitmenschen abweichen. Links von mir war Kinderunterhaltungsprogramm (bis kurz vor Mitternacht), wo die Eltern ihre Kinder loskriegen konnten und rechts die Erwachsenendisco, auf der sich dann die Eltern mit entsprechend viel Alkohol austoben konnten. Zum Glück hatte ich mich mit sehr guten Ohrstöpseln ausgestattet, so dass ich dennoch gut schlafen konnte. Da es auch nachts sehr warm war, kam nur das Innenzelt zum Einsatz.
2. Tag (145 km)Bereits um 6:30 Uhr fuhr ich los, was wiederum wegen der Temperatur und auch wegen des Verkehrs sehr angenehm war. Die Tour führte mich nun zum Teil an die Küste, wobei mir dieser Teil doch zu touristisch geprägt ist.
Da ich sowieso kein großer Freund von Badeurlauben bin, beschränkte sich mein Kontakt mit dem Mittelmeer auf eine eher symbolische Begegnung mit dem Wasser
Die Strecke Richtung Nova Gorica war landschaftlich gesehen eher etwas "unspannend".
Eine interessante Abwechslung war der Ort "Palmanova" mit seiner außergewöhnlichen Geometrie.
Aufgrund der doch enormen Hitze (knapp an die 40°C), bei der ich literweise Flüssigkeit verbrauchte, und auch aufgrund des Wunsches, einen Campingplatz zu finden, gab es schließlich die erste Änderung meiner geplanten Route. Ich entschloss mich, nicht nach Nova Gorica hineinzufahren, sondern direkt nach Slowenien und über den ersten "Minipass" (400 m) an den Fluss "Soca". Hierdurch wollte ich auch die Höhenmeter für den nächsten Tag etwas reduzieren (ansonsten wäre der erste zu überwindenden Berg gleich nach Nova Gorica am nächsten Morgen angestanden).
Und die Steigungen ließen nicht lange auf sich warten ...
wobei dann der Fluss schließlich doch ein wenig gemäßigtere Temperaturen in seiner Umgebung mit sich brachte.
Diese Blumen wuchsen übrigens in recht großer Menge in der Nähe des Zeltplatzes, den ich dann in "Kanal" schließlich erreichte.
3. Tag (105 km)Der Fluss blieb auch am nächsten Tag lange Zeit mein Begleiter.
Der wurde der wohl anstrengendste auf meiner gesamten Tour. Das hing damit zusammen, dass es sehr warm war und auch damit, dass der zu überwindende Vršič-Pass wirklich erkämpft werden musste. Bis zum Ort "Soča" (über 80 km) war der Höhengewinn relativ gering, aber es ging ständig auf und ab, was recht kräftezehrend war.
Der eigentliche Passanstieg war dann sehr steil. Landschaftlich war die gesamte Tagesetappe aber wirklich schön und die Natur entschädigte für die Strapazen.
Beim Anstieg zum Pass hatte sich schon Gewitter angekündigt. Bis zum Pass entkam ich dem Regen aber (auch wenn die Straßen zum Teil schon nass waren).
Dann kamen Blitz und Donner aber immer näher und ich legte oben meine komplette Regenbekleidung an, was sich als durchaus richtig erwies, da danach die komplette Abfahrt ein heftiger Gewitterregen herunterging, der einem fast die Sicht raubte. Fotos entstanden keine mehr. Ich war zu sehr auf die sichere Abfahrt konzentriert. Alle Kehren waren mit Kopfsteinpflaster versehen, so dass ich hier nur mit sehr geringem Tempo hinein fuhr. Nach der Passabfahrt fand ich in "Kranjska Gora" eine schöne Privatunterkunft, die von einer Deutschen geführt wurde, die dort einen Skilehrer geheiratet hatte ...
4. Tag (125 km)Eigentlich schade, aber der vierte Tag war auch schon wieder der letzte in Slowenien, das mir sehr gut gefallen hat. Ich werde sicherlich noch einmal dorthin zurückkehren. Über zum Teil hervorragend ausgebaute Radwege ging es über einen "Zwischenpass" (ca. 850 m) zum See bei "Bled". Ein paar Impressionen von diesem Weg:
Ab Bled ging es dann den Berg hoch zum "Loibl-Pass", der mich nach Kärnten an die Drau führen sollte. Irgendwie schienen die slowenischen Pässe den Regen anzuziehen ...
aber mit einer kleinen Wartezeit im Ausgang eines Tunnels konnte ich, ohne die Regenkleidung anzuziehen, trocken oben am Haupttunnel ankommen.
Nun sollte es weiter zur alten Passhöhe gehen. Schon der Anfang war beschwerlich (man denke sich ca. 10% Steigung hinzu) ...
Aber dann wurde es kriminell und an ein Weiterfahren war nicht zu denken.
Da ich keine Lust auf längere Schiebestrecken hatte und auch ein wenig Respekt vor einer Abfahrt über nasse Geröllpisten, entschloss ich mich schweren Herzens, doch durch den Tunnel nach Österreich zu fahren,
wohin es dann auch recht zügig den Berg hinunter ging.
Nach einem kurzen Stopp an der "Tscheppa-Schlucht",
ging es weiter zur Drau,
mit der schönen umgebenden Landschaft.
Am Abend konnte ich gerade noch ein Privatzimmer finden, bevor ein heftiges Gewitter losbrach.
5. Tag (135 km)Da mir am Tag zuvor der Gaskocher kaputt gegangen war (Düse komplett verstopft), suchte ich mir zuerst ein Campinggeschäft, in dem ich schnell Ersatz fand. Der Weg folgte weiter der Drau über "Villach" bis "Spittal an der Drau" - ein erholsames Stück nach den Bergetappen.
Danach ging es von der Drau weg in das Tal der "Möll", die sehr viel Wasser führte. Das Wasser der Möll ging wirklich zum Teil bis zum Radweg.
Es ging stetig aber gemäßigt den Berg hinauf und bei schönem Wetter konnte ich die wunderschöne Natur genießen.
Wegen des hohen Wasserstandes waren einige Teilstücke des Radwegs offiziell gesperrt. Diese Sperrungen habe ich allerdings missachtet und mir dabei lediglich an einer Stelle nasse Füsse geholt.
In Witschdorf ging ich schließlich - mangels Campingplätzen - in eine Pension, was mir immerhin ein mehrgängiges Abendessen ermöglichte, welches die Wirtin (aus dem Schwarzwald) extra kreiert hatte.
6. Tag (125 km)Dieser Tag sollte mich auf den höchsten Punkt der Reise bei etwa 2550 Meter bringen. Nachdem es zunächst das Möll-Tal weiter relativ gemächlich nach oben ging,
konnte man dann in "Großkirchheim" folgendes auf dem Navi beobachten:
Interessant ist hierbei der Knick in der Steigung, der mit der Abzweigung von der Landesstraße verbunden war. Diese Steigung von zum großen Teil 10% und mehr hielt dann auch bis zum "Fuscher Törl" mit einer kleinen Abfahrt nach dem Hochtor an. Über die Entfaltung meines kleinsten Gangs von ca. 1.4 m war ich hier doch zum Teil sehr erfreut
. Glück hatte ich mit dem Verkehr, der am Vormittag noch relativ gering war, und mit dem Wetter. Ich hatte relativ klare Sicht, wenn auch es nicht wirklich warm war (2°C am Fuscher Törl). Im Folgenden ein paar Impressionen der Auffahrt.
Schließlich war der höchste Punkt erreicht,
aber das Fuscher Törl musste nach einer doch beachtlichen Abfahrt neu erkämpft werden, wobei eine weiter Lage Kleidung sich als angenehm erwies ...
Und diese schöne Aussicht fotografierte ich, als ich den einzigen Platten meiner Tour flickte. Das sind die Steine, die ich am liebsten geworfen hätte
Ich hatte es doch wirklich geschafft, die Felge so heiß zu bremsen (Falk - ich weiß über die Vorzüge einer Scheibenbremse Bescheid, aber das Umrüsten der Rohloff-Nabe war mir bislang zu teuer), dass der Schlauch direkt an der Felge beschädigt worden ist. Bei der weiteren Abfahrt machte ich dann noch zweimal kurze Abkühlpause.
Ich fühlte mich tatsächlich noch so fit, dass ich über "Zell am See"
hinaus weiter gefahren bin, bis "St. Martin", wo es einen wirklich luxuriösen Campingplatz gab, der gleichzeitig sehr preisgünstig war. Das selbst gekochte Abendessen schmeckte nach der Tour vorzüglich
.
7. Tag (135 km)Entlang der "Saalach" ging es am sechsten Tag zunächst nach Bad Reichenhall.
Der Weg entlang der Saalach ist recht schön,
schließlich bog ich aber ab, um Richtung "Salzach" über die Hügel zu fahren. Unterwegs stieß ich auf diese Gedenktafel
und wenn ich mir den Weg zur Kirche und Friedhof so angesehen habe, bekam ich doch Respekt vor der Leistung der Leute damals.
In "Lauen (Oberbayern)" / "Oberndorf bei Salzburg" erreichte ich schließlich die Salzach und war auch nun ständig der Grenze zwischen Österreich und Deutschland nahe.
Auf dem Tauernradweg folgte ich dem Fluss in Richtung Braunau, wo ich den Campingplatz aufsuchen wollte ...
Natürlich war hierfür das Erreichen des Inn Bedingung und hier haben wir den Zusammenfluss von Salzach und Inn:
In Braunau durfte ich dann feststellen, dass der Campingplatz für die Öffentlichkeit letzten Herbst geschlossen worden war und nun für Sinti und Roma zur Verfügung gestellt wird, was mir ein Einheimischer erklärte. Zum Glück gab es ja noch eine Jugendherberge ...
8. Tag (75 km)Eine Erholungsetappe ... Zum einen konnte ich gemütlich am Inn entlangradeln,
z. B. über "Egglfing" oder
"Schärding",
zum anderen war in Passau auch ein Besuch bei meiner Schwester und Familie angesagt, der allerdings am Ende doch eine bemerkenswerte Bergetappe bedeutete ("Kohlbruck" - für die Passau-Kenner
). Da meine Schwester einen genauso großen Bewegungsdrang hat, wie ich, nutzten wir gleich den verbleibenden Nachmittag für eine kleine Wanderung
Unterwegs nach Passau musste ich leider feststellen, dass sich das Tretlager gelöst hatte. Da ich hierfür das passende Werkzeug nicht dabei hatte, ging ich in Bad Füssing in einen Radverleih, wo mir die Frau auch sehr hilfsbereit Werkzeug und Werkstatt zur Verfügung stellte. Leider war das Gewinde der Tretlagerpatrone derart in Mitleidenschaft gezogen worden, dass ich gleich ein neues Tretlager montiert habe. Das ganze verlief - dank der schönen Werkstatt - problemlos und schnell und wäre dadurch schon fast erfreulich gewesen, wenn nicht plötzlich der Besitzer des Ladens aufgetaucht wäre und der Frau heftigste Vorwürfe gemacht hätte (in meiner Anwesenheit), die wertvolle Zeit für mich vergeudet zu haben und die Werkstatt zu blockiert zu haben. Das war Unsinn, da die Frau die ganze Zeit arbeitete und ich ihre Hilfe praktisch nicht benötigt hatte, und ich musste die arme Frau bedauern, die nun wegen ihrer Hilfsbereitschaft noch Ärger von diesem ungehobelten Typen bekam. Sie wollte am Schluss nur die Kosten für das Ersatzteil haben, ich habe aber kräftig aufgerundet und hoffe nur, dass das Geld ihr und nicht Herrn Miesepeter zugute gekommen ist.