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Dort wollte ich hin. Nein, nicht vornehmlich in den Nahverkehrszug, sondern zu einer Fahrrad-Transporttasche, mit der ich nicht nur Transportkosten im Nahverkehr sparen kann, sondern v.a. auch endlich im Zugfernverkehr mobil sein kann.
Das es nun endlich was wurde, lag am vergangenen Wochenende, wo ich mit AndreasR an einem Brevet in Südengland teilgenommen habe (Kurzbericht folgt an anderer Stelle) und wo wir mittels Sparpreis per Bahn (Eurostar) hin- und zurückgereist sind.
Beweis: Bahnhof St.Pancras nach der Ankunft
Nun sind Transporttaschen keine Neuheit, jedoch werden sie ja sonst zumeist gekauft und wiegen meist auch relativ viel. Ich möchte daher meine Lösung kurz vorstellen, um zu zeigen, dass es auch mit bescheidenen eigenen Mitteln relativ leicht möglich ist, eine funktionale und v.a. leichte Tasche zu bauen.
Das es bei mir solange gedauert hat, lag nicht zuletzt daran, dass ich nicht wusste wie die Tasche aussehen soll, wie sie "funktionieren" soll und wie ich das Rad genau zerlegen und zum Paket verschnüren möchte.
Durch die Vorgaben von Eurostar (max. Länge der Radtasche 1,20 und 0,8m Breite), hatte ich aber einen Ansatzpunkt und zerlegte das Rad einfach komplett (Sattelstütze raus, Lenker am Vorbau ab, Schaltwerk runter, Gepäckträger sowieso runter und beide LR raus).
Wie ich die Teile dann jeweils untereinander verbunden habe, geht aus einem der weiteren Bilder hervor. An Befestigungsmaterial bevorzuge ich Klettverschlußbänder, die sehr rasch zu benutzen sind, leicht und robust sind, sowie gut halten.
Durch ein probeweises Zerlegen und zum Paket verschnüren des Rades, konnte ich die benötigten Abmessungen ausmessen und eine einfache Zeichnung mit den Maßen anfertigen.
Aus sehr einfacher Baumarktplane habe ich dann die benötigten Stücke geschnitten.
(Die drei länglichen Teile hätte man auch aus einem Stück schneiden können, je nachdem was die Plane hergibt. Es handelt sich um den umlaufenden Gewebeteil, in welchem dann auch der Reißverschluß vernäht ist. Ich schnitt es auf 30cm Breite, während die breiteste Stelle meines "Pakets" ca. 35cm maß, es passt perfekt.)
Ich hatte mir einen links, rechts und nach unten umlaufenden zweiteiligen Reißverschluß überlegt, wodurch ich insgesamt etwa 2,40m Länge benötigte und in meinem Fundus fand ich dann auch einen 1m und einen 1,4m langen RV, die ich dahingehend änderte, dass sie zu einer Seite offen sind. Der RV wird von Mitte-Unten zu den Seiten nach oben aufgezogen.
Das zusammennähen selber war dann, wider Erwarten, sehr leicht. Das eine Deckelteil hatte eine etwas verlängerte Seite, welche nach dem Umnähen den oberen Abschluß der (stehenden) Tasche bildet. Die drei länglichen Teil aneinandergenähte und dann habe ich beide Reißverschlüsse von innen unmittelbar auf das umlaufende Stück aufgenäht. Die Enden der RV jeweils mit etwas Gewebe versehen, damit man den Zipper nicht versehentlich zuweit ziehen kann. Nach dem Aufnähen des RV habe ich das Gewebe auf der Aussenseite mit einer Schere, über dem RV der länge nach aufgeschnitten, wodurch der RV dann nach aussen hin sichtbar und benutzbar wurde. Diese Verfahrensweise erspart einem erheblichen Aufwand, der sonst beim RV Einnähern auftritt und schützt den RV zudem vor Dreck und dgln.
Das umlaufende Gewebe mit dem aufgenähten RV musste nun nur noch mit den beiden Deckelteilen vernäht werden.
Fehlte jetzt noch das Tragesystem.
Hier hatte ich auch lange Zeit überlegt, wie ich das mache. Bei herkömmlichen Taschen ist es so, dass das zerlegte Rad
in der Tasche gelagert wird und die Tasche das Gewicht des Rades aufnehmen muss, wodurch die Tasche in sich robust sein muss und über umlaufende Verstärkungen verfügen sollte.
Ich wählte den genau umgekehrten Weg. Ich trage das zerlegte und zum Paket verzurrte Rad und stülpe die Tasche lediglich darüber! Die Tasche ist somit nur eine Tüte und kann damit erheblich einfacher gebaut werden, was sich v.a. auch beim Gewicht bemerkbar macht.
Ich wählte zwei Stücke irgendwo herausgetrenntes Gurtband (von nem alten Rucksack). Das eine Ende wurde längs mit einem Lötkolben einge"schnitten" und der Gurt dort dann (zuvor auf einem Stückchen halbiert und mit einer kurzen Naht fixiert) durchgezogen, so entstand eine Schlauche, die ich über den Vorbau führe und dann festziehe (löst sich versehentlich nicht mehr und ist leicht und billig). Das andere Enge wird durch das Sattelstrebendreieck gezogen und an einer Klemmschnalle, die entsprechend etwas weiter mittig am Gurt angenäht ist, festgemacht. Dies ist der Tragegurt für die Hand, er wird vor dem fixieren am Rad durch zwei kleine Öffnungen in der Tasche geführt.
Um das Rad (mit der Tasche) auch auf der Schulter tragen zu können, brauchte es eine Fixierung für den Trageriemen von einem meiner Ortlieb Frontroller. Da ich nur noch einen Teil einer National Moulding Schnalle hatte (die sind an meiner Ortlieb Tasche verbaut), nähte ich dies auf dem Tragegurt an und ergänzte die andere Seite um ein weiteres Stück Gurtband, das ich durch die freie Steckschnalle des Trageriemens führe udn dann mit einer Leiterschnalle fixiere.
Klingt alles vielleicht etwas verwirrend, wenn man die Teile aber vor sich liegen hat, erklärt es sich im Grunde fast von allein. Beim Tragegurt gibt es aber natürlich fast beliebig viele Möglichkeiten, da zu eigenen Lösungen zu kommen. Zum Beispiel könnte man auch einfach einen längeren Schlitz in die Oberseite der Tasche machen und das Rad dann direkt am Oberrohr greifen und tragen.
(Edit: Der Tragegurt wiegt etwa 45g, ohne selbigen wäre die Tasche somit nur noch etwa 400g schwer.)
Die Tasche war nun fertig und die einfache Federwaage pendelte zwischen 430 und 450g Gesamtgewicht. Der Tragegurt kann auch benutzt werden, um die Tasche, die man zu einem mittleren Buchformat zusammenfalten kann, zu fixieren. Sie ist somit problemlos auf Reise mitführbar.
Die fertige Tasche sieht nun so aus:
Ich nenne sie erstmal die "JaH-Tasche 1.0", weitere Verbesserungen bzw. Veränderungen sind leicht realisierbar. So überlege ich Pedale und Achse (bzw. Schnellspanner), zumindest zu einer Seite, mit einer kleinen Kunststoff- oder Holzplatte zu verbinden, um ein Hängenbleiben der hervorstehenden Teile auf Rollbändern (z.B. von Scannern) zu verhindern. Ebenso überlege ich ein leichteres Gewebe, um die Tasche noch leichter und verpackt noch weniger sperrig zu machen.
Das Konzept ist leicht auf im Grunde jedwedes zerlegte Rad anwendbar, weswegen ich aber auch keine Maße angebe, da diese je nach Rahmengröße variieren.
Eine normale Nähmaschine mit einem Standard 80er Garn wurde benutzt und bis auf die Plane und die 3 Teile (Steck-, Klemm- und Leiterschnalle), sind alle Materialien 2nd hand, die Kosten entsprechend sehr niedrig. Wenn man alle neu kauft, dürften die Kosten aber die 10 Euro kaum überschreiten, hier hängt aber vieles von den Bezugsquellen ab.
Wer solch eine Tasche nachbauen möchte und noch Fragen hat, kann mich jederzeit anschreiben.