Nun waehre ich froh, wenn ihr mir kurz eure Meinung zu dem Projekt und der Reise allgemein berichten koenntet.
Hallo Fabian,
Deine Tour und der anspruchsvolle Titel gehen mir, wenn ich ehrlich bin, nicht aus dem Kopf.
Meine Eltern sind Kriegskinder und haben viel zuviel mitmachen müssen.
Die heutige Bundesrepublik ist erst seit knapp 25 Jahren ein demokratischer Staat und wir haben nun das große Glück nach 1945 mit
unseren Nachbarn in Frieden leben zu können. Zwischendurch drohte der kalte Krieg hier in Deutschland, hier in Berlin, zu eskalieren. Dadurch und geprägt durch die Love and Peace Zeit in den 70ern und der Wiederaufrüstung in den 80ern weiss ich daher die heutige Situation sehr zu schätzen.
Wenn ich auf dem Rad sitze und langsam entlang der Grenzen zu unseren Nachbarn oder entlang der ehemaligen deutschdeutschen Grenze fahre, dann begleitet mich die Geschichte der deutschen Kriegsverbrechen Kilometer um Kilometer. Sei es durch die Soldatenfriedhöfe im Elsass oder nur durch die versteckten Panzersperren in den Wäldern nahe Aachen. Gleichzeitig erfüllt mich dieses Radfahren in wunderschöner Natur mit grosser Dankbarkeit. Endlich sind diese dunklen Zeiten in Deutschland vorbei. Auch die Portugiesen, Spanier und Griechen haben lange unter ihren faschistischen Herrschern gelitten, bis sie endlich die Kraft und den Mut hatten, ihre Peiniger aus dem Land zu jagen. Ich spüre, was dieser Frieden im Europa der offenen Grenzen und ein Leben ohne Angst und Verzweiflung für ein großes Geschenk ist. Ein Leben, von dem andere Mütter, Väter und Kinder vielleicht noch nicht einmal träumen können. Was für eine schreckliche Vorstellung.
In Gesprächen mit Franzosen, Holländern und Belgiern spüre ich keine Ressentiments mehr, sondern erlebe, anders als noch in den 70ern, herzliche Freundlichkeit. Das bedeutet Frieden für mich in meiner kleinen Welt.
Wenn ich jetzt im September mit dem Rad nach Stettin fahre, habe ich ähnliche Erwartungen und freu mich auf Begegnungen im Grenzgebiet zwischen der ehemaligen DDR und Westpolen; dabei wäre das ja vorvorgestern noch eine Tour mitten durch Preußen gewesen. Leider, oder zum Glück, habe ich keine Erfahrungen in den Krisengebieten außerhalb Europas machen können und, wenn ich ehrlich bin, dann fehlt mir auch der Mut alleine mit dem Rad durch Afrika, den nahen Osten oder gar Pakistan oder Burma zu radeln.
Ich glaube, dass ich deshalb ein wenig neidisch darauf bin, welche Möglichkeiten dir heute offen stehen und welche Unterstützung Du jetzt erfährst.
Du wirst über deine Reise auf deiner Homepage berichten.
Dabei würde mich besonders interessieren, wie Du als junger Schweizer Bürger diesen Frieden hier in Europa erlebst, was Du auf Deiner Reise darüber denkst, was Du hörst und fühlst und was Du auf dem Weg nach Asien durch die totalitären Staaten mitnimmst und was Du als freier Mann geben kannst. Was gibt es für Geschichten über den jetzigen Frieden aus Rostock, Kaliningrad oder Danzig zu erzählen? Gibt es noch Hinweise auf die alte Ostgrenze Polens, die jetzt irgendwo in Russland verläuft? Vielleicht führt dich Dein Weg ja auch nach Nordirland, ins Baskenland oder durch den Balkan, vorbei an den Ruinen ausgebrannter Häuser aus dem Jugoslawienkrieg in den 90ern?
Ich freu mich jedenfalls auf Deine Geschichten über den Frieden in Europa und wünsche dir eine erlebnisreiche Tour.
Gruß
Jürgen
der auch mal gerne auf den Fidschis den Haien und Mantarochen begegnen möchte, aber im September zunächst über den Mauerradweg holpern wird