Von Paul verabschieden wir uns heute, sein Visa läuft aus und er muss schnell weiterkommen. Mit Martin fahre ich die 4 Kilometer zum Markt zurück. Das Fahrrad wird das Erste und einzige Mal versperrt, aber Bei dem Militär und Polizeiaufgebot würde es sowieso niemand mitnehmen. Der Markt ist im Flussbett auf einer Insel zwischen den beiden Grenzstationen. An der Brücke geben wir die Reisepässe ab, einfach deshalb, weil wir ja sonst aus Tadschikistan ausreisen würden. Entgegen einem Reisebericht vor 2 Jahren, werden die Pässe nicht mehr auf der luftigen Brücke am dort aufgestellten Schreibtisch gelagert, sondern in den Brusttaschen der Grenzsoldaten.
Der gemeinsame Markt zwischen dem Tadschikischen und dem Afghanischen Ishkashim in der Mitte des Flussbettes
Die tadschikischen Bewacher - die Afghanischen Kollegen sind in der Menschenmenge verteilt
Ich mit einem Afghanischen Offizier in Zivil
Das Interessante am Markt sind eindeutig die Menschen. Die angebotenen Waren sind abgesehen von den Stoffen und Teppichen, praktisch nur Importe aus Europa oder China. Bei einem Afghanischen Stoffhändler kaufe ich mir einen halben Quadratmeter Stoff als Sonnenschutz und Schal. Im Team beginnen Martin und ich jetzt Fotos zu machen. Da Fotos nicht erlaubt sind, stellen wir und so hin, dass die Soldaten auf der Straßenböschung uns nicht dabei sehen. Trotzdem werden wir ein paar Mal erwischt. Einmal muss Martin so tun, als ob er die Bilder wieder löscht. Die Menschen hingegen sind erfreut fotografiert zu werden. Zwei Afghanische Frauen legen für sogar Martin den Geschichtschleier kurz ab. Dieses Verhalten werden wir bis Langar noch häufig sehen. Ich will die fritierten Teigtaschen ausprobieren, die es offenbar überall in der Ex-UDSSR gibt, auch hier probieren. Als ich sie einpacke fallen sie mir in den Sand und ich bekomme prompt neue geschenkt.
Russischer Einfluss?
Gegen Mittag brechen wir dann wirklich auf, und können uns über die unerwartete Asphaltstraße freuen. Wir treffen heute wieder auf jede Menge Kinder, die gewöhnlich aus allen Richtungen angelaufen kommen.
"Wir verkaufen nur den ganzen Kübel!"
Die Marillen waren eine gute Investition, das nächste Obst gibt es erst wieder in Kirgistan.
Ein dummer Zwischenfall soll mir heute die Abendgestaltung deutlich verändern:
Da ich nicht sehr gerne schwer unterwegs bin habe ich sämliche Bücher inkl. Reiseführer für die 3 Monate auf einem Ebookreader gespeichert. Dort befinden sich auch sämtliche Karten mit denen ich mich in Zentralasien orientieren kann. (das GPS als Backup wurde ja schon verloren) Ausgedruckt wären auch diese Karten sehr schwer gewesen. Bei einer Zwischenabfahrt gibt es noch den letzten Asphalt und fahre anschliesen mit hoher Geschwindigkeit aufs die Wellblechpiste. Dabei springt der Klickfix-Verschluss der Lenkertasche auf und die Lenkertasche fällt auf den Boden vor das Fahrrad und wird sofort von beiden Rädern überrollt. Alles andere in der Tasche ist heilgeblieben, nur das Display des Ebookreaders ist zersprungen. Jetzt habe ich Abends nichts zu tun und fahre deshalb meist länger in den Abend hinein.
Ich bin nicht gerade glücklich darüber.
Etwas frustriert bin ich schon, die Zorkulroute werde ich noch finden, aber zurück nach Murgab wird es nicht so leicht werden. Immerhin habe ich ja noch meinen Kompass, und ich kann auch Martins Karte abfotografieren, auch wenn das kein Vergleich zu den Russenkarten ist. Für die kleinen Strecken werde ich ab jetzt in den Internetcafes die Bildschirme abfotografieren.
Die Landschaft und das perfekte Wetter lassen den Vorfall aber schnell vergessen und ich kann mich daran trösten, dass jetzt 230 Gramm weniger Gepäck dabei sind.
Später kommt uns ein Bursche auf dem Fahrrad entgegen. Wir sollen mit ihm ein Rennen fahren. Ich nehme die Herausforderung an und sprinte mit einem leichtem Gang davon. Da es bergauf geht bin ich trotz Gepäck durch die Gangschaltung im Vorteil. Gerade als ich darüber nachdenke den Burschen gewinnen zu lassen, wird es flacher und er kann ordentlich Kraft aufbauen und rauscht triumphierend an mir vorbei.
Am frühen Abend werden wir von einem 23 Jährigen Mann angehalten, er spricht gut Englisch und lädt uns zu sich nach Hause ein. Wir nehmen die Einladug an und folgen ihm auf kleinen Pfaden zu dem Haus seiner Familie. Es ist gut, dass wir seine die Einladung angenommen haben: Er hat von seiner Mutter, die uns Stunden zuvor im Bus überholt hat, erfahren, dass Radfahrer auf dem Weg sind. Deshalb hat hat er extra seine Zeit in der Nähe der Straße verbracht um auf uns zu warten.
Das Haus in dem er mit seinen Eltern wohnt ist ein richtiges Pamirirhaus. Von außen erkennt man das nur durch die Fensterkuppel. Pamirihäuser bestehten aus einem Holzgerüst welches von 4 Holzsäulen, die quadratisch im Raum stehen, getragen wird. Traditionell gibt es immer nur einen Raum, in dem sämtliche Familienmitglieder schlafen. Es gibt abgesehen von einem Schrank keine Möbel, alles wird auf den Plattformen im Raum gemacht. Es gibt einen Holzofen, der in eine der Plattformen so integriert ist, dass man im Winter auf der warmen Stelle sitzen und schlafen kann. In diesem Haus gibt es auch Nebenräume, die vom Familiennachwuchs künftig bewohnt werden. Im Winter zieht die ganze Familie in einen der kleineren Räume um Heizkosten zu sparen.
Pamirihaus mit Aga Khan Bild
Die ganze Familie
Da unser junger Gastgeber sehr gut Englisch spricht, kann er uns viel von seinem Leben und der Familie berichten. Er hat ein abgeschlossenes Jurastudium und studiert für 2 Jahre lang Englisch. Dannach hat er eine fixe Stelle als Lehrkraft in der Universität. Da Lehrpersonal in Tadschikistan gerade sehr gefragt ist, muss er auch keinen 2 jährigen Militärdienst leisten. Seine Eltern sind Getreidebauern und Schafhirten. Die Familie hat einige Schafherden in den Bergen, die immer wieder besucht werden müssen. Von den Frauen bekommen wir Essen serviert, aber nur die Männer essen mit uns. Es gibt Nudeln mit Dill und Schafsfett. Ich bin schon sehr froh, dass es kein Fleisch dazu gibt. Nach dem Essen wird kurz ferngesehen, die derzeitige Lieblingssendung ist Fashion TV, die vom tadschikischen Fernsehen ausgestrahlt wird. Dabei wird offenbar einfach der Sender Fashion TV durchgeschalten. Die Männer geben offen zu, dass sie Sendung wegen der attraktiven Europäischen Frauen schauen. Die Frauen haben inzwischen Verwandte aus dem Ort zu uns eingeladen. Der Cousin des Gastgebers ist professioneller Musiker der für 1000 Dollar auf Hochzeiten auftritt. Er baut sein Keyboard auf, und zeigt dass er wirklich Talent hat. Bei manchen Liedern singt er selbst mit, bei anderen wird er von der Flöte begleitet. Die Männer und Frauen beginnen zu tanzen und es wird wirklich ein toller Abend.
So herzlich wir aufgenommen wurden, so werden wir nach dem Frühstück auch verabschiedet. Wir stecken dem Familienoberhaupt noch etwas Geld als Dank zu, welches zwar höflichkeitshalber abgelehnt, aber dann doch dankend angenommen wir
Abschied vorm Haus
Der Wakan Korridor
Einen Tag lang geht es noch durch den Wakan Korridor, ehe der richtige Wakan nach Afghanistan abweigt.
Die Hindukuschgipfel, die immer wieder zum Vorschein treten, sind jedesmal aufs neue genial und übertreffen sich scheinbar, je weiter man vorankommt. Afghanistan reicht an dieser Stelle wirklich nur von der rechten Talseite bis zu den Gipfeln.
Kurzzeitig wird es auch auf der Straße sandig
Ein richtig toller Laden in der einsamen Gegend. Es gibt sogar Ketchup, Trockenfrüchte sowie einige Fahrradteile (Passen nicht an übliche Reiseräder, hier muss man alles selbst mithaben!)
Vor dem nächsten Laden
Der Laden ist ein Bus aus besseren Zeiten, heute gibt es keinen Busverkehr mehr.
Am Abend treffen wir noch auf eine richtige Mineralwasserquelle, das Wasser schmeckt genau wie daheim das Mineralwasser frisch aus dem Supermarkt. Einen Ort vor Langar finden wir ein dann ein Homestay. Es hat eine Dusche, die offenbar als Investition für die Touristen gebaut wurde. Mit Kanistern schleppen die Frauen Wasser in den Tank am Dach. Die Dusche lohnt sich für die Besitzer, Homestays mit Dusche kosten in der Regel 5 Dollar mehr.
Für das Abendessen dürfen wir den Kochraum nutzen, der sich aber nur von einer Plastikunterlage und einer der berüchtigten Kochplatten von den anderen Räumen unterscheidet. Auch dieses Haus ist ein Pamirihaus, aber diesmal sind mehrere kleine Räume statt einem großen vorhanden.
Heute will ich endlich eine Schnittverletzung auf der Fussohle loswerden, die ich seit 2 Tagen am Fuss habe. Ich frage mich ernsthaft, wobei ich sie mir geholt habe. Da die Wunde auf einmal da war. Der Schnitt ist recht tief und brennt heftig beim pedalieren. Mit der Nagelschere hole ich kleine Steine heraus, die ihren Weg dort hineingefunden haben. Mit dem Nähzeug wird der Schnitt einfach zugenäht. Jetzt kann ich wieder normal auftreten und nach 3 Tagen merke ich nichts mehr davon.
Wer sagt, dass Reiseberichte immer appetitliche Fotos enthalten müssen?
Die Gastfamilie im Homestay. Der Vater ist schon zum Volleyballspiel aufgebrochen.
Das Ziel des nächsten Tages ist es etwa auf 3500 Meter Höhe zu gelangen, um an die 4000m des Pamirplateaus gewöhnt zu werden.Bei Langar zweigt der Panji nämlich in den afghanischen Wakan ab, und man steigt dem Pamirfluss aufs Pamirplateau auf. Langar selbst hat eine Höhe von 2800m, man ist also schon perfekt an sie Höhe angepasst wenn man mit dem Fahrrad dort eintrifft.
Kurz vor Langar halten wir nochmal um uns das Volleyballspiel anzusehen. Es sind so viele Zuschauer da, dass man sich wundert wo diese Menschen hier überall wohnen.
In Langar will ich Benzin, Nudeln und Zigaretten kaufen. Benzin bekomme ich keines mehr, was wirklich ungut ist, ich habe vor eventuell nach dem Zorkul noch eine sehr große Pamirrunde zu machen. Dafür reicht jedoch mein vorhandenes Bezin nicht mehr aus. Wenn das Fahrrad ausfallen würde, und ich tagelang auf die Straße zurückschieben müsste wäre ich sehr blöd dran. Die Vorfreude auf den Pamir lasse ich mir jedoch nicht wegen der Aussicht auf zerkaute trockene Nudeln verderben. Außerdem habe ich jetzt schon den begründeten Verdacht viel zu viele Vorräte mitgenommen zu haben. Die Zigaretten kaufe ich deshalb, da sie neben dem Permit soetwas wie die Eintrittkarte in den Zorkul-Nationalpark sein sollen. Bei einem Preis von 60 Cent lohnt es sich durchaus mehrere Packungen mitzunehmen.
Die jetzt schon maroden Lippen werden vor der Sonne geschützt, die Höhe macht jedoch das Tuch unmöglich da es beim sowieo schon schweren Atmen hindert.
Nächstes Mal kommt Lippensonnenschutz auf die Reise mit. Ein Amerikaner zeigt mir später den Trick, einfach Frauenlippenstift zu verwenden.
Nach Langar gibt es ein paar steile Kehren, welche einiger Leistung bedürfen um sie ohne schieben fahren zu können. Grund dafür ist der lose Untergrund. Ein paar Kinder schieben mich ohne meine Zustimmung an. Auch Martin wird dabei geholfen. Oben angekommen beginnen die Kinder Geld zu verlangen. Jetzt müssen sie von uns lernen, dass soetwas nicht geht. Nach einigem Gezeter geben sie sich dennoch mit den angebotenen Keksen zufrieden. Den ganzen Nachmittag lang geht es langsam die Straße hinauf. Die Berge sehen wieder einmal sehr gut aus, vor allem der Blick zurück auf die Hinduschkette ist genial.
Langar ist hinter den Hügeln verschwunden
Dieses Tal geht es entlang
Tatsächlich erreichen wir heute noch 3500m Meter und finden einen Schlafplatz neben der Straße.
Am nächsten Tag trenne mich schon hier von Martin, er hat noch genug Zeit, und will die Etappe sehr ruhig angehen. Ich muss den Zorkul Nationalpark erreichen, da die Erlaubnis zeitlich limitiert ist.Es gilt heute den Militärposten Khargush zu passieren, was anderen Radfahreren nicht immer leicht gefallen ist. Zurück zum Pamir Highway über den Kargushpass geht normalerweise problemlos, jedoch zum Zorkul sind die Soldaten komplizierter. Ich starte früh durch, und es geht erst einmal zum Pamirfluss wieder bergab. Dort folgt der Weg dem Fluss und die Landschaft verändert sich von der Bergkulisse in eine hügelige Wüste. Auf der anderen Seite des Flusses treffe ich das erste Mal auf baktrische Kamele.
Landschaftswechsel, mit zwei netten Hirtinnen.
Das Foto ist deren Idee, ich bin zu erschöft um sie zu fragen.
Genialer Rückblick, die Gipfel sind allerdings jetzt schon vom Pamir.
Das weisse Pulver ist kein NaCl und brennt gehörig im Rachen wenn man es probiert.
Die Strecke ist recht sandig, und irgendwie frustrierend zu fahren. Immer noch am Flussbett hole ich eine Ziegenherde mit 2 Hirtinen ein. Sie bitten mich um ein Foto zu machen und bedanken sich. Eine von ihnen treibt eine Schneise in die Herde, und ich kann durchfahren. Das Flussbett muss verlassen werden, und der Militärposten rückt ins Blickfeld. Bevor ich den Checkpoint erreiche reisst die Kette zum 2. Mal. Die letzte Etappe vor dem Checkpoint ist die sandigste der gesamten Tour. Wenigstens sehe ich etliche Fahrradspuren und kann die Spur besser wählen.
Der Militärposten Khargush
Vor dem Checkpoint stehen Barikaden, um die man im Zickzack herumfahren muss, damit man den Schranken nicht mit hoher Geschwindigkeit rammen kann. Auf der Seite ist eine kleine Hütte, in der der Eintrag in das Buch erfolgt. Es ist dort nur ein Soldat zu gegen, und ich dürfte heute sein zweiter Kunde sein. Nach ein bisschen Smalltalk werden akribisch der Eintrag ins Buch vorgenommen und die Dokumente studiert. Der Soldat ist sehr genau, immerhin bedeutet jeder Fehler Geld für ihn. Am Schluss heist es dann natürlich "Zorkul njet!" inklusive einer dramatischen Armgeste. Ich diskutiere nicht lange und lege eine Packung Zigaretten auf den Tisch. Der Soldat tut noch ein wenig hin und her, um es nicht so offensichtlich zu machen. Er meint er könne ja mal den Komandaten fragen. Er gibt irgendetwas mit seinem Funkgerät durch und nimmt das Permit an sich. Ich solle mit dem Rad zum Kaserneneingang fahren. Ein bisschen verwirrt bin ich schon was ich dort ohne Permit tun soll, aber der Soldat nimmt einen Trampelpfad als Abkürzung zum Tor. Der Komandant grüßt mich auf die Ferne mit einem Salut, ich muss jedoch vor dem Tor bleiben.
Ich warte deshalb bis der Soldat das Permit zum Komandanten trägt und nach 5 Minuten wieder zurückkommt. Er sagt nur "Zorkul OK", und bittet mich um noch eine Schachtel Zigaretten. Da ich sie nicht ewig mitschleppen will und ich gerade gute Laune habe, bekommt er sie auch. Ich hoffe ich habe damit den Preis für die nächsten Radfahrer nicht zu sehr in die Höhe getrieben. Durch die zweite Schachtel ist der Soldat auf einmal ziemlich freundlich, meint das es eine tolle Idee ist zum Zorkul zu fahren, und wünscht mir gute Reise. Ein wenig fahre ich noch in den Abend hinein, hinter den Hügeln tritt die Wakankette zum Vorschein.
Langsam wird mir bewusst, dass ich jetzt in die wohl eine der einsamsten Gegenden meines Lebens eindringen werde. Also muss ich gut aufzupassen, dass ich mich nicht verletzte.
Die Vorräte, etwa für 5-7 Tage, jedoch viel zu viel da ich im Pamir wenig Appetit habe.
Die Höhe spüre ich jetzt deutlich, allerdings komplett anders als ich es mir vorgestellt habe. Es geht mir nur die Puste aus, wenn ich schneller als ein gewisses Limit fahre. Diese Grenze stört nur bergauf, wenn ich eine gewisse Mindestgeschwindigkeit erreichen will um nicht umzukippen. Natürlich muss ich auch ausprobieren, was passiert wenn man einen Sprint hinlegt. Resultat: Es wird einem vor jeden Pulsschlag schwarz vor den Augen. Das Zelt baue ich heute einfach irgendwo neben der Straße auf, Windschutz wird man hier nicht finden.
Der Benzinkocher versagt heute, eine Dichtung die ich zuhause vergessen habe, hatte ich zuvor mit einem Stück Fahrradschlauch ersetzt. Leider ändert Butyl je nach Laune seine Größe.
Ich habe keine Lust herumzufummeln, und esse nichts. In dieser und den folgenden Nächten habe ich seltsame Albträume, wahrscheinlich ein Symptom der fehlenden Höhenanpassung.
Kurz vorm Zeltplatz Richtung Afghanistan
Der nächste Tag ist wie alle Tage bisher fast wolkenfrei. Heute werde ich den See erreichen, muss aber noch einige Gegensteigungen absolvieren. In einer Ebene begegne ich dem ersten von 2 Autos heute. Es ist ein alter UAZ, also wahrscheinlich Soldaten. 10 Meter vor mir wird gehalten, und 5 Männer in Zivil steigen aus. Nach knapper Begrüßung wird nach meinem Permit verlangt und die Ausweise hergezeigt. Auf den Ausweisfotos sind Soldaten abgelichtet. Da noch ein Stützpunkt in meiner Richtung ist, schließe ich darauf, dass sie gerade abgelößt wurden. Das sie aber trotzdem eine Kontrolle durchführen, erweckt mein Misstrauen. Nach gründlichster Musterung werde ich aber nur gefragt, wo ich das Permit beantragt habe. Alles ist dann in Ordnung und ich darf weiter.
Wilde Kamele auf der anderen Seite des Pamirflusses. Afghanistan ist jetzt sehr viel näher gekommen. Es gibt sogar einen Reiseführer der Treckingtouren mit einer Überquerung hier in der Nähe vorschlägt, jedoch davor warnen, dass die Tadschiken Grenzgänger manchmal erschießen.
Rückblick, der Himmel ist wirklich so blau
Afghanische Reiter, was die da wohl machen?
Ich komme noch an einem ehemaligen Stützpunkt vorbei, der jetzt nur noch von Hirten benutzt wird.
Knapp darauf taucht endlich der Zorkul auf, und sorgt für viel Motivation.
Die Berge sind zum greifen nah
Die Piste wird jetzt immer schlechter, und verzweigt sich. Eine Stunde später komme ich in die Nähe von Hirtenhäusern, worauf 3 Kinder auf mich zustürmen. Ich bin beeindruckt, wie schnell sie in der Höhe laufen können. Der größte von ihnen will Geld sehen, und zwar ziemlich energisch. Ich mache noch ein Foto, aber als er dann noch immer nichts bekommt, hebt er einen spitzen Stein auf, und bedroht mich damit. Da er sicher gut darin trainiert ist, und einen Stein zu werfen keine große Hemmschwelle darstellt, nehme ich die Bedrohung ernst. Ich schreie und drohe ihm ordentlich, aber er geht nicht aus dem Weg, und tritt obendrein kräftig gegen das Vorderrad. Wenn das ein Erwachsener gemacht hätte, wäre das ein richtiger Überfall. Aber da der Knirps sicher noch keine 10 ist sehe ich das eher gelassen, wobei ich insgeheim seinen Mut bewundere. Ich überlege, ob ich das Rad hinwerfe und ihn angreifen soll, jedoch könnte er mich dann trotzdem bewerfen, abgesehen dass er in der Höhe viel schneller ist. Ich schau mich ein wenig um, und entdecke die Mutter etwa 300 Meter weit bei der Unterkunft. Ich winke ihr zu, und der Bursche geht augenblicklich auf die Seite.
Da es keinen Sinn macht wegzusprinten, fahre ich gemächlich los um dem Kind zu zeigen, dass ich nicht flüchte und wiederkommen könnte falls er jetzt anfängt mir Steine nachzuwerfen. Tatsächlich aber bekommt die hintere Gepäcktasche einen ordentlichen Treffer ab, und der Bursche sucht recht rasch das Weite.
Der mit dem roten Pullover ist der böse von denen, und kann mit seinen Sandalen sehr schnell rennen.
Ich habe jetzt genug von den Hirten, und will auch direkt an den See. Deshalb verlasse ich die sowieso schon sehr traurige Piste und fahre Querfeldein ans Ufer des Zorkuls.
Ich verbringe die Nacht am Ufer und staune am nächsten Morgen über den Wetterumschwung.
Es ist jetzt bewölkt und die Landschaft wirkt stark verändert.
Stimmungswechsel
In weiter Ferne sehe ich den Militärstützpunkt der die Landgrenze zu Afghanistan sichern soll.
Ich folge der Trasse der Stromleitung entlang. Hier kommmt man noch am besten vorran. Holztrümmer erinnern daran, dass hier wirklich mal eine Straße gewesen ist. Jetzt gibt es nur noch die Trasse die von sehr vielen Bächen teilweise weggespült. Stacheldrahtreste deuten darauf hin, dass hier vielleicht mal der Grenzzaun der Sovietgrenze gewesen ist. Ich brauche fast 2 Stunden für die 9 Kilometer und bin ziemlich erschöpft als ich zum Militärstützpunkt gelange.
Hier hat man eine tolle Sicht auf den See, und auf alle die um ihn herum einwandern wollen. Nach dem See verläuft die Grenze zu Afghanistan in der unüberquerbaren Wakankette, aber an dieser Stelle kann man von der anderen Seite leicht nach Tadschikistan wechseln. Am Stützpunkt ist ein Schlagbaum, und niemand weit und breit zu sehen. Von einem anderen Radler kenne ich den Trick der Soldaten: Erst verstecken und dann Strafe kassieren, wenn man den Schranken kreuzt. Deshalb warte ich mal 5 Minuten und schreie ein paar Mal. Aber die Soldaten scheinen ausgeflogen, vielleicht war in dem UAZ vom letzten Tag der komplette Stützpunkt.
Einen Ausflug nach Afghanistan unternehme ich aber natürlich nicht. Gäbe es hier keine Grenze, wäre es möglich recht eben bis zu den Gletschern der Wakankette zu wandern, einen Pass in den Wakan soll es auch geben. Sehr interessieren würde mich auch, wie es auf der anderen Seite aussieht, hier gibt es eine 4 Km breite und 30 Km lange Hochebene im äußeren afganischen Wakan. Wer hier irgendwelche Fotos kennt, kann mir gerne einen Link schicken!
Ob an diesem Außenposten irgendjemand nicht strafversetzt ist?
Die grüne Grenze nach Afghanistan
Der Schranken wird übersprungen, und der jetzt besseren Piste gefolgt. Orientieren muss ich mich hier nicht mehr, es gibt nur mehr diesen Weg und keine Abzweiungen.
Nach jetzt noch köstlicher Pulvermilch mit Keksen geht es 15 Kilometer der Hochebene entlang.
Mhmm
Immer wieder sind die Gipfel in Richtung Afganistan sehr toll, obwohl sie Richtung Osten kleiner werden. Auf der Tadschikischen Seite sind die Berge ebenso hoch, jedoch liegt auf der Südseite kaum Schnee.
Ein Hirtenhaus sehe ich von weitem, aber sonst bin ich sehr alleine. In so einer einsamen Gegen war ich noch nie und es gibt bestimmt nicht viele so entlegene Orte. Wenn man allerdings dort unterwegs ist, gehen mit der einsamen Lage keine Gefühle einher, es ist einfach eine normale Radtour allerdings mit deutlich tollerer Landschaft.
Das ist tatsächlich die richtige Piste
Die tadschikische Seite der Hochebene
Jetzt muss ich zum sehr abgelegenen Dorf Jarty Gumbez (netter Name), das im Gegensatz zu allen anderen auf den Karten eingezeichneten Orten wirklich ein Dorf ist. Dort muss ich mich entscheiden, ob ich eine Mischung aus querfeldein und Piste nach Kyzylrabot mache, oder direkt nach Murgab zurückfahre.
Fortsetzung folgt in Kürze