Dennoch finde ich die Umfrageergebnisse interessant, denn sie spiegeln schon das wieder, was ich in meinem Umfeld beobachte.
In meinem Umfeld fährt gefühlt keiner mit dem Rad in den Urlaub.
Lange Zeit wurde mir ganz oft erzählt, dass das daran liegt, dass 'man' auf Radtour zelten muss und zwar genaugenommen wild.
Wenn ich mal das Forum ausblende, in meinem Nicht-Radreiseumfeld nicht. Dort kam oft der Kommentar - "und auch noch mit Zelt?" Eine Kollegin hat dann auch einmal eine Radtour mit Freundin gemacht - natürlich mit Hotels. Es gehört auch nicht zu meinen Erfahrungen in den 00er und 10er Jahren, dass meine Radreisebegegnungen mehrheitlich auf Zelter entfielen. Vielfach waren das auch Hotelfahrer, ich selber häufig Hybridfahrer (teils Hotel, teils Camping). Wildcampererzählungen kannte ich lange Zeit nur aus dem Forum, nunmehr bin ich selber einer.
Und ich freue mich auch über die Möglichkeiten des Internets, denn mir wurde auch lange Zeit erklärt, dass es doch viel zu riskant ist, ohne komplette Vorbuchung loszufahren und eben kein Zelt dabeizuhaben. Seit der Erfindung von booking.com und co. glaubt zumindest das niemand mehr ernsthaft.
Dazu kann ich kein Umfeld zitieren, jedoch lag mir es mir immer fern, mit Vorbuchung unterwegs zu sein, selbst in Zeiten, in denen ich meine geplanten Etappenziel meist ziemlich genau erreicht habe. Ich habe sogar eher Angst, das spontanes Buchen an der Rezeption am Abend der Ankunft schwieriger wird duch die Buchungsprotale, d.h. Vorbuchung zumindest ein paar Stunden vorher zwingender wird. Das Einfach-mal-Vorbeischauen war früher üblicher und einfacher als heute, gilt ja auch für Museen, Restaurants usw. Das Spontane durch Webportale ist so ein bisschen eine Mär.
Das andere Klischee, dass man mit dem Rad nur auf ausgeschilderten oder wenigstens von komoot und co. 'autorisierten' Radrouten unterwegs sein kann lässt sich leider weniger leicht widerlegen, sondern wird von der Umfrage schon durch die Antwortauswahl massiv verstärkt.
Man kann es nicht widerlegen, weil man es belegen kann.

Es gibt dafür Nutzerzahlen, für einige Radwege gibt es bereits fest installierte Zähler (z.B. CAAR bei Malborghetto, Bild hätte ich), andere Wege werden gelegentlich von bestellten Personen gezählt. Für lokale Radwege gibts fest installierte Zähler auch, auch hier in der Stuttgart und Umgebung (u.a. z.B. bei der Radfahrstraße nach Böblingen).
Ferner bekommt man Infos durch Gastbetriebe, ggf. auch durch Zubringer wie die Bahn über die Nutzungszahl von touristischen Radwegen. Anders gesagt, die Tourismusverbände und andere wie ADFC haben recht gute empirische Nutzerzahlen oder Schätzungen zu beliebten Radwegen. Keine selbstausgedachte Route wird da höher frequentiert - wie auch? Die Fahrradinfrastruktur wächst ja genau an diesen Hauptradwegen. VCA, CAAR, Via Rhona u.a Radwege sind Musterbeispiele für Tourismusentwicklung durch hohe und steigende Nutzungszahlen. Die Konzentration auf solche Schwerpunkte liefert ja auch eine gewisse wirtschaftliche Stabilität für die anliegenden Betriebe.
Der ADFC läuft da auch nur der Entwicklung hinterher und muss immer wieder neue, "beliebte" Radwege aufnehmen. Lenken kann er das nicht durch Antwortvorgaben. Neue Trends rauszufinden, ist letztlich auch nicht ganz einfach - irgendwann ist er eben da und bekommt einen neuen Eintrag.