Re: Germans Cycles, das wars

Posted by: Freundlich

Re: Germans Cycles, das wars - 08/06/12 12:34 PM

In Antwort auf: kona
Von technischer Seite her, ist es doch eigentlich Wurst, aus welchem Material so ein Rahmen besteht. (Weil ich aber dünne Rohre hübscher finde, fahre ich Stahlrahmen.) zwinker
Nein, ist es nicht. Bei vergleichbarer Qualität und Belastbarkeit führt werkstoffgerechtes Gestalten zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Aus Stahl lassen sich sehr wohl elastische Gabeln (Diamant RSG) und auch elastische Rahmen in Diamantform (Christian Smolik - Wallaby) konstruieren und bauen. Mit definierter Elastizität in die gewünschte Richtung, damit es nicht zu unerwünschter Verwindung kommt. Derartige Bauformen sind spürbar elastisch und außerdem zuverlässig. Nur sind diese Konstruktionen am Fahrrad schon so lange aus der Mode gekommen, dass sich kaum jemand daran erinnert. Im Kraftfahrzeugbau werden dagegen die dauerelastischen Eigenschaften von Stahl häufig ausgenutzt (Drehstabfederung).

Eine dem Wallaby oder der RSG-Gabel ähnliche Konstruktion wäre in Aluminium undenkbar, weil die Werkstoffeigenschaften (E-Modul) zu größeren Rohrdurchmessern und damit steifen Konstruktionen zwingen. Elastische Aluminiumbauteile am Rad neigen zu Rissbildung und Bruch. Im Flugzeugbau wird so etwas überall verwendet, aber um den Preis enorm hoher Entwicklungs- und Fertigungskosten, eng begrenzter, genau definierter Belastung und frühzeitigen Bauteilwechsels. Beim Fahrrad führt die steife Bauweise in Aluminium konsequent zum vollgefederten Fahrrad - um den Preis neuer Probleme und Kosten. Aber nur so lassen sich so die aus dem MTB-Sport gewünschten Federwege realisieren. Für Alltags- und Reiseräder wäre sensibles Ansprechverhalten wichtiger als Federweg. Ein gezielt elastisch konstruierter Stahlrahmen mit Stahlgabel wäre zwar denkbar, aber aus Kosten- und Marketinggründen derzeit nicht wirtschaftlich zu fertigen. Und wegen der ausfallenden Servicekosten und der extremen Langlebigkeit ein betriebswirtschaftlicher Fehltritt.

Umgekehrt ist es sinnlos, Stahlrahmen so steif wie Aluminiumrahmen zu bauen. Man vergibt sich die Möglichkeit, Bauteile durch Elastizität zu schonen. Auch eine scheinbar steife Fachwerkbrücke gibt nach und schwingt (Deshalb ist es sinnlos, Fotos auf Brücken vom Stativ aufzunehmen). Was steif ist, bricht auch leichter. Trotzdem wird heute gerne so gebaut, aus modischen Gründen. Das sogenannte "Leitbild" ist heute ein Fahrrad mit dicken Rohren. Wer davon abweicht, kann weniger verkaufen.