Re: Fahrradcomputer mit Höhenmessung - Tipps?

Posted by: Freundlich

Re: Fahrradcomputer mit Höhenmessung - Tipps? - 11/14/11 02:23 PM

In Antwort auf: veloträumer
Grundsätzlich ist eine GPS-Messung ja genauer möglich als eine barometrische Messung, sofern optimale Satellitensignale zur Verfügung stehen und entsprechend genaue Rasterung von Karten dem zugrunde liegen. Genau das ist aber selten gegeben bzw. offenbar nicht für den Nutzer transparent zu machen. Man tappt also im Dunkeln, auch wenn man ein "gutes" Gerät hat.

Darum ist "grundsätzlich" die GPS-Höhenmeter-Statistik in der Praxis nicht genauer möglich, als mit einer Addition barometrischer Messwerte, sondern sehr viel ungenauer. Dies liegt bereits im GPS-System begründet und gilt unabhängig von Technik und Software des GPS-Mobilgerätes. Das nötige Grundlagenwissen steht in verständlicher Form bei kowoma.de:
Positionsbestimmung
Genauigkeit
Fehlerquellen u.s.w.
Meine Zusammenfassung: Für die Bestimmung eines Höhenwertes benötigt das GPS-Empfangsgerät gleichzeitigen Sichtkontakt zu mindestens 4 Satelliten, die in guter Geometrie, in verschiedenen Richtungen, am Himmel stehen. Für Fehlerkorrekturen wäre sogar Sichtkontakt zu 6 Satelliten nötig. Typische Genauigkeit der Messung: +/- 12 m an einem Messpunkt und in Ruhe. Die aktuelle Höhe lässt sich demnach mit dieser Genauigkeit ermitteln und bei längerem Aufenthalt an diesem Messpunkt statistisch verbessern (Mittelwert). Virtuelle Genauigkeitsanzeigen in der GPS-Software selbst "Genauigkeit 2 m" sind statistisch geschönte Angaben aus werblichen Gründen.
Während die Bestimmung eines einzelnen Höhenwertes also noch relativ genau erfolgt, versagt die reine GPS-Höhenmessung über einen längeren Zeitraum. Es ist völlig ausgeschlossen, dass ein Radfahrer über den gesamten Zeitraum einer Tagestour ununterbrochenen Sichtkontakt zu mindestens 4 Satelliten in guter Verteilung hat. Im Gegenteil: Kurzzeitige Verbindungsabbrüche, 1 bis 3 Satelliten, ungünstige Anordnung von Satelliten an gleicher Position u.a.m. sind der Normalfall. Ursache: Anzahl der GPS-Satelliten und deren Bahnen. Zuzüglich natürlicher Hindernisse, wie Berge und Täler. Folge: Die 2D-Trackaufzeichnung zeigt kaum Auffälligkeiten, aber der im Hintergrund gemessene Höhenwert springt. Jedes "Springen" addiert z.B. 25 falsche Höhenmeter auf die Statistik. Reine GPS-Werte ergeben typischerweise viel zu hohe Höhenmetersummen (200 % der wirklich gefahrenen Höhenmeter).
Dem kann man weder mit empfindlicheren GPS-Chips, besseren Antennen oder schlauen Statistikfiltern beikommen, nur eventuell durch mehr Satelitten (GPS+Glonass) die Fehler mindern. Im Profibereich verwendet man Differential-GPS (GPS mit Bodenstation).

Weil die GPS-Hersteller darum wissen, werden in der Praxis Höhenwerte und Höhenmeterwerte aus dem digitalen Höhenmodell der integrierten Karte verwendet. Die Höhenwerte liegen im 90 m-Raster vor, im Profibereich auch im 10 m-Raster. Für ein Höhenprofil ergibt sich eine ausreichende Genauigkeit. Die Höhenmeterstatistik ist aus 90 m Daten immernoch sehr ungenau (im Forum wurden mehrfach z.B. +20 % Abweichung genannt). Mit 10 m-Höhendaten - die man für Deutschland z.B. für TTQV-Software kaufen kann - wird die Höhenmeterstatistik nicht unbedingt genauer. Man kann es sehen: eine Talstraße läuft gelegentlich am Hang hinauf und hinab - belanglos für die Routenplanung aber ein deutlicher Fehler für die Höhenmeterstatistik.

Genauer geht es leider nur mit einem guten barometrischen Höhenmesser. Die wetterbedingten Luftdruckschwankungen sind oft gering oder lassen sich tendenziell einkalkulieren.
Wenn am Ende einer Tagesrunde der Höhenmesser 20 m mehr Höhe anzeigt, weiß ich, das der Luftdruck gefallen ist und ich 20 m von meiner Statistik abziehen darf. Falls das überhaupt von Bedeutung wäre.
Luftdruckschwankungen werden nur während der Fahrt addiert. Wetteränderungen während der Kaffeepause gehen nicht in die Statistik ein.
Es ist für die Höhenmeterstatistik auch völlig unnötig, das Gerät laufend neu zu kalibrieren. Kalibrieren muss ich das Barometer nur, wenn ich z.B. nach Tourenfahrplan mit Höhenangaben navigiere (auf Höhe 303 am Abzweig rechts). Der Höhenmeterstatistik ist egal, ob das Barometer auf der korrekten Ausgangshöhe steht.

Wenn GPS-Hersteller einen barometrischen Höhenmesser gegen Aufpreis einbauen, der dann trotzdem nicht funktioniert, dann spricht das nicht gegen die barometrische Messung.
Die Ausgangsfrage war nach einem einfachen und zuverlässigen Gerät zur Höhenmetermessung gestellt. GPS ist das nicht und kann das nicht sein.