Re: Speichenbruch -- Was nun?

Posted by: Anonymous

Re: Speichenbruch -- Was nun? - 02/10/11 10:42 AM

Dieses Zurückdrehen der Speichen, kann man halt per Hand machen, indem man nicht eine viertel umdrehung verdreht, sondern 3/8 und ne 1/8Umdrehung dann wieder zurück. Das funktioniert als Daumenregel recht zuverlässig, für die gröbsten Verdrehungen.

Man kann das Laufrad aber auch abdrücken (flach auf Boden legen und dann jeweils an gegenüberliegenden Seiten die Felge gegen den Boden drücken mit dem Körpergewicht), das auf beiden Seiten und allen Stellen der Felge. Das sollte auch diese Pling-Geräusche erzeugen.

Oder man wartet halt dass Schlaglöcher ihren Dienst da machen. Bei sehr hoher Speichenspannung funktioniert das aber manchmal gar nicht mehr. Die Speichen werden nicht stark genug entlastet um sich wieder zu entdrehen (was prinzipiell ein sehr gutes Zeichen ist!). Der Aerolaufradsatz den ich von Heinz H. bekam ist so ein Beispiel gewesen. Da waren gut 1/3 der Messerspeichen noch minimal, bei 2-3 auch deutlich verdreht, obwohl ich ihn selbst auch schon etliche hundert km gefahren war.

Insofern besser abdrücken.

Man kann, wenn man ein Gefühl dafür haben will, an paar Speichen ja einfach mal Klebezettel machen (nahe am Nippel), wenn sie definitiv gerade sind, und dann kann man anhand der Zettel die verdrehung beobachten.

Messerspeichen sind da natürlich komfortabel, weil sie die Verdrehung schön sichtbar machen, weswegen ich sie mittlerweile auch gerne in HR benutze, wo sie aerodynamisch nicht ganz soviel Sinn machen.


Allerdings kann man mit der Speiche noch mehr machen als nur die Verdrehung durch Abdrücken zu beseitigen. Die Maßnahme kann man treffend als Recken bezeichnen. Hier gehts darum dass sich der Speichenbogen wieder optimal an den Flansch anlegt und der Nippel sich ordentlich im Felgenboden setzt. (eine Verformung die sonst über die Zeit stattfindet und ein nachzentrieren erforderlich machen könnte).

Ausserdem werden, wie Jobst Brandt schreibt, dabei Bereiche im Material mit erhöhten Spannungszuständen plastisch verformt, so dass die Materialspannungen in der Speiche danach ausgeglichener sind, und solche Bereiche praktisch an den Rest angeglichen.

Sheldon Brown nimmt dazu einen Kurbelarm und verbiegt die Speichen die sich kreuzen im Kreuzungspunkt umeinander (hat auch den Vorteil dass man damit den Knick an der Stelle deutlicher einformt, und die Speichen vor und hinter dem Knick gerade, ohne Biegebelastung, laufen). Wichtig ist hier nur, was Sheldon leider vergisst, dass man hierzu kein stählernes Werkzeug nimmt, sondern Alu, Holz, oder ähnliches. Irgendwas was deutlich weicher als der Stahl der Speiche ist.

EDIT: Im übrigen sind selbst 1300N für die Speiche immer noch ein Bereich der völligen Unterforderung. Die Legierungen von Speichen halten Zugspannungen im Bereich 1200-1800N/mm² aus. Eine Speiche mit 1.8mm-Durchmesser im Mittelteil, hat immer noch >2,5mm² Querschnittsfläche und wird Zugkräfte von 3000 bis 4500N aushalten.